Selig sind, die reinen Herzens sind

Selig sind, die reines Herzens sind; denn sie werden Gott schauen! (Matthäus 5, 8)
Hier können wir sehen, was Gott wichtig ist. Diese Seligpreisung ist eine direkte Attacke auf das, was die Pharisäer und Schriftgelehrten sagten. Ihnen war nämlich die äußere Reinheit wichtiger als Reinheit des Herzens. Äußere Reinheit besteht im Befolgen von bestimmten Riten und Geboten, wobei es ihnen egal war, mit welcher inneren Einstellung, mit welcher Herzenshaltung diese Gesetze befolgt wurden. Reinheit im Herzen bedeutet, dass man in seinen Wünschen und in allem, was man tut, Gott gefallen möchte. Es gibt auch falsche Gründe, das Richtige zu tun:
  1. Das Richtige tun aus Egoismus. Sehr oft denken wir, wenn wir nur das Richtige (das von Gott Gewollte) tun, dann haben wir in der Gemeinde, bei der Arbeit oder bei unseren Freunden einen Vorteil. Wir werden gelobt, bekommen vielleicht einen besseren Posten, eine Aufgabe, die wir lieber tun, werden befördert oder ein höheres Gehalt.
  1. Das Richtige tun aus Stolz. Man kann auch aus Stolz das von Gott geforderte tun. Wer aus Stolz gehorsam ist, tendiert dazu, Gott vorzuhalten, wie gut er doch ist und handelt und nimmt sein eigenes Verhalten als Begründung für einen Lohn, der zum Beispiel in einer bestimmten Gebetserhörung besteht. Er ist auch immer sehr schnell dabei, das Verhalten anderer an seinem eigenen Verhalten zu messen.
  1. Das Richtige tun aus Angst. Die Angst vor den Konsequenzen des falschen Verhaltens schafft eine Distanz zwischen Gott und dem Menschen. Angst ist hier ein schlechter Ratgeber. Angst führt zu einem Sklavengehorsam, der seinen Herrn weder erkennt noch erkennen will. Jedoch dienen gerade die göttlichen Gebote dazu, dass man Ihn erkennen und in Sein Bild verwandelt werden soll. Angst ist es auch, die den Satan und seine Scharen zu ihrem Tun antreibt. Insofern ist der aus Angst Gehorsame nicht besser als jene.
Es muss somit das reine Herz eine andere Grundlage zum Gehorsam haben, nämlich Gnade, Liebe, Demut und Freimut. Ein reines Herz sucht also nicht den eigenen Vorteil, sondern lebt zur Ehre Gottes. Es weiß auch, dass alles Gute, das es tut, kein Gewinn ist, sondern einfach das, was es dem Herrn Jesus schuldet. Es weiß: ohne Erlösung wäre es zu gar nichts Gutem fähig. Es kennt auch die Liebe und Güte sowie die Barmherzigkeit und Vergebung durch den Herrn Jesus. Es übt sich beständig darin, zu vergeben, und zwar allen: Seinen Mitmenschen, seinen besonders Nahestehenden, deren Enttäuschungen oft sehr stark schmerzen, sich selbst (das ist nicht selten eine der schwierigsten Aufgaben) und auch Gott. Manchmal ist es notwendig, wenn man sich von Gott im Stich gelassen fühlt, auch hier loszulassen von diesem negativen Gefühl. Er steht über dieser Welt und hat den kompletten Überblick, auch über all die Dinge, die wir gar nicht wissen und berechnen können.
Ein reines Herz bekommen wir, weil Jesus unsere Schuld, unsere Unreinheit am Kreuz weggenommen und bezahlt hat. Es gibt nichts, womit man es verdienen könnte, denn es ist unbezahlbar. Wer ein reines Herz hat, kann vor sich selbst und vor Gott ehrlich werden. Er braucht sich nicht vor dem Licht Gottes zu fürchten, sondern tritt freiwillig und gerne in dieses Licht, um sich prüfen zu lassen. Er kann auf alle Feigenblätter und anderen Verstecke verzichten, denn er ist mit einem reinen Kleid, weiß wie Schnee, mit der göttlichen Herrlichkeit umgeben.
Dies gilt für alle, die wiedergeborene Gläubige sind. Und sie alle bekommen das Versprechen: Wer reinen Herzens ist, der wird Gott schauen. Gott zu schauen bedeutet zunächst einmal, Gott ganz genau kennenzulernen. Wir dürfen Den kennenlernen, Der die ´Himmel und die Erde geschaffen hat. Wie sehr sehnen sich doch manche Menschen danach, jemanden persönlich kennenzulernen, der in einem bestimmten Bereich des Lebens besonders gut ist, zum Beispiel einen Musiker einer guten Band. Oder einen besonders guten Maler oder Romanautoren. Wie viel mehr sollte sich doch jeder Mensch danach sehnen, Den kennenzulernen, welcher der Urheber, Erfinder und Geber von aller Schöpfung und aller menschlichen Kreativität ist! Welch eine Ehre, dass Er bereit ist, uns zu kennen und Sich uns zu erkennen, geradezu zum Kennenlernen, zu geben.
Sodann bedeutet dieses Versprechen aber auch, dass all unsere Neugier, all unsere allzu menschlichen Fragen, gestillt werden sollen. Gottes Charakter zu kennen bedeutet, zu erfahren, warum Gott wann anders handelt als wir uns dies vorstellen. Wir werden erkennen, dass Gottes Plan und Handeln zu jedem Zeitpunkt bis ins kleinste Detail einfach perfekt ist. Dies macht uns dankbar und fröhlich.
Letztendlich ist diese Gottesschau von Angesicht zu Angesicht auch der Grund ewiger Freude. Die Freude im Herrn, weil wir uns von Ihm geliebt wissen. So groß ist Seine Liebe zu uns, dass Er Sein Ein und Alles, Seinen geliebten Sohn für uns hingab. Wir sind mit einem unfassbar großen (teuren) Preis losgekauft worden. Dieser Preis bestimmt nun unseren Wert. Nicht das, was eine Lebensversicherung zahlen würde, sondern der Wert des geliebten Sohnes, der an unserer Statt für unsere Sünde starb.
All dies entstammt nicht irgendwelchen ungewissen Visionen und Träumen, sondern dem Wort Gottes, in welchem Er uns dies Selbst offenbart. Wenn wir bereit sind, unser Herz reinigen zu lassen, müssen wir uns ins Licht von diesem Wort stellen und uns von ihm messen lassen. Es ist der Maßstab für die Reinheit unseres Herzens und unseres ganzen Lebens. Alles, was wir für das Erlangen und behalten eines reinen Herzens wissen müssen, steht da drin. Möge der Heilige Geist unsere Augen für Gottes Wort öffnen und unsere Herzen reinigen und rein erhalten!

