Selig sind die um der Gerechtigkeit willen Verfolgten

Selig sind, die um der Gerechtigkeit willen verfolgt werden; denn ihrer ist das Himmelreich! (Matthäus 5, 10)
Nachdem der Herr Jesus den Charakter (Verse 3 – 6) und das Verhalten (Verse 7 – 9) eines Gläubigen beschrieben hat, geht Er nun in den Versen 10 – 12 auf die Bereitschaft des Gläubigen ein, um der frohen Botschaft willen Verfolgung, Spott und Hindernisse zu ertragen. Dies ist das Schicksal jedes Menschen, der an den Herrn Jesus glaubt und nach Seinem Wort lebt, gewisse Schwierigkeiten auf sich zu nehmen. Mit anderen Worten: Man kann nicht den Willen Gottes tun, ohne dafür das frühere Leben in der Welt aufzugeben.
Das Leben mit Gott ist immer dem selbstsüchtigen, konsumorientierten und subjektivistischen Leben der Welt entgegengesetzt. Es richtet sich unter allen Umständen nach dem aus, was man als Gottes Willen erkannt hat. Es nennt die Sünde beim Namen und spielt keinen falschen Frieden vor. Und damit wird auch klar, dass sich der weltliche Mensch mit seinem weltlichen, egoistischen Lebensstil davon betroffen oder gar angegriffen fühlt. So kommt es automatisch zu einer Art Verfolgung, auch wenn man dies nicht einmal unbedingt will.
Dennoch gehört die Bereitschaft, eine solche Verfolgung zu ertragen, nun mal einfach zum Leben als Christ dazu. Wichtig ist dabei, dass nicht wir selbst es sind, die eine solche provozieren, denn sonst haben wir sie wahrlich verdient und können uns das nicht „anrechnen“ lassen. Wir dürfen niemanden aus persönlichen Gründen provozieren, einzig und allein die göttliche Gerechtigkeit in unserem Handeln darf dies tun. Sie wird daran erkannt, dass wir es nicht leichtfertig tun, sondern immer nur aus dem Wunsch, das Beste für den Anderen zu wollen. Wer leichtfertig provoziert – oder gar um der Provokation willen – hat nicht verstanden, worum es wirklich geht. Nicht um mich, nicht um meine Gefühle, nicht um mein Denken, sondern einzig darum, dass Gott geehrt und dem Mitmenschen geholfen wird. Alles andere ist nichtig und verderblich.
Auch hier bekommen die Gläubigen eine Verheißung: Denn ihrer ist das Reich der Himmel. Dies ist die achte Seligpreisung. Man kann sie als Makrostruktur folgendermaßen einteilen:
A: Die Armen im Geist → Himmelreich (V. 3)
      B: Die Trauernden → Tröstung (V. 4)
           C: Die Sanftmütigen → Das Land ererben (V. 5)
                D: Nach Gerechtigkeit Hungernde → satt werden (V. 6)
                D’: Die Barmherzigen → Barmherzigkeit (V. 7)
           C’: Die im Herzen Reinen → Gott sehen (V. 8)
      B’: Friedensstifter → Kinder Gottes (V. 9)
A’: Um Gerechtigkeit willen Verfolgte → Himmelreich (V. 10)
Bei dieser Einteilung betrachten wir die Verse 11 und 12 als Erklärung der letzten Seligpreisung. Dies wird auch durch die wechselnde Anrede begründet. A und A’ bilden eine Klammer um den ganzen Block der Seligpreisungen mit der Verheißung, dass der Gläubige das Himmelreich erben wird, also in das ewige Leben eingehen wird. Es wird zudem noch einmal mehr deutlich, dass diese Seligpreisungen allesamt auf jeden Gläubigen zutreffen.
Auch die übrigen Seligpreisungen zeigen auf, dass Gott alle unsere Bedürfnisse kennt und sie auch stillen möchte: Die Trauernden haben den Tröster zur Seite, die nach Gerechtigkeit Hungernden haben vom Herrn Jesus die göttliche Gerechtigkeit übertragen bekommen, die Barmherzigen werden selbst mit Barmherzigkeit bedacht. Und in allem drin finden wir die Bedeutung der Gemeinde, welche den Auftrag hat, als Gottes Mund, Gottes Arme, Gottes Hände, Gottes Füße den Willen des Herrn auf der Erde auszuführen.

