Datenschutz: Warum mir meine Daten in den Händen privater Unternehmen lieber sind

DSGVO ist in aller Munde. Dieses neue Gesetz soll meine Daten davor schützen, dass sie von privaten Unternehmen missbraucht werden. Zahlreiche Blogger haben ihre Blogs stillgelegt, weil sie zu unsicher sind, mit welchen Mitteln sie diesem neuen Gesetz entsprechen können. Kleinere und mittlere Unternehmen, besonders jene mit Online-Dienstleistungen, sind am stärksten betroffen. Dann auch Fotografen, Vereine, und so weiter. Ich wage es nun mal, etwas weiter zu denken und erkläre, weshalb es mir lieber ist, wenn meine Daten in den Händen privater Unternehmen sind als in den Händen des Staates.

Als ich in der Schule zum ersten Mal Informatik-Unterricht hatte, war ich bis dahin immer offline. Am Familien-Computer habe ich geschrieben, ausgedruckt, und per Post versandt. Ein paar Male habe ich bei Freunden zugesehen, wie diese ihr Internet nutzten. Es waren noch andere Zeiten, jene von Windows 95, welches gerade relativ frisch die Heim-PCs eroberte. Auf den Schulcomputern war Mac OS 7 installiert. Die erste Frage im Unterricht war: Wer hat noch keinen eMail-Account? Das war meine erste Erfahrung mit Datenschutz und dem Austausch von Daten. Ohne eMail-Adresse lässt sich inzwischen (und das war schon damals nicht so viel anders) nur sehr wenig online und in vielen Fällen auch offline machen.

Meine meistgenutzten eMail-Adressen laufen bei GMX. Es gibt verschiedene Optionen, zwischen welchen jeder von uns wählen kann, wenn es um die Frage einer Mailadresse geht. Es gibt Angebote für werbefreie Adressen, für welche man einen monatlichen Betrag zahlt. Oder jeder der Internetspeicher (Webspace) und eine Domain mietet, kann sich eine Mailadresse generieren. Auch da entstehen regelmäßige Kosten. Die meisten Menschen nutzen eine Variante, bei welcher sie (wie ich auch beim „kostenlosen“ GMX-Account) mit ihren Daten bezahlen. Wer dieses Angebot nutzt, gibt dem Anbieter das Recht, seine Daten an andere Firmen zu verkaufen, um damit die Kosten wieder reinzuholen, die für die Bereitstellung von eMail-Speicher, Wartung, Personal und vielem mehr entstehen. Von nichts kommt nichts, deshalb ist das vollkommen legitim, und jeder einzelne von uns hat die Freiheit, sich für eine andere Variante zu entscheiden.

Alle diese Unternehmen sind Konkurrenten, jede versucht, mit den Daten und allen ihren Dienstleistungen den größtmöglichen Profit zu machen. Das ist genau richtig so, denn auf diese Art können alle Kunden (die User und Nutzer dieser Dienstleistungen) mitbestimmen was in Zukunft wichtig sein soll. Es ist die demokratischste Art überhaupt, weil Kunden da König sind und mit ihrem Kauf- oder Nutzverhalten das zukünftige Produkt bestimmen können. Wenn jeder von uns oder eine große Mehrheit von uns anfangen würde, die AGBs der Anbieter genauer zu lesen und nur Angebote der Anbieter mit den strengsten Datenschutzregeln nutzen würde, dann wäre DSGVO rei8ne Makulatur, weil dann jedes Unternehmen gefordert wäre, die anderen mit noch strengerem Datenschutz zu überbieten. Vermutlich bleibt dies ein Traum, aber es wäre letztendlich die einzig sinnvolle Möglichkeit, um alle Unternehmen dazu zu bringen, sich um den Datenschutz richtig zu kümmern. Solange unser Nutzerverhalten signalisiert, dass uns unsere Daten egal sind, solange wir nur alles möglichst kostenlos nutzen und profitieren können, wird sich da nichts ändern – und die Regierungen werden weiterhin das Gefühl haben, dass es ihre Aufgabe sei, sich Gesetze dafür zu überlegen, welche in der Praxis jedoch nur den kleinen Unternehmen schaden werden.

Viel kritischer sehe ich jedoch, dass die staatlichen Ämter weiterhin beliebig Daten sammeln und verarbeiten dürfen – und dazu noch nicht einmal meine Erlaubnis brauchen. Warum müssen wir dem Staat misstrauen? Es geht nicht um ein zwingendes Misstrauen gegen jede Regierung, sondern auch um die Frage: Was passiert, wenn eines Tages Menschen ans Regieren kommen, die es nicht mehr gut mit dem Bürger meinen? Was ist, wenn eine nationalistische, kommunistische, ökofaschistische oder sonstwie totalitäre Regierung den Gang durch die Institutionen antritt und Verantwortung bekommt? In ihrem Roman „Leere Herzen“ (Link) beschreibt Juli Zeh auf erschütternde Weise das mögliche Leben unter der „Besorgte Bürger Bewegung“. In Romanen von Aldous Huxley und George Orwell sind ähnliche Beschreibungen des Lebens in sozialistischen Regimes zu finden.

Demokratie ist immer etwas Zerbrechliches, etwas, was gehütet und zuweilen auch neu erkämpft werden muss. Wer die weltweit immer wieder zu hörenden Rufe nach starken Regierungen, mehr Eingriffen oder auch nach dem „starken Mann“ wahrnimmt, und sich die Entwicklungen etwa in Russland, der Türkei, den USA oder auch Ungarn oder Polen (das zur Zeit mit der Errichtung der Einparteienregierung die Grenzen der Belastungsfähigkeit der EU testet) etwas näher ansieht, wird den Eindruck nicht los, dass neben dem Postfaktizismus auch die Postdemokratie auf der Weltbühne zunehmen könnte. Auch Bestrebungen, der EU mehr Macht über die einzelnen Staaten zu geben, sind in der Hinsicht kritisch zu sehen.  Wo die Demokratie überwunden wird, ist es mit der Freiheit nicht mehr besonders weit her. Und so gesehen: einer möglichen totalitären künftigen Regierung, die von ihren Vorgängern meine Daten erbt, möchte ich auch jetzt schon nicht über den Weg trauen. Deshalb wäre ich vor allem für mehr und transparenteren Datenschutz durch den Staat, während ich gerne selbst aussuche und es als Privileg erachte, meine Daten in Freiheit den Unternehmen anzuvertrauen, von welchen ich überzeugt bin, dass sie größtmöglich verantwortlich damit umgeht. Keiner muss Facebook, WhatsApp, Twitter, Google oder was auch immer für Unternehmen vertrauen. Jeder hat die völlige Freiheit, sich dort überall nicht anzumelden oder mit Anmeldung nur gerade das preiszugeben was jeder wissen darf. Auch per eMail sollte man – egal welche Art von Adresse man nutzt – immer nur das schreiben, was man auch hinten auf eine Postkarte schreiben und per Post versenden würde. Ungefähr so sicher sind eMails. Anderenfalls sollte man auf Ende-zu-Ende-Verschlüsselung achten, was wiederum mit einigem Aufwand verbunden ist.

