Buchtipp: Überrascht von Furcht

Natha, Überrascht von Furcht – Der Schlüssel um wirklich mit Gott zu leben, Crosspaint Medien, Druck via Amazon, 2021, Amazon-Link

Crosspaint – meine Entdeckung des Jahres. Irgendwie ärgert es mich ein wenig. Ich bin mir gewohnt, neue Bewegungen im Internet früh zu entdecken, ein wenig zu networken, Menschen miteinander zu verbinden, junge Blogger und Internetevangelisten zu unterstützen und bekannter zu machen, doch jetzt ist da was ganz Großes im Kommen – und ich bin vier Jahre zu spät dran. Ok, jetzt bin ich wieder am Boden angekommen, und das tat gut!

Natha ist sein ein paar Jahren mit einem ganzen Team dabei, die Bibel für junge Menschen verständlich zu erklären. Die Plattform Crosspaint.tv dient dazu, gute Inhalte in vielen sozialen Medien bekannt zu machen. YouTube, Instagram, Facebook, etc. Nun hat er ein Buch geschrieben. Überrascht von Furcht. Und ich war darauf gespannt. So sehr gespannt, dass ich gleich noch einmal etwas zugeben muss: Ich finde es eigentlich super, dass es das Buch nur in der Offline-Version gibt. Aber für mich selbst hätte ich mir dennoch eine eBook-Version gewünscht. Eine zum Kaufen und sofort downloaden. Sofort. Instant. Ohne nervige Wartezeit. Und gleich loslesen auf dem Tablet. Auf diesem digitalen Gerät, das unser ganzes Denken verändert und vor dem ich auch immer mal wieder warne.

Lasst euch eins gesagt sein: Das Buch ist wirklich richtig gut! Es ist so einfach geschrieben, dass es sich leicht lesen lässt und hat dennoch so viel Tiefgang, dass man immer mal wieder innehalten und das Gelesene verdauen muss. Das Buch besteht aus fünf Teilen. Im ersten Teil wird das Problem beschrieben (bzw. eine ganze Reihe von Problemen). Im zweiten Teil wird das Hauptproblem näher angeschaut, während der dritte Teil die Lösung präsentiert. Die zwei restlichen Teile sind zur Motivation gedacht und helfen bei der Umsetzung.

Besonders gefreut habe ich mich, als ich darauf achtete, welche Autoren und Prediger genannt werden. Jonathan Edwards (mehrfach), John Piper, Tony Reinke und manche mehr, die ich auch mit viel Gewinn gelesen habe. Ebenso fand ich es spannend, dass Natha sich im Buch auch mit der Dekonversion von Rhett und Link beschäftigt. Auch wenn wir nicht ganz dieselben Schlüsse aus den Videos von R&L ziehen, finde ich, dass sich das ganz gut ergänzt.

Wie ist das nun mit der Gottesfurcht? Müssen wir Gott fürchten? Ist Gottesfurcht eine Angst vor Gott? Wenn man das Buch von Natha liest, wird deutlich, dass er sich an eine junge Generation wendet. Ich selbst habe mir diese Frage 2002/03 gestellt, als ich kurz nach meiner Bekehrung die Apostelgeschichte las und feststellte, wie wenig unsere Zeit doch der damaligen glich. Ich durfte schon sehr früh eine Reihe von Erfahrungen machen die mich dazu brachten, diese Frage mit Ja zu beantworten: Gottesfurcht enthält auch eine Art Angst. In jener Zeit stieß ich glücklicherweise auf das Buch „Die Furcht des Herrn“ von John Bevere, wo dies auch wieder bestätigt wurde. Bevere bringt es auf den Punkt, wenn er erklärt, dass Gottesfurcht uns nicht von Gott weg fliehen lässt, sondern uns vielmehr zu Ihm hin zieht. Natha geht in seinem Buch in eine sehr ähnliche Richtung.

Doch woher kommt unsere Abneigung gegen die Angst vor der Angst vor Gott? Ich glaube, das nur mit dem Dopamin und dem Zeitgeist erklären zu wollen, greift zu kurz. Gottesbilder haben viel mit unseren Vaterbildern zu tun. Die Abneigung gegen den Begriff der Gottesfurcht entstammt einer Zeit, in welcher viele junge Menschen das Leben und ihre Eltern nicht mehr begriffen: Nachdem die Eltern den 2. Weltkrieg überlebt hatten und häufig in großer Armut erst einmal wieder aufbauen mussten, was durch den Krieg zerstört war, erzogen sie ihre Kinder auch in der Zeit des wachsenden Wohlstands mit einer Strenge, wie sie im Krieg und der ersten Armut notwendig war. Die damals junge Generation wurde von vom Krieg gezeichneten, oft traumatisierten Eltern mit einer Unberechenbarkeit konfrontiert, die ihnen Angst machte. So war auch die frühe Studentenrevolution ein Aufbegehren gegen eine unnötige, unberechenbare Strenge, eine Angst vor der Angst, und wurde durch die antiautoritäre Erziehung wiederum an die nächste Generation weitervererbt. Für die heute junge Generation ist die Angst vor der Angst weniger verständlich und entsprechend ist es auch angemessen und notwendig, die biblische Lehre von der Gottesfurcht wieder neu zu betonen.

Ganz besonders in seinem Element ist Natha da, wo er über das Kreuz Jesu schreibt. Man merkt sogleich: Da ist ein Evangelist am Werk! Da schreibt einer, der das Kreuz von Golgatha zu seiner täglichen Leibspeise macht! Darüber habe ich mich sehr gefreut.

Als Vorbereitung auf das Buch würde ich empfehlen, die YouTube-Serien über die Richter und den Römerbrief anzuschauen. Es gibt einzelne Aussagen, deren Tiefe man erst begreift, wenn man sich mit der jeweiligen Auslegung von Crosspaint vertraut gemacht hat.

Mein Fazit: „Überrascht von Furcht“ ist das Buch des Jahres und eines der wichtigsten, die je geschrieben wurden! Unbedingte Leseempfehlung!