Die Kraft der Trauer

Da ich mich sehr gerne und viel mit der Bergpredigt beschäftige, ist mir vor Kurzem mal wieder etwas Spannendes aufgefallen. In unseren Gottesdiensten und Predigten geht es viel zu oft um die Frage “wie bekomme ich Freude?”, “wie kann ich meine Ziele erreichen?”. Interessant ist aber, dass Jesus gerade diejenigen glückselig preist, die traurig sind. Hier mal ein paar (unvollständige) Gedanken dazu.

Selig sind die Trauernden; denn sie sollen getröstet werden! (Matthäus 5, 4)

Selig sind die Trauernden.
Lasst uns daran denken, dass die gesamten Seligpreisungen eben nicht von verschiedenen Arten von Menschen sprechen, sondern vom Charakter und dem Verhalten eines jeden gläubigen Christen.

Warum ist ein Christ traurig?


Er ist zunächst traurig, weil er weiß, wie schuldig er vor Gott geworden ist und wie viel Unheil er in seinem Leben schon angerichtet hat, weil er nicht nach Gottes guten Geboten gelebt hat. Deshalb braucht er auch den Tröster, den Beistand, den Heiligen Geist, der ihn tröstet und ihm immer wieder aufs Neue zusagt, dass der Herr Jesus alle seine Schuld getragen und dadurch vergeben hat. Das griechische Wort für “sie sollen getröstet werden” kommt vom Verb “parakaleo”, was „herbeirufen“ bedeutet. In der Abschlussrede Jesu wird das von ihm abgeleitete Wort “der Paraklet” mehrfach gebraucht, um den Heiligen Geist zu beschreiben. Er ist es, der uns immer wieder versichert, dass wir zu unserem Abba, Vater, kommen und beten dürfen. Dass wir von Ihm angenommen sind.


Dann ist ein Christ auch traurig, weil er oft nicht weiß, wie er beten soll. Auch hier kommt ihm der Beistand des Heiligen Geistes zur Hilfe und gibt ihm in verständlichen oder manchmal auch unverständlichen Worten ein, was er beten soll. Es ist ein Merkmal des Christen, dass er nicht einfach ins Blaue hinaus betet und darum viele Worte macht, sondern gezielt fragt, was er beten soll und dies dann auch erfährt und tut.


Nun ist ein Christ auch traurig, weil er in einer verlorenen Menschheit lebt. Diese Trauer treibt ihn ins Gebet für seine Familie, für seine Nachbarn, Arbeitskollegen, und so weiter. Er bittet dafür, dass jenen die Augen geöffnet werden und sie auch den Kreuzestod und die Auferstehung des Herrn Jesus im Glauben in Anspruch nehmen können. Er bittet aber auch um Weisheit und die richtigen Worte und Taten im Umgang mit diesen Menschen. Ein Christ sucht mit allen Mitteln, die Erhörung seiner Gebete zu sein und scheut sich deshalb nicht davor, auch vom Kreuz zu sprechen. Ich glaube einer der größten Defizite der heutigen Christenheit ist es, dass wir das Trauern verlernt haben. Es ist ein sehr hilfreiches göttliches Werkzeug, das uns hilft, unseren Auftrag in der Welt zu erfüllen. Vielleicht sollten wir öfter beten: “Herr, mach’ uns traurig und dann tröste uns mit Deinem Geist!”


