Einheit in Vielfalt und Vielfalt in Einheit

Gestern habe ich darüber gepredigt, dass Gott Vielfalt liebt, weil die Vielfalt in Gottes Wesen selbst zu finden ist. Im zweiten Teil der Predigt ging es um die Konsequenzen, die sich für die Gemeinde daraus ergeben, die wir in Römer 12, 3 – 5 finden.
Gott der Drei-Eine: Einheit in Vielfalt und Vielfalt in Einheit
Wenn wir über die Welt nachdenken, die Gott gemacht hat, oder über die Gemeinde, die Ihm gehört, dann ist es wichtig, dass wir verstehen, wie alle Dinge dazu gemacht sind, um Gottes Wesen bekannt zu machen. Das Thema Vielfalt und Einheit führt uns zur Lehre von der Dreieinigkeit Gottes. Ein Gott – eine Einheit – in drei Personen. Drei unterschiedliche Personen in einem Gott. Wir finden die Dreieinigkeit schon bei der Schöpfung am Werk: Im Anfang schuf Gott die Himmel und die Erde. Die Erde aber war wüst und leer, und es lag Finsternis auf der Tiefe; und der Geist Gottes schwebte über den Wassern. Und Gott sprach: Es werde Licht! Und es wurde Licht. (1. Mose 1, 1 – 3) Hier haben wir Gott in drei Personen am Werk: Gott Vater spricht. Das Wort, das Er da ausspricht, ist Gott Sohn, von dem Johannes sagt: Das Wort wurde Fleisch. Und Gottes Geist schwebt über den Wassern. Da haben wir sie alle drei.
Zweites Beispiel: Die Taufe Jesu. Hier finden wir in allen Evangelien die Dreieinigkeit Gottes am Werk: Gott Sohn lässt sich taufen, Gott Heiliger Geist kommt wie eine Taube auf Ihn herab, Gott Vater spricht aus dem Himmel: Da kommt Jesus aus Galiläa an den Jordan zu Johannes, um sich von ihm taufen zu lassen. Johannes aber wehrte ihm und sprach: Ich habe es nötig, von dir getauft zu werden, und du kommst zu mir? Jesus aber antwortete und sprach zu ihm: Lass es jetzt so geschehen; denn so gebührt es uns, alle Gerechtigkeit zu erfüllen! Da gab er ihm nach. Und als Jesus getauft war, stieg er sogleich aus dem Wasser; und siehe, da öffnete sich ihm der Himmel, und er sah den Geist Gottes wie eine Taube herabsteigen und auf ihn kommen. Und siehe, eine Stimme [kam] vom Himmel, die sprach: Dies ist mein geliebter Sohn, an dem ich Wohlgefallen habe! (Matth. 3, 13 – 17)
Wem das noch nicht reicht, der kann auch den Epheserbrief aufschlagen und im 1. Kapitel die Verse 3 – 14 lesen. Dort beschreibt Paulus, wie die drei Personen der göttlichen Dreieinigkeit das Werk der Erlösung unter sich aufgeteilt haben: Gott Vater sendet Gott Sohn, Gott Sohn vollführt die Erlösung am Kreuz, Gott Heiliger Geist wendet diese auf uns ganz persönlich an. Es gäbe übrigens noch genügend Beispiele mehr.
Vielfalt und die Schönheit der ganzen Schöpfung
Und dann werfen wir einen Blick auf die Schöpfung und sehen diese unaussprechlich große Vielfalt: Abertausende Arten von Tier, Pflanzen, Gesteinen, Himmelskörpern, alles ist aufeinander abgestimmt und passt zueinander. Zwar finden sich überall die Spuren des Sündenfalls, der zum Verderben, Krankheit, Tod, Verschleiß, etc. geführt hat, und doch ist überall ein gut Teil der Schönheit erhalten geblieben. Ich möchte an zwei Beispielen aufzeigen, was passiert, wenn wir die Lehre von Gottes Dreieinigkeit verlassen. Es gibt immer wieder Christen, die meinen, dass ihnen die Dreieinigkeit zu kompliziert wäre und wir deshalb darauf verzichten könnten oder sollten. Noch einmal zur Wiederholung: Die Dreieinigkeit bedeutet Einheit in der Vielfalt.
Islam: Einheit ohne Vielfalt
Wenn wir die Dreieinigkeit aufgeben oder vernachlässigen, dann haben wir auf der einen Seite Einheit ohne Vielfalt. Gutes Beispiel: Der Islam. Im Islam gibt es nur einen Gott, der keinesfalls in drei Personen besteht. Die Dreieinigkeit ist Gotteslästerung für den Moslem. Gott darf keinen Sohn haben. Gott darf nicht für die Sünden der Menschheit sterben können. Im Koran gibt es an mehreren Orten die Rede von der Liebe Allahs, aber die ist nur für Menschen, die für den Islam kämpfen, zu haben.
Das führt dazu, dass alle Menschen gleich werden müssen. Vielfalt hat keinen Wert, sondern ist gefährlich. Im Islam müssen alle gleich denken, handeln, leben, um Allah zu gefallen. Einheit ohne Vielfalt. Und genau diese Vielfalt, die der Realität entspricht, diese Liebe Gottes zu allen Menschen, diese Selbsthingabe Jesu am Kreuz für die Sünden der Menschen, genau das ist es, was für viele Muslime attraktiv am christlichen Glauben ist. Sie wissen als Muslime nicht, ob sie gerettet werden können. Das hängt laut Koran von Allahs Barmherzigkeit ab. Moslem sein rettet nicht, denn im Grunde genommen kann niemand das tun, was Allah gefällt. Diese Unsicherheit ist schrecklich und treibt uns viele Muslime in die Arme, denn bei uns gibt es echte Gewissheit der Erlösung. Aber auch bei Christen kommt es vor, dass man die Einheit überbetont. Immer dann, wenn es gesetzlich wird, ist das der Fall.
Postmoderne: Vielfalt ohne Einheit
Und so, wie man auf der einen Seite vom Pferd fallen kann, indem man die Einheit ohne Vielfalt betont, gibt es auch die andere Seite, die auch nicht besser ist: Vielfalt ohne Einheit. So war es in der zweiten Hälfte des letzten Jahrhunderts weit verbreitet, zu glauben, dass es keine absolute Wahrheit geben könne, sondern sich jede Kultur und Gesellschaft ihre eigenen Wahrheiten selbst schaffen würde. Dieses Denken war der Postmodernismus. Zum Glück ist dieses unsinnige Denken jetzt schon länger wieder vorbei, nur ist das halt leider in einigen Gemeinden noch nicht angekommen.
Wer jetzt noch wissen will, was das mit der Gemeinde zu tun hat, findet eine Aufnahme der Predigt wie üblich im Archivverlinkt.