Selig sind die Barmherzigen

Selig sind die Barmherzigen; denn sie werden Barmherzigkeit erlangen! (Matthäus 5, 7)
Bisher haben wir uns mit den in den Versen 3 – 6 ausgeführten Merkmalen des christlichen Charakters befasst. Nach diesen kommen in den Versen 7 – 10 die Merkmale des christlichen Verhaltens. Das erste dieser Merkmal ist, dass ein Christ barmherzig ist. Es ist von großer Bedeutung, dass wir wissen, dass das Verhalten immer ein sichtbarer Ausdruck des Charakters ist. Deshalb kommt auch hier in den Seligpreisungen zuerst der Charakter zur Sprache. Der Charakter ist immer das Fundament, auf dem das Verhalten aufgebaut ist, denn jedes Verhalten ist eine Frucht des Charakters. Nur so ist es zu verstehen, dass Paulus und Jakobus beide Abraham als Vorbild für die Rechtfertigung nehmen: Bei Paulus ist er ein Vorbild für den Glauben, der ein Teil des Charakters ist, und bei Jakobus ist Abraham das Vorbild für das Verhalten, welches ein sichtbarer Ausdruck, eine Manifestation dieses glaubensvollen Charakters ist.
So ist jedes Verhalten erst dann verständlich, wenn wir den Charakter unter die Lupe genommen haben aber zugleich kann man den Charakter aus dem Verhalten ableiten. Wenn wir einen Becher mit frischem Wasser füllen und sich das Wasser im Becher verfärbt, so können wir daraus schließen, dass der Becher nicht ganz sauber war. So widerspiegelt jedes Verhalten ein Stück vom Charakter der jeweiligen Person. So sind auch unsere hiesigen Seligpreisungen ein sehr guter Maßstab für unseren Glauben. An ihnen lässt sich erkennen, dass wir noch nicht ganz am Ziel angelangt sind. Zugleich sollten wir an ihnen auch erkennen können, dass wir dennoch im Laufe der Jahre ein Stück weit auf dieses Ziel zu gewachsen sind. Das können wir dann sehen, wenn wir unser Leben seit dem Zeitpunkt der Bekehrung bis heute durch das Fernglas dieser Verse betrachten.
Glückselig sind die Barmherzigen. Barmherzigkeit bedeutet, dass wir erstens erkennen, worin unsere Mitmenschen unter dem Fluch leiden, den die Ursünde über die Welt gebracht hat. Menschen, die krank sind, Schmerzen haben, trauern, ächzen und stöhnen unter der Last ihrer Arbeit, Ehen, die zerbrechen, eine Gesellschaft der Korruption, und so weiter. Die gesamte Pervertierung der so wunderbar geschaffenen Welt, der göttlichen Schöpfung, ist die Folge von Sünde. Gegenseitige Ausbeutung ist Sünde. Streit um des Gewinnens willen ist Sünde. Gemachte Versprechen brechen und dadurch andere Menschen enttäuschen, ist Sünde. Alles Elend dieser Welt lässt sich mit einem Wort zusammenfassen: Sünde. Und hier beginnt nämlich der erste Schritt der Barmherzigkeit, dass wir erkennen, dass dies der Fall ist.
Doch Barmherzigkeit bleibt nie beim Erkennen stehen. Leider meinen viele Menschen, dass die Probleme der Welt allein dadurch gelöst werden können, dass man sie anspricht. Doch wahre Barmherzigkeit spricht die Probleme nicht nur an, sie leidet mit. Sie tröstet die Trauernden, weint mit den Weinenden, beichtet mit den Beichtenden und gibt sich so an diejenigen hin, die ganz besonders am Fluch der Sünde zu leiden haben.
Drittens aber, und das ist das Wichtigste, Barmherzigkeit tut alles, um die Folgen der Sünde zu beseitigen. Wer wirklich barmherzig im Sinne Gottes ist, der gibt sich auch der Aufgabe hin, die Probleme zu lösen, welche das Resultat dieses Fluchs sind. Barmherzigkeit nimmt sich derer an, die an sich verzweifeln und gibt dort den Samen des Evangeliums in den Boden hinein, der, durch das schwere Leid gepflügt, tiefe Furchen aufweist. Manchen Menschen sieht man die Furchen des Herzens auch im Gesicht an. Gerade auch dort finden wir sehr oft einen Herzensboden vor, der über viele Jahre hinweg vernachläßigt wurde, und doch wunderbar vorbereitet ist. Oft ist der Boden derart ausgetrocknet, dass der Same erst dann wirklich keimen kann, wenn er durch die Gießkanne des Gebets mit genügend Wasser des Heiligen Geistes bewässert wurde. Vielfach lohnt es sich sehr, diesen Versuch zu wagen und vom Herrn Jesus zu erzählen. In unserer Zeit der fehlenden Werte und einer lügnerischen Toleranz hungern viele Menschen nach Verbindlichkeit und Wahrheit.
Als Christen dürfen wir wissen, dass Gott uns versprochen hat: Weil wir barmherzig sind, werden wir auch Barmherzigkeit empfangen. Gott weiß um unsere Nöte und leidet mit uns. Und eines Tages wird Er auch alle unsere Nöte beseitigen. Er wird neue Himmel und eine neue Erde schaffen. Wir werden aus diesem Leib des Todes und de Sünde herausgerissen und in Auferstehungsleibern die gesamte Ewigkeit mit unserem Herrn und Retter zusammen verbringen. Und gerade da wir Gott als den Barmherzigen als unser Vorbild haben, dürfen auch wir als Barmherzige leben.