Zu guter letzt ist er aber auch traurig über den ungerechten Zustand, den die gesamte Schöpfung erleidet. Er trauert über das sinnlose Abholzen ganzer Wälder, über unnötige Tierexperimente in der sinnfreien Schönheitsindustrie, und vieles mehr. Er informiert sich und versucht auch praktisch gegen alle Formen der unnötigen Verschandelung und Zerstörung der von Gott so gut gemachten Schöpfung aufzustehen. Es ist uns allen klar, dass der Idealzustand nicht mehr auf Erden erlebt werden kann, aber wir haben den Schöpfungsauftrag Gottes immer noch, gerade als Christen: Verantwortlich mit dem umzugehen, was Gott für uns gemacht hat.

In der Trauer ist die Kraft zur Veränderung, denn sie bewirkt in uns eine Sehnsucht, die mit Sehnen Gott sucht. Lasst uns mehr um diese Trauer bitten, damit wir in der Kraft des Heiligen Geistes, unseres Trösters, an dieser Veränderung mithelfen können.

Matthäus 5, 6 – 7

Glückselig sind, die nach der Gerechtigkeit hungern und dürsten; denn sie sollen satt werden! Glückselig sind die Barmherzigen; denn sie werden Barmherzigkeit erlangen! (Matth. 5, 6 – 7)

Einleitung:

Jeder Mensch strebt in seinem Leben mehr oder weniger nach Glück. Und nicht Wenige haben diese Suche nach dem Glück zu ihrem ganzen Lebensinhalt gemacht. Man sucht dann derart intensiv nach seinem eigenen, persönlichen Glück, dass alles andere vergessen geht. Im heutigen Text geht es auch um Glück.

1. Wer sind denn die Glücklichen?

Unser Text beginnt mit „Glückselig sind“. Wir befinden uns, wie wohl die meisten bereits festgestellt haben werden, in den Seligpreisungen. Die Seligpreisungen sind der erste Teil der Bergpredigt, sozusagen die Einleitung in diese Predigt, die Jesus auf dem Berg gehalten hat. Die Seligpreisungen umfassen hier die Verse drei bis zehn. Das ist der erste Abschnitt der Bergpredigt. Man sieht das besonders gut daran, dass der erste und der letzte Vers des Abschnitts dieselbe Verheißung beinhaltet, nämlich: „Denn ihrer ist das Reich der Himmel“. Diese Worte bilden eine deutliche Klammer um den Abschnitt, sie sind der Rahmen der Seligpreisungen. Dieser erste Abschnitt der Bergpredigt, ist zugleich die Türe zur gesamten Bergpredigt und der Schlüssel, um sie verstehen zu können. Bevor wir uns also den Seligpreisungen zuwenden können, müssen wir erst den gesamten Abschnitt betrachten und verstehen.

In den Seligpreisungen geht es nicht um verschiedene Arten von Menschen, die wegen ihres sozialen Status oder wegen ihres Charakters als glückselig gepriesen werden. Nein, es geht nicht einmal um mehr als eine Gruppe von Menschen, sondern exakt um eine. Diese Gruppe von Menschen wird in Psalm 32, 1 beschrieben:

Glückselig der Mensch, dem der HERR keine Schuld zurechnet.

Überall, wo die Bibel Menschen als glückselig preist, geht es um genau die eine Gruppe von Menschen. Am besten lässt sich das wohl am Psalm 32 erläutern. Diesen Psalm schrieb David, als er sich seiner Schuld bewusst wurde, die er durch seine Sünde auf sich geladen hatte. Nicht jeder von uns lässt aus Neid oder sexueller Gier den Ehemann unseres Lustobjektes im Krieg umbringen. Das liegt wohl auch mit daran, dass die meisten von uns nicht in der Position stehen, die dieses Vorgehen ermöglichen würde. Und doch ist jeder von uns immer wieder mit persönlicher Schuld konfrontiert: Es ist ja heutzutage so üblich geworden, dass man auf den ersten Blick nach außen hin eine tadellose Fassade aufbauen muss. Dies zeigt sich zum Beispiel darin, dass man auf die Frage, wie es einem geht, üblicherweise mit einem „danke, gut“ antworten sollte. Und was, wenn das nun nicht stimmt? Wenn wir in dem Moment am liebsten schreien würden? Die Bibel nennt dies klar und deutlich: Lüge. Falschaussage. Schuld. Punkt. So sammelt sich jeder Mensch im Laufe seines Lebens einen ganzen Rucksack mit solcher Schuld an. Sie ist wie ein Berg aus Steinen, die uns auf den Rücken und die Wirbelsäule drückt. Schuld vor Gott. Schuld, die uns von Gott trennt, denn Gott ist Licht und möchte diese Schuld ans Tageslicht bringen. Und was tun wir? Wir verstecken unsere Schuld, wir malen sie farbig an, indem wir ihr hochpsychologische Namen verleihen und vieles mehr. Doch was bleibt, ist immer noch Schuld. Schuld vor Gott. Schuld, die unser Leben zerstört.

