Vor einem guten Jahrzehnt gab es für viele junge Menschen den Leitspruch „Don‘t waste your life!“ Verschwende nicht dein Leben! Inzwischen hat sich eine Menge verändert. Junge Menschen haben vielfach gelernt, Entscheidungen zu treffen und ein verantwortliches Leben zu leben. Im dritten Jahrzehnt des 21. Jahrhunderts gibt es eine andere Not:
Ich glaube, die größte Weisheit dieser unserer Zeit besteht darin, gute Fragen von weniger guten Fragen unterscheiden zu können.
Don‘t waste your questions! Verschwende nicht deine Fragen!
Was meine ich damit?
Es geht nicht darum, dass wir bestimmte Fragen unterdrücken, verbieten, verdrängen sollen. Absolut nicht. Es gibt keine falschen Fragen, solange sie ernst (und nicht einfach nur rhetorisch gemeint sind). Es gibt keine verbotenen Fragen.
ABER
Es gibt Fragen, die es mehr wert sind als andere, dass wir sie stellen, ihnen nachgehen und nach Antworten suchen.
Darum geht es mir.
Wir leben in einer Zeit, in welcher man sich an Fragen bis zum Gehtnichtmehr vollfressen kann. Jede und jeder wird beständig mit unzähligen Fragen bombardiert. Und lasst uns ehrlich sein: Fragen kosten. Sie kosten Zeit, Kraft, Aufmerksamkeit, Ausdauer, Geduld, und vieles mehr.
Don‘t waste your questions! Verschwende nicht (länger) deine Fragen!
Wie machen wir das praktisch?
Es gibt dazu sehr viel zu sagen. Man könnte Bücher damit füllen, glaube mir. Die Schwierigkeit bei Fragen ist oftmals die, dass es nicht so eine klare, einfache Richtlinie gibt. Wie gesagt, es geht nicht um richtige und falsche oder um erlaubte und verbotene Fragen. Es geht viel mehr um bessere, um wertvollere Fragen und weniger gute.
Schauen wir noch einmal zurück: Vor einem guten Jahrzehnt war die Ausgangslage eine andere. Es war schon damals eine Informationsflut. Aber viele der Informationen kamen in einem längeren Kontext. Sie kamen aus Onlineforen, längeren Blogposts, ganzen Fernsehsendungen, häufig längeren YouTube-Videos und vielem mehr.
Was jetzt anders ist: Microblogging und Microvideoing und Instagramming hat Kurzformate gepusht. TikTok ist zur neuen Bibel- und Denkschule geworden. YouTube gibt es immer noch, aber die durchschnittliche Länge von Content hat abgenommen. Twitter hat Kurznachrichten gepusht. Instagram hat zunächst Bilder, dann Kurztexte und Kurzvideos gepusht.
Vergiss nicht: All das ist nicht schlecht. Aber es verändert unser Denken. Es macht etwas mit uns. Wir alle verändern uns dadurch, wenn wir diese Medien nutzen.
Wenn du in diesen Medien (und ich habe viele ausgelassen) Erfolg haben willst, musst du dich kurz fassen. Du musst kürzen, verkürzen, Themen anreißen, Fragen anreißen. Ohne sie abschließend zu beantworten. Dafür taugen die Formate nicht.
Die Folge ist, dass du in wenigen Minuten scrollen, wischen, klicken, und so weiter, eine immense Anzahl von Fragen aufgetischt bekommst. Jeden Tag. Wenig Antworten, aber viele, viele Fragen. So viele Fragen, dass eigentlich jeder Mensch davon überfordert ist.
Was uns heute also stärker als vor zehn Jahren überfordert, ist also nicht mehr die Informationsflut, sondern die Fragenflut.
Don‘t waste your questions! Verschwende nicht deine Fragen!
Wie gesagt, es gibt viel dazu zu sagen, wie man Fragen von Fragen unterscheiden kann. Vermutlich werde ich im Laufe der Zeit noch mehr dazu schreiben. Hier zunächst einmal meine drei wichtigsten Überlegungen, die ich im Laufe der letzten Jahre dazu angestellt habe:
1. Wer darf dir Fragen geben?
Damit bin ich schon mitten im wichtigsten Thema drin. Deine und meine Zeit ist begrenzt. Deine und meine Kraft und Geduld und Denkfähigkeit und so weiter ist begrenzt. Also die Ressourcen, die für Fragen benötigt werden.
Wenn du diesen Blogpost bis hierher gelesen hast, lass mich dir ein großes DANKE sagen. Es ist ein Privileg, dass du mir so viel deiner Ressourcen schenkst. Und bei allen anderen ist es dasselbe. Nutze deinen Verstand und beschränke die Anzahl der Personen, von denen du dir solche Fragen stellen lässt. Ich schreibe dir nicht vor, dass du mich lesen sollst und bestimmte andere nicht. Das steht mir nicht zu.
Überlege dir, von wem du Fragen bekommst, durch die du gesegnet wirst. Die dir gut tun. Die Fragen stellen, die dich im Leben und im Glauben wirklich vorwärts bringen. Lieber doppelt so viel Zeit und Kraft in die richtige Richtung investieren, als überall hin.
2. Vermeide unehrliche Fragen
Es gibt ehrliche und unehrliche Fragen. Ehrliche wollen dich weiter bringen, unehrliche halten dich ab, halten dich klein, zerstören deinen Glauben. Doch wie können wir sie erkennen?
Unehrliche Fragen wollen dich entmündigen. Sie wollen dir vorschreiben, dass du zuerst auf eine gelehrte Stimme hören musst, um die Bibel verstehen zu können. Sie versuchen zu erklären, was davon alles nur ein Teil der frühen Kultur war und deshalb heute ungültig ist. Sie wollen dir weismachen, dass nur jemand mit der richtigen Ausbildung imstande ist, die Bibel richtig zu verstehen. Sie halten dich klein und unmündig.
3. Mach Pausen und denk richtig darüber nach
Die Fragenflut unserer Zeit wird schnell überwältigend. Selbst dann, wenn wir die ersten zwei Punkte einhalten und nur bestimmte Menschen uns Fragen aufdrängen lassen, über die wir nachdenken. Das Fruchtloseste, was du tun kannst, ist 50 Fragen zugleich im Hinterkopf zu wälzen. Egal wie gut und wie wertvoll die Fragen sind, Fragen (und auch Zweifel) sind etwas Gutes, weil sie uns dazu bringen wollen, dass wir gezielt darüber nachdenken und Antworten suchen.
Deshalb nimm dir immer wieder 2-3 Fragen, über die du gezielt nachdenkst und lass nicht locker (und keine neuen Fragen dazu kommen) bis du Antworten gefunden hast.
Was sind deine Tipps oder weitergehenden Fragen zum Umgang mit den vielen Fragen unserer Zeit?