Gepredigt: Faszination Bibel

In unserer Gemeinde habe ich eine neue Predigtserie über die Fundamente des biblischen Glaubens begonnen – im ersten Teil geht es um die Bibel. Hier ein kurzer Auszug, in welchem ich den menschlichen Hochmut kommentiere, sich neben oder gar über die Bibel stellen zu wollen:

“Es gibt in unserer Zeit leider immer mehr Menschen, und zwar auch in vielen evangelikalen Freikirchen, auch in der Pfingstbewegung, die die Bibel immer mehr abwerten und sie als etwas rein Menschliches betrachten. Sie meinen, man müsse die Bibel rein mit dem menschlichen Verstand lesen und aus ihr herausdestillieren, was davon wirklich göttlich ist, und der Rest ist tolle menschliche Weisheit, aber auch nicht mehr. Es gibt eine weit verbreitete Vorstellung, dass nicht nur die Selbstoffenbarung Gottes fortschreitend ist, sondern dass die ganze Menschheitsgeschichte ein riesiger Fortschritt ist und wir in unserer Zeit weit über der Menschheit stehen, die zur Zeit Jesu lebte. Die Bibel müsse kulturell verstanden werden, als ein rein menschliches Produkt der damaligen Zeit, und weil unser Verstand und unser soziales Gefühl für Gerechtigkeit so weit vorangeschritten sind, deswegen können wir heute besser entscheiden, was davon nur für die damalige Kultur galt und was bis heute immer noch echte göttliche Weisheit ist.
Dieses Denken ist reinster Hochmut, denn die Bibel hat mit ihrem Weltbild unsere Gesellschaft geprägt und verändert wie kein anderes Buch und keine andere Lehre oder Philosophie. Mit ihrem treuen Gott, der die Naturgesetze aufrecht erhält, mit ihrem Menschenbild, das den Menschen als den Verantwortlichen für die Schöpfung sieht, der den Auftrag hat, die Erde zu bebauen und erforschen, hat das jüdisch-christliche Weltbild den Grundstein für alle wissenschaftlichen Fortschritte gelegt. Mit der Rede vom Menschen, der im Ebenbild Gottes geschaffen wurde und somit eine unveräußerliche Menschenwürde besitzt, wurde der Grundstein für unsere westliche Demokratie und Rechtsprechung gelegt.
Die Bibel hat durch Erweckungen ganze Landstriche und Länder geprägt. Ihre ungeschönte Ehrlichkeit zeigt uns Grenzen auf, die realistisch sind, die der Realität entsprechen. Mit der Erlösung durch Jesus Christus werden wir zur echten Freiheit befreit, frei von uns selbst zu werden, um unseren Mitmenschen zu dienen und ihnen zum Segen zu werden. Die Bibel ist ein Buch, das schon unzählige Menschen verändert hat und sie alle können es bezeugen, dass dieses Buch das unfehlbare, reine Wort Gottes ist.
So möchte ich uns allen heute mit Paulus zurufen: Deshalb bleibe bei dem, was du gelernt hast und was dir zur Gewissheit geworden ist! Die Bibel will dich weise machen zur Errettung und darüber hinaus zu jedem guten Werk zubereiten.”
Die Predigt ist im Predigtarchiv zu finden oder hier anzuhören:

Gepredigt: Zur Jahreslosung 2021

2021 ist ein spannendes neues Jahr mit einer spannenden Jahreslosung: Darum seid barmherzig, wie auch euer Vater barmherzig ist. (Luk. 6, 36)

Am 3. Januar habe ich darüber gepredigt, hier ein kurzer Auszug, in welchem es um unser inneres Fundament geht, welches nötig ist, damit ein Mensch barmherzig sein kann:

“Was ist nötig, damit irgend jemand sagen kann: Ich bin mit Gott versöhnt? Dazu ist nötig, dass ich zunächst mal verstehe, dass ich Gott nicht gefallen kann. Dass ich von Natur aus Gottes Feind bin. Dass ich aus mir selbst nichts anderes tun kann, als ein Leben lang Sünde auf Sünde und Schuld auf Schuld bei Gott anzuhäufen. Das führt zur Verzweiflung an mir selbst. Dann muss ich erkennen, dass Jesus alles Nötige am Kreuz getan hat, um mich zu retten und von dieser Schuld zu befreien. Meine ganze Schuld war auf Ihn geladen, Er hat den ganzen Becher von Gottes Zorn über mein Leben am Kreuz ausgetrunken. Dann zeigt mir der Heilige Geist, dass all das für mich gilt, Er schenkt mir den Glauben. Dadurch kann ich Buße tun, ich kann mein ganzes Elend spüren und Gott mein verkorkstes Leben geben mit der Bitte, dass Er es nimmt und daraus etwas macht, was Ihm gefällt. In dem Moment beginnt ein neues Leben, ein Leben der Veränderung, ein Leben der Barmherzigkeit, weil ich nun erkenne, dass meine Schuld, die Jesus am Kreuz für mich bezahlt hat, unendlich viel größer ist als jede Schuld, die mir jemand anderes zufügen kann. Wenn ich gelernt habe, dass ich aus mir selbst nur Schlechtes, nur Sünde auf Sünde, hervorbringen kann, bin ich plötzlich frei, den Menschen zu vergeben, die mir schaden wollen oder auch ungewollt schaden. Und hier in diesem Punkt braucht unsere heutige Christenheit noch sehr viel Veränderung. Es ist ein unbequemes Thema, man wird sich damit nicht sonderlich beliebt machen, aber weil wir Gott und Seiner Wahrheit verpflichtet sind, dürfen wir das nicht unterschlagen, sonst gehören wir zu den blinden Blindenführern unserer Zeit.