Mein Traum wäre, dass der mündige Internetnutzer lernt, verantwortlich mit seinen Daten und Inhalten umzugehen, so verantwortlich, dass gar kein gesetzlicher Datenschutz nötig wäre. Ob der realistisch ist oder nicht, sei vorerst mal dahingestellt. Jedenfalls würde ich mich freuen, wenn noch mehr Menschen mit mir mitträumen würden. Und irgendwann, wenn wir genügend Träumer sind, könnte es sein, dass wir aufwachen und feststellen, dass genau das geschehen ist. Who knows?

Marina Weisband, ehemalige politische Geschäftsführerin der Piratenpartei Deutschlands, hat den ersten Beitrag zur DSGVO geschrieben, den ich wirklich treffend fand. Hier geht es zum Artikel (Link). Allgemein gesehen sind Datenschutz, Verschlüsselung und Sicherheit im Internet Themen, bei welchen wir von den Piraten lernen können.

Buchtipp: Supermacht Wissenschaft

Jaeger, Lars, Supermacht Wissenschaft – Unsere Zukunft zwischen Himmel und Hölle, Gütersloher Verlagshaus, 1. Aufl. 2017, 413 S. Verlagslink/ Amazon-Link
Vielen Dank an das Gütersloher Verlagshaus für das Rezensionsexemplar.
Dr. Lars Jaeger ist ein Autor, der sich viele Fachgebiete zu eigen gemacht hat. Nach dem Studium der Physik, Mathematik und Philosophie arbeitete er zunächst am Max-Planck-Institut für Physik komplexer Systeme in Dresden, später kam er nach Zürich, wo er auf dem Gebiet der Finanzbranche forschte, und vor einigen Jahren gründete er ein Unternehmen für Investment- und Finanzdienstleistungen. Darüber hinaus setzt er sich für mehr Transparenz in vielen Bereichen ein, und ist auf der Suche nach Möglichkeiten der spirituellen Dimensionen, welche das Leben und insbesondere die Wissenschaft bieten.
Ich war sehr gespannt auf das Buch, da es doch einige Bereiche meiner Interessen abdeckt – und im großen Ganzen hat das Buch noch mehr gehalten als ich erwartet hatte. Doch zunächst mal eins nach dem anderen. Das Buch gliedert sich in drei Teile, und diese Aufteilung ist sehr gut gelungen. Im ersten Teil hat man so eine Art Rundgang durch die neuesten Forschungsergebnisse verschiedenster wissenschaftlicher Disziplinen. Jaeger beschreibt das wie eine Art „Safari“ (S. 16). Es ist so, als ob man neue Tierarten anschaut und sich darüber freut. Im zweiten Teil geht es darum, was diese Tierarten mit uns machen – dass wir im Prinzip schon kurz vor dem Gefressenwerden sind. Und der dritte Teil ist eine Strategie, wie man dem entkommen bzw. diese Tiere zähmen kann.
Mit einem Rundumschlag von Quantentechnologie über Nanotechnologie, Gentechnik und Künstliche Intelligenz bis hin zu neuen Bewusstseinstechnologien steigt Jaeger gleich tief in die wichtigen Themen unserer Zeit ein. Manches war mir schon bekannt, in anderen Fällen wusste ich noch nichts über die allerneusten Entwicklungen der Forschung. So konnte ich auch einiges Neues lernen. Einige Zeit hatte ich ja die Entwicklungen um CRISPR verfolgt, doch die neusten Entwicklungen darin waren mir noch nicht bekannt. Schließlich kann sich nicht jeder um jedes Thema kümmern. Überhaupt ist das ein sehr wertvoller Aspekt des Buches von Jaeger: Er versucht, diese Inhalte der neueren Forschung leicht verständlich rüberzubringen, damit sich jeder informieren und mitreden kann: „Nur wer informiert ist, kann sich eine differenzierte Meinung bilden und zu einer sinnvollen Gesetzgebung beitragen, die einerseits die Wohltaten der Wissenschaft der Allgemeinheit zugänglich macht und andererseits die Gesellschaft vor unerwünschten Auswüchsen des Forscherdrangs schützt.“ (S. 55f.)
Das erste Kapitel schließt mit dem Gedanken, der aus Goethes Ballade vom Zauberlehrling stammt: Dieser ließ mit einer Zauberspruch einen Besen Wasser holen, um baden zu können, doch plötzlich ist das Haus unter Wasser gesetzt und unser Zauberlehrling hat den Spruch vergessen, um dem ganzen Spuk ein Ende zu setzen. Nur sein Meister kann ihn noch retten, indem er den „Knecht“ wieder in einen reglosen Besen verwandelt. Die Frage, die sich mir hier nun stellt, geht noch etwas weiter: In Goethes Ballade muss der Besen komplett gestoppt werden. Der Zaubermeister gibt dem Besen keine Gesetzgebung und lässt ihn eingeschränkt weiter Wasser holen, unter der Bedingung, dass… Ich werde diese Frage später, wenn es um den dritten Teil geht, noch ausführlicher besprechen. Auf jeden Fall ist mir diese Stelle gleich ins Auge gesprungen, als ich das Buch zum ersten Mal las. Auf Seite 56 schreibt Jaeger, dass es bislang der Mensch gewesen sei, der die Natur den Veränderungen unterzogen habe, und sich dies nun am Umkehren sei. Auch hier setze ich ein Fragezeichen. Ist es nicht so, dass jede neue Entdeckung, jede Entwicklung an sich schon den Menschen tiefgreifend verändert hat?
Im Verlauf des zweiten Kapitels wird aus den zahlreichen Technologien, die dabei sind, unser Leben zu revolutionieren, ein unberechenbares Monstrum. Zunächst interessante Technologien wie etwa eine Gehirn-Computer-Schnittstelle, über die man mit Gedanken einfache Befehle weitergeben kann, entpuppen sich als Risiko für das Menschsein an sich – denn wer Zugang zum Gehirn eines Menschen bekommt, kann diesen beliebig nach eigenem Willen manipulieren. Jaeger fragt: „Werden Taxifahrer bald den Stadtplan von London auf einem Neurochip in ihrem Gehirn abgespeichert haben oder Soldaten auf dem Schlachtfeld mit EEG-Kapen herumlaufen?“ (S. 137)
Eine weitere wichtige Frage stellt sich zum Menschenbild: „Unser Welt- und Menschenbild wird sich auch mit den zukünftigen Möglichkeiten der Manipulation unseres Geistes stärker verändern, als alle bekannten philosophischen Lehren, psychologischen Theorien oder spirituellen Praktiken es bisher getan haben.“ (S. 139) Die Frage ist: Wer ist der Mensch überhaupt, wenn man mit technologischen Möglichkeiten seine Entscheidungen manipulieren und jedes beliebige Gefühl per Knopfdruck herstellen kann? Wird der Mensch dann noch ein mit freiem Willen und Verantwortung ausgestattetes Wesen sein?
