Was ist Sünde?

In unserer Zeit ist es ganz unmodern, von Sünde zu sprechen. Im Kontext von Emerging Church ist dieser Begriff sogar mit einem Tabu belegt. Dennoch ist es, um die Bibel zu verstehen, äußerst wichtig, alles beim Namen zu nennen, was auch die Bibel beim Namen nennt.

In der Bibel kommen hauptsächlich das hebräische Wort chat’at und das griechische Wort hamartia vor. Es gibt noch andere Begriffe im Hebräischen, aber diese sind eher selten und bezeichnen das bewusste und klar gewollte Sündigen gegen Gott. Chat’at und hamartia bedeuten beide dasselbe, nämlich die Verfehlung eines gesetzten Zieles. Nun ist der Mensch immer zielgerichtet geschaffen, nämlich für das Ziel der Beziehung und Kommunikation mit Gott.

Wo diese Kommunikation unterbrochen wird, findet Zielverfehlung, sprich: Sünde, statt. Es geht bei der Sünde nicht so sehr um ein: „Du sollst“ / „du musst“ / „du darfst nicht“, sondern darum, dass die von Gott gewollte und geschaffene Kommunikation hinfällig wird. So ist auch falsche Kommunikation zwischen den Menschen (im Sinne von Missverständnissen, verbalem Terror oder schweigendem Zurückziehen) ein klares Zeichen von Gericht über den Menschen. Wenn nun die Kommunikation mit Gott abgebrochen ist, so entstehen Sünden. Diese lassen sich zunächst in verschiedene Gruppierungen einteilen:

-Ichbezogenheit. An dieser ersten Gattung der Sünde sieht man, wie sehr auch bei Kleinkindern bereits die Kommunikation mit Gott unterbrochen ist. Man spricht von Erbsünde, weil dies der Fall ist: Ohne den Glauben an den Herrn Jesus (wie der aussieht, ist eine andere Frage) kann niemand gerettet werden. Diese Ichbezogenheit sehen wir zunächst darin, dass sich im Leben eines Menschen alles nur um sich selbst dreht. Alles muss auf genau die bestimmte Art und Weise dieser Person gemacht werden, „sonst wird das nix“. Die Person sieht dabei sich selbst als das Maß aller Dinge. Oft ist alles schlecht, wenn es nicht mindestens eben so gut ist, wie wenn sie es gemacht hätte. Die Person drängt sich in allem vor, will zuerst bedient werden und wäre unter Umständen zu Betrug oder gar weit Schlimmerem fähig.

Dieser Ichbezogenheit begegnet der Herr Jesus frontal von vorne und dreht ihr Weltbild um: Ichbezogenheit muss durch Demut ersetzt werden. Demut bedeutet eigentlich Dienstmut und bezeichnet die innere Haltung eines Menschen, der bereit ist, sich selbst hinten anzustellen und dafür zuerst anderen zu dienen. Das beste Beispiel gab uns der Herr Jesus selbst: Zuerst wusch er seinen Jüngern die Füße (dieses war damals eine niedrige Sklavenarbeit), danach gab er sein ganzes eigenes Leben hin, um sie zu retten. Da sehen wir das beste Vorbild wahrer Demut.

-Selbstzerstörung. Viele Menschen wachsen heutzutage mit sehr starken seelischen Schwächen auf. Leider gibt es oft Eltern, die (zumeist unbewusst und ungewollt) ihren Kindern durch ihr Verhalten zeigen: Du bist mir gleichgültig. Oder: Dich habe ich nie gewollt. Diese und viele Festlegungen mehr kommen aus der Zeit, in der wir uns als kleine Kinder von den Eltern vernachläßigt fühlten. Es kann sein, dass die Eltern einfach sehr viel arbeiten müssen und dadurch wenig Zeit für die Kinder haben und noch weniger Möglichkeiten, um die Kinder in der Wohnung mithelfen zu lassen. Wir beginnen dann (auch unbewusst) danach zu suchen, wie wir unseren Eltern gefallen können. Irgendwann finden wir eine Art heraus, wie uns das möglich ist. Ab diesem Moment beginnt das große Theaterstück: Wir spielen diese Rolle, die am besten ankommt, die uns aber nicht entspricht. Das Leben geht weiter, unsere Rolle auch. Wir werden unzufrieden, weil wir wissen, dass unsere Rolle eine falsche ist und sehnen uns da hinaus. Aber die Gefallsucht und Gewohnheit sind so lange stärker, bis wir den biblischen Weg hinaus finden. Übrigens ist das die häufigste (ich möchte sogar behaupten, dass es ausnahmslos das Problem ist) Ursache für sogenannte AD(H)S-Kinder. Sie leiden unter dem Mangel an Liebe (die sich in investierter Zeit und Aufmerksamkeit zeigt) und entwickeln eine ziemlich unangenehme Methode, um diese zu erlangen.