Doch Gott wollte uns nicht in diesem Sumpf der Schuld ertrinken lassen. Er hat – aus Liebe zu uns – den einzigen Weg beschritten, um uns aus diesem Sumpf herauszureißen. Sumpf ist übrigens ein sehr passendes Wort hierfür. Man läuft arglos hinein, will hindurch – und kommt plötzlich nicht mehr heraus. Eine „Notlüge“ erfordert oft eine zweite und dritte Lüge und unbemerkt in die Verstrickungen eines ganzen Netzes von weiteren Lügen. Der Weg, um uns aus diesem Sumpf zu retten, hat Gott alles gekostet. Und Er war bereit, alles zu geben. Es gab nur eine Möglichkeit, damit der gerechte Gott Sich gnädig zeigen kann. Schuld erfordert immer eine Bezahlung dieser Schuld. So ist Gott in Jesus Christus Selbst auf unsere Erde gekommen und hat ein Leben wie wir alle gelebt – einzig mit dem Unterschied, dass Er niemals gesündigt hat. Er hat alle Schwierigkeiten des menschlichen Lebens Selbst miterlebt. Schließlich wurde Er sogar als uneheliches Kind geboren, eine Schande in der damaligen Zeit. Und am Ende Seines Lebens auf dieser Erde hat Er die Schuld, die wir alle bei Gott haben, mit Seinem Eigenen Leben, Leiden und Sterben bezahlt. Nach drei Tagen wurde Er wieder auferweckt von den Toten und hat dadurch auch den Tod besiegt. Wenn wir nun glauben, dass Er für uns persönlich gestorben und auferstanden ist, damit wir wieder in dieser von Gott geplanten und geschaffenen Beziehung mit Ihm leben können und der ewige Tod für uns aufgehoben ist, so dürfen wir Gott im Gebet unsere Sünden bekennen und Ihm danken für diese wunderbare Tat am Kreuz. Wir dürfen Ihn bitten, als unser Herr und Retter in unser Leben zu kommen und dürfen wissen: Wir sind ab diesem Moment Gottes Kinder, die jederzeit zu Ihm im Gebet kommen dürfen. Von diesem Moment an gehören wir zu denjenigen, von welchen die Bibel sagt: Glückselig sind sie. Glückselig sind sie, denn ihnen ist die Schuld vergeben. Glückselig sind sie, denn sie sind wie ein blühender und fruchttragender Baum, der an Wasserbächen gepflanzt ist. Glückselig sind sie, denn nun können sie die Bergpredigt nicht nur richtig verstehen, sondern auch im täglichen Leben umsetzen.

Wir haben gesehen, dass es sich bei den Menschen, die in den Seligpreisungen angesprochen werden, um diejenigen handelt, denen das Reich der Himmel oder das Reich Gottes gehört. Das Reich Gottes ist immer dort anwesend, wo der Wille Gottes gepredigt, gelehrt und gelebt wird. Deshalb beten wir auch: „Dein Reich komme, Dein Wille geschehe“. Dies ist in der Gemeinde der Fall. Jedes Kind Gottes ist Teil der Gemeinde, und ohne Gemeinde zu leben, ist äußerst schwierig, wenn nicht gar gefährlich. Unsere ganzen Seligpreisungen und damit auch die Bergpredigt gelten also für die Gemeinde. Die Seligpreisungen zeigen uns, welches der Charakter und das Verhalten eines gläubigen Christen, also eines Kindes Gottes, sein soll.

