„Wia soll i schwätza, damit du mi verstanda doasch?“

Vor zwei bzw. 2,5 Jahren wurden mir meine beiden Cochlea-Implantateeingesetzt; davor war ich rund 17 Jahre Hörgeräte-Träger verschiedener Modelle. Immer wieder werde ich gefragt, wie man mit mir reden solle, damit ich möglichst viel verstehen könne. Heute möchte ich ein wenig darüber schreiben, wie es ist, wenn man schlecht hört und viel mitkriegen will.
Schwerhörigkeit ist ein Phänomen, das zunehmend mehr Menschen betrifft, und das hat nicht so viel mit Bevölkerungswachstum zu tun, sondern viel mit Stress, Lärm an immer mehr Arbeitsplätzen, an unvorbildlichem Umgang mit lauter Musik in der Freizeit und manchen anderen Dingen in unserer Zeit. Es hat aber auch damit zu tun, dass es immer bessere Hilfsmittel gibt, die uns helfen. Lange Zeit bedeutete eine Schwerhörigkeit, dass man in der Gesellschaft nichts mehr mitbekam, dass man sich zurückzog, dass man vielleicht auch als wunderlich betrachtet wurde. All das ist eigentlich vorbei.
Wenn ich gefragt werde, wie man reden soll, damit ich viel verstehen könne, dann ist meine Antwort üblicherweise: Einfach normal. So wie immer. Und diese Antwort möchte ich jetzt ausführen. Viele Menschen sind mit der Vorstellung aufgewachsen: Wer schlecht hört, dem muss man alles ganz laut, deutlich und langsam sagen. Meine Antwort: BITTE NICHT SO!!!
Warum nicht? Der erste Grund dafür lautet: Ich möchte deine normale Stimme hören und kennenlernen können. Du wirst mit allergrößter Gewissheit kurze Zeit später in deine „normale Stimme“ zurückfallen. Und das nicht nur einmal, sondern immer wieder. Und deine normale Stimme ist richtig gut. Sie gefällt mir, sie zeigt mir einen Teil von dir, sie gehört zu dir. Das möchte ich kennenlernen und nicht jede halbe Minute wieder erinnern müssen: Bitte wieder anders. Du wirst auch nicht jedes Mal wieder die gleiche „andere Stimme“ brauchen, da gibt es immer wieder Änderungen, die mit deiner Gefühlslage und anderem mehr zusammenhängen. Deine normale Stimme ist etwas, woran ich mich gewöhnen kann.
Der zweite Grund lautet: Ich möchte selbst bestimmen können, wie laut ich dich höre. Es mag für Leute, die sich weigern, Hörmittel zu nutzen, eine Hilfe sein, wenn du laut mit ihnen sprichst. Alle, die Hörgeräte oder einen Sprachprozessor am Ohr tragen, haben die Möglichkeit, die Lautstärke selbst einzustellen. Und das ist unsere Verantwortung, es auch zu tun. Jedes Hörgerät hat entweder eine Fernbedienung oder bei älteren Modellen (ich hatte auch schon so eins) ein Rädchen obendrauf, womit man ziemlich gut einstellen kann, wie laut es sein soll. Eine Ausnahme ist das Gespräch im starken Störlärm, das heißt mit Hintergrundgeräuschen. Aber auch da bitte nur dann die Stimme ändern, wenn ich dich darum bitte.
Was kannst du somit tun? Rede einfach normal, wie du es gewohnt bist, mit allen übrigen Menschen zu reden. Ich bin kein Sonderfall. Ich bin ein Mensch wie jeder andere auch. Habe Geduld mit mir. Anstatt mir jedes Wort S O G A N Z L A U T U N D D E U T L I C H U N D L A N G S A M zu sagen, gehe bitte davon aus, dass ich rund 90% von dem, was du im Gespräch sagst, entweder direkt verstehen oder mir aus dem Zusammenhang heraus zusammenreimen kann. Nutze die damit gesparte Zeit lieber, um mir die restlichen 10%, die ich gar nicht verstehe, nochmal zu wiederholen, oder zur Not auch noch ein zweites Mal. Ich gebe mir im Gegenzug viel Mühe, dir das möglichst einfach zu machen, indem ich entweder das Gehörte zusammenfasse oder konkret Fragen zum nicht Verstandenen stelle.