Zum 300. Geburtstag von George Whitefield

Heute vor 300 Jahren, am 16. Dezember 1714, ist George Whitefield geboren. George Whitefield? Wer soll denn das sein? Leider ist er schon länger nicht mehr so bekannt wie er sein sollte. Er war einer der größten und gesegnetsten Evangelisten des 18. Jahrhunderts. Millionen von Menschen haben ihn predigen gehört; und das ist etwas Spezielles – gab es doch damals weder Lautsprecher noch Rundfunk, Fernsehen oder gar Internet.
George Whitefield wuchs unter einfachen Verhältnissen auf. Sein Vater starb, als George zwei Jahre alt war. Acht Jahre später heiratete seine Mutter Elizabeth ein zweites Mal, doch diese Ehe war so schwer, dass sie es nicht lange mit diesem zweiten Mann aushielt. Obwohl das „Bell Inn“, der Gasthof, den sie führte, ziemlich erfolgreich und beliebt war, ging es mit dem Geschäft in der zweiten Ehe beständig abwärts, bis es so schlecht lief, dass George, der inzwischen an der Lateinschule war, diese abbrechen musste, um zu Hause im Gasthof mitzuhelfen. George war damals 15 Jahre alt. Kurz darauf verließ Elizabeth ihren zweiten Mann. George folgte ihr und sie lebten deswegen sehr einfach.
Da er sich kein Studium einfach so aus dem Ärmel schütteln konnte, verdiente er es sich als Diener der reicheren Studenten, die ihm für seine Dienste (er weckte sie, putzte die Zimmer, machte ihnen Besorgungen, und so weiter) ihre alten Bücher fürs Studium und etwas Geld gaben. In dieser Zeit in Oxford lernte er die Brüder John und Charles Wesley kennen, die als Gründer der Metodistenkirche bekannt sind. Um diese beiden Brüder herum sammelte sich eine kleine Gruppe von Leuten, die mit dem Glauben besonders ernst machen wollten. Sie wurden deshalb als „Holy Club“ (Heiliger Verein) und als „Methodisten“ verspottet. In diesem Kreis auferlegten sie sich strenge Pflichten wie das regelmäßige Fasten, gemeinsames Lesen von Erbauungsliteratur, sowie das Führen eines Tagebuchs mit regelmäßiger Selbstprüfung. In seinem Eifer schoss der junge George dabei weit über das Ziel hinaus, bis er durch seine asketischen Übungen krank wurde. Dann endlich fand er den echten Frieden mit Gott – nicht durch Selbstkasteiung, sondern durch die Gnade allein.
Noch während seines Magisterstudiums wurde er von einem befreundeten Pfarrer gebeten, ihn für zwei Monate in London zu vertreten. In dieser Zeit kamen immer mehr Leute in diese Kirche, die den jungen Mann über die neue Geburt sprechen hören wollten. Kurze Zeit später dasselbe wieder, als er dann auch nach Dummer gerufen wurde, um auch dort jemanden zu vertreten. In dieser Zeit wuchs sein Entschluss, er wolle als Missionar nach Georgia über den großen Teich reisen. Doch noch während er sich auf die Reise in die Staaten vorbereitete, gab es plötzlich über Nacht eine Erweckung: Überall, wo er durchreiste und sich verabschieden wollte, wurde er gebeten, zu predigen – und überall wurden von seiner Predigt riesige Massen von Menschen angezogen und viele Herzen aufgeschreckt.
Nach mehreren Monaten Verzögerung konnte er endlich einschiffen und fuhr über den großen Teich in die Staaten. Inzwischen war aber noch etwas anderes passiert: John Wesley, der sein Studium schon früher beendet hatte, war auch als Missionar nach Georgia gereist. Und genau in der Zeit, als Whitefield darauf wartete, dass sein Schiff auslaufen konnte, kehrte Wesley zurück. Ihm war in der Zeit in Georgia bewusst geworden, dass er selbst auch noch eine echte Wiedergeburt nötig hatte. Whitefield kam in die Staaten und predigte in Georgia mehrmals täglich auf den Plätzen, besuchte die Leute, gründete zwei Schulen, und sein Herz wurde vor allem für eine Tätigkeit vorbereitet, die ihn den Rest seines Lebens begleiten sollte: Er wollte in Georgia ein Waisenhaus gründen.
An der Stelle möchte ich kurz innehalten und über etwas nachdenken, was wir von vielen Menschen lernen können, die in der Welt etwas bewegt haben. Der Management-Experte Fredmund Malik hat dafür viele Biographien studiert und sagt etwas ganz Wichtiges dazu: „Das Wesentliche ist, sich auf Weniges zu beschränken, auf eine kleine Zahl von sorgfältig ausgesuchten Schwerpunkten, wenn man an Wirkung und Erfolg interessiert ist.“ (Malik, Fredmund, Führen, Leisten, Leben, Campus-Verlag, 2. Aufl. 2006, S. 110) Bei George Whitefield wird das gut sichtbar, es gab für ihn nämlich ganz exakt zwei Schwerpunkte, auf die er sich spezialisiert hatte: Das Evangelium predigen und Geld sammeln für sein Waisenhaus in Georgia. Und diese beiden Dinge konnte er gleichzeitig machen. 13 Mal hat er unter großen Strapazen den Ozean überquert, der Europa von Amerika trennt, und was ihn dazu getrieben hat, war seine Sorge um sein Waisenhaus. Vermutlich wäre die große Erweckung in den amerikanischen Staaten nicht so schnell und so stark ausgebrochen, wenn Whitefield nicht dort gewesen wäre. Und vermutlich wäre er nicht dort gewesen, wenn er sein Waisenhaus in Georgia nicht gehabt hätte. Ich glaube, dass wir hier einiges zu lernen haben: Uns auf bestimmte einzelne Dinge – unsere Stärken – zu beschränken, diese dafür umso mehr zu trainieren, und nicht mehr alles selbst in der Hand haben zu wollen.
Als Whitefield nach England zurückkam nach seiner ersten Reise, war die Lage verändert. Er konnte zunächst noch in verschiedenen Kirchen predigen, aber immer mehr Pfarrer wurden ihm feindlich gesinnt, weil er so offen und kompromisslos von der Notwendigkeit der Wiedergeburt sprach. Immer öfter wurden ihm die Kanzeln verboten. So wagte er eines Tages den Schritt ins Freie. Durch diesen Schritt wurde eine Grenze gesprengt: Waren seine Predigten bisher durch die Größe der Kirchen begrenzt, konnten jetzt viel mehr Leute kommen, um ihm zuzuhören. Nach kurzer Zeit waren es schon mehrere tausend Zuhörer, die kamen, um ihn zu hören. So ähnlich hört sich der Rest seines Lebens an. Er predigte – wohlgemerkt: ohne Mikrophon, ohne Verstärker und Lautsprecher – vor riesigen Mengen. Einmal müssen es um die 80’000 Personen gewesen sein, die gekommen waren, um ihn zu hören. Und seine Stimme war laut und durchdringend: Sie konnten ihn alle hören.
Als Whitefield 26 Jahre alt war, heiratete er Elizabeth James, eine Witwe, die er bei seinen Reisen in Wales kennengelernt hatte. Sie war zehn Jahre älter als er. Auf mehrere Reisen begleitete sie ihn zunächst, so etwa auch auf die dritte Amerikareise. Später hörte sie jedoch damit auf, ihn dabei zu begleiten. Benedikt Peters schreibt dazu: „Mrs. Whitefield begleitete ihren Mann auf seinen zwei nächsten größeren Reisen: Auf seiner dritten Fahrt nach Amerika und einmal nach Schottland. Danach zog sie es aber vor, zu Hause zu bleiben. Das muss für sie weniger schwer gewesen sein. Jede Frau eines reisenden Reichsgottesarbeiters kennt dieses Dilemma. Sie ist gerne mit ihrem Mann zusammen; wenn sie aber mit ihm auf Dienstreise ist, so ist sie zwar bei ihm, und doch nicht bei ihm, weil der Dienst ihn meist so beansprucht, dass er keine Zeit für seine geliebte Frau hat. So findet sie es weniger schmerzlich, in der gewohnten Umgebung des Heimes zu sein und dort wenigstens die Ruhe zu haben, die sie auf den Reisen nicht findet.“ (Peters, Benedikt, George Whitefield, CLV, 2. Aufl. 2003, S. 263)
Nach vielen Jahren treuen und rastlosen Evangelistendienstes (es wird geschätzt, dass er insgesamt ungefähr 30’000 Predigten gehalten habe) zeigte sich, dass der Mensch auch Raubbau mit seinem Körper treiben kann. Täglich viele Kilometer zu reisen und mehrmals pro Tag zu großen Mengen von Menschen zu sprechen, belastet den Körper auf Dauer sehr. Die meisten Prediger und Pastoren kennen auch das Dilemma der selbständig einzuteilenden Zeit: Zeit für die Gemeinde, Zeit für die Familie, Zeit für gesellschaftliche Verpflichtungen, Zeit für sich selbst. Das ist immer wieder neu zu bedenken. Whitefield war mit 55 Jahren verbraucht. Brennend für Gott, die Rettung von Sündern und Gottes Reich – aber auch ausgebrannt. So starb er auf der siebten Reise in Amerika am 30. September 1770 um 6 Uhr früh. Noch am Abend davor hatte er unter großer Anstrengung gepredigt – in der Nacht hatte er mit Asthmaanfällen zu kämpfen und ging heim in die Ewigkeit.
Wer nach diesem kurzen Überblick Lust auf mehr bekommen hat, findet bei CLV das oben zitierte Buch von Benedikt Peters – entweder zum Kauf als Hardcover oder als kostenloser PDF-Download.

