Glaube Liebe Tod

Gallert, Peter, Reiter, Jörg, Glaube Liebe Tod, Ullstein Verlag 2017, Kindle-Version, 384S., Amazon-Link
Der Polizeiseelsorger Martin Bauer versucht, einen Polizisten zu retten, der gerade dabei ist, sich von einer Brücke zu stürzen. Der Versuch gelingt – für vier Stunden. Dann wird der Polizist tot aufgefunden. Er hatte sich von einem Parkhaus gestürzt. Doch irgend etwas stimmt da nicht. Bauer schöpft Verdacht, denn Keunert, der Polizist, wollte sich ja gerade deshalb ins Wasser stürzen, damit er nicht so eine Sauerei hinterlässt. Nun gibt es sie doch. Die Polizei geht von einem Selbstmord aus und Bauer macht sich selbst auf die Suche. Er findet heraus, dass Keunert bereits eine interne Ermittlung wegen Bestechlichkeit gegen sich laufen hatte und die Spur führt ins Rotlichtmilieu. Dort überschlagen sich die Ereignisse, es kommt Drogenhandel ins Spiel und am Ende gelingt es der Polizei dank Bauers Mithilfe und Hartnäckigkeit, den Fall aufzuklären.
Der Einstieg in das Buch ist sehr gut gelungen. Die Leseprobe hat mich gleich gefesselt und ein sehr spannendes Buch versprochen. Besonders hat mich auch interessiert, wie die Autoren theologisch mit der Hauptfigur des Polizeiseelsorgers Martin Bauer umgehen. Das Buch ist leicht lesbar, ich habe es gerne gelesen, aber meiner Meinung nach wurde das Versprechen der ersten Seiten nicht eingehalten. Je länger man las, desto leichter ließ sich vorhersagen, welche Wendung als nächstes eintreffen musste. Vielleicht liegt dies auch daran, dass die Autoren als Drehbuchautoren schon zuviel Routine besitzen und deshalb besser für Filme schreiben sollten, wo sich das Vorhersehbare durch visuelle Effekte leichter überraschend darstellen lässt.
Gut gefallen hat mir, dass die Autoren das Leben im Rotlichtmilieu sehr anschaulich und realistisch beschrieben haben: Die Gewalt und Herabwürdigung, die den Frauen dort täglich begegnet; die Tatsache, dass das kaum jemand freiwillig macht. Auch die fortwährenden Schwierigkeiten der jungen Hauptkommissarin Verena Dohr, an deren Stuhl beständig gesägt wurde, da andere auf ihren Posten neidisch waren, wird sehr schön und natürlich nachgezeichnet. Sie ist die weibliche Nebenheldin, da sie sich am Ende trotz aller Gefahren des Falles annimmt und Bauer auf der Suche nach dem Jungen Tilo, der als Keunerts Sohn aufwuchs, unterstützt. Dass Tilo natürlich ein uneheliches Kind sein muss, wird dem Leser ähnlich aufgebauter Krimis schon längst klar sein, wenn dann endlich diese Bombe platzt.
Als Theologe habe ich zu guter Letzt auch noch ein paar Gedanken zur Theologie des ehemaligen Pfarrers und inzwischen Polizeiseelsorgers Martin Bauer. Wie geht er mit der Bibel um? Zwei Zitate: „Es genügte, die Bibel in der Hand zu halten. Dabei war es egal, um welche Ausgabe in welcher Fassung oder Sprache es sich handelte. Das Buch zu halten gab ihm Kraft. Nur mit der digitalen Bibel auf seinem iPad funktionierte das nicht.“ (Pos. 787) „Bei seinem Bibelroulette war Bauer im Alten Testament gelandet, in den Büchern der Kleinen Propheten. Beim Gerichtstag des Herrn.“ (Pos. 4492) Beide Zitate zeugen von einem magischen Bibelverständnis. Ob er nun Bibelroulette spielt oder aus dem mechanischen Halten der geschlossenen Bibel „Kraft“ beziehen will, immer steckt der Gedanke dahinter: „Die Bibel muss magisch an mir wirken, auch wenn ich mich nicht systematisch mit ihr beschäftige.“
Gottes Plan für unser Leben? Fehlanzeige! „Wieder unterbrach Nicole seine Gedanken. ‘Glauben Sie, Gott hat so etwas wie einen Plan für uns?’ Bauer schüttelte langsam den Kopf. ‘Ich glaube, er gibt uns eine Idee. Wenn wir Glück haben, erkennen wir sie. Den Plan machen wir selbst.’“ (Pos. 4780) Oder auch interessant, ziemlich am Anfang: „Er hatte auf Gott vertraut. Das hatte einem Menschen das Leben gekostet.“ (Pos. 1291)
Und dann muss natürlich auch noch eine Buddhistin erscheinen, um Bauer wieder auf die richtige Spur zu bringen: „’Buddhistische Prinzipien … Ist die Wahrheit so ein Prinzip? Spielt sie eine wichtige Rolle im Buddhismus? Was ist mit ihrer heilenden Kraft?’ Sie wurde ernst. ‘Im Umgang mit Menschen geht es meiner Ansicht nach weniger um Wahrheit als um Weisheit. […] Buddhismus ist keine Religion. Buddhisten können an Gott glauben.’“ (Pos. 6321) „Zuerst hatte er dem Geräusch ihres gleichmäßigen Atems gelauscht. Dann hatte er gebetet. Irgendwann verwandelte sich die Kraft, die er in sein Gebet legte, in reine Konzentration, der Fokus weitete sich, bis er alles umfasste. Er wusste nicht, was dieses Alles war, aber das machte nichts. Seine Zweifel und Fragen waren darin verschwunden.“ (Pos. 6367) Nun ist der ehemalige Pfarrer gänzlich in die Esoterik abgesunken. Wahrheit ist plötzlich nicht mehr so wichtig, Antworten sind es nicht, nur das Gefühl, mit dem „Allen“ verbunden zu sein. Das erinnert enorm an fernöstliche Meditation, die leider auch in der Kirche immer weitere Kreise zieht.
Fazit: Ein spannender Anfang, viele gute Gedanken und Beschreibungen, die es wert sind, weiter darüber nachzudenken. Die Handlung ist leider häufig zu leicht vorhersehbar, und theologisch bleibt am Ende auch nur noch die Religionsvermischung übrig. Ich gebe dem Buch drei von fünf möglichen Sternen.