Im zweiten Teil werden weitere Nachteile dieser Technologien besprochen. Der Mensch wird mittels Algorithmen und Datensammlungen beständig vermessen und einsortiert. Big Data ist ein großes Thema unserer Zeit. Wer hat alles Zugriff auf unsere Daten? Ebenso wichtig: Was kann der Besitz unserer Daten mit uns machen? Verschiedene Versuche im Internet haben den Einfluss dieser Daten auf unser Leben aufgezeigt und doch sind wir bereit, die riesenhaften Datenkraken zu unserem Vergnügen beständig weiter zu füttern. Nach verschiedenen weiteren Fragestellungen beschäftigt sich Jaeger im dritten Teil mit der Frage: Wie weiter. Bevor ich diesen dritten Teil unter die Lupe nehmen und kritisieren werde, muss ich dem Autor für die zwei ersten Teile ein großes Lob aussprechen. Es gelingt ihm außerordentlich gut, dem Leser die Entwicklungen deutlich und in einer leicht verständlichen Sprache vor Augen zu malen. Dafür bin ich sehr dankbar. Es ist somit ein wirklich wertvolles Buch, das sich zu lesen lohnt, selbst wenn man – wie ich – am Ende zu anderen Schlussfolgerungen kommt.
Drei Kritikpunkte möchte ich an das Buch anlegen, und diese betreffen hauptsächlich den dritten Teil, und den bereits angesprochenen Schluss des ersten Kapitels.
1. You can’t have your cake and eat it.
In der Schweiz gibt es den Spruch „Chasch ned de Batze und ‘s Weggli ha“ (Du kannst nicht das Geld und das Brötchen haben). So ähnlich versucht Jaeger jedoch mit der neuen Technologie umzugehen. Er möchte den Segen derselben genießen können, aber im selben Moment auf deren Nachteile verzichten können. Deshalb wird die Ballade von Goethe am Ende des ersten Kapitels auch nur teilweise zusammengefasst. Das Wichtigste geht dabei unter: Der „Knecht“ wird wieder zum Besen. Die Frage, die ich an dieser Stelle jedem Leser stellen möchte, ist die: Wie weit ist es überhaupt möglich, in der Technologie das Rad zurückzudrehen und den Besen wieder in die Ecke zu stellen? Ich werde meine Antwort am Ende des dritten Kritikpunktes in Kurzform präsentieren.
2. Wissenschaft baut auf dem jüdisch-christlichen Weltbild auf.
Jaeger schreibt auf S. 329: „Der Einfluss von Religionen und traditioneller spiritueller Denktraditionen auf unseren modernen Lebensbedingungen ist dagegen eher beschränkt. Weit weniger als Wissenschaftler und Unternehmer waren an der Erschaffung unseres heutigen materiellen Komforts Theologen und Philosophen beteiligt.“Diese Aussage ist nicht ganz leicht verständlich, aber sie ist die Grundlage, um in einem späteren Abschnitt die Kirchen als nicht hilfreich in diesen Fragen zu beurteilen. Leider ist da etwas dran. Allerdings sollte Herr Jaeger nicht vergessen, dass alle Wissenschaft, sofern sie von einer beobachtbaren und adäquat beschreibbaren, erforschbaren und kultivierbaren (beeinfluss- und veränderbaren) Realität ausgeht, auf der Grundlage des jüdisch-christlichen Weltbildes aufbaut. Darüber gäbe es natürlich eine Menge mehr zu sagen, was allerdings den Rahmen einer Rezension sprengen würde.
3. Ein quasi-messianisches Staatsverständnis hilft nicht weiter.
Abschließen möchte ich mit meiner größten Kritik am Buch: Herr Jaeger sieht die Erlösung durch in seinem Staatsverständnis: „Es gibt noch eine weitere bedeutende gesellschaftliche Kraft, die dafür sorgen könnte, dass der technologische Fortschritt uns dient, und nicht wir ihm: der Staat.“ (S. 351) Doch was würde in einem Staat geschehen, der über Algorithmen verfügt, die alles zentralistisch regieren? Was wäre da überhaupt mit Menschen, die nicht in diese „schöne neue Welt“ hinein wollen? Ich habe jetzt schon Menschen getroffen, die mit der Komplexität unseres jetzigen Lebens in der westlichen Welt nicht klarkommen und deshalb lieber freiwillig auf der Straße leben. Werden in einer solchen technologisierten Zeit Abweichler zum Abschuss freigegeben, bzw. – weitaus brutaler – dem langsamen Hungertod preisgegeben? Die letzten Wahlen in den USA zeigen, wohin eine Demokratie steuern kann. Und das sage ich als überzeugter Vertreter der Demokratie. Allerdings braucht ein jeder Staat klare Grenzen, die er nicht überschreiten darf. Je aufgeblähter ein Staat wird, je mehr Aufgaben er bekommt, desto weniger kann der einzelne Bürger in diesem Staat verantwortlich handeln – und desto mehr wächst die Gefahr des staatlichen Machtmissbrauchs. Viele Despoten des 20. Jahrhunderts wurden demokratisch gewählt (davor kann kein System bewahren), und je aufgeblähter ein solcher Staat ist, desto mehr Möglichkeiten des Missbrauchs hatte dieser.
Meine Antwort wäre: Kleiner statt größer denken. Wir brauchen keinen „Big Talk“ wie im Buch beschrieben, sondern viele, unzählig viele „Mini Talks“ von Einzelnen, die sich über ihre Zukunft Gedanken machen. Wenn wir die Geister, die wir riefen, wieder in die Ecke stellen wollen, brauchen wir eine Rückkehr zur Familie, zum Freundeskreis, zum Denken im Kleinen, zum verantwortlichen Handeln des Einzelnen, denn nur so wird es auch in einem Katastrophenfall möglich sein, weiter zu existieren. Statt auf digitale Währungen umzusteigen wäre es wichtiger, Menschen zu haben, denen man vertraut, und die einander im Notfall beistehen.
Und genau hier sehe ich das zukünftige Potenzial der Kirchen und Gemeinden. Sie haben den göttlichen Auftrag, Rettungsboote und Heimatorte für verlorene Menschen in dieser Welt zu sein. Sie sind Orte, wo der Einzelne sich selbst kennenlernen kann und in die Gemeinschaft mit Gott kommt, der letztendlich bestimmt, wer und was der Mensch ist und was seine Persönlichkeit ausmacht – auch im Wandel der Technologie und des säkularen Menschenbildes.
Ich gebe dem Buch vier von fünf Sternen.