Eine Singkultur entwickeln

Die letzten Wochen ist es ruhig geworden um meine noch nicht abgeschlossene Serie zum Thema „Lobpreiskultur“. Dies hat nicht nur damit zu tun, dass ich nebst dem Bloggen viel anderes zu tun hatte, sondern auch damit, dass der heutige Teil eine ganz besondere Herausforderung ist. Bisher habe ich mich damit befasst, wie man der Gemeinde das Mitsingen einfacher machen kann (Teil 1, Teil 2, Teil 3, Teil 4). Heute möchte ich den Kern des Problems angehen: Viele Menschen singen nicht mit, weil sie keine Gelegenheit hatten, eine Singkultur zu entwickeln. Noch vor einigen Jahrzehnten war es in manchen Berufen üblich, bei der Arbeit zu singen, aber versuche man dies heute mal in der Firma… Vielerorts würde das nicht einmal geduldet. Stattdessen wurde das aktive Singen durch passive Berieselung durch Radio, CD oder Ähnliches ersetzt.
Heute möchte ich ein paar Vorschläge machen, wie man als Gemeinde eine Singkultur entwickeln kann. Ich habe dazu in den vergangenen zwei Monaten einige Blogs und Predigten von Pastoren anderer Gemeinden gelesen und nach Hinweisen dazu gesucht. Eines ist aber wichtig, bevor ich zu den Vorschlägen komme. Wir müssen versuchen, die Hemmschwelle von Anfang an möglichst tief zu halten. Somit sollten die ersten drei oder vier Teile der Serie zumindest überdacht werden, was in der Hinsicht noch vereinfacht werden könnte.
1. Wir brauchen eine tief gegründete Theologie des Lobpreises
Singen ist nicht nur eine Sache, die uns Menschen gut tut. Das stimmt zwar auch, aber ist sekundär. Primär müssen wir sehen, dass wir einen singenden Gott haben. Dies wird in Zephanja 3,17 deutlich. Und weil Gott ein singender Gott ist und uns nach Seinem Bilde geschaffen hat, dürfen wir ein singendes Gottesvolk sein. Lobpreis ist außerdem eine wichtige Art der Antwort von uns Menschen an Gott – oder auch zuweilen ein Gebet oder eine Frage. Lobpreis kann Wunder tun – so etwa die Türen des Gefängnisses öffnen und manch anderes mehr. Beginnen wir also damit, über die Wichtigkeit und Bedeutung des Lobpreises nachzudenken und lassen unser Herz damit erfüllt sein.
2. Wir brauchen eine gesunde Lehre über den Lobpreis
Aus der tief gegründeten Theologie des Lobpreises folgt die gesunde Lehre in der Gemeinde. Wir Menschen tendieren dazu, die Wichtigkeit von Dingen aufgrund der Häufigkeit zu bewerten. Wenn häufig über den Lobpreis gelehrt wird, werden wir ihn auch als etwas Wichtiges empfinden. So braucht es immer wieder eine Erinnerung daran – und zwar nicht nur vom Lobpreisleiter, sondern auch in der Predigt. Es braucht also Predigten über den Lobpreis. Manche Prediger nutzen auch die Predigt-Einleitung, um ein Thema des Lobpreises noch einmal aufzugreifen und zeigen damit, dass er wichtig ist.
3. Wir brauchen gute Vorbilder im Lobpreis
Menschen brauchen sichtbare Vorbilder. Wenn die Ältesten und Leiter der Gemeinde passiv sind im Lobpreis, werden die übrigen Gemeindemitglieder – insbesondere die Männer unter ihnen – sich das zum Vorbild nehmen. Aktive Vorbilder, die mitsingen und sich auch sonst am Lobpreis beteiligen, haben es leichter, eine Singkultur in der Gemeinde zu etablieren. Dabei ist es unwichtig, ob man darin besonders begabt ist oder nicht – das sichtbare Vorbild macht Welten aus.
4. Wir brauchen Lobpreis in allen Bereichen der Gemeinde
Das ist jetzt eine Frage von Gemeindekonzepten. Der Lobpreis soll nicht auf den Gottesdienst am Sonntag beschränkt sein. Sei es bei Lehr- oder Gebetsveranstaltungen, im Kindergottesdienst oder bei den Royal Rangers (oder Jungschar, Pfadfinder oder wie auch immer man das nennt) und in der Jugend. Wenn möglich auch in Hauskreisen und ähnlichen Veranstaltungen. Wenn viel und häufig die Möglichkeit zum Singen geschaffen wird, fällt es leichter, mit einzustimmen.
5. Wir brauchen singende Familien
Ich denke, hier liegt ein großer Knackpunkt. Wer als Kind in der Familie ganz natürlich zum Singen angeleitet wird, hat es auch im späteren Leben viel leichter beim Mitsingen. Ideal wäre natürlich auch eine musikalische Familie, wo zusätzlich gemeinsam Instrumente gespielt werden. Ich persönlich hatte das Privileg, so aufzuwachsen und kann es nur weiterempfehlen. Dies jedoch von jeder Familie zu verlangen, wäre mehr als unrealistisch. Aber zumindest gemeinsame Zeiten des Singens in der Familie – und sei es zu einer leisen Hintergrund-CD – müsste machbar sein. Die heutigen Kinder werden eines kommenden Tages die Instrumentalisten und Sänger in der Gemeinde sein. Durch die Lieder im Lobpreis wird viel wichtige Lehre über Gott weitergegeben. Man darf nicht vergessen, dass die Psalmen mit ihren wunderbaren Aussagen über Gott das Liederbuch, der „Pfingstjubel“ der Bibel sind. Der Befehl von Kolosser 3,16 gilt auch der Familie, sie ist die kleinste Einheit einer göttlichen Versammlung von Menschen.
6. Wir brauchen Anleitung zu allen diesen Punkten
Zum Schluss möchte ich etwas noch einmal verdeutlichen: Nichts von all dem oben Genannten wird einfach so von selbst passieren. Alle diese Punkte brauchen klare Anleitung und Anweisung – und zwar nicht nur einmal, sondern immer wieder. Wir brauchen immer wieder die Reflektion einer Theologie des Lobpreises. Wir brauchen immer wieder Lehre darüber. Wir brauchen immer wieder Ermutigung und Anleitung dazu, wie das in den verschiedenen Bereichen der Gemeinde und auch des Familienlebens umgesetzt werden kann.