Weil Gott Vater barmherzig ist, sind auch wir barmherzig. Gott kennt unsere Schuld, aber Er kehrt sie nicht unter den Teppich oder schaut darüber hinweg. Er geht sie an und schafft uns Versöhnung durch Seinen Sohn. Deshalb, sagt Jesus, deshalb seid barmherzig, wenn ihr Kinder des Höchsten seid. Noch etwas verändert sich, wenn wir das wirklich erkannt haben: Wir sehen unsere Mitmenschen plötzlich mit anderen Augen. Sie sind nicht mehr unsere direkten Feinde, sondern sie sind Menschen, die durch Lebenslügen betrogen wurden, die selbst auch Leid erfahren haben, die vom Teufel versucht wurden, die alles Mögliche durchgemacht haben. Sie sind Menschen, mit denen ich Mitleid haben kann, und denen ich helfen möchte, auf den richtigen Weg zu kommen. Menschen, die ich nicht segnen muss weil Gott das so will, sondern Menschen, die ich segnen will und denen ich Gutes tun will, weil sie mir plötzlich wichtig werden. Irgendwann können wir dann auch mit dem Herrn Jesus sagen: Vater, vergib ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun. Sie sind in die Irre gegangen wie Schafe ohne Hirten. Sie sind auf der Suche nach dem Wasser des Lebens und finden es überall nur in vergifteten Gefäßen. Sie sind bemitleidenswert, sie treiben mich dazu an, sie leidenschaftlich zu segnen und ihnen Gutes zu tun.”
Die ganze Predigt lässt sich hier anhören oder herunterladen:

Auslegungspredigt: Wie ich Predigtserien vorbereite

Nachdem ich kürzlich über die besten Ressourcen zur Auslegungspredigt gebloggt und dort einige Bücher der Predigtlehre vorgestellt hatte, kam bald die Frage auf, wie man sich am besten auf das Predigen durch ganze Bibelbücher hindurch vorbereitet. Diese Sache ist natürlich sehr unterschiedlich von Prediger zu Prediger, weshalb es kein fixes Rezept für alle geben kann. Das will ich auch gar nicht. Aber ich möchte als ein Teil der Antwort auf diese Frage meine eigene Praxis vorstellen, die ich im Laufe der Jahre entwickelt und verfeinert habe, damit sie auf meinen persönlichen Stil und meine Gegebenheiten passt und werde manches auch so versuchen zu begründen, dass es möglichst anderen (jungen) Predigern Hilfe geben kann.

Meine Umstände sehen zur Zeit so aus, dass ich hauptberuflich in der Kunststoffindustrie tätig bin und daneben etwa alle 2-3 Wochen bei uns in der Gemeinde predige. Insgesamt kann ich pro Jahr ungefähr 18 – 20 Predigten innerhalb von Serien vorbereiten und dazu noch etwa zwei bis drei Einzelpredigten an Feiertagen oder zu anderen Anlässen. Hinzu kommen Einladungen in andere Gemeinden, wo ich als Gastredner predigen darf.

Beginn: Ein Jahr im Voraus

Meine Vorbereitung auf eine Predigtserie beginnt in der Regel ein Jahr bevor die erste Predigt der Serie gehalten wird. Ich beginne mit der Entscheidung unter Gebet, was nach der oder den den bereits vorbereiteten Serie/n als Nächstes drankommen wird. Immer wieder staune ich, wie perfekt diese Predigttexte auf die Situation der Welt und der Gemeinde passen, wenn ich dort angelangt bin. Gottes Treue wird dadurch immer wieder neu sichtbar. Ich muss nicht bis drei Tage vor dem Gottesdienst warten, um zu wissen, was gerade für die Gemeinde relevant ist (das Wort „relevant“ ist in unserer Zeit zu einem Götzen verkommen), sondern Gottes Wort, jeder Vers und jeder Abschnitt, ja geradezu jedes einzelne Wort der Bibel ist immer und zu jeder Zeit 100% relevant.

Ungefähr 10 Monate vor Beginn der jeweiligen Serie lese ich zehn bis 15 Mal die Texte, über die ich predigen werde und mache nebenbei eine ungefähre Einteilung in Predigten, die ich dazu halten will, jeweils zusammen mit einem vorläufigen Arbeitstitel. Im neunten und achten Monat davor lese ich Kommentare und zuweilen auch Predigten, die andere gute Prediger zu den Texten schon gehalten haben. Dazu mache ich mir pro Predigt etwa fünf bis sechs Stichworte oder notiere mir ein bis zwei Sätze, die mir wichtig geworden sind. Kommentare dienen mir vor allem dazu, um wichtige grammatikalische Spezialitäten zu finden und die wichtigsten Fragen an den Text und dessen Kontext zu formulieren. Das hilft mir später bei der eigentlichen Vorbereitung. Die restlichen Monate nutze ich, um hin und wieder die Notizen durchzusehen und mir Gedanken darüber zu machen, die ich auch im Gebet immer wieder besprechen kann.

Wozu so lange im Voraus beginnen?

Manche werden sich jetzt fragen: Wozu diese lange Vorlaufzeit? Ich bin ein Denker und ein denkender Wiederkäuer. Ich brauche das. Man mag mir das als Schwäche auslegen, damit habe ich überhaupt kein Problem. Immerhin ist es mir noch nie passiert, dass ich in der Woche vor einer Predigt noch nicht wusste, worüber ich predigen soll. In den sieben oder acht Monaten bis zur Predigt sind für mich Kommentare und Predigten anderer Prediger über jene Texte tabu. Ich habe das Wichtigste vom Wichtigsten in meinen Notizen, das muss mir reichen.

Etwa zwei Wochen vor dem jeweiligen Termin beginnt dann die eigentliche Vorbereitung: Noch einmal den Text durchlesen, dann die Arbeit im griechischen oder hebräischen Grundtext mit Überlegungen zur Textkritik, die Übersetzung der wichtigsten Passagen (so ungefähr zwei bis drei Verse gehören bei jeder Predigt mindestens dazu), Wortstudien (welche Bedeutungsbreite hat ein bestimmtes Wort, wie wird es bei welchen Autoren verwendet) und ein Blick in die Grammatik sind die Grundlage. Als Nächstes versuche ich, die Botschaft des Textes in einem Satz zusammenzufassen und nehme diesen Satz, um darauf die Gliederung der Predigt aufzubauen. Der schwierigste Teil ist das Wissen darum, was weggelassen werden soll, denn nach dieser Vorbereitung ist so viel Stoff vorhanden, um allein pro Abschnitt mehrere Sonntage zu füllen. Weniger ist mehr – und da habe ich noch viel Lernpotenzial.