Das Jubeljahr und unsere Ökonomie

Das biblische Jubeljahr und die moderne Ökonomie
In 3. Mose 25 finden wir das so genannte „Jubeljahr“ oder „Halljahr“, das so genannt wird, weil es mit Schopharhörnern eingeläutet wird. Es gibt immer wieder Menschen, die versuchen, das biblische Prinzip dieses Halljahres auf die moderne Ökonomie anzuwenden und daraus die Forderung zu stellen, dass Länder anderen Ländern Schulden vergeben sollen.
Ich möchte hier mal in aller Kürze skizzieren, was das Jubeljahr in Wirklichkeit war, und warum man es nicht auf unsere heutige ökonomische Situation übertragen darf, bzw. kann. Noch viel mehr Probleme bereiten allerdings die falschen Vorstellungen, die an diesen Bibeltext geknüpft werden.
Am besten ist, man liest an dieser Stelle das vorliegende Kapitel mal selbst durch. Das hilft, die weiteren Ausführungen besser zu verstehen, da ich mich dabei eher kurz fassen werde.
Was ist der Hintergrund zum Jubeljahr?
Israel stand am Fuße des Berges Sinai, hatte die Zehn Gebote bekommen und die Stiftshütte gebaut, die Priester eingesetzt und stand jetzt kurz davor, weiter zu ziehen, um das Verheißene Land einzunehmen. Von der Einnahme und Verteilung berichtet das Buch Josua. Jede Familie bekam ein Stück Land, je nachdem, wie groß die Familie war und was sie brauchten. Sie hatten dann den Auftrag, dieses Stück Land zu bebauen, Vieh zu züchten und von all diesem zu leben. Für den Fall aber, dass eine Familie eine schlechte Ernte einbrachte oder das Vieh an einer Seuche starb, brauchte es Regeln, wie man in dem Fall mit derjenigen Familie umgehen soll. Das Ziel ist, dass dabei jede Familie letzten Endes wieder die Möglichkeit hatte, ihre Schulden zu bezahlen und wieder selbständig zu werden. Dafür war jenes Halljahr da. Der zentrale Vers ist V. 13: „In diesem Halljahr soll jeder wieder zu seinem Eigentum kommen.“ Damit ist aber nicht alles gesagt. Es gibt Regeln, die dafür sorgen sollten, dass keiner jemand anderes übers Ohr hauen konnte. Diese sind alle in 3. Mose 25 beschrieben.
Sieben Gründe, weshalb das nicht auf unsere Weltwirtschaft bezogen werden darf:
1. Es darf nur der nächste Blutsverwandte das Land kaufen. Das ist ganz wichtig. Es steht ganz klar in 3. Mose 25, 25 geschrieben. Und weil ein Land aus vielen Menschen besteht, kann kein einzelner nächster Blutsverwandter ausgemacht werden.
2. Es gilt nur für privates Eigentum. Da Staaten so genannt öffentliches oder allgemeines Eigentum haben, kann das nicht auf Staaten bezogen werden.
3. Der Kaufpreis ist abhängig vom letzten Halljahr. Wenn jemand es kaufen will, dann ist der Preis davon abhängig, wie viel Zeit zwischen dem letzten und dem nächsten Halljahr noch liegt. Eine solche Regelung kennt niemand heute, deshalb lässt sich auch kein Preis vereinbaren.
4. Das Halljahr dient gar nicht der Erlassung von Schulden, sondern der Bezahlung derselben. Gerade das wird ja oft behauptet, dass im Halljahr Schulden erlassen würden. In Wahrheit ging es aber darum, dass jemand fähig wird, seine Schulden durch zeitlich überlassenes Land und Arbeitskraft zu bezahlen.
5. Das Halljahr dient nicht dazu, finanzielle Gleichheit zu sichern. Wer vorher reich war, konnte auch nach dem Halljahr weiter reich werden. Überhaupt hat Gott die Menschen mit unterschiedlicher Fähigkeit, mit Geld umzugehen, ausgestattet. Der Eine verdient immer viel, weil er ein gutes Gefühl für gute Geschäfte hat, der andere weniger.
6. Das Halljahr zeigt gerade, dass privates Eigentum wichtig ist. Gerade dadurch, dass dieses Land, das jemand gegen einen Preis übernimmt, um jemand anderem in finanzieller Not zu helfen, wieder an den ersten Besitzer zurückgegeben werden muss, wird deutlich, wie wichtig Gott der Besitz und die Verwaltung von privatem Eigentum ist.
7. Das Gesetz vom Halljahr gilt nur für Israel. Gerade die unterschiedliche Behandlung von Israeliten und Nichtisraeliten zeigt das. Nachzulesen in 3. Mose 25, 45. Deshalb sollten wir uns hüten, aus diesen Bestimmungen eine universale Regel für heutige Weltökonomie abzuleiten. Was wir daraus ableiten dürfen und sollen, ist natürlich die Wertschätzung der einzelnen Person, der verwandtschaftlichen Bindung, des privaten Eigentums und der Gerechtigkeit, die eben nicht auf Erlass, sondern auf Bezahlung von Schulden besteht.