Die jüdische Bibel und die Christen

Ich lese zur Zeit ein exzellentes Buch von Dr. theol. Erich Zenger, dem ehemaligen Alttestamentler der Universität Münster. Das Alte Testament wird oft kritisiert von manchen Christen. Zengers Anfragen an die Christen, die solches tun, sind einfach gut, sodass ich sie auszugsweise zitieren möchte:
“Das Alte Testament wird neben das Neue Testament gestellt und so an ihm gemessen, daß das Neue in jedem Fall “neu” erscheint. Dabei wird meist mit ungleichem Maß gemessen: Man sucht sich die Highlights des Neuen Testaments heraus und vergleicht sie mit “problematischen” oder schwierigen Texten des Alten Testaments. Man vergleicht zum Beispiel nicht die Botschaft Jesu vom barmherzigen Gott mit dem breiten Strom der Texte, die den Gott Israels in Aufnahme der “Sinai-Gnaden-Formel” Ex 34,6f […] als den über die Maßen barmherzigen Gott verkünden, sondern sucht gezielt nach Texten, die zu den neutestamentlichen Texten ausgesprochene Kontrasttexte sind. […] In der Tat: Nur wer das Neue Testament selektiv kennt oder liest, kann die dümmliche, weil falsche, Antithese Altes Testament = Gott der Rache / des Gerichts – Neues Testament = Gott der Güte / Barmherzigkeit weiterlallen.” (Zenger, E., Das Erste Testament, Patmos Verlag Düsseldorf, 3. Aufl. 1993, S. 42f)
Später kommt er zu folgender Anfrage:
“Sind die christlichen Nörgler am Alten Testament, die diesem vorwerfen, es sei “anders” als das Neue Testament, nicht paradox? Sie nehmen das Geschenk an, nehmen sich den besten Teil davon heraus und nörgeln dann mit Blick auf den verbleibenden Teil, das Geschenk sei doch insgesamt ein minderwertiges Geschenk gewesen. Sie sind wie Leute, die in einer Bäckerei dem Bäcker vorwerfen, daß er kein Gemüse bäckt!” (ebd. S. 45)

