Zum 300. Geburtstag von George Whitefield

Heute vor 300 Jahren, am 16. Dezember 1714, ist George Whitefield geboren. George Whitefield? Wer soll denn das sein? Leider ist er schon länger nicht mehr so bekannt wie er sein sollte. Er war einer der größten und gesegnetsten Evangelisten des 18. Jahrhunderts. Millionen von Menschen haben ihn predigen gehört; und das ist etwas Spezielles – gab es doch damals weder Lautsprecher noch Rundfunk, Fernsehen oder gar Internet.
George Whitefield wuchs unter einfachen Verhältnissen auf. Sein Vater starb, als George zwei Jahre alt war. Acht Jahre später heiratete seine Mutter Elizabeth ein zweites Mal, doch diese Ehe war so schwer, dass sie es nicht lange mit diesem zweiten Mann aushielt. Obwohl das „Bell Inn“, der Gasthof, den sie führte, ziemlich erfolgreich und beliebt war, ging es mit dem Geschäft in der zweiten Ehe beständig abwärts, bis es so schlecht lief, dass George, der inzwischen an der Lateinschule war, diese abbrechen musste, um zu Hause im Gasthof mitzuhelfen. George war damals 15 Jahre alt. Kurz darauf verließ Elizabeth ihren zweiten Mann. George folgte ihr und sie lebten deswegen sehr einfach.
Da er sich kein Studium einfach so aus dem Ärmel schütteln konnte, verdiente er es sich als Diener der reicheren Studenten, die ihm für seine Dienste (er weckte sie, putzte die Zimmer, machte ihnen Besorgungen, und so weiter) ihre alten Bücher fürs Studium und etwas Geld gaben. In dieser Zeit in Oxford lernte er die Brüder John und Charles Wesley kennen, die als Gründer der Metodistenkirche bekannt sind. Um diese beiden Brüder herum sammelte sich eine kleine Gruppe von Leuten, die mit dem Glauben besonders ernst machen wollten. Sie wurden deshalb als „Holy Club“ (Heiliger Verein) und als „Methodisten“ verspottet. In diesem Kreis auferlegten sie sich strenge Pflichten wie das regelmäßige Fasten, gemeinsames Lesen von Erbauungsliteratur, sowie das Führen eines Tagebuchs mit regelmäßiger Selbstprüfung. In seinem Eifer schoss der junge George dabei weit über das Ziel hinaus, bis er durch seine asketischen Übungen krank wurde. Dann endlich fand er den echten Frieden mit Gott – nicht durch Selbstkasteiung, sondern durch die Gnade allein.
Noch während seines Magisterstudiums wurde er von einem befreundeten Pfarrer gebeten, ihn für zwei Monate in London zu vertreten. In dieser Zeit kamen immer mehr Leute in diese Kirche, die den jungen Mann über die neue Geburt sprechen hören wollten. Kurze Zeit später dasselbe wieder, als er dann auch nach Dummer gerufen wurde, um auch dort jemanden zu vertreten. In dieser Zeit wuchs sein Entschluss, er wolle als Missionar nach Georgia über den großen Teich reisen. Doch noch während er sich auf die Reise in die Staaten vorbereitete, gab es plötzlich über Nacht eine Erweckung: Überall, wo er durchreiste und sich verabschieden wollte, wurde er gebeten, zu predigen – und überall wurden von seiner Predigt riesige Massen von Menschen angezogen und viele Herzen aufgeschreckt.
Nach mehreren Monaten Verzögerung konnte er endlich einschiffen und fuhr über den großen Teich in die Staaten. Inzwischen war aber noch etwas anderes passiert: John Wesley, der sein Studium schon früher beendet hatte, war auch als Missionar nach Georgia gereist. Und genau in der Zeit, als Whitefield darauf wartete, dass sein Schiff auslaufen konnte, kehrte Wesley zurück. Ihm war in der Zeit in Georgia bewusst geworden, dass er selbst auch noch eine echte Wiedergeburt nötig hatte. Whitefield kam in die Staaten und predigte in Georgia mehrmals täglich auf den Plätzen, besuchte die Leute, gründete zwei Schulen, und sein Herz wurde vor allem für eine Tätigkeit vorbereitet, die ihn den Rest seines Lebens begleiten sollte: Er wollte in Georgia ein Waisenhaus gründen.