2. Der Charakter: Hunger und Durst nach der Gerechtigkeit

Glückselig sind, die da hungern und dürsten nach der Gerechtigkeit, denn sie sollen satt werden.

In diesem Vers wird der Charakter eines Christen beschrieben: Er hungert und dürstet nach der Gerechtig-keit. Hunger und Durst sind zwei Zustände, die wir uns zumeist gar nicht wirklich vorstellen können. Wir leben in einem Teil der Erde, der an allem Notwendigen Überfluss hat. In unserem westlichen Europa haben wir genügend Brot, Reis, Teigwaren, und so weiter. Selbst dann, wenn wir uns eine Fastenzeit gesetzt haben, können wir das dennoch in dem Wissen tun, dass wir sie jederzeit unterbrechen können und dann genug für uns vorhanden ist. Das ist nicht selbstverständlich, denn nach Zahlen aus dem Oktober 2010 sterben jeden Tag 25’000 Menschen weltweit an Hunger, das ist durchschnittlich ein Mensch je dreieinhalb Sekunden. Bei unserem Vers geht es zwar nicht um ein Fehlen von Lebensmitteln, sondern um einen anderen Mangel. Wenn die Bibel von Hunger und Durst schreibt, geht es immer um einen sehr starken Mangel, der unsere ganze Existenz, unser Leben als solches betrifft. Jemand also, der nach der Gerechtigkeit hungert und dürstet, weiß, dass er keine Überlebenschance hat, wenn er nicht binnen baldiger Frist seinen Mangel stillen kann.

Ein gläubiger Christ weiß also, dass er die göttliche Gerechtigkeit ganz dringend nötig hat. Er hungert und dürstet nach ihr, und nicht nach etwas anderem. Wer aber nicht gläubig ist, hat keine Ahnung davon, dass er diese Gerechtigkeit braucht. Ein Ungläubiger hungert und dürstet vor allem nach Ablenkung, Zeitvertrieb, Geld oder weltliche Sicherheit durch Lebensversicherungen, steigende Aktien, Immobilien oder einem gut gefüllten Bankkonto. Es sind alles Dinge, die für die Ewigkeit keinen Wert haben. Die Menschen, welche sich solche Schätze anhäufen, sind allesamt sehr töricht, denn im Lichte der Ewigkeit betrachtet ist ihr ganzer Besitz wertlos. Wenn sie darum wüssten, so würden sie auf jeden Fall auch sogleich beginnen, nach der göttlichen Gerechtigkeit zu hungern und dürsten. Doch sie verschließen lieber ihre Ohren, verstopfen sie und fahren fort zu leben, als ob ihre Ewigkeit in dieser vergänglichen Welt zu finden wäre.

Die Gerechtigkeit, nach der wir hungern und dürsten, ist die Freiheit von Sünde. Wir wissen, dass Sünde immer von Gott trennt, und deshalb ist jede Sünde etwas absolut Abscheuliches, etwas Schreckliches. Wir wissen nämlich, dass unsere Sünden derart schrecklich sind, dass sie dem Herrn Jesus die ganzen Leiden, Folterqualen und schlussendlich den Tod am Kreuz eingebracht haben. Wenn wir in unseren Gedanken den Herrn sehen, wie Er da ausgeliefert ist, wie Er blutüberströmt am Pfahl hängt, wie man Sein Haupt mit der Dornenkrone geschändet hat. Seht ihr Ihn? Sehr ihr, wie Er da hängt? Zwischen Himmel und Erde auf dem Hügel Golgatha. Wie ein Verbrecher. Doch die wahren Verbrecher, die sind wir. Diese Gewissheit um die Abscheulichkeit unserer Sünden, die Ihm all diese Qualen eingebracht haben, lässt uns danach hungern und dürsten, gänzlich von Sünde frei zu werden. Als Christen sind wir Gerechtfertigte, denen auch die Macht der Sünde nichts mehr anhaben kann. Und dennoch, wir rufen mit Paulus zusammen laut aus: Wer wird uns herausreißen aus diesem Leib der Sünde? (Röm. 7, 24) Das ist der Charakter des Gläubigen. Das ist der Hunger nach der göttlichen Gerechtigkeit. Das ist das Verlangen, frei zu werden. Frei von aller Sünde, frei von jedem Sündigen.