Selig sind, die nach der Gerechtigkeit hungern und dürsten

Selig sind, die nach der Gerechtigkeit hungern und dürsten; denn sie sollen satt werden! (Matthäus 5, 6)
Auch in diesem Vers wird der Charakter eines Christen beschrieben: Er hungert und dürstet nach der Gerechtigkeit. Hunger und Durst sind zwei Zustände, die wir uns zumeist gar nicht wirklich vorstellen können. Wir leben in einem Teil der Erde, der an allem Notwendigen Überfluss hat. In unserem westlichen Europa haben wir genügend Brot, Reis, Teigwaren, und so weiter. Selbst dann, wenn wir uns eine Fastenzeit gesetzt haben, können wir das dennoch in dem Wissen tun, dass wir sie jederzeit unterbrechen können und dann genug für uns vorhanden ist. Das ist nicht selbstverständlich, denn nach Zahlen aus dem Oktober 2010 sterben jeden Tag 25’000 Menschen weltweit an Hunger, das ist durchschnittlich ein Mensch je dreieinhalb Sekunden. Bei unserem Vers geht es zwar nicht um ein Fehlen von Lebensmitteln, sondern um einen anderen Mangel. Wenn die Bibel von Hunger und Durst schreibt, geht es immer um einen sehr starken Mangel, der unsere ganze Existenz, unser Leben als solches betrifft. Jemand also, der nach der Gerechtigkeit hungert und dürstet, weiß, dass er keine Überlebenschance hat, wenn er nicht binnen baldiger Frist seinen Mangel stillen kann.
Ein gläubiger Christ weiß also, dass er die göttliche Gerechtigkeit ganz dringend nötig hat. Er hungert und dürstet nach ihr, und nicht nach etwas anderem. Wer aber nicht gläubig ist, hat keine Ahnung davon, dass er diese Gerechtigkeit braucht. Ein Ungläubiger hungert und dürstet vor allem nach Ablenkung, Zeitvertrieb, Geld oder weltliche Sicherheit durch Lebensversicherungen, steigende Aktien, Immobilien oder einem gut gefüllten Bankkonto. Es sind alles Dinge, die für die Ewigkeit keinen Wert haben. Die Menschen, welche sich solche Schätze anhäufen, sind allesamt sehr töricht, denn im Lichte der Ewigkeit betrachtet ist ihr ganzer Besitz wertlos. Wenn sie darum wüssten, so würden sie auf jeden Fall auch sogleich beginnen, nach der göttlichen Gerechtigkeit zu hungern und dürsten. Doch sie verschließen lieber ihre Ohren, verstopfen sie und fahren fort zu leben, als ob ihre Ewigkeit in dieser vergänglichen Welt zu finden wäre.
Die Gerechtigkeit, nach der wir hungern und dürsten, ist die Freiheit von Sünde. Wir wissen, dass Sünde immer von Gott trennt, und deshalb ist jede Sünde etwas absolut Abscheuliches, etwas Schreckliches. Wir wissen nämlich, dass unsere Sünden derart schrecklich sind, dass sie dem Herrn Jesus die ganzen Leiden, Folterqualen und schlussendlich den Tod am Kreuz eingebracht haben. Wenn wir in unseren Gedanken den Herrn sehen, wie Er da ausgeliefert ist, wie Er blutüberströmt am Pfahl hängt, wie man Sein Haupt mit der Dornenkrone geschändet hat. Seht ihr Ihn? Sehr ihr, wie Er da hängt? Zwischen Himmel und Erde auf dem Hügel Golgatha. Wie ein Verbrecher. Doch die wahren Verbrecher, die sind wir. Diese Gewissheit um die Abscheulichkeit unserer Sünden, die Ihm all diese Qualen eingebracht haben, lässt uns danach hungern und dürsten, gänzlich von Sünde frei zu werden. Als Christen sind wir Gerechtfertigte, denen auch die Macht der Sünde nichts mehr anhaben kann. Und dennoch, wir rufen mit Paulus zusammen laut aus: Wer wird uns herausreißen aus diesem Leib der Sünde? (Röm. 7, 24) Das ist der Charakter des Gläubigen. Das ist der Hunger nach der göttlichen Gerechtigkeit. Das ist das Verlangen, frei zu werden. Frei von aller Sünde, frei von jedem Sündigen.
Geliebte Brüder und Schwestern, wir dürfen zu jeder Zeit auch zum Herrn schreien und zu Ihm flehen im Gebet, dass Er uns das tägliche Brot der Gerechtigkeit schenken möge. Dass Er uns hilft, die Versuchungen, die Tag für Tag auf uns einstürmen und uns überrennen wollen, zu überwinden. Er ist Jahwe, unser Fels in der Brandung, der Herr, der gerne hilft. Er wird Sich unser annehmen und uns helfen. Es ist Seine Zusage, die Er uns macht: denn sie sollen satt werden. Diese Verheißung, das Versprechen um die Hilfe in der Not der Versuchungen, gilt uns allen, die an Seinen Namen glauben. Sie sollen satt werden. Der Sturm soll gestillt werden. Und es ist der Herr, der Schöpfer des Universums, der Selbst dafür sorgen wird.
Doch wie geschieht das? Wie können wir satt werden? Auch hier gibt es eine schöne Parallele zum Hunger. Man kann nicht nur einmal im Leben essen und trinken und bleibt dann satt bis zum Ende des Lebens. Der Hunger und Durst müssen jeden Tag von Neuem gestillt werden. Und wenn Gott unseren Hunger und Durst nach der göttlichen Gerechtigkeit stillt, so ist es da genauso. Es ist notwendig, dass wir immer wieder zum Herrn kommen und Ihn um noch mehr von dieser Gerechtigkeit bitten. Es ist das Werk des Heiligen Geistes an uns, dass Er unsere Augen geöffnet hat, damit wir unsere Sündhaftigkeit sehen konnten. Es war Sein Werk, den Glauben an den Herrn Jesus in unseren Herzen zu versenken und die Wiedergeburt zu vollführen. Und nun ist es Sein Werk, uns durch diesen Prozess des Hunger-Stillens hindurchzuführen. Immer mehr, so dürfen wir feststellen, bekommen wir eine geistliche Sensibilität für Dinge, die falsch sind im Lichte der Bibel. Immer mehr fallen uns Dinge auf an uns, die Gott nicht gefallen. Und nun gibt uns der Heilige Geist auch die Kraft, um diese Sünden zu überwinden. Es ist nicht immer alles dran. Aber alles, was Gottes Geist uns gerade in unserem Leben besonders aufzeigt.
Und nun könnte jemand kommen und sagen: Ich bin jetzt seit vielen Jahren Christ, aber ich habe keinen solchen Hunger und Durst nach der Gerechtigkeit Gottes mehr. Wenn nun wirklich jemand mit diesem Gedanken diesen Text liest, so möchte ich die betreffende Person bitten, in den kommenden Tagen vermehrt ganz gründlich in der Bibel zu lesen und das eigene Leben unter die Lupe zu nehmen. Vielleicht helfen auch ein paar dieser Fragen: Bin ich wirklich gewillt, mich mit Gottes Augen zu sehen? Bin ich gewillt, mich von Gottes Geist verändern zu lassen? Bin ich freundlich, hilfsbereit und gebe anderen Menschen gerne von all dem ab, was ich selbst habe, an Zeit, Kraft, Geld, Lebensmitteln, sonstigen Gütern? Bin ich auch dann freundlich, wenn andere mich verspotten? Wann habe ich zum letzten Mal jemanden in die Gemeinde ein-geladen und dann abgeholt und mitgebracht?
Wenn Gottes Geist uns verändern möchte, so lässt Er oftmals auch Leid zu in unserem Leben. Das ist nicht etwas, was Gott Freude macht, im Gegenteil, Er leidet mit uns mit. Aber oft ist es notwendig, uns auf diese Art und Weise unsere Grenzen zu zeigen. Damit wir begreifen, dass wir noch nicht am Ende angelangt sind. Und damit wir lernen, immer von Ihm, der unsere Quelle von allem Guten ist, abhängig zu bleiben. Denn wir wissen, dass denen, die Gott lieben, alle Dinge zum Besten mitwirken, schreibt Paulus im Röm. 8, 28. Im Vers danach erklärt er das und sagt, dass die Umgestaltung in das Bild des Herrn Jesus das letztendliche Ziel unseres ganzen Lebens ist. Also dieser Prozess der Heiligung. Der Prozess, immer mehr von der göttlichen Gerechtigkeit zu bekommen. In all dem kann uns der Herr Jesus aber sehr gut verstehen, denn Er selbst hat all die Versuchungen, unter denen wir heute zu leiden haben, all die Schmerzen, all die Trauer, am Eigenen Leibe erfahren. So leidet Er auch mit uns mit, wenn wir am Leid dieser Welt zu leiden haben.

Selig sind die Sanftmütigen

 Selig sind die Sanftmütigen; denn sie werden das Land ererben! (Matthäus 5, 5)
Einmal mehr ein Charakterzug, den sich jede und jeder Gläubige aneignen sollte und eine Verheißung, die darüber steht. Die Verheißung ist klar, es handelt sich dabei um das Land des ewigen Lebens, um das Reich Gottes. Doch hat diese Verheißung nicht nur eine sogenannt “eschatologische” (auf die ewige Zukunft bezogene) Bedeutung, sondern auch eine ganz praktische im Hier und Jetzt. Das Land, welches Israel im Lande Kanaan bzw. im Lande Israel bekommen hat, ist ein Schattenbild für unsere heutige Gemeinde. Da wird das Reich Gottes gebaut und breitet sich aus. Wir sehen in den bisherigen Versen der Seligpreisungen, dass es immer um eine einzelne Verheißung geht, nämlich den Platz in der Gemeinde:

Vers 3: Ihrer ist das Reich der Himmel = Gemeinde, in welcher zugleich auch die zukünftige Ewigkeit beginnt
Vers 4: Der Trost des Heiligen Geistes, welcher die Gemeinde zu einem Leib zusammenformt und -hält
Vers 5: Sie werden das Land ererben = ebenfalls die Gemeinde und die zukünftige Ewigkeit