Gehe aber bitte auch nicht davon aus, dass „der Andere“ jetzt einfach wieder hört, weil er Hörgeräte trägt oder einen Sprachprozessor und ein Implantat hat. Das kann das normale Hören nicht einfach ersetzen. Zuhören und Verstehen ist anstrengend. Immer. Und doch liebe ich es, also bitte nimm einfach auch Rücksicht, wenn ich sage, dass ich eine Pause brauche oder lieber an einen ruhigeren Ort gehen möchte, und hilf mir, den Einstieg ins Gespräch nach einer Pause wieder zu finden, indem du mir kurz zusammenfasst, was zuletzt noch gesagt wurde. Das hilft mir ungemein. Danke!
 

Predigt hören mit Gewinn

Als Prediger sehe ich häufig die eine Seite, nämlich wie die Predigt vorbereitet wird und wie sie rübergebracht wird. Manchmal ist es dann nicht ganz einfach, ein guter Predigthörer zu sein. Ich kenne den täglichen oder wöchentlichen Kampf mit dem Text, der als nächstes gepredigt werden soll, nur zu gut; und die Gefahr besteht dann, dass man bei anderen Predigern vor allem da sitzt und ihre Predigt „bewertet“ („was hätte ich anders gemacht?“, etc.) Ich weiß aber, dass es für jeden Predigthörer eine Herausforderung ist, die sonntägliche Predigt so zu hören, dass sie tatsächlich im Kopf, im Herzen und in den Händen landet. Deshalb ein paar Überlegungen, wie wir das möglichst gut machen können.
1. Zu Hause lassen, was zu Hause bleiben soll
Eine häufige Ablenkung besteht in den Gedanken, die uns an alles Mögliche erinnern, was noch zu tun ist. Der Aufbruch in die Gemeinde wird zu einem hektischen Erlebnis, wenn Kinder dabei sind, die zur bestimmten Zeit bereit sein müssen. Trotzdem tun wir gut daran, eine Strategie zu entwickeln, wie wir möglichst das zu Hause lassen können, was zu Hause bleiben soll. Hier muss jeder den Weg finden, der am besten passt. Das ist ein Punkt, an dem ich auch immer am Üben bin.
2. Für ein offenes Herz und offene Ohren beten
Die Predigt ist Gottes Wort an die Gemeinde. Der Prediger ist Gottes Prophet, der Gottes Wort auslegt und an Gottes Volk weitergibt. Wir können keine zu hohe Sicht von der Bibel und keine zu hohe Sicht von der Predigt haben. Einen Teil des Gewinns, den wir von der Predigt haben, hängt damit zusammen, wie wir die Predigt empfangen. Deshalb tut es uns gut, wenn wir Gott bitten, unser Herz zu verändern durch diese Predigt. Auch wenn wir den Text der Predigt schon häufig gehört und gelesen haben, dürfen wir jedes Mal von Neuem etwas von Gott empfangen.
3. Die Predigt als Dialog sehen
Als ich meine ersten Predigten vorbereitet hatte, durfte ich schon sehr früh in Gemeinden als Gastprediger predigen. Ich war sehr aufgeregt; schließlich wollte ich alles richtig machen. Mein Problem war, dass ich mich dabei so an mein Predigtmanuskript klammerte, dass die Predigt über die Gemeinde „hinwegflog“. Dort habe ich den Tipp bekommen, etwas freier zu predigen. Nach und nach habe ich gelernt, dass die Predigt ein Dialog mit den Hörern ist. Ich sehe, wenn etwas unklar ist und noch besser ausgeführt werden muss, an den Gesichtern der Hörer. Oder wenn etwas Auflockerung gut tut. Heute habe ich viel mehr Freiheit, denn ich weiß, was ich sagen will. Auch als Hörer tun wir gut, die Predigt als Dialog zu sehen. Nicht in dem Sinne, dass wir die Predigt unterbrechen müssen oder etwas dazwischen rufen. Ok, das darf auch mal sein, aber worum es mir geht, ist, dass wir die Predigt aktiv aufnehmen, an den Lippen des Predigers hängen und das Gesagte gleich in uns aufzunehmen versuchen.