Geliebte Brüder und Schwestern, wir dürfen zu jeder Zeit auch zum Herrn schreien und zu Ihm flehen im Gebet, dass Er uns das tägliche Brot der Gerechtigkeit schenken möge. Dass Er uns hilft, die Versuchungen, die Tag für Tag auf uns einstürmen und uns überrennen wollen, zu überwinden. Er ist Jahwe, unser Fels in der Brandung, der Herr, der gerne hilft. Er wird Sich unser annehmen und uns helfen. Es ist Seine Zusage, die Er uns macht: denn sie sollen satt werden. Diese Verheißung, das Versprechen um die Hilfe in der Not der Versuchungen, gilt uns allen, die an Seinen Namen glauben. Sie sollen satt werden. Der Sturm soll gestillt werden. Und es ist der Herr, der Schöpfer des Universums, der Selbst dafür sorgen wird.

Doch wie geschieht das? Wie können wir satt werden? Auch hier gibt es eine schöne Parallele zum Hunger. Man kann nicht nur einmal im Leben essen und trinken und bleibt dann satt bis zum Ende des Lebens. Der Hunger und Durst müssen jeden Tag von Neuem gestillt werden. Und wenn Gott unseren Hunger und Durst nach der göttlichen Gerechtigkeit stillt, so ist es da genauso. Es ist notwendig, dass wir immer wieder zum Herrn kommen und Ihn um noch mehr von dieser Gerechtigkeit bitten. Es ist das Werk des Heiligen Geistes an uns, dass Er unsere Augen geöffnet hat, damit wir unsere Sündhaftigkeit sehen konnten. Es war Sein Werk, den Glauben an den Herrn Jesus in unseren Herzen zu versenken und die Wiedergeburt zu vollführen. Und nun ist es Sein Werk, uns durch diesen Prozess des Hunger-Stillens hindurchzuführen. Immer mehr, so dürfen wir feststellen, bekommen wir eine geistliche Sensibilität für Dinge, die falsch sind im Lichte der Bibel. Immer mehr fallen uns Dinge auf an uns, die Gott nicht gefallen. Und nun gibt uns der Heilige Geist auch die Kraft, um diese Sünden zu überwinden. Es ist nicht immer alles dran. Aber alles, was Gottes Geist uns gerade in unserem Leben besonders aufzeigt.

Und nun könnte jemand kommen und sagen: Ich bin jetzt seit vielen Jahren Christ, aber ich habe keinen solchen Hunger und Durst nach der Gerechtigkeit Gottes mehr. Wenn nun wirklich jemand mit diesem Gedanken hier drin sitzt, so möchte ich die betreffende Person bitten, in den kommenden Tagen vermehrt ganz gründlich in der Bibel zu lesen und das eigene Leben unter die Lupe zu nehmen. Vielleicht helfen auch ein paar dieser Fragen: Bin ich wirklich gewillt, mich mit Gottes Augen zu sehen? Bin ich gewillt, mich von Gottes Geist verändern zu lassen? Bin ich freundlich, hilfsbereit und gebe anderen Menschen gerne von all dem ab, was ich selbst habe, an Zeit, Kraft, Geld, Lebensmitteln, sonstigen Gütern? Bin ich auch dann freundlich, wenn andere mich verspotten? Wann habe ich zum letzten Mal jemanden in die Gemeinde ein-geladen und dann abgeholt und mitgebracht?