Die Gemeinde ist die örtliche Gemeinschaft derer, die an den Herrn Jesus gläubig geworden sind. Jeder Gläubige hat seinen Platz in der Gemeinde und gehört dieser Gemeinde, weil er ein Glied (ein Körperteil) des Leibes Jesu ist, genau so, wie auch meine Füße mir gehören. Sie sind ein Teil von mir, und was ich ihnen befehle, das müssen sie tun. Die Willens-Schaltzentrale der Gemeinde ist immer der Herr Jesus selbst, Er ist das Haupt, der Kopf, und hat damit das Sagen. Auch wenn es keine Gemeinde gibt, welche 100% immer dem Herrn gehorsam ist, so ist es doch notwendig und der Wille Gottes, dass wir einer Ortsgemeinde angeschlossen sind und ihr treu dienen. Eine Gemeinde kann nie besser sein als ihre Gemeindeglieder, deshalb ist es nötig, dass jede und jeder am eigenen Platz das Beste gibt.

In der Gemeinde können wir auch diese Sanftmut lernen, die der Herr von uns möchte. Was bedeutet denn “Sanftmut” eigentlich? Das griechische Wort “praus” wurde ursprünglich gebraucht, um einen guten, treuen und nicht aufsäßigen Knecht (Diener, also Hausangestellten) zu beschreiben. Sanftmut ist somit das Gegenteil von Aufsäßigkeit, Kritiksucht, Murren, etc. und läuft darauf hinaus, dass man seine Aufgaben auch dann, wenn sie einem nicht schmecken, treu und gewissenhaft erledigt ohne zu murren. Auch Demut und Unterwürfigkeit ist ein Stück weit in diesem Begriff enthalten.

Wenn Jesus nun von dieser Sanftmut spricht, meint Er damit, dass wir zunächst unserem Herrn und Retter mit solcher Sanftmut dienen sollen. Wir sollen nicht aufbegehren, wenn wir Dinge tun müssen, von denen wir denken, sie seien unter unserer Würde. Sanftmut ist aber auch in der Gemeinde angesagt, gerade der Leitung der Gemeinde gegenüber. Wir müssen nicht immer der selben Meinung sein, aber ihre Stellung ist zumindest vergleichbar mit derjenigen unseres Arbeitgebers. Diesem müssen wir auch in angemessener Haltung begegnen, um ihn nicht zu erzürnen. Wir haben uns in der Gemeinde aber oft angewöhnt, der dortigen Obrigkeit gegenüber schamlos frech und kritisch gegenüber zu treten. Sie sind unsere Obrigkeit im geistlichen Reich Gottes. So wie es Richter, Priester, Könige, Leiter gab in Israel, so sind unsere Gemeindeleiter von Gott als geistliche Obrigkeit im Reich Gottes eingesetzt. Nicht unfehlbar, aber Respekt verdienend. Auch in der Welt steht es uns gut an, die sanftmütige Herzenshaltung anzutrainieren. Gerade bei der Arbeit und in der Verwandtschaft, wo es so oft zu Streit kommt.

Selig sind die Trauernden

Selig sind die Trauernden; denn sie sollen getröstet werden! (Matthäus 5, 4)
Selig sind die Trauernden.

Lasst uns daran denken, dass die gesamten Seligpreisungen eben nicht von verschiedenen Arten von Menschen sprechen, sondern vom Charakter und dem Verhalten eines jeden gläubigen Christen.

Warum ist ein Christ traurig?


Er ist zunächst traurig, weil er weiß, wie schuldig er vor Gott geworden ist und wie viel Unheil er in seinem Leben schon angerichtet hat, weil er nicht nach Gottes guten Geboten gelebt hat. Deshalb braucht er auch den Tröster, den Beistand, den Heiligen Geist, der ihn tröstet und ihm immer wieder aufs Neue zusagt, dass der Herr Jesus alle seine Schuld getragen und dadurch vergeben hat. Das griechische Wort für “sie sollen getröstet werden” kommt vom Verb “parakaleo” und in der Abschlussrede Jesu wird das von ihm abgeleitete Wort “der Paraklet” mehrfach gebraucht, um den Heiligen Geist zu beschreiben. Er ist es, der uns immer wieder versichert, dass wir zu unserem Abba, Vater, kommen und beten dürfen. Dass wir von Ihm angenommen sind.

Dann ist ein Christ auch traurig, weil er oft nicht weiß, wie er beten soll. Auch hier kommt ihm der Beistand des Heiligen Geistes zur Hilfe und gibt ihm in verständlichen oder manchmal auch unverständlichen Worten ein, was er beten soll. Es ist ein Merkmal des Christen, dass er nicht einfach ins Blaue hinaus betet und darum viele Worte macht, sondern gezielt fragt, was er beten soll und dies dann auch erfährt und tut.

Nun ist ein Christ auch traurig, weil er in einer verlorenen Menschheit lebt. Diese Trauer treibt ihn ins Gebet für seine Familie, für seine Nachbarn, Arbeitskollegen, und so weiter. Er bittet dafür, dass jenen die Augen geöffnet werden und sie auch den Kreuzestod und die Auferstehung des Herrn Jesus im Glauben in Anspruch nehmen können. Er bittet aber auch um Weisheit und die richtigen Worte und Taten im Umgang mit diesen Menschen. Ein Christ sucht mit allen Mitteln, die Erhörung seiner Gebete zu sein und scheut sich deshalb nicht davor, auch vom Kreuz zu sprechen. Ich glaube einer der größten Defizite der heutigen Christenheit ist es, dass wir das Trauern verlernt haben. Es ist ein sehr hilfreiches göttliches Werkzeug, das uns hilft, unseren Auftrag in der Welt zu erfüllen. Vielleicht sollten wir öfter beten: “Herr, mach’ uns traurig und dann tröste uns mit Deinem Geist!”

Zu guter letzt ist er aber auch traurig über den ungerechten Zustand, den die gesamte Schöpfung erleidet. Er trauert über das sinnlose Abholzen ganzer Wälder, über unnötige Tierexperimente in der sinnfreien Schönheitsindustrie, und vieles mehr. Er informiert sich und versucht auch praktisch gegen alle Formen der unnötigen Verschandelung und Zerstörung der von Gott so gut gemachten Schöpfung aufzustehen. Es ist uns allen klar, dass der Idealzustand nicht mehr auf Erden erlebt werden kann, aber wir haben den Schöpfungsauftrag Gottes immer noch, gerade als Christen: Verantwortlich mit dem umzugehen, was Gott für uns gemacht hat.