An der Stelle möchte ich kurz innehalten und über etwas nachdenken, was wir von vielen Menschen lernen können, die in der Welt etwas bewegt haben. Der Management-Experte Fredmund Malik hat dafür viele Biographien studiert und sagt etwas ganz Wichtiges dazu: „Das Wesentliche ist, sich auf Weniges zu beschränken, auf eine kleine Zahl von sorgfältig ausgesuchten Schwerpunkten, wenn man an Wirkung und Erfolg interessiert ist.“ (Malik, Fredmund, Führen, Leisten, Leben, Campus-Verlag, 2. Aufl. 2006, S. 110) Bei George Whitefield wird das gut sichtbar, es gab für ihn nämlich ganz exakt zwei Schwerpunkte, auf die er sich spezialisiert hatte: Das Evangelium predigen und Geld sammeln für sein Waisenhaus in Georgia. Und diese beiden Dinge konnte er gleichzeitig machen. 13 Mal hat er unter großen Strapazen den Ozean überquert, der Europa von Amerika trennt, und was ihn dazu getrieben hat, war seine Sorge um sein Waisenhaus. Vermutlich wäre die große Erweckung in den amerikanischen Staaten nicht so schnell und so stark ausgebrochen, wenn Whitefield nicht dort gewesen wäre. Und vermutlich wäre er nicht dort gewesen, wenn er sein Waisenhaus in Georgia nicht gehabt hätte. Ich glaube, dass wir hier einiges zu lernen haben: Uns auf bestimmte einzelne Dinge – unsere Stärken – zu beschränken, diese dafür umso mehr zu trainieren, und nicht mehr alles selbst in der Hand haben zu wollen.
Als Whitefield nach England zurückkam nach seiner ersten Reise, war die Lage verändert. Er konnte zunächst noch in verschiedenen Kirchen predigen, aber immer mehr Pfarrer wurden ihm feindlich gesinnt, weil er so offen und kompromisslos von der Notwendigkeit der Wiedergeburt sprach. Immer öfter wurden ihm die Kanzeln verboten. So wagte er eines Tages den Schritt ins Freie. Durch diesen Schritt wurde eine Grenze gesprengt: Waren seine Predigten bisher durch die Größe der Kirchen begrenzt, konnten jetzt viel mehr Leute kommen, um ihm zuzuhören. Nach kurzer Zeit waren es schon mehrere tausend Zuhörer, die kamen, um ihn zu hören. So ähnlich hört sich der Rest seines Lebens an. Er predigte – wohlgemerkt: ohne Mikrophon, ohne Verstärker und Lautsprecher – vor riesigen Mengen. Einmal müssen es um die 80’000 Personen gewesen sein, die gekommen waren, um ihn zu hören. Und seine Stimme war laut und durchdringend: Sie konnten ihn alle hören.
Als Whitefield 26 Jahre alt war, heiratete er Elizabeth James, eine Witwe, die er bei seinen Reisen in Wales kennengelernt hatte. Sie war zehn Jahre älter als er. Auf mehrere Reisen begleitete sie ihn zunächst, so etwa auch auf die dritte Amerikareise. Später hörte sie jedoch damit auf, ihn dabei zu begleiten. Benedikt Peters schreibt dazu: „Mrs. Whitefield begleitete ihren Mann auf seinen zwei nächsten größeren Reisen: Auf seiner dritten Fahrt nach Amerika und einmal nach Schottland. Danach zog sie es aber vor, zu Hause zu bleiben. Das muss für sie weniger schwer gewesen sein. Jede Frau eines reisenden Reichsgottesarbeiters kennt dieses Dilemma. Sie ist gerne mit ihrem Mann zusammen; wenn sie aber mit ihm auf Dienstreise ist, so ist sie zwar bei ihm, und doch nicht bei ihm, weil der Dienst ihn meist so beansprucht, dass er keine Zeit für seine geliebte Frau hat. So findet sie es weniger schmerzlich, in der gewohnten Umgebung des Heimes zu sein und dort wenigstens die Ruhe zu haben, die sie auf den Reisen nicht findet.“ (Peters, Benedikt, George Whitefield, CLV, 2. Aufl. 2003, S. 263)