Timotheus Magazin #16: Die Predigt

Als ich vom Bundescampzurückkam, wartete da schon die neue Ausgabe des Timotheus-Magazins zum Thema „Die Predigt“ auf mich. Die Grafik auf der Titelseite finde ich richtig ansprechend, ist sie doch eher etwas zurückhaltend und nicht so dominierend, wie es andere Titelgrafiken schon waren. Das Thema ist spannend, und so freute ich mich sehr auf die Lektüre. Eine Anmerkung noch zur gesamten Gestaltung: Mir schien, dass für diese Ausgabe häufig zu kurze Texte geschrieben worden sind, was letztlich durch doppelseitige Bilder und Titel wieder wettzumachen versucht wurde. So etwa auf S. 16/17 oder 32/33.
Hörst du richtig?(S. 4 – 7) von Thomas Reiner
Wer meint, diese Ausgabe sei vor allem für Prediger geschrieben, irrt sich gewaltig. Schon der erste Artikel von Thomas Reiner geht auf das aktive Zuhören der Predigt ein. Mit viel Tiefgang erklärt der Pfarrer der ERKWB Winterthur (CH), wie man sich auf das Hören der Predigt vorbereiten kann, um möglichst viel Segen aus dem Hören zu ziehen. Es ist wichtig, dass wir glauben, um hören zu können. Dass wir beten, um hören zu können. Dass wir die Bibel studieren, um hören zu können. Dass wir das Gelesene und Gehörte anwenden, um hören zu können. Dass wir uns davon begeistern lassen, um hören zu können. Und nicht zuletzt auch dass wir (gerade auch unseren Prediger) lieben, um hören zu können. Ein super Einstieg, der hungrig nach mehr macht.
Wie predigten die Apostel? (S. 8 – 11) von Daniel Facius
Daniel Facius geht in seinem Artikel davon aus, dass alle Christen dazu berufen sind, den letzten Auftrag Jesu an die Apostel (den so genannten Missionsbefehl) auszuführen. Er analysiert in diesem Beitrag die verschiedenen Predigten, die in der Apostelgeschichte abgedruckt sind und zieht daraus drei wichtige Schlüsse: Erstens ist die Predigt immer in Gottes Wort verankert. Zweitens geht sie auf den persönlichen Hintergrund der Zuhörer ein (Paulus spricht anders, ob er vor Juden in der Synagoge oder vor griechischen Philosophen in Athen predigt). Drittens ist das persönliche Zeugnis häufig auch ein wichtiger Zugangspunkt für das Gespräch über den Glauben.
Predige auslegend!(S. 12 – 15) von Thomas Hochstetter
Auf diesen Artikel habe ich mich besonders gefreut, zumal ich auch ein großer Freund der Auslegungspredigt bin. Leider geht der Autor nur am Rande darauf ein, was denn nun diese Art der Predigt tatsächlich ausmacht: „Jesus tat das, was auch schon Esra tat: Er erklärte den Menschen, ausgehend von den Schriften, Gottes Worte. Das ist, was eine Auslegungspredigt ausmacht.“ (S. 14) So weit, so gut, das ist eine korrekte Aussage. Aber würde nicht jeder Prediger – welchen der fünf Predigtstile er auch immer gebraucht – genau das auch sagen? Vermutlich bedürfte es jedoch einer gesamten Ausgabe des Magazins, um darauf einzugehen, was eine Auslegungspredigt ausmacht. Das Literaturverzeichnis (nicht Bibliographie) enthält einige exzellente Titel, von denen ich einzelne auch mal noch vorstellen möchte.
Warum ist geistliche Unterweisung wichtig? (S. 16 – 19) von Waldemar Dirksen
Waldemar Dirksen erklärt anhand der Ereignisse mit den zwei Emmaus-Jünger, weshalb geistliche Unterweisung so wichtig ist. Sie dient dazu, ein Feuer in unseren Herzen zu entfachen. Sie ist die Antwort auf die geistliche Not Israels, auf die geistliche Not der zwei Jünger auf dem Weg nach Emmaus, und auch auf unsere heutige geistliche Not.
Die berühmteste Predigt aller Zeiten! (S. 20 – 23) von Ludwig Rühle
Schon der Titel macht klar, dass es hier um die Bergpredigt gehen muss. Tatsächlich zeigt Ludwig Rühle auf, worum es in der größten Predigt aller Zeiten geht: Zuerst um unsere Beziehung zu Gott, dann um unsere Beziehung zu unseren Mitmenschen – und am Ende um den Zusammenhang zwischen den beiden Bereichen: „Im abschließenden Gleichnis vom klugen und vom törichten Baumeister fordert uns Jesus eindringlich auf, seine Worte nicht nur zu hören, sondern auch zu tun. Doch das müssen wir beachten: Es geht ihm auch hier in erster Linie nicht um dein Handeln, sondern um dein Herz. Nicht dein Handeln bestimmt dein Herz, sondern dein Herz bestimmt dein Handeln! Doch das wird durch Jesu Worte offensichtlich, dein Handeln zeigt, womit dein Herz gefüllt ist.“ (S. 22)
Predigt im Alten Testament (S. 24 – 27) von Andreas Münch
Andreas Münch skizziert in seinem Beitrag kurz und prägnant den Untergang der echten Predigt im Alten Testament: Diese Aufgabe war den Priestern gegeben, doch wurde sie immer schlechter – wenn überhaupt noch – ausgeführt, sodass Gott immer neue Propheten sandte, um die Priester an ihre Aufgabe zu erinnern. Er zeigt anhand der Erweckungen, die im Alten Testament überliefert sind, dass Gottes Wort und die Predigt dabei immer eine zentrale Rolle spielen. Der Artikel wird durch ein Plädoyer für die Predigt des Alten Testaments gekrönt: „Doch die wichtigste Lektion für uns heute ist diese, dass das Alte Testament selber gepredigt werden will, angefangen von Genesis bis Maleachi. Das Alte Testament scheint für viele Gemeinden wie ein Löwe zu sein, der zu mächtig brüllen könnte, als wir es ertragen würden. Und so lässt man den Löwen lieber schlafen. Es braucht wieder mutige Männer, die sich als Werkzeuge gebrauchen lassen, damit die Verheißung aus Joel 4,16 in unseren Gemeinden Realität wird: „Wie Löwengebrüll, wie Donnergrollen schallt vom Zionsberg in Jerusalem die Stimme des Herrn und lässt Himmel und Erde erzittern. Doch für sein Volk ist der Herr eine sichere Zuflucht und eine schützende Burg.“ (Gute Nachricht Bibel)“ (S. 27)
Wahre Reformation… führt zu echtem Gottesdienst (S. 28 – 31) von Jochen Klautke
In diesem Artikel geht es weniger um die Predigt, als vielmehr um den Gottesdienst. Ausgehend von dem Gottesdienst, den Josia im Zuge seiner Reformation gefeiert hat, nennt Jochen Klautke sechs Merkmale, die einen echten Gottesdienst ausmachen. Klar ist der erste Punkt: Gottes Wort ist zentral. Die Predigt ist Mittelpunkt des Gottesdienstes, weil das die Zeit ist, in der Gott in einer ganz besonderen Weise zur Gemeinde spricht. Der zweite Punkt vom Ablauf des Gottesdienstes ist da schon etwas weniger durchsichtig. Wer letzten Endes wissen möchte, ob seine Gemeinde das nun „richtig“ oder „falsch“ macht, bleibt vom Autor weitgehend allein gelassen. Auch die weiteren Punkte wären durchaus ausbaufähig, sodass es dem Leser einfacher fallen würde, Gottesdienste nach klaren Kriterien zu beurteilen, wenn dies schon gefordert wird.
Die Predigt der Urchristen (S. 32 – 35) von Brian H. Edwards
Der letzte Artikel ist ein Ausschnitt aus dem Buch „Wenn die Show das Wort erschlägt“. Der Artikel setzt sich mit dem Argument auseinander, ob unsere Zeit sich tatsächlich so sehr vom ersten Jahrhundert unterscheidet, in dem die Apostel gepredigt hatten. Sein Fazit ist, dass dies nicht der Fall ist, sondern ziemlich viele Parallelen bestehen. Edwards schließt mit den lesenswerten Worten: „Die ersten Christen evangelisierten das Römische Reich mit der effektivsten Waffe des Predigens, und sie beeinflussten die Gesellschaft so enorm, dass sie das Gesicht des gesamten Reiches veränderten. Die Gefahr heute besteht darin, dass die Welt das Gesicht der Gemeinde verändert.“(S. 35)
Ich kann diese Ausgabe sehr empfehlen. Mein persönlicher Favorit war diesmal der erste Artikel über das Hören der Predigt. Gefehlt hat mir allerdings eine etwas ausführlichere Rezension eines guten Buches zur Auslegungspredigt. Wer die Zeitschrift noch nicht abonniert hat, kann dies hiertun.