Ich bin in den vergangenen Jahren immer mehr zum Schluss gekommen, dass mir Kommentare nur am Rande helfen. Viel mehr Zeit verbringe ich bei Autoren der so genannten „Biblischen Theologie“, da deren Horizont deutlich weiter reicht. Sehr gute Kommentare sind zugleich auch Werke der Biblischen Theologie, aber da muss man weit suchen, um das Richtige zu finden. Auch ein Blick in die Dogmatik (Systematische Theologie) ist sehr wertvoll, um einen erweiterten Blick auf das Thema des Predigttextes zu erlangen. Und dann ist da die Gemeinde, die einzelnen Menschen, die zuhören werden und auf die Predigt reagieren sollen. Wie kann der Bibeltext für sie möglichst eindringlich verständlich werden? Und nicht zuletzt: Wo im Text finde ich das Kreuz und die Auferstehung Jesu? Kein Mensch kann Gottes Gebote aus sich selbst halten. Immer und immer wieder brauchen wir das Evangelium, in welchem erst die Kraft steckt, um Gottes Willen zu tun.

Fragen, die mir bei der Vorbereitung helfen:
  • Wer hat den Text an wen gesprochen, geschrieben oder anderweitig kommuniziert?

  • In welchem Kontext steht er? Altes oder Neues Testament? Vor oder nach Ostern?

  • Welche Art von Text ist es? Ein Geschichtsbericht? Ein Brief? Ein biographischer Text? Ein Lied?

  • Wie wurde der Text im Laufe der Kirchengeschichte verstanden?

  • Was an dem Text überrascht mich?

  • Warum steht das so da wie es da steht? Wie hätte es anders geschrieben werden können und warum wurde es nicht anders geschrieben?

  • Wie ist der Text aufgebaut? Welche kleinen Wörter wie „und“, „aber“, „sondern“, „dennoch“, „denn“, „doch“, und so weiter machen den Fluss des Textes aus und wie machen sie das?

  • Wie ist der jeweilige Abschnitt in das ganze Buch eingebunden? In welcher Beziehung stehen die Teile der Serie zueinander? Wie lautet die ganze Argumentation, die über mehrere Teile der Serie hinweg verläuft?

  • Wo ist Christus in meinem Text? Wo hilft Er mir bei der täglichen Umsetzung?

  • Was könnte in unseren modernen Ohren anstößig sein? Wie antworten wir einem Skeptiker darauf?

  • Was bedeutet der Text für unsere Gemeinde, unser Zusammenleben in der Gesellschaft, am Arbeitsplatz oder in der Familie?

  • Welche Lebenslügen spricht der Text an und durch welche Wahrheiten will er sie ersetzen?

Alle diese Fragen dienen zum besseren Verständnis des Textes. Welche davon am Ende in die Predigt einfließen, ist eine ganz andere Frage. Nicht alle Infos, die sich aus diesen Fragen ergeben, können tatsächlich erwähnt werden, sonst wird der Hörer mit too much an Wissen bombardiert und häufig überfordert. Ich versuche – passend zum jeweiligen Text – Abwechslung in die Arten der Infos zu bringen. Mal mehr apologetisch, mal mehr Infos zu den Einleitungsfragen, mal mehr Infos aus den Wortstudien, und so weiter.

Zum Schluss noch drei Hinweise:
  1. Ich habe das riesige Privileg, dass ich die Sprachen der Bibel lernen durfte. Es gibt aber auch gute Hilfsmittel, mit denen man auch ohne dieses Wissen die Bibel auslegen und verstehen kann. Verschiedene Bibelübersetzungen (möglichst auch in anderen Sprachen wie englisch, französisch, spanisch oder was auch immer man kann), Konkordanzen zu den Wörtern der Bibel, Interlinear-Übersetzungen, Lexika zur Bibel, und so weiter. Eine gute Dogmatik sollte keinesfalls fehlen.

  2. Ich möchte an der Stelle das Element der Freiheit betonen. Dass man eine Predigt vorbereitet und vielleicht auch schon ausgeschrieben hat, bedeutet noch nicht ganz zwingend, dass man sie auch genau so halten muss. Hier bin ich ein Verfechter der predigerlichen Freiheit. Es kann vorkommen, dass man alles bereit hat und sich dann doch vom Geist Gottes gedrängt fühlt, spontan etwas ganz anderes zu predigen. Oder dass man am Abend davor merkt, dass Gott doch noch was anderes sagen will. Oder dass im Gottesdienst etwas gebetet wird, worauf der Geist Gottes in der Predigt reagieren möchte. Oder dass eine Predigt im Laufe des Predigens plötzlich eine ganz andere Richtung nimmt und einen anderen Schwerpunkt erfordert. All das sind Beispiele aus dem Predigeralltag, die wohl dem Einen oder Anderen bekannt vorkommen werden. Und das ist gut so, denn der Geist weht, wo Er will. Das alles spricht nicht gegen eine sehr gute Vorbereitung, denn wer gut vorbereitet ist, kann improvisieren; wer schlecht vorbereitet ist, muss improvisieren.

  3. Was würde ich ändern, wenn ich jeden Sonntag predigen sollte? Ich würde noch früher mit der Vorbereitung anfangen. Vermutlich 18 statt zwölf Monate im Voraus. Wenn zwei oder drei Wochen verstreichen bis man die Gemeinde in der Serie wieder weiterführt, ist es wichtig, dass man den Rückblick auf das Bisherige, wenn man es noch weiter vertiefen will, nicht zu oberflächlich aber auch nicht zu langwierig macht. Das ist ein Spagat, zu dem man immer wieder herausgefordert ist.

Hast Du noch mehr Fragen, Anregungen oder eigene Tipps für die Vorbereitung von Predigtserien oder Serienpredigten?