Nach vielen Jahren treuen und rastlosen Evangelistendienstes (es wird geschätzt, dass er insgesamt ungefähr 30’000 Predigten gehalten habe) zeigte sich, dass der Mensch auch Raubbau mit seinem Körper treiben kann. Täglich viele Kilometer zu reisen und mehrmals pro Tag zu großen Mengen von Menschen zu sprechen, belastet den Körper auf Dauer sehr. Die meisten Prediger und Pastoren kennen auch das Dilemma der selbständig einzuteilenden Zeit: Zeit für die Gemeinde, Zeit für die Familie, Zeit für gesellschaftliche Verpflichtungen, Zeit für sich selbst. Das ist immer wieder neu zu bedenken. Whitefield war mit 55 Jahren verbraucht. Brennend für Gott, die Rettung von Sündern und Gottes Reich – aber auch ausgebrannt. So starb er auf der siebten Reise in Amerika am 30. September 1770 um 6 Uhr früh. Noch am Abend davor hatte er unter großer Anstrengung gepredigt – in der Nacht hatte er mit Asthmaanfällen zu kämpfen und ging heim in die Ewigkeit.
Wer nach diesem kurzen Überblick Lust auf mehr bekommen hat, findet bei CLV das oben zitierte Buch von Benedikt Peters – entweder zum Kauf als Hardcover oder als kostenloser PDF-Download.

Kurzbiographie: John Bunyan

Das Leben von John Bunyan
1. Einleitung
John Bunyans Buch „Die Pilgerreise“ ist nach der Bibel das meistgedruckte und meistverkaufte Buch auf dem christlichen Buchmarkt. Es ist ein geistlicher Roman, der mit Gleichnissen versucht, den Weg eines Gläubigen zu beschreiben. Häufig greift er dazu auch auf die Bibel zurück, wo das Leben als Christ auch als Pilgerweg durch eine fremde Welt hindurch beschrieben wird.
Dieses Buch geht nicht auf einen studierten Theologen zurück, sondern auf einen ganz gewöhnlichen Mann, einen Kesselflicker mit nicht einmal besonders guter schulischer Bildung. Doch selbst der große puritanische Theologe John Owen ging oft und gerne dorthin, wo Bunyan predigte. Was ihn auszeichnete, war seine große Erfahrung, seine Menschenkenntnis, aber auch und gerade sein großes Vertrauen in das Wort Gottes.
Wir wollen nun in aller Kürze sein Leben und Werk betrachten, immer mit der Frage im Hinterkopf, was wir für heute von diesem John Bunyan lernen können.
2. Kindheit, Jugend, Heirat
John Bunyan kam am 28. November 1628 in Elstow bei Bedford, in der Nähe von Northampton, in England, zur Welt. Er hatte zwei jüngere Geschwister. Wir wissen leider sehr wenig über seine frühere Zeit, selbst in der Autobiographie „Grace Abounding“ (überströmende Gnade) wird die gesamte Kindheit und Jugendzeit in ein paar Nebensätzen abgehandelt.
Er ging in Bedford zur Schule und lernte dort wohl gerade mal das Nötigste zum Leben: Lesen, schreiben, rechnen. Dann lernte er den Beruf seines Vaters: Kesselflicker. Das ist eine Art Kupferschmied, die sich darauf spezialisiert hatte, alle möglichen Geräte des Haushalts zu reparieren. Die meisten von ihnen hatten keine feste Werkstatt, da es dann zu wenig zu tun gab, um überleben zu können. Vielmehr zogen sie in den Dörfern umher und kamen in die Häuser, um dort vor Ort gleich alles wieder reparieren zu können.
1648 heiratete er seine erste Frau. Wir wissen ihren Namen nicht aus sicheren Quellen, wir wissen nur, dass die erste Tochter der beiden Mary genannt wurde, und weil es damals üblich war, dass das erste Mädchen den Vornamen der Mutter bekam, lässt sich mit einiger Sicherheit sagen, dass die Frau auch so hieß. Mit ihr hatte er zwei Töchter, Mary und Elizabeth, sowie zwei Söhne, John und Thomas. Leider ist sie schon nach acht Jahren der Ehe gestorben. Drei Jahre nach ihrem Tod heiratete Bunyan erneut, diesmal eine Elisabeth, mit der er auch noch einmal zwei Kinder hatte, welche sie Sarah und Joseph nannten.