Fragen zur Predigtvorbereitung

Für den Blog von Marc Strunk habe ich ein paar Fragen zu meiner persönlichen Praxis des Vorbereitens und des Haltens von Predigten beantwortet (Link). Ich fand die Auseinandersetzung mit den Fragen sehr hilfreich – auch gerade für mich selbst, um mir einmal mehr klar zu werden, wie ich das mache und was ich noch lernen sollte.
In einer Diskussion kam die Frage auf, welche Kommentare ich verwenden würde. Zu den Kommentaren gibt es hier eine sehr gute Ressource (ich arbeite hauptsächlich mit englischen Kommentaren, da es meiner Meinung nach auf deutsch keine echten Alternativen gibt. Abgesehen von den Kommentaren aus der Zeit der Reformation, die zum Teil übersetzt sind und die neuere Serie HTA [Historisch-Theologische Auslegung], von der jedoch erst wenige Bände erschienen sind).
Zum Alten Testament ist die englische Serie NICOT (New International Commentary on the Old Testament) sehr zu empfehlen. Zum Neuen Testament wäre es vor allem NIGTC (New International Greek Testament Commentary), wobei hier auch noch einiges fehlt. Zum Epheserbrief zum Beispiel habe ich den besten Kommentar in der PNTC (Pillar New Testament Commentary) Serie gefunden (von Peter T. O’Brien), zu den Johannesbriefen in der BECNT (Baker Exegetical Commentary on the NT) Serie (von Robert W. Yarbrough).
Auf ein anderes Buch möchte ich auch noch hinweisen. In der Beantwortung von Marcs Fragen nenne ich als wichtigen Einfluss Dr. Martyn Lloyd-Jones. Sein Buch “Die Predigt und der Prediger” ist mein wichtigstes Buch zum Predigen. Ich versuche, es einmal pro Jahr zu lesen.