Wenn die Politik zur Religion wird

Wenn die Politik zur Religion wird
Genau betrachtet haben wir Religionsfreiheit – zumindest in der Theorie und im Gesetz verankert. Die Trennung von Staat und Kirche – die eine sehr gute Sache ist – besagt, dass jeder Mensch dem Glauben folgen darf, dem er möchte. Und dieselbe Trennung verbietet es dem Staat zugleich – auch hier muss wieder hinzugefügt werden: zumindest in der Theorie – sich in die Sache der Kirche direkt einzumischen. Problematisch wird die Sache allerdings dann, wenn sich die Politik mit ihren Vorstellungen und Behauptungen zu einer neuen Religion macht. Und genau das ist immer wieder dort der Fall, wo das Fehlen eines Glaubens als ein Mehr an Objektivität propagiert wird. Man kann dies vom Untergang großer Mächte im Altertum bis in unsere heutige Zeit beobachten. Ein Beispiel, das hier besonders herausragt, war die Französische Revolution, bei welcher der Glaube an die Vernunft zur neuen Göttin wurde, als die Kirche Notre Dame geplündert, geschändet und zur Hochburg einer neuen Vernunftreligion erklärt wurde.
Eine atheistische Politik beinhaltet immer ein großes Manko, das sehr schnell durch eine Religion ersetzt wird, die in diese Politik gar messianische Erlösungshoffnungen setzt. Leicht zu beobachten ist dies auch in unserer heutigen Politik des sogenannten Sozialstaats. Linksorientierte Politik sieht in einem „Mehr an Staat“ die Möglichkeit, ein Paradies auf Erden aufzubauen. Wohin das führt, hat uns eigentlich ein Jahrhundert der Sozialismen bereits gezeigt. Je größer das Mehr an Staat wird, desto weniger hat der einzelne Mensch noch etwas zu sagen. Die Theorie von diesem Mehr an Staat geht so weit, dass sie den Bürger eines Sozialstaats vor sich selbst schützen will. Wer nämlich nicht einverstanden ist mit diesem Mehr an Staat, der hat einfach noch nicht kapiert, wie gut das für alle ist, deshalb muss er zu seinem Besten gezwungen werden. Irgendwann, so sagt man sich, wird er schon noch dankbar sein.
Diese neue Religion linksorientierter Politik muss natürlich auch ihre eigene Ethik haben. Diese Ethik ist verpflichtend, denn sie wird durch Gesetze, Begünstigungen und Steuern erklärt. Gesetze und Steuern steuern unser Denken und dadurch auch unsere Ethik. Das erste Gebot dieser Ethik lautet: Der Kapitalismus ist der größte Feind des Menschen. Dies wird deutlich durch das System von progressiven Steuersätzen nach oben und Unterstützung und Begünstigungen nach unten. Die Doppelmoral, dass Politiker, die solches vertreten, auch durchaus mal die Hand nach höheren Verdiensten öffnen können, stört dabei niemanden. Der Kapitalismus ist immer noch der größte Feind des Menschen. Denen, die mehr Geld haben, muss es weggenommen werden, damit es denen zu Gute kommt, die weniger haben. Somit wird das Geld, für das man arbeitet, zu etwas Bösem. Wer nun die Frage stellt: Wozu soll man denn noch arbeiten gehen, wenn andere das Geld hinterher geworfen bekommen, so findet sich darauf keine Antwort. Arbeiten gehen muss er trotzdem, damit die Staatskassen gefüllt werden.
Das zweite Gebot lautet: Du musst immer politisch korrekt sein. Und was nun gerade politisch korrekt ist, das ändert sich bekanntlich von Tag zu Tag. Wo man früher noch von „Zigeunern“ sprach, muss es heute anders heißen. Wie es jedoch korrekt lautet, weiß niemand so ganz genau. Eine Zeit lang hieß es „Sinti und Roma“, weil das die zwei größten Gruppierungen des fahrenden Volkes war, aber dadurch werden alle anderen Gruppen auch diskriminiert, insbesondere jene, die es nicht mögen, mit Sinti und Roma in einen Topf geschmissen zu werden. Unter den Gruppierungen in Rumänien gibt es eine Bewegung, die sich gerade gegen alle neueren Begriffe wehrt und für den Gebrauch des Wortes „Tsiganos“ (von dem sich unser politisch inkorrekter Begriff ableitet) kämpft.
Das dritte Gebot lautet: Alle sind gleich, nur wir Politiker, die uns für euer Bestes einsetzen, wir sind gleicher. Dem einzelnen Menschen darf nicht getraut werden. Demokratie ist etwas Schönes, aber erst dann, wenn wir alle von unserem Standpunkt überzeugt haben. Man darf dem Menschen bloß nicht zu viel zutrauen, sonst könnte es noch einmal passieren, dass sie – wie anno 1989 beim Mauerfall – das Richtige tun (nämlich auf die Straße gehen und sich empören) aber zum falschen Zweck. Schließlich war es ja damals so, dass die Menschen sich gegen ihr Bestes gewehrt haben. Sie hatten alle genügend Arbeit, waren alle gleich, waren sozial versorgt, waren in wunderbarer Sicherheit, aber irgendwie waren sie noch nicht weit genug vor sich hin evolutioniert, um schon so weit zu sein, dass man sie zu ihrem Besten vom bösen Kapitalismus befreien konnte. Somit beginnt dasselbe Experiment ein zweites Mal – diesmal etwas großflächiger.