3. Gottes Werk der Bekehrung
Kurz vor seiner Hochzeit hatte John noch ungefähr drei Jahre bei der Armee gedient. Dort wird er wohl bereits öfter mit puritanischen Predigten der Feldpfarrer konfrontiert worden sein. Dennoch dauerte es noch eine gute Weile, bis er zu einer endgültigen Bekehrung und der völligen Heilsgewissheit gedrungen war. Seine Frau Mary war tief gläubig, und auch ihr Vater war ihm darin zu einem Vorbild geworden. Doch vorerst wollte der junge Kesselflicker noch nichts davon wissen. Er ging zwar in die Kirche, doch war der Inhalt der Predigten – so eindrücklich sie auch gewesen sein mochten – nach einem leckeren Sonntagsbraten schnell wieder vergessen.
Inzwischen war John vor allem in Bedford zur Arbeit unterwegs, denn in Elstow gab es für ihn zu wenig zu tun, und da seine erste Tochter blind zur Welt gekommen war, brauchte er ein Einkommen, das für sie als Familie zum Auskommen reichte. In Bedford traf er eine Gruppe von älteren Frauen, die sich über geistliche Dinge, wie zum Beispiel die Notwendigkeit der Wiedergeburt, unterhielten. Da erfasste ihn der Wunsch, noch mehr darüber zu erfahren, und so suchte er immer wieder die Gemeinschaft mit diesen Menschen. Dieser Kontakt führte immer mehr dazu, dass er die Dummheit seines Selbstvertrauens und die überführende Kraft von Gottes Wort erkannte.
Doch immer mehr nahmen auch die Versuchungen zu, die ihm schwer zu schaffen machten. Immer wieder kam der „Vater der Lüge“ und wollte ihn davon abbringen, weiter nach dem Weg zu suchen. John war sehr empfindsam für solche Dinge, und so geschah es immer wieder, dass er sich verwirren ließ und manchmal über Tage in einer niedergeschlagenen Stimmung verbrachte. Als er den gläubigen Leuten von Bedford erzählte, brachten sie ihn in Kontakt mit John Gifford, ebenfalls ein Laienprediger, der einst als Major in der englischen Armee gedient hatte, und eine schwere Zeit hinter sich hatte, ähnlich jener, in der sich Bunyan gerade befand.
Durch all diese schweren Zeiten hindurch, diese von Selbstzweifel und inneren Nöte geprägten Wochen und Monate, wurde John Bunyan zu einem Dienst vorbereitet, der in seinen Tagen vielen Tausenden und über die Jahrhunderte hinweg bis zum heutigen Tag wohl etlichen Millionen Menschen zum Segen werden sollte. Im Jahre 1653 ließ er sich in der Ouse, einem Fluss in der Nähe, taufen.
4. Der Kesselflicker als Prediger
1655 zog er mit der Familie ganz nach Bedford um. Er war inzwischen in der Versammlung von John Gifford zum Diakon gewählt worden. Doch schon kurz darauf starb seine Frau Mary. Und nicht allzu viel später stirbt auch John Gifford, der Pastor der Versammlung in Bedford. Nun gibt es für alle noch viel mehr zu tun. Vier Kinder zu Hause, die Arbeit für den Lebensunterhalt, der Dienst in der Gemeinde, und so weiter.
Gerade auch in seiner Versammlung hat er immer wieder gezeigt, dass sein Bibelstudium sehr exakt und wirklich ausführlich war. Schließlich hatte er sie ja während Jahren verzweifelt durchforscht, um darin das ewige Leben zu finden und die Gewissheit, zu den Auserwählten zu gehören. So haben immer mehr Menschen in seinem Umfeld gemerkt, wozu er berufen war. Nur ihm selbst machte das große Probleme. Erst nach langem Bitten ließ er sich dazu überreden, in einer Privatversammlung Gottes Wort zu lesen und auszulegen. Dies war immer mit großem Segen verbunden, sodass er begann, an verschiedenen Orten zu predigen, wohin er eingeladen wurde.