Christsein, das ist im Licht leben

(Diese Predigt kann in meinem Predigtarchiv auch als MP3 angehört oder heruntergeladen werden.)
Und das ist die Botschaft, die wir von ihm gehört haben und euch verkündigen, dass Gott Licht ist und in ihm gar keine Finsternis ist. Wenn wir sagen, dass wir Gemeinschaft mit ihm haben, und doch in der Finsternis wandeln, so lügen wir und tun nicht die Wahrheit; wenn wir aber im Licht wandeln, wie er im Licht ist, so haben wir Gemeinschaft miteinander, und das Blut Jesu Christi, seines Sohnes, reinigt uns von aller Sünde. (1. Johannes 1, 5 – 7)
Nachdem wir vorletzte Woche mit dem 1. Johannesbrief begonnen haben, werden wir heute damit fortfahren. Johannes hat uns in den ersten vier Versen gezeigt, dass es wichtig ist, dass wir mit Gott und unseren Geschwistern im Glauben in Gemeinschaft leben und dass diese Gemeinschaft zur Freude führen wird. Diese vier ersten Verse sind die Einleitung in diesen Brief. In den Versen von heute legt er das Fundament für das Leben in der Gemeinschaft mit Gott. Lesen wir im 1. Johannes im ersten Kapitel die Verse 5 – 7.
Wir sehen hier das Fundament, das Johannes legt. Er fängt damit an, dass er sagt, dass Gott Licht ist. Ganz wichtig ist hier zu sehen, dass Johannes hier mit Gott anfängt. Die Bibel fängt immer mit Gott an, nie mit dem Menschen. Hier fängt Johannes mit Gott an. In seinem Evangelium fängt er mit Gott an: Im Anfang war das Wort, und das Wort war bei Gott, und Gott war das Wort. (Joh. 1,1) oder der Anfang des AT: Im Anfang schuf Gott die Himmel und die Erde. (1.Mo. 1,1) Immer fängt die Bibel mit Gott an. Und weil die Bibel das tut, sollen wir das auch tun.
Das ist auch der Grund, weshalb es mir wichtig ist, dass wir immer wieder fortlaufende Auslegungspredigten haben. In der heutigen Zeit möchte man nicht mehr mit Gott anfangen, sondern sehr oft steht der Mensch am Anfang und im Zentrum der Predigten. Wenn man nicht diese Art der fortlaufenden Auslegungspredigten hält, so ist die Gefahr sehr groß, dass man mit dem Menschen, mit seinen Problemen oder mit den Lieblingsthemen des Predigers anfängt. Und das ist dann erstens sehr unausgewogen, weil immer wieder die gleichen Themen kommen und zweitens wird der Text sehr oft nur als Sprungbrett gebraucht, um zu dem zu führen, was der Prediger sagen möchte.
Eine Predigt besteht jedoch nie aus den Gedanken eines Predigers über einen Bibeltext, sondern die Predigt ist Gottes Wort an uns im Hier und Jetzt. Predigen heißt nämlich, die Bibel zu nehmen. Und sie ernst zu nehmen. Und den Text, der dort steht in seinem Kontext für die heutige Zeit verständlich auszulegen und auf unsere Zeit anzu-wenden. Und wenn man fortlaufend predigt, ist man erstens gezwungen, sich mit all den Themen der Bibel zu beschäftigen, was für Ausgewogenheit sorgt und hilft zweitens, dass man den Text nicht aus seinem Kontext herausreißt. Predigen heißt also, die Bibel zu kennen und gleichzeitig auch die heutige Zeit zu kennen, weil die Menschen der heutigen Zeit es verstehen sollen. In gewisser Weise sollte jeder von uns diese zwei Sprachen sprechen und die Sprache der Bibel für die heutige Zeit verständlich übersetzen können.
1. Gott ist Licht – und wir auch!
Johannes hat uns bereits gesagt, dass er den Brief geschrieben hat, damit unsere Freude vollkommen werden soll. Und nun fährt er fort, uns zu erklären, wie das geschehen soll. Was sagt er dazu? DAS ist die Botschaft, die ich euch sagen muss: Nämlich: Gott ist… was? Was würden wir an der Stelle erwarten? Dass Gott Liebe sei? Ja, das sagt er später im Brief auch. Aber hier sagt er uns, dass die wichtigste Botschaft über Gott die ist, dass Gott Licht ist und dass in Ihm keine – absolut keine – Finsternis ist. Und dies ist der Grund, weshalb jeder Mensch von Grund auf ein Problem mit Gott hat. Nicht Gott hat ein Problem mit dem Menschen, sondern der Mensch mit Gott.
Der Mensch tendiert dazu, seine Schwächen verstecken zu wollen. Er schämt sich dafür, nicht perfekt zu sein. Und das zeigt auch, weshalb er nicht von Grund auf in der Gemeinschaft mit Gott leben kann. Er hält es dort nicht aus, weil Gott Licht ist. Und wenn er in diesem Licht leben wollte, so kämen alle seine Sünden zum Vorschein, und er müsste sich mit ihnen auseinandersetzen.
Genau davon sprach der Herr Jesus im Gespräch mit Nikodemus: Das ist aber das Gericht, dass das Licht in die Welt gekommen ist, und die Menschen liebten die Finsternis mehr als das Licht, denn ihre Werke waren böse. Wer Böses tut, der hasst das Licht und kommt nicht zu dem Licht, damit seine Werke nicht aufgedeckt werden. Wer aber die Wahrheit tut, der kommt zu dem Licht, damit offenbar wird, dass seine Werke in Gott getan sind. (Johannes 3, 19 – 21)
Weil Gott Mensch wurde und so das Licht in die Finsternis kam, hat die Welt begonnen, das Licht zu hassen. Wo Jesus hinkam, wurden Menschen von ihren Sünden überführt. Und das wollten sie nicht. Es ist natürlich auch sehr unangenehm, wenn man mal einen Blick in das eigene, verdorbene Herz werfen muss. Doch der Herr Jesus bietet uns nicht nur diesen Blick in die eigene Verdorbenheit, sondern Er will uns ein neues Herz schenken. Auf Chaos folgt immer das Gericht und dann die Wiederherstellung. Zuerst muss der Mensch einsehen, dass er Hilfe braucht. Dann schreit er nach dem großen Seelenarzt und wird so neu gemacht. Der Herr Jesus hat die Strafe für all unsere Sünden, für all unsere Schande, für all unsere Rebellion am Kreuz auf Golgatha bezahlt. Wenn du an Ihn glaubst und dich auf die Seite Gottes stellst und dein Leben anschaust und Gott recht gibst, dass du es verdienen würdest, diese Schuld durch ewige Trennung von Gott selbst bezahlen zu müssen, aber glaubst, dass der Herr Jesus diese Schuld bezahlt hat, dann wird Er dir ein neues Herz schenken.
Und jetzt kommt was ganz Spezielles. Nicht nur Gott ist Licht, auch wir sollen Licht sein. Unser Leben soll so sein, dass die Menschen in uns Gott erkennen können. Das Licht ist durch den Heiligen Geist in dein Leben eingezogen. Jetzt soll es nach außen sichtbar werden. Wie der Herr Jesus in der Bergpredigt sagte: Ihr seid das Licht der Welt. Es kann eine Stadt, die auf einem Berg liegt, nicht verborgen bleiben. Man zündet auch nicht ein Licht an und setzt es unter den Scheffel, sondern auf den Leuchter; so leuchtet es allen, die im Haus sind. So soll euer Licht leuchten vor den Leuten, daß sie eure guten Werke sehen und euren Vater im Himmel preisen. (Matth. 5, 14 – 16)
2. Gemeinschaft mit Gott – in allem!