Selig sind die geistlich Armen

Selig sind die geistlich Armen

Selig sind die geistlich Armen; denn ihrer ist das Himmelreich! (Matthäus 5, 3)
“Glücklich ist” oder “Glückselig ist…”, das hat die Jünger, die allesamt Juden waren und deshalb von Kindesbeinen im TaNaKh (das was wir als AT bezeichnen) belehrt wurden, sofort an den ersten Psalm erinnert.
“Wohl dem [wörtlich: Glückselig der Mensch], der nicht wandelt nach dem Rat der Gottlosen, noch tritt auf den Weg der Sünder, noch sitzt, wo die Spötter sitzen, sondern seine Lust hat am Gesetz des Herrn und über sein Gesetz nachsinnt Tag und Nacht. Der ist wie ein Baum, gepflanzt an Wasserbächen, der seine Frucht bringt zu seiner Zeit, und seine Blätter verwelken nicht, und alles, was er tut, gerät wohl. Nicht so die Gottlosen, sondern sie sind wie Spreu, die der Wind verweht. Darum werden die Gottlosen nicht bestehen im Gericht, noch die Sünder in der Gemeinde der Gerechten. Denn der Herr kennt den Weg der Gerechten; aber der Weg der Gottlosen führt ins Verderben.” (Psalm 1, 1 – 6)
Das ist der erste Psalm, den ich die Eingangstüre zu den Psalmen nenne. Um die Psalmen verstehen zu können, darf man nicht einfach blind einen aufschlagen, ohne zuvor diesen ersten Psalm verstanden zu haben. Die Psalmen sind Gebete und gelten nur für diejenigen, die bei Ps. 1 angefangen haben in ihrem Leben. Wer glücklich werden will, muss sich von seinem Egoismus abwenden und sich dafür Gott zuwenden. Ein Mensch ohne Gott kann sich nur um sich selbst drehen, kann nichts Gutes tun, egal wie sehr er sich bemüht.
Glückselig ist der Mensch, der nicht das tut, was ihm die Gottlosen raten. Er hört nicht auf sie, sondern auf Gott, auf all das, was Gott ihm sagt durch Sein Wort, die Bibel.
Glückselig ist der Mensch, der nicht umhergeht und danach sucht, was die Gottlosen tun und sich dann denkt: Mensch, warum darf der das alles und ich muss (wegen Gott) darauf verzichten? Glückselig der Mensch, der den Gottlosen nicht nachmacht, was jene tun.
Glückselig aber auch der Mensch, der sich nicht dorthin setzt, wo die Spötter sitzen. Wenn die Bibel vom Sich-Setzen spricht, dann meint sie: Verharren. Die Menschen damals trugen lange Gewänder und waren gegürtet. Um sich setzen zu können, musste man den Gürtel öffnen, sonst war es arg unbequem. Wenn sich also jemand setzte, so hatte er nicht vor, allzu schnell wieder aufzustehen. Er fühlte sich also in Sicherheit. Wer sich im Kreise der Gotteslästerer (das ist mit Spöttern gemeint) entgürtet und sich setzt, und in dieser Gesellschaft verharrt, hat noch recht wenig verstanden vom Evangelium und ist in großer Gefahr.
Glückselig der Mensch, der sich freut, in Gottes Wort lesen zu dürfen und sich immer wieder Gedanken darüber macht über das, was er kürzlich gelesen hat. Es lohnt sich, gleich am Morgen beim Aufstehen einen Abschnitt aus der Bibel zu lesen, und dann tagsüber, auch während der Arbeit, immer wieder darüber nachzudenken, was dort drin steht. Das Ziel ist aber nicht, möglichst viel zu wissen, sondern möglichst viel davon im eigenen Leben umzusetzen.
So haben wir auch in der Bergpredigt einen gleichen Beginn: Glückselig ist… Die Bergpredigt sagt uns, woran wir unser eigenes geistliches Wachstum erkennen können: 
1. Wie der Charakter eines Christen sein oder werden soll. (V. 3 – 6)
2. Wie wir uns dementsprechend verhalten sollen. (V. 7 – 10)
3. Wozu wir als Christen zu jeder Zeit bereit sein sollen (V. 11 – 12)
Wenn nun Jesus davon spricht, dass die geistlich Armen selig sein sollen, so geht es darum, dass wir erkennen, wie armselig und nutzlos wir ohne Gottes Hilfe sind. Wir sollen erkennen, dass alles, was wir tun können, einzig aus dem Geist kommt, der uns dazu stärkt, das Richtige zu tun. Wenn wir dies erkennen, dass wir alles nur aus Gottes Hand empfangen können, so haben wir die richtige Stellung vor Gott gefunden. Dann wird uns der Geist mit Seinen Gaben ausrüsten können – zu Gottes Ehre. Und wir sind bereit, Gottes Reich zu bauen. Dieses ist nämlich dort, wo Menschen so handeln, wie Jesus gehandelt hat: Voller Liebe, Gnade und Barmherzigkeit, voller Mitgefühl und mit viel Tatkraft, um das Leben derer, die am Boden sind, zu erleichtern, und um ihnen die gute Botschaft von der Erlösung zu geben.