Schon bald wurde er bekannt, und es dauerte nicht lange, bis ihm das Predigen verboten wurde. Weil er sich gewohnt war, kräftig und deutlich zu predigen und kein Blatt vor den Mund zu nehmen, regte sich der Widerstand aus den Großkirchen. Inzwischen war Oliver Cromwell gestorben, und im Mai 1660 bestieg Charles II den Thron von England. Unter ihm wurde die Uniformitätsakte zum Gesetz gemacht, die das „Book of Common Prayer“, eine von kirchlichen Theologen verfasste Sammlung von Liturgien, Liedern und Gebeten, zum offiziellen Dokument gemacht, dessen regelmäßigen Gebrauch jeder Pfarrer mit der Unterschrift bezeugen musste. Unter anderem wurde auch das Predigen nur noch denjenigen erlaubt, welche von der anglikanischen Kirche als Pfarrer eingesetzt wurden.
5. Die Zeiten im Gefängnis
So wurde bald eine Gelegenheit gefunden, um John Bunyan festzunehmen. Dies geschah am 12. November 1660. Er wurde verhört, und durfte gerade während dieses Verhörs erfahren, wie Gott ihn mit den richtigen Worten im richtigen Moment getröstet hat. Seine Gegner hatten bald kaum noch etwas zu erwidern, so sprachen sie ihn wütend schuldig und ließen ihn ins Gefängnis bringen. Inzwischen hatte er ja noch ein zweites Mal geheiratet. Seine zweite Frau, Elisabeth, musste eine ganz besonders schwere Zeit durchmachen. Da Bunyan weit herum bekannt war, und deshalb viele Feinde hatte, konnte auch sie mit ihren Worten nichts ausrichten, um die Freiheit ihres Mannes zu erbitten.
Sechs Jahre musste er im Gefängnis verbringen. 1662 wurde die Verwendung des Common Prayer Book als Gesetz erlassen, und ungefähr 2000 Pastoren ihres Amtes enthoben. Zahlreiche von ihnen wurden ebenfalls inhaftiert, weil sie ebenfalls ohne Erlaubnis mit Predigen fortfuhren. Im Gefängnis flocht er bunte Schnüre und Bänder, die er an Händler verkaufen konnte, um so seiner Familie etwas Geld fürs Allernötigste zukommen zu lassen. Daneben kümmerte er sich um das geistliche Wohl der Mitgefangenen und ging auch weiterhin seiner schriftstellerischen Tätigkeit nach.
Nach Verlauf der sechsjährigen Haft wurde Bunyan freigelassen. Unter stetiger Beobachtung durch Spione führte er seine Berufung fort. Die Freiheit dauerte nicht besonders lange, und schon wurde er wieder nach kurzem Verhör ins Gefängnis gebracht. In dieser Zeit starb auch sein ältestes Mädchen, die blinde Mary.
1672 kam John endlich wieder frei. Der König hatte inzwischen erkannt, dass er etwas diplomatischer vorgehen musste. So durften sich die freien Gemeinden wieder treffen, sie mussten nur ihre Orte offiziell anmelden. John Bunyan bekam eine Predigtlizenz, mit der er in jeder offiziell angemeldeten Gemeinde predigen durfte. Nun wurde in Bedford eine ehemalige Scheune ausgebaut und angemeldet. Diese Gemeinde in Bedford stellte ihn nun als Pastor an. Doch schon 1874 wurde ein neuer Haftbefehl gegen ihn ausgestellt, mit der Behauptung, Bunyan würde gegen den König predigen. Im Stadtgefängnis hat er jetzt die Pilgerreise geschrieben, sein bekanntestes Werk. 1676 wurde er auf den Wunsch des großen Puritaners John Owen wieder auf freien Fuß gelassen. 1687 wurde die Pilgerreise in London gedruckt. Bereits bis Ende dieses Jahres wurden weit mehr als 2000 Exemplare verkauft. Sein Dienst war in den darauf folgenden Jahren sehr gesegnet. Doch leider war seine Gesundheit schon immer etwas schwierig. Im Alter von fast 60 Jahren starb John Bunyan an Fieber am 31. August 1688.