Bildung – eine biblische Herusforderung

Bildung – eine biblische Herausforderung
Ich möchte hier keine komplette Ausarbeitung des Themas geben, sondern nur ein paar Gedanken dazu festhalten, die vielleicht eine neue Diskussion anstoßen können. Das Thema beschäftigt mich seit längerer Zeit, und ich wünschte, es würde wieder vermehrt zu einem Thema in unseren Gemeinden werden. Wenn Dich, liebe Leserin, lieber Leser, das Thema auch beschäftigt, so melde Dich bitte bei mir, diskutiere mit, verbreite Deine Gedanken dazu, etc. Vielleicht wird sich eines Tages die Möglichkeit zu einer umfassenderen Ausarbeitung des Themas ergeben.
  1. Bildung ist ein biblischer Auftrag
Von Anfang an ist Bildung ein Bestandteil dessen, was Gott dem Menschen aufträgt. Die allererste Art der Bildung kommt von Gott Selbst, als Er dem ersten Menschenpaar erklärt, was ihr Auftrag ist in dem von Ihm erschaffenen Garten. Gott spazierte mit ihnen durch den Garten und sie redeten zusammen darüber, also Gott bildete die Menschen. Bildung hat somit viel mit Kommunikation zu tun. Anders gesagt: Ohne Kommunikation gibt es keine Bildung. Sie ist in erster Linie der Auftrag an die Eltern (5. Mose 6, 4 – 9), in zweiter Linie aber auch an die Gemeinde (5. Mose 24, 8).
Der Sinn und Zweck der Bildung ist, dass das Wissen und die Gottesfurcht an die nächste Generation weitergegeben wird, damit jede Generation mündig werden kann und nicht hin- und hergeworfen wird von jedem Wind der Lehre (Epheser 4, 14 – 16). Bildung kommt ursprünglich von „Bild“ und bedeutet diese Umgestaltung in das Bild des Herrn Jesus, von der zum Beispiel Paulus spricht (Römer 8, 28 – 30).
Wir sehen also, dass die Bildung in erster Linie ein Auftrag an die Eltern ist, aber auch von ihnen an andere Menschen weiter gegeben werden kann, die im Gesetz des Herrn und im Wissen der jeweiligen Generation unterrichtet sind. Das ist unsere Grundlage für die weiteren Ausführungen.
  1. Das Bildungsmonopol eines gottlosen Staates
Wir leben in einem gottlosen Staat, welcher das Bildungsmonopol unrechtmäßig an sich gerissen hat. Das hat nun Vor- und Nachteile. Der Vorteil ist, dass dadurch eine allgemeine Bildung garantiert ist, denn gewissenlose Eltern können auf diese Weise ihre Kinder nicht von der Bildung fernhalten. Der Nachteil ist, dass nun ein gottloser Staat über den Inhalt und die Art der Bildung verfügen kann, sowie denjenigen Eltern, die keine entsprechende staatlich anerkannte Ausbildung haben, die Kinder wegnimmt, um sie fremd zu bilden.
Da wir aber die menschliche Obrigkeit achten und ehren sollen, sowie zum Gehorsam verpflichtet sind, solange sie uns nicht dazu zwingt, Gottes Gebote zu übertreten, suchen wir nach Möglichkeiten, um den vom Staat gegebenen Richtlinien zur Bildung zu entsprechen (Römer 13, 1 – 7). Es müssen also solche Möglichkeiten sein, welche 1) den vom Staat festgelegten Richtlinien entspricht, 2) den von Gott in Seinem Wort gegebenen Richtlinien für Bildung, Wissen, etc., entspricht, und 3) für uns als Gemeinden möglich sind.
  1. Möglichkeiten von Gemeinden
Es gibt schon mehrere christliche Kindergärten und Schulen, und dafür bin ich sehr dankbar. Es wäre aber auch sehr gut, wenn wir hier noch zulegen könnten. Fakt ist aber, dass eine Schule nur sehr schwer von einer einzelnen Gemeinde getragen werden kann. Meist braucht es einige Jahre für den Aufbau und Nachweis der bildungsmäßigen Qualität, bis es auch finanzielle Unterstützung von staatlicher Seite her gibt. Das führt oft zu Engpässen, es ist also ein Projekt, welches mehrere Gemeinden zusammen planen und durchführen müssen.
Und genau hier kommen viele Projekte ins Schleudern, weil die Bereitschaft fehlt, mit den Gemeinden, die man als Konkurrenzbetriebe betrachtet, zusammen zu arbeiten. Am ehesten würde sich ein solches Projekt auf der Ebene der evangelischen Allianz einer Stadt lohnen. Dies würde nicht nur die gemeinsamen Kinder bilden, sondern wäre einerseits ein Projekt, welches die Einheit in der Allianz fördert, andererseits aber auch für die Gemeinden ein neues „Missionsprojekt“, denn eine christliche Schule hat sehr hohe Bildungsstandards und wird somit auch für andere Eltern attraktiv sein.
Des Weiteren braucht man auch die richtigen Lehrkräfte. Für eine bibeltreue Schule braucht es nicht nur bibeltreue Lehrerinnen und Lehrer, sondern auch welche, die fähig sind, den Kindern die Liebe zu Gottes Wort und zum Leben mit dem Herrn Jesus mitzugeben. Das ist dann die echte Bildung, nämlich diejenige, welche den Kindern wirklich hilft, ins Bild Jesu umgestaltet zu werden.
Sie brauchen aber auch eine dem entsprechende gute Ausbildung. Und genau an dieser Stelle wäre es sehr wichtig, dass man hier mal ansetzen könnte. Wir brauchen eine bibeltreue Lehramtsausbildung für Klassen- und Fachlehrer aller Stufen. Und entsprechend für diese Ausbildung auch Menschen, welche jene Lehrer ausbilden können.
  1. Fazit und Ausblick
Was wir brauchen, ist ein Dreifaches: Bibeltreue Schulen, bibeltreue Lehrkräfte und eine bibeltreue Ausbildungsstätte für Lehrer. Zunächst aber brauchen wir das Gespräch über die vorhandenen Möglichkeiten. Die Bereitschaft zum Gespräch darüber. Eine Plattform, um das Gespräch darüber erfolgen zu lassen. Wenn Du interessiert bist, selbst Ideen hast, oder Dich sonst auf irgend eine Art dazu mit einbringen möchtest, bitte melde Dich. Habe den Mut dazu.