Wenn Gottes Geist uns verändern möchte, so lässt Er oftmals auch Leid zu in unserem Leben. Das ist nicht etwas, was Gott Freude macht, im Gegenteil, Er leidet mit uns mit. Aber oft ist es notwendig, uns auf diese Art und Weise unsere Grenzen zu zeigen. Damit wir begreifen, dass wir noch nicht am Ende angelangt sind. Und damit wir lernen, immer von Ihm, der unsere Quelle von allem Guten ist, abhängig zu bleiben. Denn wir wissen, dass denen, die Gott lieben, alle Dinge zum Besten mitwirken, schreibt Paulus im Röm. 8, 28. Im Vers danach erklärt er das und sagt, dass die Umgestaltung in das Bild des Herrn Jesus das letztendliche Ziel unseres ganzen Lebens ist. Also dieser Prozess der Heiligung. Der Prozess, immer mehr von der göttlichen Gerechtigkeit zu bekommen.

In all dem kann uns der Herr Jesus aber sehr gut verstehen, denn Er selbst hat all die Versuchungen, unter denen wir heute zu leiden haben, all die Schmerzen, all die Trauer, am Eigenen Leibe erfahren. So leidet Er auch mit uns mit, wenn wir am Leid dieser Welt zu leiden haben. So, wie ein Christ barmherzig sein soll, so ist auch Er barmherzig. Hiermit kommen wir zum nächsten Vers.

3. Das Verhalten: Barmherzigkeit

Glückselig sind die Barmherzigen, denn sie werden Barmherzigkeit erlangen.

Bisher haben wir uns mit den in den Versen 3 – 6 ausgeführten Merkmalen des christlichen Charakters befasst. Nach diesen kommen in den Versen 7 – 10 die Merkmale des christlichen Verhaltens. Das erste dieser Merkmal ist, dass ein Christ barmherzig ist. Es ist von großer Bedeutung, dass wir wissen, dass das Verhalten immer ein sichtbarer Ausdruck des Charakters ist. Deshalb kommt auch hier in den Seligpreisungen zuerst der Charakter zur Sprache. Der Charakter ist immer das Fundament, auf dem das Verhalten aufgebaut ist, denn jedes Verhalten ist eine Frucht des Charakters. Nur so ist es zu verstehen, dass Paulus und Jakobus beide Abraham als Vorbild für die Rechtfertigung nehmen: Bei Paulus ist er ein Vorbild für den Glauben, der ein Teil des Charakters ist, und bei Jakobus ist Abraham das Vorbild für das Verhalten, welches ein sichtbarer Ausdruck, eine Manifestation dieses glaubensvollen Charakters ist.

So ist jedes Verhalten erst dann verständlich, wenn wir den Charakter unter die Lupe genommen haben aber zugleich kann man den Charakter aus dem Verhalten ableiten. Wenn wir einen Becher mit frischem Wasser füllen und sich das Wasser im Becher verfärbt, so können wir daraus schließen, dass der Becher nicht ganz sauber war. So widerspiegelt jedes Verhalten ein Stück vom Charakter der jeweiligen Person. So sind auch unsere hiesigen Seligpreisungen ein sehr guter Maßstab für unseren Glauben. An ihnen lässt sich erkennen, dass wir noch nicht ganz am Ziel angelangt sind. Zugleich sollten wir an ihnen auch erkennen können, dass wir dennoch im Laufe der Jahre ein Stück weit auf dieses Ziel zu gewachsen sind. Das können wir dann sehen, wenn wir unser Leben seit dem Zeitpunkt der Bekehrung bis heute durch das Fernglas dieser Verse betrachten.