4. Notizen – ja oder nein?
Das ist eine gute Frage, die jeder für sich selbst beantworten muss. Es gibt gute Gründe dafür und dagegen. Dagegen spricht, dass der unter 3. genannte Dialog durch das Notieren unterbrochen wird. Dafür spricht, dass man mehr Wissen ansammeln kann, was etwas Gutes ist. Wer genug Zeit hat, dem empfehle ich, Notizen erst beim Nachhören der Predigt von CD oder MP3 online zu machen. Dann ist die Predigt an sich nämlich ein prägendes Erlebnis der ganzen Gemeinde, das einzelne Detailwissen kommt durch das Nachhören trotzdem zustande. Wer dafür keine Zeit hat, kann sich Notizen während der Predigt machen, muss es aber nicht. Wichtig ist, dass jeder durch seine Methode sagen kann: Das ist mein Weg, der mich am besten näher zu Gott bringt. Ich persönlich habe in der Predigt keinen Notizblock, sondern schlage die Bibel mit auf, und wenn mir etwas wirklich ganz wichtig wird, dann schreibe ich in die Bibel an den Rand ein oder zwei kurze Stichworte.
5. Den „roten Faden“ oder „Skopus“ finden
In der Predigtlehre spricht man vom „Skopus“ einer Predigt. Der Skopus ist im Prinzip eine Minimalfassung der ganzen Botschaft der Predigt in einem kurzen Satz. Manche Prediger wiederholen diesen Skopus mehrmals in der Predigt, andere haben leider gar keinen solchen bewusst ausgearbeitet. Aber die Frage sollte immer sein: Was ist der „rote Faden“ der ganzen Predigt? Wie kann man diesen in wenigen Worten zusammenfassen? Leider muss man auch da sagen, dass manche Predigten gar keinen solchen haben. Dann muss man diesen Punkt überspringen und beim nächsten Punkt weitermachen.
6. Nach der praktischen Umsetzung der Predigt suchen
Nun stellen wir die Frage, wohin Gott mit dieser Predigt abzielt. Was soll an uns anders werden? Worin sollen wir wachsen? Was können wir davon ganz praktisch und möglichst sofort umsetzen? Auch hier gibt es ganz unterschiedliche Predigten; vermutlich ist das ein Punkt, an dem die meisten Prediger zu kämpfen haben, vom Wissen zum Tun zu kommen. Mir geht es jedenfalls häufig so. Auch die ganz „trockenen“ Predigten – so schade es ist, dass es sie gibt – beinhalten zumindest in den Bibeltexten Hinweise zur praktischen Umsetzung. Wenn der Prediger daran nicht genügend gearbeitet und mit dem Text gerungen hat, muss es der Predigthörer leider selbst tun.
7. Weiter über die Predigt nachdenken und beten
Die Predigt ist mit dem „Amen“ nicht zu Ende. Im Gegenteil: Das Wichtigste hat gerade eben erst begonnen. Sie will uns in die neue Woche hinein begleiten. Unser Auftrag ist es, auch gerade jetzt nach Gelegenheiten Ausschau zu halten, um die Predigt umsetzen zu können. Betend reflektieren wir das Gehörte, vielleicht auch gemeinsam in der Familie, im Hauskreis, und so weiter, und lassen Gottes Wort auf diese Weise reichlich unter uns wohnen, uns verändern und unser tägliches Tun und Reden beeinflussen.