Der gute Hirte – Gedanken zur Autorität und Verantwortung

Wenn wir danach suchen, was zur Zeit, als Jesus lebte, einen guten Hirten ausmachte, so finden wir:

a. Der Hirte war nicht Besitzer der Herde

Ein Hirte war nie selbst Besitzer „seiner“ Herde, sondern bekam diese von seinem Herrn, dem Kyrios, anvertraut. Bei Schafen war der Begriff Herde ein feststehender Ausdruck, der für die Menge von 300 Schafen stand. Für diese war der Hirte zuständig und vor seinem Herrn verantwortlich. Er konnte nicht nach seinem Belieben mit ihnen umgehen, sondern musste den Befehlen seines Herrn gehorchen und musste vor diesem für all sein Handeln Rechenschaft ablegen. Er war der Verwalter der Herde seines Herrn. Seine Aufgabe war es, im Auftrag seines Herrn gut für die Herde zu sorgen und darauf zu achten, dass es ihr gut geht und sie gut versorgt war.

b. Der Hirte war nicht allein mit seiner Herde

Meist hatte der Hirte noch zwei weitere „Unterhirten“, sogenannte Herdentreiber, bei sich. Diese mussten dem Hirten gehorchen, weil er ihr Chef war, aber sie konnten auch mit aufpassen, dass er gut für die Herde sorgt und dies gegebenenfalls ansprechen. Sie waren seine Untergebenen, aber auch mit verantwortlich für die Herde. Wenn der Hirte alt wurde, so übergab er meist einem von ihnen das Hirtenamt, da sie die Herde schon kannten.

c. Der Hirte kannte seine Schafe

Jedes Schaf bekam vom Hirten einen Namen, bei dem es gerufen wurde (und auf den es auch hörte). Das war extrem wichtig für die ganze Herde, dass der Hirte jedes seiner Schafe gut kannte. Er zählte nicht nur die Anzahl, ob eines fehlte, er kannte auch den Charakter eines jeden seiner Schafe. Nur so konnte er in sinnvoller Frist erkennen, wohin eines seiner Schafe wohl gelaufen war und es dann auch finden. Er konnte nicht tagelang nach einem solchen Schaf suchen, er musste wissen, welches Schaf fehlt, und aufgrund von dessen Charakter suchte er an einer ganz bestimmten Stelle bis er es wieder fand.

d. Der Hirte kannte seine Wege

Ebenso wichtig war es, dass der Hirte genau wusste, wo es lang geht. Er musste wissen, wo er in Tagesfrist einen neuen Platz mit Wasser und genügend frischem Gras fand. Er musste die Gebirge kennen, in welchen die Schafe sich verlaufen konnten. Er musste den Weg seiner Herde sehr gut planen und sich dann auch eisern an diesen Plan halten, damit seine Herde überleben und rechtzeitig wieder zurück sein konnte. Da war sehr viel Disziplin nötig.

e. Der Hirte ging voran und führte die Herde

Da er seine Herde und jedes einzelne seiner Schafe so gut kannte, konnte er vorangehen und ihnen als Vorbild dienen. Die Schafe „wussten“, dass sie ihm vertrauen konnten und folgten ihm weitestgehend von selbst nach. Er war ihr Vorbild und ihr Beschützer, derjenige, der für sie sorgte, sich um sie sorgte und dafür sorgte, dass es ihnen gut ging. Manchmal musste er sie erschrecken, damit sie zur Herde zurück kamen, manchmal auch etwas Schmerzen bereiten, aber alles, um ihr Leben zu schützen. Sie wussten sich bei ihm sicher und beschützt. Sie kannten seine Stimme und vertrauten ihm blind. Wohlgemerkt, sie kannten seine Stimme so gut, dass sie nur auf ihn hörten und vor jeder anderen Stimme zurückschreckten, auch wenn sie verstellt und der des Hirten möglichst ähnlich war.

Es stimmt, dass Macht immer wieder zu Missbrauch dieser Macht führt. Und es stimmt auch, dass niemand vor der Versuchung, seine Macht zu missbrauchen, geschützt ist. Dennoch ist Autorität in Verbindung mit der Verantwortung vor Gott und den Mitmenschen eine von Gott gewollte und eingesetzte und bestätigte Sache. Autorität bedeutet, dass die eingesetzte Autorität ganz praktisch für das Wohlergehen derer, über die er eingesetzt ist, die Verantwortung trägt. Jeder, der in einer solchen Position steht, muss vor Gott und den Mitmenschen Rechenschaft ablegen können für alles Tun und Lassen. Es gibt in einer solchen Position keine Möglichkeit, sich herauszuhalten, um so die Verantwortung abzuschieben. Denn Abschieben ist an sich schon möglich, bedeutet jedoch das mutwillige Unterlassen des Annehmens seiner Verantwortung.

Autorität, die Gott eingesetzt hat, gibt es in folgenden Bereichen:

1. Familie. Hier trägt der Familienvater und Ehemann die Hauptverantwortung für die Ehe und die Familie. Es ist seine Pflicht, für Recht, Ordnung, Gerechtigkeit, Erziehung und Bildung zu sorgen.

2. Gemeinde. Hier ist es der Kreis der Ältesten zusammen mit dem Pastor (oder die Kirchenleitung mit dem Pfarrer). Sie sind für die Lehre, die Organisation, die Seelsorge und die Anwendung der Gemeindezucht verantwortlich.

3. Arbeitsplatz. Hier trägt der Vorgesetzte jeweils über seine Untergebenen die Verantwortung. Auch diese Ordnung muss von uns respektiert werden. Eine Firma kann nur dann gut funktionieren, wenn diese Zusammenarbeit gewährleistet ist.

4. Schule / Universität / Vereine. Auch hier gilt das selbe Prinzip. In der Schule haben Kinder ihren Lehrern zu gehorchen, sie zu respektieren. Auch in Vereinen (zum Beispiel einem Fußballverein) ist es notwendig, dass man sich in die bestehende Hierarchie einordnet.

5. Staat. Auch der Staat, bzw. die Volksvertreter des Staates haben eine solche Aufgabe. Hier gilt zum Beispiel, dass wir die Steuern zahlen, dass wir den Gesetzen des jeweiligen Landes gehorchen, dass wir die Polizei und die Armee ernst nehmen.