Die Bibel sagt uns, dass Gott uns so gewollt und geschaffen hat, wie wir sind. Er nimmt uns so an, wie wir sind, mit all unseren Macken und Problemchen. Wenn wir nun eine solche Maske basteln, eine fremde Rolle übernehmen, so lehnen wir die Art ab, wie Gott uns geschaffen hat. Zugleich machen wir uns selbst kaputt mit diesen falschen Festlegungen. Damit zerstören wir Gottes gute Schöpfung. Wir dürfen lernen, dass uns nicht die Aufmerksamkeit der Eltern oder anderer Menschen, sondern die Liebe Gottes, mit der Er uns geschaffen und mit eigenem Blut und Leben gerettet hat, so wertvoll macht. In vielen Fällen ist es sehr empfehlenswert, dies in einer guten Seelsorge zu lernen. Da geht vieles schneller und besser.

-Unglaube. Damit ist nicht der fehlende Glaube gemeint, sondern der falsche Glaube. Unglaube besteht darin, dass man trotz dem richtigen Bekenntnis Gott nicht ernst nimmt. Der Glaube ist ein treues Vertrauen, das nicht aufgibt, auch wenn die Situation völlig gegenteilig aussieht. Der Glaube glaubt Gott auch, dass Er weiß, was richtig und was falsch ist und auch die Macht und Möglichkeit hat, alles nach Seinem perfekten Plan auszuführen. Unglaube herrscht also auch überall da, wo wir der Heiligen Schrift in Gedanken, Worten und Taten nicht vertrauensvoll folgen, sondern unsere eigene Sicht der Dinge darüber stellen. Dann nämlich sagt unser Verhalten Gott eindeutig, dass man Ihn und Sein Wort nicht brauche, sondern besser wisse, was gerade gut und richtig sei. Wer sich so über Gottes Wort stellt und gegen die guten (perfekten) Gebote Gottes verstößt, zeigt damit, dass er einem falschen Glauben erlegen ist.

Hier hilft nur Buße tun und die Bereitschaft, sich ganz unter Gottes Wort zu stellen. Deshalb sollte unser Gebet in der Situation auch sein: „Herr, ich glaube! Hilf meinem Unglauben!“ (Natürlich im Sinne von: Hilf mir, meinen Unglauben zu besiegen). Und dann packen wir es an und befolgen Gottes Wort. Der Herr wird uns darin gerne beistehen.

-Stolz. Dies ist eigentlich eine Art Selbstzufriedenheit. Wer etwas Gutes getan und es mit gutem Ergebnis geschafft hat, sollte dies in erster Linie als ein Geschenk von Gott betrachten. Jeder Erfolg ist nichts anderes als die erfolgreiche Ausführung der guten Werke, die Gott im Voraus für uns vorbereitet hat (Eph. 2, 10). Insofern ist Stolz auf sich selbst immer fehl am Platz. Dankbarkeit wäre das bessere Teil in diesem Falle. Für alles und in jeder Situation dürfen und sollen wir Gott danken. Dies ist der pure Gegensatz und deshalb auch die biblische Lösung des Problems Stolz.

-Mangel an Gottesliebe. Gott ist die Liebe, Er ist gütig und barmherzig. Ihn sollen wir lieben um Seiner selbst willen. Doch wie oft braucht es zuerst eine große sichtbare Tat Gottes in unserem Leben, damit wir uns überhaupt erst damit befassen, Gott zu lieben? Wir haben weiter oben gesehen, dass Liebe sich darin zeigt, wie sehr man sich mit jemandem befasst, Zeit verbringt, etc. Gottes Liebe zu uns zeigt sich weiter noch darin, dass Er für uns am Kreuz gestorben ist und damit unsere Schuld bezahlt hat. Diese absolute Selbsthingabe Gottes ist der größte Liebesbeweis. Uns Menschen wird dies wohl kaum jemals gelingen, Gott so sehr mit völliger Selbsthingabe zu lieben, so lange wir hier auf Erden leben. Deshalb haben wir auch jeden Tag Grund genug, um Buße zu tun über unsere Sünden. Jeder Moment, in dem wir nicht von ganzem Herzen für Gott leben, ist ein verschwendeter Moment.