Gepredigt: Jona und die Lektion von Gottes Gnade

“[…] Ich saß vor etwa eineinhalb Wochen auf dem Zahnarztstuhl, weil da etwas Fräsen und eine neue Füllung nötig war. Als ich noch auf die Zahnärztin wartete, kam mir plötzlich Jakobus 5,16 in den Sinn, wo es heißt: Bekennt einander die Übertretungen und betet füreinander, damit ihr geheilt werdet! Das Gebet eines Gerechten vermag viel, wenn es ernstlich ist. Als langjähriger Kariespatient bin ich mir bewusst, dass der Zahnarztbesuch etwas Wichtiges ist, aber nicht unbedingt etwas Schönes. So ähnlich ist es auch, wenn wir einander unsere Sünden bekennen. Beides geht mit Schmerzen einher, beides ist unangenehm, aber beides verhindert auch, dass sich in uns etwas Schlimmeres einnistet und sich hindurchfrisst. Wenn wir unsere Sünden nicht immer wieder bekennen, frisst sich die Sünde immer tiefer in uns hinein und es wird immer schwieriger und unangenehmer, irgendwann doch noch was davon zu sagen. Wenn wir uns an das perfekte Deckmäntelchen des Christseins gewöhnt haben, wenn das zu unserer zweiten Natur geworden ist, dass wir niemanden zu tief in unser Leben blicken lassen, dann ist es richtig schwierig geworden, uns von Gott verändern zu lassen. Dann haben wir uns schon so daran gewöhnt, den Heiligen Geist zu ignorieren, dass wir fast unansprechbar für Gott geworden sind.

Gottes Gnade ist immer noch jeden Tag für uns da – aber nicht nur für uns, sondern auch für all die Menschen um uns herum. Die Menschen von Ninive hatten 40 Tage Zeit, wenn sie in der Zeit keine Buße getan hätten, wäre die Stadt wohl zerstört worden und unser Prophet hätte sein Spektakel gehabt. Noch ist Gnadenzeit. Noch haben wir Zeit, um unsere Mitmenschen mit dem Evangelium zu erreichen. Noch haben wir Zeit, in der es Umkehr geben kann. Irgendwann wird der Herr Jesus wiederkommen – sei es heute Nachmittag oder in 200 Jahren, das weiß keiner – und dann wird es zu spät sein. Wenn Gottes Heute zu früh ist, um Buße zu tun, könnte dein Morgen zu spät sein dafür. Wenn Gott dir heute sagt, dass du etwas in Ordnung bringen sollst, dann tue es gleich. Manchmal werden Menschen innerlich so verhärtet wie Jona, dass es erst einen Wurm braucht, um sie zum Aufwachen zu bringen. Dann muss erst etwas in Brüche gehen, bevor sie bereit sind, auf den Heiligen Geist zu hören und zu tun, was sie sollen. Gott hat Mitleid mit Ninive und Mitleid mit dem Schwarzwald. Auch hier gibt es viele Menschen, die es nötig hätten, von Jesus zu erfahren. Auch der Schwarzwald ist voller Sünde und Rebellion! […]”

Predigt über Jona 4:

Auslegungspredigt: Die besten Ressourcen

Im Laufe von zwölf Jahren Predigtdienste in verschiedensten Gemeinden habe ich zwischen 40 und 50 Bücher über das Vorbereiten und Halten von Predigten gelesen – oder manche zumindest angelesen und irgendwann nur noch überflogen. Da ich hin und wieder danach gefragt werde, stelle ich hier die „ultimative Homiletik“ vor, also wie ein Band zur Predigtlehre aussehen würde, wenn ich ihn aus den besten Kapiteln aller bisher gelesenen Homiletikbüchern zusammenstellen könnte.

Kurz nach meiner Bekehrung anno 2002 stieß ich auf meiner Suche nach mehr Tiefgang für mein geistliches Leben auf die Predigten von Charles Haddon Spurgeon und John F. MacArthur. Diese beiden waren meine ersten Bibellehrer, wenn man das so sagen will. Beide haben ein Buch zur Predigtlehre veröffentlicht. So war es nicht erstaunlich, dass ich deren Bücher schon früh zur Hand nahm. 

C. H. Spurgeon – Ratschläge für Prediger (Amazon-Link). Dieses Buch gefällt mir gut – doch die Predigten von Spurgeon sind besser. Ich würde das Buch als Prolegomenon zur Predigtlehre empfehlen, zusammen mit zwei bis drei Predigtbänden nach eigenem Geschmack. Spurgeon ist immer gut, auch dann, wenn man ihm nicht zustimmt.

John F. MacArthur – Biblisch predigen (Amazon-Link). MacArthur hat hier mit einigen Kollegen ein richtig spannendes Werk geschaffen. Wirklich wichtig finde ich die ersten drei Kapitel, in welchen es darum geht, was eine Auslegungspredigt ist und wie sie in der Geschichte der Christenheit an Wichtigkeit gewonnen und inzwischen leider auch wieder vielerorts verloren hat.

D. Martyn Lloyd-Jones – Die Predigt und der Prediger (Amazon-Link). Der wichtigste britische Prediger des 20. Jahrhunderts war Lloyd-Jones. Dieses Buch ist für mich das Wichtigste zur Predigtlehre überhaupt. Ich bin inzwischen dabei, es zum 15. Mal zu lesen. Auch mit ihm muss man nicht in jeder Frage einig sein, aber es tut gut, das eigene Selbstverständnis als Prediger immer wieder neu auf den Prüfstand zu stellen und sich neu unter den Gehorsam gegen Gott und Sein Wort zu stellen. Meine „ultimative Homiletik“ würde sein Buch in voller Länge enthalten.

Timothy Keller – Predigen. Damit Gottes Wort Menschen erreicht (Amazon-Link). Ich muss zugeben, dass mich das Buch vom Keller im ersten Durchgang enttäuscht hat, da ich so viel Gutes darüber gelesen habe, und das Buch zur Ehe von Ehepaar Keller exzellent ist, hatte ich wohl zu viel erwartet. Mein Fazit ist nach wie vor, dass zu den meisten Themen Lloyd-Jones die gleichen Dinge auf eine bessere Art und Weise sagt, aber ich möchte hinzufügen, dass das 5. Kapitel über das spätmoderne Denken wirklich gut ist und unbedingt lesenswert. Somit würde ich nach dem ganzen Buch von Lloyd-Jones das Kapitel 5 von Kellers Buch anhängen.

Michael F. Ross – Predigen wirkt Wunder. Der Glaube kommt aus der Predigt (Amazon-Link). Das ist (leider?) kein pfingstlich-charismatisches Buch, wie der Titel es denken lassen könnte, sondern eine exzellente Studie zur Predigtweise der Puritaner. Der Autor möchte die heutigen Prediger jedoch nicht überzeugen, puritanische Predigten zu halten, sondern vielmehr von der Vielfalt und zugleich Ausgewogenheit der puritanischen Predigten zu lernen. Ich würde den Teil 2 (Kapitel 5 – 10) über die fünf Arten der puritanischen Auslegungspredigt der „ultimativen Homiletik“ hinzufügen.