Deshalb fährt Johannes auch fort in seinem Brief: Wenn wir sagen, dass wir Gemeinschaft mit ihm haben, und doch in der Finsternis wandeln, so lügen wir und tun nicht die Wahrheit; wenn wir aber im Licht wandeln, wie er im Licht ist, so haben wir Gemeinschaft miteinander, und das Blut Jesu Christi, seines Sohnes, reinigt uns von aller Sünde. (1. Joh. 1, 6 – 7) Es geht immer noch darum, dass Gott Licht ist. Und jetzt wird uns die Konsequenz aufgezeigt. Die besteht darin, dass wenn Gott Licht ist, und jemand behauptet, dass er mit Gott Gemeinschaft hat, dann sieht man an seinem Verhalten, ob das stimmt. Wenn er immer etwas zu verbergen hat und anderen perfektes Leben vorspielen muss, dann kann da was nicht stimmen. Wir sollen auf der einen Seite in unserem Leben Gottes Charakter widerspiegeln aber zugleich nicht so, dass andere nur die Fassade der Perfektion sehen können. Jeder von uns braucht immer wieder Hilfe, und dafür hat Gott uns die Gemeinde geschenkt.
Wenn die Menschen in uns das Licht Gottes sehen sollen, so heißt das, dass wir nicht das Recht haben, uns in ein Kloster zurückzuziehen, sondern unser Leben in der Welt, sichtbar gestalten sollen. Das meinte der Herr Jesus in Seinem wunderbaren Gebet: Ich habe ihnen dein Wort gegeben, und die Welt hasst sie; denn sie sind nicht von der Welt, gleichwie auch ich nicht von der Welt bin. Ich bitte nicht, dass du sie aus der Welt nimmst, sondern dass du sie bewahrst vor dem Bösen. Sie sind nicht von der Welt, gleichwie auch ich nicht von der Welt bin. (Johannes 17, 14 – 16)
Die Menschen, die ihre Verderbtheit nicht sehen wollen, die hassen uns, und zwar deshalb, weil unser Leben ihnen zeigt, was ihnen fehlt. Deshalb braucht uns dieser Hass auch nicht zu erschrecken, er ist einfach ein Teil unseres Lebens. Unser Auftrag ist es, sie trotz dieses Hasses gegen uns zu lieben und ihnen das Beste zu tun.
Wir sind in der Welt, aber nicht von der Welt. Deshalb möchte ich den Begriff der Zweisprachigkeit einführen. Ich habe bereits in der Einleitung heute darüber gesprochen. Wir müssen einerseits die Bibel kennen und in ihr zu Hause sein. Zugleich aber auch unsere Zeit und Kultur kennen und in ihr zu Hause sein. Das sind zwei verschiedene Sprachen, die wir immer wieder übersetzen müssen.
Es gibt jedoch eine ganz große Schwierigkeit in unserer heutigen Christenheit. Sie besteht darin, dass wir unser Leben, das in der Welt aber nicht von der Welt sein soll, aufgespalten haben. Wir haben es in zwei Teile aufgeteilt. Nennen wir sie den geistlichen Teil und den praktischen Teil. Oder den privaten und den öffentlichen Teil unseres Lebens. Im geistlichen oder privaten Teil gilt uns das, was Gott uns sagt, und im praktischen oder öffentlichen Teil haben wir zugelassen, dass die Welt bestimmen darf, was für uns gelten soll. Das ist wie ein Mensch mit multipler Persönlichkeit. Eigentlich gibt uns die Bibel eine umfassende Weltanschauung, die alle Dinge des Lebens umfasst, doch wir haben der Welt erlaubt, uns für die öffentlichen Dinge eine der Bibel diametral entgegenstehende Weltanschauung aufzuzwingen.
3. Gott ist Licht – für alle!
Wir haben gesehen, dass Gott Licht ist. Und weil Gott Licht ist, ist Er Licht nicht nur für uns Christen, sondern für alle Menschen. Aus diesem Grund ist es auch so wichtig, dass wir uns nicht aus der Welt zurückziehen, sondern uns in ihr betätigen, zur Ehre Gottes. Wenn wir wählen gehen, dann wählen wir zur Ehre Gottes. Wenn wir zur Arbeit gehen, gehen wir zur Ehre Gottes. Wenn wir die Spülmaschine einschalten, geschieht dies zur Ehre Gottes. Gott hat uns zu Seiner Ehre geschaffen und zu Seiner Ehre mit Fähigkeiten ausgestattet, mit einem Verstand, mit Neugier, Kreativität. Dadurch, dass wir etwas in der Welt bewegen, ehren wir Gott.
Viele Christen haben das Gefühl, dass sie nur dann richtig zur Ehre Gottes leben können, wenn sie in die Mission oder in den Pastorendienst gehen. Das ist völlig falsch. Der Großteil des Lebens für Gott findet außerhalb von unserem Gemeindegebäude statt. Er findet in deiner Wohnung statt, an deinem Arbeitsplatz, in deinem Auto oder auf deinem Fahrrad, wo immer du bist.
Gott hat die Welt geschaffen und den Menschen und ihn auf die Erde gestellt und ihm den Auftrag gegeben, die Erde in Besitz zu nehmen, sie zu bebauen und zu pflegen. Wo Menschen Kultur schaffen, wird Gottes Ebenbild sichtbar. Wenn wir Musik genießen, wird Gott geehrt weil Er uns so geschaffen hat, dass wir sie genießen können.
Dann kam der Sündenfall. Der hat die Harmonie zwischen Gott und Mensch, die Harmonie zwischen Mensch und Mensch, so wie die Harmonie zwischen Mensch und Natur zerstört. Missverständnisse, Sprachverwirrung, Schweiß bei der Arbeit, Sünde, Schmerzen, Krankheit und Tod haben Einzug gehalten. Der Auftrag blieb der selbe. Stück für Stück hat uns Gott die Bedienungsanleitung für diese Welt übermittelt. Und am Schluss ist Er Selbst gekommen, um die Möglichkeit zu schaffen, dass die Harmonie wiederhergestellt werden kann. Wer sein Leben mit Jesus lebt in der Gemeinschaft und im Licht Gottes, darf erleben, wie Gott Sich das alles gedacht hat. Und wir dürfen den Menschen, die das noch nicht wissen, helfen darauf zu kommen. Das ist es, was Licht sein bedeutet.
Das ist die Weltanschauung, die uns die Bibel gibt. Gott hat alles sehr gut geschaffen, doch der Mensch hat gegen diesen Gott rebelliert. So ist nun alles von dieser Rebellion betroffen und verderbt. Dennoch bleibt der Auftrag derselbe: Der Mensch soll als Ebenbild Gottes die Erde in Besitz nehmen, pflegen, erforschen, Neues entdecken und erfinden, und so weiter. Wenn Menschen dies tun, sieht man Gottes Ebenbild in Aktion.
Wenn wir Licht sein wollen in dieser Zeit, so haben wir den Auftrag, hierbei zu helfen. Wir sollen uns nicht ins Kloster zurückziehen, sondern Licht sein bringt nur dort etwas, wo es dunkel ist. Unser eigentlicher Auftrag ist nicht nur in der Gemeinde, geistliches Leben findet in deiner Familie, an deinem Arbeitsplatz, wo immer du bist, statt. Die Zeit in der Gemeinde ist zur Stärkung und Ausrichtung auf Gott gedacht, und auch um Menschen einzuladen, von Gott zu hören. Aber sie dient nicht zum Selbstzweck, sondern dazu, ausgerüstet zu werden und dann so in den eigentlichen täglichen Kampf des Lebens zu ziehen. Licht sein heißt auch, dass wir uns dafür einsetzen, dass es in dieser Welt weniger Ungerechtigkeit gibt, dass Missverständnisse ausgeräumt werden und dass Vergebung passieren kann.
Schluss
Wir haben gesehen, dass Gott Licht ist, und dass dieses Licht darin besteht, dass alles aufgedeckt wird, was falsch gelaufen ist oder läuft. Wenn wir im Licht Gottes leben, werden Dinge sichtbar, die wir nicht sehen wollen. Aber wir müssen uns dem stellen und uns selbst vor Gott verurteilen. So wird in unserem Leben dieses göttliche Licht sichtbar, nämlich dass wir mit Gott Gemeinschaft haben. Wir sollen auch Licht sein in dieser Welt. Dies geschieht dadurch, dass wir die Welt mit Gottes Augen betrachten und uns dafür einsetzen, dass die Dinge, die beim Sündenfall kaputt gegangen sind, wiederhergestellt werden, indem Menschen von Jesus hören und indem die Ungerechtigkeit in der Welt bekämpft wird.