Früher Konstruktivismus und der Glaube an die Philosophie

Bin gerade auf eine interessante Aussage bei Wilhelm Vatke gestoßen:

In der That construirt Jeder die Geschichte, welcher sie mit lebendigem Interesse auffaßt und darstellt, und je nachdem ein Individuum sein eigenes Wesen mehr einseitig oder vielseitig begriffen hat, faßt es die Vergangenheit auf im Spiegel des Gefühls, der Phantasie, des Denkens u.s.w. Es kommt daher vor Allem darauf an, von vorn herein einen solchen Standpunkt zu nehmen, welcher selbst seinem Begriffe nach die größt mögliche Allgemeinheit hat und deshalb von keiner besonderen Auffassungsform abstrahiren darf. Diese höhere Objectivität kann nur die Philosophie erzeugen, als die Wissenschaft der Wissenschaften, welche die Schranken jeder einzelnen Wissenschaft und jeder besonderen Anschauungsweise aufhebt und dieselbe zum flüssigen Moment eines höheren Ganzen, der Wahrheit schlechthin, macht, und eben so in der Geschichts-betrachtung die verschiedenen Erscheinungsformen des Geistes zur Idee des Geistes selbst zusammenfasst.“

(Vatke, Wilhelm, Die Biblische Theologie, 1. Aufl. von 1835, S. 16)

Interessant, wie hier ein früher Konstruktivismus mit einem unwahrscheinlichen Glauben an die “Philosophie” einhergeht!

Der unausforschliche Reichtum Christi

Der unausforschliche Reichtum Christi
Mir, dem allergeringsten unter allen Heiligen, ist diese Gnade gegeben worden, unter den Heiden den unausforschlichen Reichtum des Christus zu verkündigen, und alle darüber zu erleuchten, welches die Gemeinschaft ist, die als Geheimnis von den Ewigkeiten her in Gott verborgen war, der alles erschaffen hat durch Jesus Christus, damit jetzt den Fürstentümern und Gewalten in den himmlischen [Regionen] durch die Gemeinde die mannigfaltige Weisheit Gottes bekanntgemacht werde.(Eph. 3, 8 – 10)
Paulus kennt sich selbst ziemlich gut und weiß deshalb auch, wie viel Mist er in seinem Leben gebaut hat. Wie er vor seiner Bekehrung in der ganzen damaligen Welt umherreiste und versuchte, möglichst alle Christen zu verfolgen, zu jagen und ins Gefängnis zu bringen. Auch nach seiner Bekehrung hat er noch nicht das vollendete Ziel erreicht, denn noch immer stöhnte er unter der Last immer wiederkehrender Sünde: Denn ich weiß, daß in mir, das heißt in meinem Fleisch, nichts Gutes wohnt; das Wollen ist zwar bei mir vorhanden, aber das Vollbringen des Guten gelingt mir nicht. Denn ich tue nicht das Gute, das ich will, sondern das Böse, das ich nicht will, das verübe ich. Wenn ich aber das tue, was ich nicht will, so vollbringe nicht mehr ich es, sondern die Sünde, die in mir wohnt. Ich finde also das Gesetz vor, wonach mir, der ich das Gute tun will, das Böse anhängt.“(Römer 7, 18 – 21) Dieses Problem kennen wir alle. Und wir tun gut daran, uns dessen bewusst zu sein und zu bleiben. Paulus war sich dessen bewusst, deshalb konnte er schreiben: „Mir, dem allergeringsten unter allen Heiligen“. Er war und ist einer der Heiligen, wie dies jeder an den Herrn Jesus Gläubige ist. Dennoch kannte er niemanden, der so viel Gnade empfangen hatte wie er. Vermutlich kann dies jeder echte Christ nachvollziehen und fühlt sich oft auch so wie Paulus: Der allergeringste unter den Heiligen. Derjenige, welcher den größten Anteil an der Gnade hat erhalten müssen, um gerettet zu werden. Es tut nur gut, in diesem Bewusstsein zu leben. Wer die Erkenntnis der Gnade bekommen hat, kennt keinen schlimmeren Sünder als sich selbst. Und Jesus sagte doch bekanntlich: Wem viel vergeben worden ist, der liebt viel. Dieses Bewusstsein, dass der Herr Jesus so groß ist, dass Er sogar solch einen Sünder retten konnte, gibt uns auch Antrieb, im Gebet für andere Menschen dran zu bleiben.
Paulus hatte die Gnadengabe der Evangeliumsverkündigung unter den Heidenvölkern bekommen. Das Evangelium ist der unausforschliche Reichtum des Christus. Es ist insofern unausforschlich, dass es eine unvorstellbare Kraft zur echten Veränderung hat. Es gibt keine Kraft in dieser ganzen Welt, die so stark ist, wie diejenige des Evangeliums. Im Römerbrief nennt Paulus das Evangelium das „göttliche Dynamit zur Errettung für jeden, der glaubt“(Römer 1, 16). Es ist wirklich eine riesige, unvorstellbar starke Kraft, und zwar die einzige Kraft zur echten Veränderung unseres Lebens. Von unserer Seite aus braucht es einzig die Bereitschaft, uns tatsächlich und vollständig verändern zu lassen. Diese Veränderung ist nicht immer angenehm und schon gar nicht immer einfach. Aber sie ist notwendig, wenn wir von Gott gebraucht werden wollen. Sie hat ihren Preis, aber auch ihren Lohn. Denn es gibt nichts Schöneres auf dieser Welt, als zu wissen, dass man von Gott gewollt, verändert und gebraucht wird, um wiederum anderen Menschen zu genau jenem verhelfen zu dürfen.
Noch immer spricht Paulus hier von dem Mysterium, dem Geheimnis, dass Gottes Plan in einer Einheit aus gläubigen Juden und Nichtjuden, nämlich der Gemeinde, besteht. Dieser Gemeinde ist nun wiederum das Evangelium, also das göttliche Dynamit zur Errettung und Veränderung, anvertraut. Sie soll es verwalten und weitergeben. Dadurch, dass das Evangelium ausgebreitet wird und immer mehr Menschen zum Reich Gottes, der Gemeinde, hinzugefügt werden, wird auch den dämonischen Mächten, Gewalten und Fürstentümern gezeigt, dass Jesus der endgültige Sieger ist, denn Seine Gemeinde wird nicht aufzuhalten sein. Sie wird angegriffen, eingelullt, zerstritten, aber nicht besiegt, denn sie steht auf der Seite des Siegers. Jesus sagte, dass dort, wo Dämonen ausgetrieben werden, das Reich Gottes entsteht und sich ausbreitet. Dasselbe gilt auch für die Ausbreitung des Evangeliums. Denn das Evangelium ist die Proklamation des endgültigen Sieges über all diese Mächte und Gewalten. Ihnen dürfen wir durch die Verkündigung des Evangeliums die Niederlage bekanntmachen. Denn am Kreuz von Golgatha und in der Auferstehung sind sie ein für alle Male besiegt worden. Nicht umgebracht und auch nicht wehrlos, deshalb nicht zu unterschätzen, aber doch besiegt. Und im Namen Jesu ist uns die Macht über sie alle gegeben.