6. Die Pilgerreise
Dieses weitaus bekannteste Werk von Bunyan wurde seit seinem Erscheinen in über 120 Sprachen übersetzt und ist nach der Bibel das meistgelesene Buch von einem Gläubigen. Seine gesamte Kenntnis der Schrift, seine Kenntnis des Menschen und seine Kenntnis der schrecklichen Abgründe im Herzen des Menschen haben ihn zu einem Schriftsteller gemacht, der wie kaum ein anderer dazu gebraucht werden konnte, um Menschen aller Zeiten und Kulturen zu einem Segen zu werden.
Die Pilgerreise beschreibt das Leben des Gläubigen als eine Art Gleichnis. Er beschreibt den Weg zum Glauben, und das ist in gewisser Weise auch eine autobiographische Szene. Das Herz des Menschen, das lange suchen muss, bis es Christus gefunden hat, und auch danach ständig in Gefahr steht, versucht zu werden, wird wunderschön dargestellt.
Die Hauptperson ist Herr Christ. Er wohnte in der Stadt Zerstörung und trug eine schwere Last. In einem Buch hatte er gelesen, dass ihn diese Last ins ewige Verderben bringt. So macht er sich auf die Suche nach der Rettung. Er findet durch Evangelist den Weg zur engen Pforte, wo er hindurch geht. Doch kaum ist er drüben, prasseln die bösen Pfeile auf ihn ein, und er muss den Weg schnell fortsetzen. Dann kommt er an verschiedenen Orten vorbei. Manchmal sind es Menschen, die ihn vom Weg abbringen wollen, oder auch Situationen, die ihm Angst machen. So etwa das Tal der Todesschatten. Aber zwischendurch findet er immer wieder Ermutigung, die ihm hilft, weiter zu gehen. So geht es immerzu weiter, bis sie am Ende in der himmlischen Stadt ankommen.
Wer das Buch liest, wird sich selbst schnell darin wiederfinden. Es ist ein exzellentes Gleichnis für unser Leben als Gläubige, die den Weg durch die enge Pforte gefunden haben. Mit großer geistlicher Erkenntnis führt John Bunyan all die Schwierigkeiten auf, die auf uns zukommen auf diesem schmalen Weg. Dies hilft dem Leser, sich in dieser Welt zurecht zu finden und ermutigt immer wieder, zum weitermachen. Es gibt übrigens auch einen zweiten Band der Pilgerreise, die Bunyan einige Zeit nach dem ersten verfasst hatte. In diesem geht es dann um die Frau von Herrn Christ, um Christin und deren Kinder.
7. Weitere Werke
John Bunyan hat einige Bücher und Predigtsammlungen geschrieben. Besonders zu erwähnen sind vor allem zwei Bücher nebst der Pilgerreise. Das erste ist seine Autobiographie namens „Grace Abounding“ (Überreiche Gnade). Er beschreibt darin zuerst sein schlimmes Leben vor seiner Bekehrung (in unserer Zeit würden wohl manche fragen, was daran denn so schlimm sei). Interessanterweise erwähnt er Elstow als Ort, wo er aufgewachsen ist, nur zweimal nebenbei. Dann fährt er fort, die wunderbare Gnade Gottes zu beschreiben, wie der Herr ihn nie aufgegeben hat, sondern dafür gesorgt, dass das göttliche Geschehen an seiner Seele auch tatsächlich bis zum Ende durchgeführt wurde. Wie er unter dem Dienst von John Gifford immer mehr gestärkt wurde und wie er letztendlich herausfand, dass Gott ihm die Gnadengabe des Predigens verliehen hatte. Das Buch endet damit, dass er die Verhaftung schildert, in der er sich gerade befand.