 

Massentod während 40 Jahren nach Evangelisation

40 Jahre nachdem auf dem Cannstatter Wasen eine Zeltevangelisation stattgefunden hat, ist nun auch der 899. Teilnehmer gestorben. Unbemerkt vom ganzen bunten Treiben auf dem Wasen stand das Zelt bis vorgestern dort. Ein inzwischen sehr in die Jahre gekommenes Seelsorgeteam wartete die ganze Zeit auf Entscheidungen für Jesus, doch irgendwie war es den Teilnehmenden zu schwer gefallen, die Kosten der Nachfolge zu berechnen, wie ihnen der Evangelist damals empfohlen hatte. Die meisten hatten zwar noch in der Schule Dreisatz gelernt, doch gerade Textaufgaben wie das Gleichnis vom Turmbau überfordern die meisten Hörer.
Nun wurde das Zelt abgebaut, und die Veranstalter überlegen sich jetzt, ob sie eine große Beerdigungsfeier für alle dort Verstorbenen durchführen sollten. Sie sind sich in einem Punkt sicher: Statt dem Gleichnis vom Turmbau würden sie auf jeden Fall lieber das zweite Gleichnis von der Kriegsplanung wählen. Vielleicht fällt den Angehörigen damit das Überschlagen der Kosten der Nachfolge leichter.

Zum 70. Todestag Dietrich Bonhoeffers

Heute vor 70 Jahren – am 9. April 1945 – wurde der deutsche Theologe und Kämpfer gegen den Nationalsozialismus nach längerer Gefangenschaft hingerichtet. Ungefähr ein Jahr vor seinem Tod, am 27. März 1944 schrieb er aus der Zelle einen Brief an einen Freund:
Christus überwand den Tod als ἔσχατος ἐχθρὸς (1. Kor. 15,26). Mit dem Sterben fertigwerden bedeutet noch nicht mit dem Tod fertigwerden. Die Überwindung des Sterbens ist im Bereich menschlicher Möglichkeiten, die Überwindung des Todes heißt Auferstehung. Nicht von der ars moriendi, sondern von der Auferstehung Christi her kann ein neuer Wind in die gegenwärtige Welt wehen. Hier ist die Antwort auf das δος μοι που στω και κινω την γην. Wenn ein paar Menschen dies wirklich glaubten und sich in ihrem irdischen Handeln davon bewegen ließen, würde vieles anders werden. Von der Auferstehung her leben – das heißt doch Ostern. Findest Du auch, dass die meisten Menschen nicht wissen, woher sie eigentlich leben? Die perturbatio animorum greift außerordentlich um sich. Es ist ein unbewußtes Warten auf das lösende und befreiende Wort.“(Bonhoeffer, Dietrich, Widerstand und Ergebung, GTB Siebenstern, 13. Aufl. 1985, S. 125f.)
Lothar Krauss hat auf dem Leiterblog eine Zusammenstellungfür Leser gemacht: Werke von Bonhoeffer, Biographien, etc.
Ein paar gute Auszüge aus Bonhoeffers „Gemeinsames Leben“ habe ich hiergepostet.

12. Frage im Westminster Katechismus

12. Frage: Welche spezielle Handlung der Vorsehung wirkte Gott gegenüber dem Menschen in dem Zustand, in dem er geschaffen wurde?
12. Antwort: Als Gott den Menschen schuf, trat er in den Bund des Lebens mit ihm, unter der Bedingung des perfekten Gehorsams, indem er ihm verbot, von dem Baum der Erkenntnis des Guten und Bösen zu essen, mit der Androhung des Todes36.
Bibelstellen dazu:
36 1. Mose 2, 16 – 17: Und Gott der Herr gebot dem Menschen und sprach: Von jedem Baum des Gartens darfst du nach Belieben essen; aber von dem Baum der Erkenntnis des Guten und des Bösen sollst du nicht essen; denn an dem Tag, da du davon isst, musst du gewisslich sterben! Jakobus 2, 10: Denn wer das ganze Gesetz hält, sich aber in einem verfehlt, der ist in allem schuldig geworden.