Daneben gibt es einige weitere gute Bücher zur Predigtlehre, etwa von meinem Dozenten für Praktische Theologie, Prof. Armin Mauerhofer, dasjenige von Haddon Robinson, von Arturo Azurdia oder John R. W. Stott. Diese alle sind gute bis sehr gute Ressourcen, die sich jedoch immer wieder in Teilen überschneiden. Wer also die Muße (und die Mäuse oder die Uni-Bibliothek) hat, zehn Bücher zum Predigen zu lesen, hat hier eine ziemlich definitive Liste. Eins habe ich schon lange aufgeschoben und bin bisher immer noch nicht dazu gekommen, nämlich das dünne Booklet von David R. Helm (Expositional Preaching) in der Serie von 9Marks.

Eines der wichtigsten Hilfsmittel ist jedoch das Lesen von guten Predigten, denn das prägt noch mehr. Allerdings möchte ich eine Warnung aussprechen: Predigten zu dem Text zu lesen, über den man gerade predigen will, verführt oft dazu, dass man Gedanken blind übernimmt. Deshalb empfehle ich, möglichst oft gute Predigten zu anderen Bibelbüchern zu lesen als man gerade drin steckt. Gute Predigten prägen uns und unseren Predigtstil. Es gibt Predigten aus allen Zeiten der Kirchengeschichte zu finden. Von Kirchenvater Chrysostomus über die Reformatoren, Puritaner, Methodisten, Heiligungsprediger bis zu C. H. Spurgeon, D. M. Lloyd-Jones, John Piper, Tim Keller, und vielen mehr. Auch mein Freund Michael Freiburghaus, Pfarrer der ev.ref. Kirchgemeinde Leutwil-Dürrenäsch in der Schweiz, hat schon mehrere sehr empfehlenswerte Predigtbände veröffentlicht.

Gepredigt: Jona und die große Erweckung

Gottes Antwort auf Krisen ist Erweckung. Gott hat für all die Schwierigkeiten der Weltgeschichte keinen Arzt, keinen Politiker, keinen Ökonomen, keinen Soziologen und auch keinen Ingenieur geschickt, sondern einen Erlöser. Die tiefste Krise der ganzen Weltgeschichte ist die Gotteskrise. Das größte Problem ist die Sünde. Deshalb hat Gott einen Erlöser geschickt, der für uns das Gottesproblem und das Sündenproblem gelöst hat. Wenn wir uns von den politischen Systemen oder von wirtschaftlichen Ideen oder technologischen Neuheiten oder was auch immer eine Lösung der Krisen erhoffen, dann sind wir dabei, dass wir uns von der eigentlichen Krise ablenken lassen.

Predigt über Jona 3

Predigtarchiv wieder online!

Da ich immer wieder Nachfragen bekommen habe, steht nun endlich mein Predigtarchiv wieder online. Bei manchen Predigten habe ich festgestellt, dass ich die MP3-Dateien nicht gleich zur Hand habe, weshalb diese nach und nach noch ergänzt werden. Hier das Archiv in drei Teilen:

Predigten von 2007 – 2011

Predigten von 2012 – 2015

Predigten ab 2016 – dato

Fragen oder Anregungen dazu sind natürlich jederzeit willkommen.

… und wie ist das eigentlich mit der Bekehrung?

Wie „funktioniert“ das überhaupt mit der Bekehrung, von der man immer wieder hört und liest? Was ist das? Wann findet das statt? Wir leben in einer Zeit, in welcher es sehr viele Missverständnisse dazu gibt. Ich möchte ein paar davon ausräumen und versuchen, mehr Licht in die Sache zu bringen.

1. Bekehrung ist etwas ganz Persönliches.

Ja, das ist wirklich so. Und weil Bekehrung so etwas Wertvolles und Intimes ist, tendieren wir schnell dazu, unsere eigene Bekehrung zu idealisieren. So haben wir das erlebt, dann muss es jeder gleich oder zumindest sehr ähnlich erleben, damit es eine echte Bekehrung sein kann. Gleichzeitig empfinden wir das als so etwas Intimes, dass es niemand in Frage stellen darf, was auch wieder nicht so optimal ist. Es ist etwas, worüber sich zu reden lohnt. Im Bus, an der ALDI-Warteschlange und auf dem Marktplatz. Oder auch in der Gemeinde. Es ist so wertvoll, darüber reden zu können und auch Feedback dazu zu bekommen.

2. Nicht jeder kann sich daran erinnern.

Gerade weil es so etwas Persönliches ist, darf es auch so sein, dass sich manche Leute gar nicht daran erinnern können. Das ist aber ebenso wertvoll wie die großen Erlebnisse von Umgekrempelten wie Paulus und anderen mehr. Manche Menschen bekehren sich schon als Kinder und bleiben dem Glauben treu bis ins hohe Alter. Manche Menschen „wachsen“ in den Glauben hinein und merken plötzlich, dass sie irgendwann im Laufe einer bestimmten Zeit zu neuen Menschen geworden sind. Es muss nicht immer ein Knall und Blitzeffekte sein.

3. Es gibt keinen Bekehrungsautomatismus.

In meiner Teeniezeit war das „Übergabegebet“ das A und O des Christenlebens. Das ist in manchen Kreisen meines Wissens noch immer so. Das große Problem dabei: Das Nachsprechen eines Gebets bewirkt an und für sich nichts. Auch dann nicht, wenn es unter starken Gefühlsausbrüchen stattfindet. Ich habe in den vergangenen anderthalb Jahrzehnten immer mal wieder Menschen getroffen, die mich fragten, warum das so nicht „funktioniert“. Manche gehen jedes Jahr nach vorne und beten nach, und doch bleiben sie die alten Menschen. Die Übergabegebetitis unserer Gemeinden richtet da viel Schaden an.