Diener des Evangeliums

Diener des Evangeliums
Daran könnt ihr, wenn ihr es lest, meine Einsicht in das Geheimnis des Christus erkennen, das in früheren Generationen den Menschenkindern nicht bekanntgemacht wurde, wie es jetzt seinen heiligen Aposteln und Propheten durch den Geist geoffenbart worden ist, daß nämlich die Heiden Miterben und mit zum Leib Gehörige und Mitteilhaber seiner Verheißung sind in Christus durch das Evangelium, dessen Diener ich geworden bin gemäß der Gabe der Gnade Gottes, die mir gegeben ist nach der Wirkung seiner Kraft. (Eph. 3, 4 – 7)
Hier fährt nun Paulus fort, dieses Geheimnis, von welchem er bereits im letzten Abschnitt sprach, zu erklären. Da dieses Geheimnis von solch großartiger, ja, schier un-glaub-licher Art ist, muss er sich zuerst als einen zuverlässigen Boten Gottes ausweisen. Deshalb erinnert er sie: Wenn ihr diesen Brief von mir an euch lest, so könnt ihr an ihm erkennen, dass mir dieses Geheimnis tatsächlich von Gott anvertraut ist, zusammen mit der Aufgabe, jenes verständlich zu machen und weiterzugeben. Wo die Bibel von Geheimnissen spricht, dann geht es nie darum, dass etwas ein Geheimnis bleiben soll, sondern ein Geheimnis ist eine Wahrheit, die sich niemand ausdenken kann. Eine Wahrheit, die niemand durch Erfahrung errechnen kann. Ein Geheimnis kann nur durch eine Selbstoffenbarung Gottes erkannt werden. Es ergibt sich nicht von selbst. Aber sobald es von Gott aufgedeckt wurde, haben alle, die es erkannt haben, den Auftrag, es bekannt zu machen. Und so ist auch diese göttliche Selbstoffenbarung von fortschreitender Art. Zu früheren Zeiten waren nur die allerwichtigsten Tatsachen bekannt, nämlich dass der Mensch ein Sünder ist, dass er Hilfe braucht, weil er auf sich allein gestellt nicht erlöst werden kann, und dass Gott einen Erlöser, einen Messias-Christus senden wird. Wie diese Erlösung dann aussehen muss, wurde erst später deutlich, nämlich am Berg Sinai, wo Gott via Mose dem Volk Israel erklärte, dass Sünde nur durch den Tod gesühnt werden konnte – entweder durch den ewigen Tod vom Sünder selbst, oder durch das reine stellvertretende Opfer des Lammes Gottes, welches zu damaligen Zeiten durch ein Opfertier repräsentiert wurde. Und so weiter. Je länger die Zeit dauerte, desto tiefer, näher und genauer offenbarte Gott Seinen Charakter und Seinen Heilsplan für unsere Welt.
Nun kommt Paulus auf sein Geheimnis zu sprechen, welches sein ganz persönlicher Auftrag ist. Er ist ja bekanntlich der Apostel der Heiden, der als Missionar zu den Nichtjuden gesandt worden war, um ihnen von der Erlösung in Jesus Christus zu erzählen. Und gerade er, welcher diesen Auftrag bekommen hatte, für ihn war es äußerst wichtig, dieses Geheimnis zu kennen und mit ihm vertraut zu sein. Doch bis zu dem Moment, in welchem es den Aposteln geoffenbart wurde, also die Decke der Unwissenheit entfernt wurde, konnte niemand davon wissen. Kein Mensch war bis zu dem Moment in der Lage, sich ein solches erdenken zu können. Es ist wahrhaftig ein Geheimnis, ein Mysterium. Einen kleinen Teil davon war zwar bereits im Alten Testament vorausgesagt worden, nämlich jenes, dass in der Zukunft eines Tages auch die Nichtjuden ein bestimmtes Heilshandeln Gottes an ihnen erfahren würden. So prophezeite Micha zum Beispiel: „Und viele Heidenvölker werden hingehen und sagen: »Kommt, laßt uns hinaufziehen zum Berg des Herrn, zum Haus des Gottes Jakobs, damit er uns über seine Wege belehre und wir auf seinen Pfaden wandeln!« Denn von Zion wird das Gesetz ausgehen und das Wort des Herrn von Jerusalem.“ (Micha 4, 2)
Doch um ein Vielfaches größer, wunderbarer und herrlicher ist die Erkenntnis des Geheimnisses, die Paulus bekam: Gott wird nicht nur irgendwie auch an den Heiden handeln, sondern Gott wird aus den beiden Gruppen der Juden und der Nichtjuden ein neues Gottesvolk machen. Judenchristen und Heidenchristen sind so eins im Herrn Jesus Christus und haben durch die wunderbare Tat am Kreuz von Golgatha eine gemeinsame Hoffnung, einen gemeinsamen Glauben, einen gemeinsamen Ursprung und ein gemeinsames Ziel. Die Heidenchristen sind zu „Miteinverleibten“ geworden, also zu welchen, die in den Leib des göttlichen Bundes mit hinein genommen sind, zu einem Körper, zu einem heiligen Tempel gemacht. Die Verheißungen an das Volk Israel sind erweitert auf die gläubig gewordenen Nichtjuden. Und das ist nicht etwa selbstverständlich, wie wir das oft denken. Gott ist und bleibt Derselbe. Aber Er hat Sich uns noch detailreicher geoffenbart als Derjenige, Welcher alle Gläubigen aus Israel und aus den Heiden zu einem Leib machen will. Hierzu wurde Paulus berufen, um dieses Mysterium der göttlichen Gnade bekannt zu machen. Und als solche, die wir das begriffen haben, ist die Aufgabe des Paulus auf uns übergegangen. Auch wir dürfen Diener des Evangeliums sein. Menschen, die Gott bekannt machen. Menschen, die dazu einladen, den Herrn Jesus kennenzulernen. Sei gesegnet!