Von der anderen Seite her gesehen, haben wir als Autoritätspersonen die Verantwortung vor Gott, gut für diejenigen zu sorgen, die uns anvertraut sind. Es ist unbedingt nötig, dass wir uns immer wieder erneut die Kraft für diese Aufgabe im Gebet holen, im Gespräch mit Gott. Wir wissen, dass wir nicht perfekt sind und hören deshalb auch gerne auf die Meinung derer, die uns anvertraut sind. Wir bestimmen nicht einfach über sie, sondern versuchen, sie in diesen Prozess der Entscheidungsfindung hineinzunehmen. Das Ziel muss immer sein, sie zur Mündigkeit und Verantwortlichkeit anzuleiten. Ein guter Chef gibt sein Wissen an die nächste Generation weiter und hilft dieser, so zu wachsen, dass sie auch wieder gute Chefs hervorbringt, die ihn dereinst würdig ersetzen können.

Ein biblisches Staatsverständnis

Wenn man in der Bibel nach Funktionen und Aufgaben eines Staates sucht, so finden wir dafür viele Hinweise, wenn auch keine vollständige Staatslehre. Die Hinweise sind aber durchaus ausreichend, um die Grundlinien dessen zu finden, wie Gott Sich einen Staat vorstellt. Zunächst müssen wir uns bewusst sein, dass es nie das Ziel sein kann, eine christliche Theokratie aufzubauen. Auch wenn Israel in gewisser Weise eine Theokratie war, ist es doch gut sichtbar aus der gesamten Geschichte Israels, dass diese Theokratie nur als Übergangslösung gedacht war. Selbst in dieser eigentlichsten Theokratie, der Königsherrschaft Sauls, Davids und deren Nachkommen, wird deutlich, dass die Gewaltentrennung von Anfang an äußerst wichtig war. Es gab zunächst einmal das Gesetz (insbesondere den Dekalog), welches die Verfassung war. Selbst der König war dieser Verfassung unterworfen. Es gab eine zweite „Gewalt“, nämlich die Propheten, welche im Auftrag Gottes die Könige auf ihre Treue der Verfassung gegenüber überwachten. Diese Propheten konnten aber auch nicht vom König selbst eingesetzt werden, sondern immer von Gott. Dies sind zwar nur rudimentäre Teile einer Gewaltentrennung im heutigen Sinne, deuten aber schon stark in diese Richtung. Mit den modernen Formen der Gewaltentrennung sind wir sehr gut dran. Wichtig ist, dass der Staat eine Verfassung hat, welche über allen Regierenden steht sowie Gerichte, vor welchen sich auch Politiker rechtfertigen müssen.

Die Aufgaben des Staates sind insbesondere in Römer 13 zu finden. Diese sind:

  1. Schutz des Staates

  2. Schutz des Lebens der Bürger

  3. Schutz der Freiheiten und Rechte der Bürger

  4. Die Belohnung korrekten sowie die Bestrafung falschen Verhaltens

Es sind nun Fragen, die sich jeder Staat (und auch jeder Mensch) stellen muss, wie hoch der Stellenwert von Sicherheit im Vergleich zur Freiheit sein soll. Je mehr Sicherheit garantiert werden soll, desto mehr muss ein Staat zum Überwachungsstaat werden, und je mehr Freiheit der Einzelne haben soll, desto weniger Schutz kann gewährleistet werden.

Um den Schutz des Staates zu gewährleisten, braucht jeder Staat eine stabile, gut ausgebildete und gut ausgerüstete Armee. Um die Bürger des Staates zu schützen, braucht ein Staat auch Gesetze, die von einer gewählten Volksvertretung gemacht werden und immer auf die Konformität mit der einen Verfassung überprüft werden müssen. Die Verfassung sollte möglichst nur durch einen Volksentscheid oder eine sehr große Mehrheit der Regierung geändert werden können. Die Gesetze regeln den Ablauf. Sie sollten möglichst logisch, verständlich und einfach sein. Jeder Bürger muss imstande sein, sie verstehen, sich merken und umsetzen zu können. Zur Durchsetzung dieser Gesetze braucht es eine gute, stark vertretene Polizei. Polizei und Gerichte zusammen sorgen dafür, dass jede Übertretung dieser Gesetze geahndet und möglichst schnell und konsequent bestraft wird.

Zur größtmöglichen Freiheit gehört auch die freiheitliche Entscheidung, was man mit seinem Geld machen will. Je mehr der einzelne Bürger aber Steuern zahlen muss, desto mehr wird diese Freiheit eingeschränkt. Der Staat bestiehlt die Bürger. Die meisten modernen Sozialsysteme sind vom kommunistischen Verständnis von Eigentum geprägt, deshalb werden wohlhabendere Bürger bestohlen, damit man das Geld ärmeren zukommen lassen kann. Eine Art staatliches Robin-Hood-Spiel also, welches dazu führt, für viele gar kein Antrieb mehr besteht, arbeiten zu wollen.

Um das Leben der Bürger schützen zu können, braucht es auch wieder Gesetze zum Schutz jeglichen Lebens: Schutz der ungeborenen Babies genauso wie der geborenen Kinder, Schutz der älteren und kranken Menschen (Verbot der Abtreibung und der Euthanasie jeglicher Art).

Kinder sind die Zukunft eines Staates. Um diese Zukunft in möglichst guten Händen aufwachsen zu lassen, sollte erstens der Antrieb zur Scheidung möglichst stark eingeschränkt werden. Kinder aus sogenannten Patchwork- und Einelternfamilien werden nie so glücklich aufwachsen können wie in echten Familien aus Vater, Mutter und Kindern. Zweitens soll auch die Erziehung und Bildung möglichst weitgehend in den Händen der Eltern bleiben. Kinderkrippen sind nicht nur eine Zumutung für die Kinder, sie schädigen auch die Zukunft des Staates in jeder Hinsicht. Ein Staat, welcher für seine Zukunft, die kommenden Generationen, gut sorgen möchte, könnte jedem Elternpaar für die Erziehung und Bildung einen bestimmten Betrag überweisen, mithilfe dessen das Ehepaar selbst entscheiden könnte, ob sie ihre Kinder in eine Krippe stecken oder zu Hause erziehen wollen, ob sie eine staatliche oder eine private Schule wählen, oder ob sie auch die Bildung selbst in die Hände nehmen wollen.