4. Es gibt eine falsche Sicherheit.

Im Zusammenhang mit der Übergabegebetitis (Punkt 3) fällt mir aber auch auf, dass es immer wieder Menschen gibt, die meinen, dass das einmalig nachgesprochene Gebet alles sei, was nötig ist. Danach könne man einfach tun und lassen was man will, Gott wird es schon richten. Das Ticket ist gebucht, alles ist in bester Ordnung, nun kann man leben wie es einem gerade passt. Dieser Antinomismus (die Haltung, dass es für Christen keine Regeln oder Gebote gibt) entspringt einem Neuplatonismus, der den Gegensatz zwischen Körper und Seele auf die Spitze treibt und meint, was der Körper tut, sei egal, solange es der Seele gut gehe.

5. Es gibt eine falsche Gesetzlichkeit.

Zugleich geistert auch eine falsche Gesetzlichkeit in den Gemeinden herum, nicht nur die neuen judaisierenden Strömungen, die den Sabbat am Samstag und die jüdischen Feste wiederaufleben lassen wollen, sondern auch Vegetarismus und ähnliches propagieren. Überhaupt kann auch die Übergabegebetitis zu einer Gesetzlichkeit werden, wenn von jedem erwartet wird, dass man sagen kann, man hätte irgendwann einmal ein solches Gebet nachgesprochen.

Obwohl die Bekehrung etwas sehr Persönliches, Intimes ist, gibt es Elemente, die einfach dazu gehören. Und es gibt Folgen, an welchen man im Rückblick sehen kann, dass da etwas geschehen ist.

A. ELEMENTE der Bekehrung

  • Hören des Evangeliums

Als Gemeinden haben wir die Aufgabe, das Evangelium so zu predigen, dass es alle Menschen klar verstehen können. Wo das Evangelium verwässert oder verfälscht wird, werden wir an Gott und den Zuhörern schuldig. Der Glaube kommt aus der Predigt des Wortes Gottes.

  • Erkenntnis der Sünde im eigenen Leben

Die Folge der treuen Predigt des Evangeliums ist, dass Menschen beginnen, in ihrem Leben die Sünde zu erkennen. Das ist etwas Abstoßendes, etwas Erschreckendes, was jedem Menschen einiges zu denken gibt. Es ist unangenehm, wenn man sich plötzlich so erkennen muss. Doch daran führt kein Weg vorbei.

  • Buße (Umkehr)

Die Buße findet statt, wenn ein Mensch von seiner Sünde so erschreckt und abgestoßen sich umdreht und ob der Abscheulichkeit seiner Schuld vor Gott keinen Ausweg mehr sieht als sich an den Herrn Jesus zu wenden und Ihn um Hilfe und Gnade bittet. Buße ist die Abkehr vom alten Leben und die Hinwendung zum Herrn Jesus.

  • Echter, rettender Glaube (Vertrauen in den stellvertretenden Sühnetod Jesu)

Zugleich mit der Buße kommt auch der rettende Glaube, nämlich daran, dass Jesus für ihn persönlich am Kreuz stellvertretend gestorben ist, um die abscheuliche Schuld und Sünde zu bezahlen. Es ist die Erkenntnis der Liebe Gottes, die sich im Kreuz auf Golgatha und in der Auferstehung Jesu von den Toten zeigt.

  • Erkenntnis der Rechtfertigung durch das Sühnewerk Jesu

Damit geht auch einher, dass der Bekehrte erkennt, dass er durch dieses Sühnewerk Jesu vollkommen gerecht gemacht wurde. Er erkennt, dass ihm – trotz aller fehlenden Perfektion – die Gerechtigkeit Jesu wie ein weißes Kleid angezogen wurde und dass Gott ihn von nun an als Gerechtfertigten ansieht. Menschlich gesehen bleibt er auf der Erde unvollkommen, Gott sieht ihn schon mit den Augen des himmlischen ewigen Lebens an.

Dies ist ein passender Moment für ein Gebet der Hingabe und des Dankes an Gott, sofern dabei keine falschen Vorstellungen von einem solchen Übergabegebet vermittelt werden.

B. FOLGEN der Bekehrung

  • Liebe zu Gott und Gottes Wort

Wer bekehrt ist, liebt Gott, die Zeit im Gespräch mit Gott und das Hören auf Gottes Stimme in der Bibel. Er nimmt Gottes Wort ernst, versteht es wörtlich und lieber etwas zu wörtlich als zu wenig wörtlich. Er bleibt unter dem Wort und lässt die Bibel ein Urteil über sein Leben sprechen, statt mit seinen Gefühlen und seiner Biographie die Bibel beurteilen zu wollen.

  • Liebe zu den Mitmenschen

Er gewinnt eine neue Liebe zu seinen Mitmenschen, weil er merkt, wie gut und schön Gott alle Menschen geschaffen hat. Er versucht sie für den Glauben zu gewinnen und führt immer wieder Gespräche mit ihnen, die sie überzeugen sollen. Das bleibt hoffentlich ein ganzes Leben lang so!

  • Liebe zur Gemeinde

Er beginnt sich nach der Gemeinschaft mit anderen Bekehrten zu sehnen und besucht die Gemeinde, um auch dort Gottes Stimme durch die Predigt zu hören. Er wird in Gemeinden immer wieder Verletzungen erfahren (wie überall im Leben – wo Menschen sind, da menschelt es), und sieht das als Chance, um praktisch Vergebung zu lernen und zu leben.

  • Brennendes Verlangen nach der Heiligung

Verletzungen sind auch Chancen, um verändert zu werden. Wer bekehrt ist, hat sein altes Leben erkannt, verabscheut es und sehnt sich nach einem neuen Charakter, der dem von Gott gleicht. Er beginnt mit der Hilfe des Heiligen Geistes immer mehr seine alten Sünden zu erkennen, zu bekennen, zu hassen und zu lassen, und findet zugleich, dass der Heilige Geist auch gute Früchte in ihm wachsen lässt und ihm geistliche Gaben gibt, mit denen er seinen Mitmenschen dienen kann.

  • Wachsende Erkenntnis der Zeit, in der wir leben

Er beginnt sich mit der Zeit in der Welt umzusehen und gewinnt eine gewisse Erkenntnis von der Zeit, in der er lebt. Er beginnt zu entdecken, welche Veränderungen seiner Zeit gut sind und welche weniger gut. Das hilft ihm, sein Leben immer mehr nach Gottes Willen auszurichten, weil er auch seine Zeit und sein Umfeld durch die Augen von Gottes Wort, der Bibel zu beurteilen beginnt.