Das zweite Buch, das auch eine besondere Erwähnung verdient, ist „The Holy War“ (der heilige Krieg), in dem es jedoch keinesfalls um politische Kämpfe geht, sondern um den geistlichen Kampf, der ständig um die Seele des Menschen tobt. Auch dieses Werk ist als Gleichnis geschrieben. Im Zentrum steht die Stadt namens „Menschenseele“. Shaddai ist der Herrscher und Schöpfer des Universums und der Stadt Menschenseele. Aber leider hat Diabolus, der Feind von Shaddai, die Stadt eingenommen. Und nun geht es um diesen Kampf, um die Mittel zum Kampf, und im Zentrum steht Immanuel, der Sohn von Shaddai, der den Kampf gegen Diabolus anführt. Dieses Werk ist auch von großer geistlicher Bedeutung für das Leben als Christen. Es zeigt ebenfalls, wie groß Bunyans Kenntnis des Menschen war.
8. John Bunyans Vorbild für uns
Ich möchte an dieser Stelle drei Bereiche nennen, in welchen uns John Bunyan ein Vorbild werden kann. Es gäbe bestimmt noch viel mehr aufzuzählen, aber diese drei sind mir besonders wichtig geworden.
1. Er war kein ausgebildeter Theologe, aber ein ausgezeichneter Menschen- und Bibelkenner. Seine schulische Bildung war gering, sie reichte aus, dass er lesen und schreiben konnte, hatte jedoch keinen akademischen Grad, und dennoch hat Gott ihn als Werkzeug für viele Generationen und Jahrhunderte gebraucht. Was wir heute brauchen, sind Menschen, die bereit sind, sich mit einer solchen Hingabe an die Bibel zu wenden. Bunyan hat wohl recht wenige andere Bücher als die Bibel gekannt. Aber seine Bibel kannte er und war in ihr zu Hause. Und wichtiger noch: Er hatte gelernt, ihr zu vertrauen. Wir haben viel zu oft nur ein oberflächliches Vertrauen in die Bibel und ein viel zu großes Vertrauen in uns selbst. Es sollte umgekehrt sein: Dass wir an uns selbst zweifeln, das tut not, aber unser solides Fundament, an dem wir alles andere, inklusive uns selbst, prüfen, das muss das Wort Gottes sein. Es braucht keine Ausbildung an einer Universität, um Gott zu kennen. Aber es braucht viel Liebe zu dem Buch, in dem Gottes Wort steht.
2. Er hatte seine Erkenntnis mit großem Kraftaufwand erkämpft. Bunyan wusste darum, dass das Leben als Gläubige ein Kampf ist. Dass man immerzu den Regungen seines eigenen, betrügerischen Herzens und den Verführungspfeilen Satans ausgeliefert ist. Es hat bei ihm Jahre gedauert, bis er den ersten Kampf, denjenigen um die absolute Heilsgewissheit, errungen hatte. Aber diese Kämpfe führten dazu, dass er kein oberflächlicher Mann wurde, sondern dass seine Erkenntnis wirklich in die Tiefe des Seins ging. Dorthin, wo sie sein Leben tatsächlich beeinflusste. Viele Predigten zielen heute nur auf eine ganz oberflächliche Zustimmung ab, aber sie werden nicht erkämpft. Deshalb gibt es auch so viel moralischen Verfall in den Gemeinden.
3. Diese Erkenntnis in der Tiefe seines Lebens gab ihm die Kraft, um auch in den schweren Zeiten im Gefängnis standhaft zu bleiben. Sein Wissen um die absolute Wahrheit und Irrtumslosigkeit der Heiligen Schrift und die totale Treue seines Gottes, ließen ihn die langen Jahre des Aufenthalts im Gefängnis als etwas Positives sehen. Er wusste, dass er nicht nachgeben konnte, weil er seinen Gott nicht verleugnen durfte. Sein Gott hatte ihn zum Predigen begabt, deshalb musste er das tun und durfte keinen Kompromiss eingehen und zustimmen, dass er aufhören würde mit dem Predigen. Er war bereit, unter den schwersten Umständen seines Lebens Gott treu zu bleiben. Wenn wir diese Kraft auch wollen, so wird uns nichts daran vorbeiführen, diesen Kampf um die echte, tiefe Erkenntnis auch selbst zu durchleben.
Zum Abschluss noch vier Amazon-Links für Leseratten:
Hier gibt es eine gute deutsche Biographie über John Bunyan von Frank Mott Harrison
Hier kann man die Pilgerreise kaufen
Hier gibt es seine Autobiographie “Überreiche Gnade”
Hier ist der Link zum Heiligen Krieg