Glückselig sind die Barmherzigen. Barmherzigkeit bedeutet, dass wir erstens erkennen, worin unsere Mitmenschen unter dem Fluch leiden, den die Ursünde über die Welt gebracht hat. Menschen, die krank sind, Schmerzen haben, trauern, ächzen und stöhnen unter der Last ihrer Arbeit, Ehen, die zerbrechen, eine Gesellschaft der Korruption, und so weiter. Die gesamte Pervertierung der so wunderbar geschaffenen Welt, der göttlichen Schöpfung, ist die Folge von Sünde. Gegenseitige Ausbeutung ist Sünde. Streit um des Gewinnens willen ist Sünde. Gemachte Versprechen brechen und dadurch andere Menschen enttäuschen, ist Sünde. Alles Elend dieser Welt lässt sich mit einem Wort zusammenfassen: Sünde. Und hier beginnt nämlich der erste Schritt der Barmherzigkeit, dass wir erkennen, dass dies der Fall ist.

Doch Barmherzigkeit bleibt nie beim Erkennen stehen. Leider meinen viele Menschen, dass die Probleme der Welt allein dadurch gelöst werden können, dass man sie anspricht. Doch wahre Barmherzigkeit spricht die Probleme nicht nur an, sie leidet mit. Sie tröstet die Trauernden, weint mit den Weinenden, beichtet mit den Beichtenden und gibt sich so an diejenigen hin, die ganz besonders am Fluch der Sünde zu leiden haben.

Drittens aber, und das ist das Wichtigste, Barmherzigkeit tut alles, um die Folgen der Sünde zu beseitigen. Wer wirklich barmherzig im Sinne Gottes ist, der gibt sich auch der Aufgabe hin, die Probleme zu lösen, welche das Resultat dieses Fluchs sind. Barmherzigkeit nimmt sich derer an, die an sich verzweifeln und gibt dort den Samen des Evangeliums in den Boden hinein, der, durch das schwere Leid gepflügt, tiefe Furchen aufweist. Manchen Menschen sieht man die Furchen des Herzens auch im Gesicht an. Gerade auch dort finden wir sehr oft einen Herzensboden vor, der über viele Jahre hinweg vernachläßigt wurde, und doch wunderbar vorbereitet ist. Oft ist der Boden derart ausgetrocknet, dass der Same erst dann wirklich keimen kann, wenn er durch die Gießkanne des Gebets mit genügend Wasser des Heiligen Geistes bewässert wurde. Vielfach lohnt es sich sehr, diesen Versuch zu wagen und vom Herrn Jesus zu erzählen. In unserer Zeit der fehlenden Werte und einer lügnerischen Toleranz hungern viele Menschen nach Verbindlichkeit und Wahrheit.

Als Christen dürfen wir wissen, dass Gott uns versprochen hat: Weil wir barmherzig sind, werden wir auch Barmherzigkeit empfangen. Gott weiß um unsere Nöte und leidet mit uns. Und eines Tages wird Er auch alle unsere Nöte beseitigen. Er wird neue Himmel und eine neue Erde schaffen. Wir werden aus diesem Leib des Todes und de Sünde herausgerissen und in Auferstehungsleibern die gesamte Ewigkeit mit unserem Herrn und Retter zusammen verbringen. Und gerade da wir Gott als den Barmherzigen als unser Vorbild haben, dürfen auch wir als Barmherzige leben.

Zusammenfassung:

Als Gläubige sind wir Gottes Kinder und Gerechtfertigte. Dennoch hungern und dürsten wir unser Leben lang nach der Gerechtigkeit Gottes, denn noch leben wir ja in unserem sterblichen Leib und sündigen leider immer wieder. Doch der Heilige Geist hilft uns gerne, die Sünden, die uns immer wieder versuchen wollen, immer mehr zu überwinden und nach Gottes Willen zu leben, wenn wir Ihn bitten. Da wir um unsere eigene Sündhaftigkeit wissen, sind wir auch anderen gegenüber barmherzig und helfen ihnen, die Folgen des Fluchs, unter denen sie leiden, zu überwinden. Wir reden mit ihnen über das, was der Herr Jesus für uns getan hat, und tun alles, um ihnen in ihrem täglichen Leben und Mühen zu helfen.