Anspruch und Wirklichkeit der historischen Kritik

Pfr. Dr. Stefan Felber hat auf seiner Homepage ein Dokument zum Download bereitgestellt, welches ich sehr empfehlen möchte. Auf nur einer A4-Seite schafft er es, eine ganze Reihe von Kritikpunkten an den hysterisch-kritischen (pardon, historisch-kritischen) Methoden anzubringen. Er untersucht Anspruch und Wirklichkeit der historisch-kritischen Methoden. Das Dokument kann hier (Link) heruntergeladen werden.

Ich stimme dem Inhalt des Dokuments vollkommen zu, möchte hier aber die Gelegenheit nutzen, einzelne Aussagen noch etwas zu ergänzen, zuzuspitzen oder zu verdeutlichen. So fallen unter Punkt 1 etwa die Begriffe „Objektivität“ und „Hypothesenvielfalt“. Da geht es darum, dass man versucht, möglichst wissenschaftlich, möglichst objektiv zu sein, aber sehr oft verstecken sich liberale Theologen hinter einer ganzen Reihe von unüberprüften, unüberprüfbaren Hypothesen. Nehmen wir nur mal zum Beispiel die Zweiquellenhypothese der Evangelien. Man postuliert dabei, dass zuerst das Markusevangelium geschrieben worden sei, und die anderen Autoren, Matthäus und Lukas, hätten Markus genommen, abgeschrieben und mit einer anderen Quelle, der sogenannten „Logienquelle Q“ vermischt. Diese Logienquelle ist ein rein fiktives Instrument der kritischen Theologen. Noch niemand hat je eine solche Logienquelle gefunden. Deshalb kann sich jeder aussuchen, was nun tatsächlich von Jesus stammen soll, und welche Inhalte aus der Logienquelle Q kommen sollen. Wer sich einmal die Mühe macht, die unterschiedlichen Teile zu studieren, die entweder bei allen dreien, nur bei zweien oder gar je nur bei einem Evangelium vorkommen, wird aus dem Staunen nicht mehr herauskommen und es wird klar, wie sehr da ein von Gott prophetisch gelenkter Prozess von Menschen, die der Wahrheit und den geschichtlichen Tatsachen auf den Grund gingen, vonstatten ging. Jede rein menschliche Erklärung enthält unzählige Löcher und Ungereimtheiten.

Immer wieder kommt die Abkürzung „KAK“ vor, diese steht, wie unter Punkt 4, Stichwort „Historizität“ geschrieben, für „Kritik, Analogie, Korrelation“. Diese drei Begriffe gehen auf den deutschen Theologen Ernst Troeltsch zurück. In seinem Buch „Über historische und dogmatische Methode in der Theologie“ schreibt er darüber. Ich habe in meiner Datei zur Geschichte der Biblischen Theologie (Link) auf Seite 21 diesen Dreiklang folgendermaßen beschrieben:

a. Kritik: Alles muss zunächst einmal angezweifelt werden. Nichts darf per se als wahr betrachtet werden, wenn seine Wahrheit nicht zuerst nachgewiesen werden konnte. Die menschliche Vernunft (und damit der Subjektivismus) wird über jede Aussage der Bibel gestellt und muss sie in allem radikal hinterfragen.

b. Analogie: Diese Kritik geschieht zunächst durch das Prinzip der Analogie. Das bedeutet: Man sucht im nach ähnlichen Berichten und bewertet anhand derer die Wahrscheinlichkeit, dass sich das Ganze tatsächlich so abgespielt haben könne. Hierdurch wird die Tatsache von Wundern komplett in den Bereich der Mythen verschoben. Auch Jungfrauengeburt und leibliche Auferstehung Jesu streitet man mit dieser Vorgehensweise ab.

c. Korrelation: Die zweite Methode der Kritik ist die Korrelation. Es darf keine Zufälle geben, deshalb beruht alles auf Wechselwirkungen und die müssen gefunden werden. Es wird also gefragt, woher es komme, dass die biblischen Autoren genau jenes geschrieben haben, also: woher könnten sie ihre religiösen Vorstellungen haben? Von wem sind die ‘geklaut’? Auf welche Ursache sind die biblischen Texte zurückzuführen?“

Gerade weil die historisch-kritische Bibelforschung versucht, objektiv und neutral zu sein, schafft sie beständig neue Dogmen, die ihrerseits nicht wirklich grundlegend begründet werden (können). Theologie ist mehr als nur Literaturwissenschaft auf ein einzelnes Buch angewandt. Sie ist mehr als Soziologie einer früheren Kultur. Sie ist mehr als Vermittlung des Wissens, wie man die Bibel nicht auslegen soll. Und doch verkommt sie häufig genau zu dem. Die historisch-.kritische Theologie kann die Bibel nicht mehr begründet positiv auslegen, weil sie sich zu sehr an das „Nicht-So“, die Absage an bisherige Auslegungen, gebunden hat. Sie kann keine positive Exegese liefern, weshalb durch die ganze Methoden- und Hypothesenvielfalt letztlich jeder Text alles bedeuten kann – und vielleicht wird durch reinen Zufall damit gerade das getroffen, was Gott durch Sein Wort eigentlich sagen wollte. Rein statistisch gesehen ist das Gegenteil deutlich wahrscheinlicher.

Bei Punkt 7 hätte ich „Moralisierung“ treffender gefunden. Kleiner Hinweis am Rande. Weil die Predigt für liberale Theologen gerade nicht mehr die biblische Ethik hochhalten kann, weil sie angeblich zu gesetzlich sei, wird stattdessen der moralische Zeigefinger für alle möglichen politischen Probleme erhoben. Ob diese Politiken eher links- oder rechtslastig sind, ist im Grunde genommen egal. Aber solange das Evangelium vom Sühnopfertod Jesu Christi an unserer Statt nicht mehr dazu da ist, um mein Leben in Gottes Sinne umzukrempeln, werden innerweltliche Probleme angesprochen und der Mensch zum aktiven Handeln im Sinne eines Überaktionismus gedrängt. Der „moralistisch-therapeutische Deismus” (Link) lässt grüßen.