Christsein, das ist Freude!

 Diese Predigt kann in meinem Predigtarchiv auch als MP3 angehört oder heruntergeladen werden.

Was von Anfang war, was wir gehört haben, was wir mit unseren Augen gesehen haben, was wir angeschaut und was unsere Hände betastet haben vom Wort des Lebens — und das Leben ist erschienen, und wir haben gesehen und bezeugen und verkündigen euch das ewige Leben, das bei dem Vater war und uns erschienen ist —, was wir gesehen und gehört haben, das verkündigen wir euch, damit auch ihr Gemeinschaft mit uns habt; und unsere Gemeinschaft ist mit dem Vater und mit seinem Sohn Jesus Christus. Und dies schreiben wir euch, damit eure Freude vollkommen sei. (1. Johannes 1, 1 – 4)

Wir werden diesen Herbst den 1. Johannesbrief etwas genauer unter die Lupe nehmen. Dieser Brief – und das ist ganz wichtig, dass wir das kapieren – ist eine Botschaft für gläubige Christen. Besonders die Verse aus dem ersten Kapitel werden ja oft für den evangelistischen Zweck gebraucht, und da möchte ich sagen, obwohl diese Verse auch dem Ungläubigen etwas zu sagen haben, findet oft ein Missbrauch statt, indem man die Botschaft, die an Gläubige gerichtet ist, auch an die Ungläubigen richtet.
Dieser Brief wurde von Johannes geschrieben, und zwar von dem Johannes, der auch als Lieblingsjünger Jesu bezeichnet wird, nämlich Johannes der Sohn von Zebedäus. Er war es, der sowohl das Johannes-Evangelium, als auch die drei Johannesbriefe und die Offenbarung geschrieben hat. In unserem Brief bezeichnet er sich als einer der Augenzeugen. Er hat den Herrn Jesus mit eigenen Augen gesehen, mit eigenen Ohren gehört und mit eigenen Händen berührt. Darüber kann es absolut keinen Zweifel geben, wenn wir der Bibel glauben. Der Brief hat seine Autorität nicht nur dadurch, dass er in der Bibel steht, sondern auch dadurch, dass er von einem geschrieben wurde, der drei Jahre seines Lebens mit dem Herrn Jesus verbracht hat. Um den Brief besser zu verstehen, werden wir immer wieder Parallelen zu den anderen Schriften von Johannes ziehen. Johannes hat nämlich seine ihm ganz persönliche und spezielle Wortwahl und Argumentation, auf die er immer wieder zurückgreift. Paulus würde das Gleiche ganz anders ausdrücken. Paulus arbeitet nämlich viel mit Argumenten der Logik. Wenn das eine so ist, dann muss daraus logischerweise jenes folgen. Das ist Paulus’ Vorgehensweise, der ein Stück weit wie in der Schule ein Lehrer argumentiert. Johannes hingegen gebraucht viele Gegensätze und arbeitet stark auf der emotionalen Ebene, seelsorgerlich. Wir werden das noch sehen.
Noch ein kurzes Wort zum Inhalt des ganzen Briefes. Wenn man einen Brief schreibt, so hat dies eine bestimmte Absicht. Man will etwas weitergeben. Besonders zu der Zeit, als Johannes lebte, war es teuer, einen Brief zu schreiben und zu verschicken. Da hat man sich fünfmal überlegt, ob das jetzt wirklich nötig ist, und nur das Wichtige geschrieben. Damals gab es noch kein WhatsApp, Skype, eMail oder Facebook-Messenger. Die Absicht des ersten Johannesbriefs bestand darin, vor drei falschen Sichtweisen über den Herrn Jesus zu warnen und zu zeigen, was geistliches Leben wirklich bedeutet. Johannes möchte uns zeigen, woran wir erkennen können, dass wir tatsächlich zu Gott gehören und uns unserer Erlösung absolut gewiss sein dürfen.
1. Innige Gemeinschaft Gottes
Johannes schreibt oft etwas verschachtelte Sätze und Botschaften, wo er eine Aussage anfängt, dann etwas anderes dazwischen schiebt, und die Aussage später fortsetzt. Die Übersetzung ins Deutsche macht das noch komplizierter, weil es im Deutschen manche Sprachformen gar nicht erst gibt. Unsere vier Verse haben drei Themen zum Inhalt: Die Menschwerdung Gottes in Jesus Christus, die Gemeinschaft und die Freude.
Am Anfang geht es um das, was bereits vor der Erschaffung der Welt vorhanden war, nämlich die göttliche Gemeinschaft zwischen Gott Vater und Gott Sohn. Diese innige Gemeinschaft ist für Johannes das Vorbild für die Gemeinschaft, die wir mit Gott und miteinander als Gläubige haben sollen. Gehen wir kurz ins Evangelium von diesem Johannes. Da sehen wir, wie der Herr Jesus gebetet hat: Ich bitte aber nicht für diese allein, sondern auch für die, welche durch ihr Wort an mich glauben werden, auf dass sie alle eins seien, gleichwie du, Vater, in mir und ich in dir; auf dass auch sie in uns eins seien, damit die Welt glaube, dass du mich gesandt hast. Und ich habe die Herrlichkeit, die du mir gegeben hast, ihnen gegeben, auf dass sie eins seien, gleichwie wir eins sind, ich in ihnen und du in mir, damit sie zu vollendeter Einheit gelangen, und damit die Welt erkenne, dass du mich gesandt hast und sie liebst, gleichwie du mich liebst. (Joh. 17, 20 – 23) Das ist ein total krasses Gebet. Unsere Gemeinschaft mit Gott und die Gemeinschaft als Gläubige untereinander soll so stark sein wie die Liebesbeziehung zwischen Gott Vater und Gott Sohn, die bereits vor der Erschaffung des Universums bestand. Einfach der Hammer.
Ok, also Johannes sagt uns: Von Anfang an war da eine perfekte Beziehung der Liebe, des Gehorsams, und so weiter, zwischen Gott Vater und Gott Sohn. Die war schon da, bevor das Universum geschaffen wurde. Und von Anfang an war auch das Erlösungswerk am Kreuz ein Teil von Gottes Plan. Das war absolut keine spontane Reaktion auf etwas Unvorhergesehenes, sondern es war der von Gott geplante Liebesbeweis dem Menschen gegenüber. Am Anfang steht die Liebesbeziehung innerhalb von Gott, die dann durch die Selbsthingabe Jesu am Kreuz auf der einen Seite Gottes Liebe zeigen soll, und auf der anderen Seite die Gemeinschaft des Menschen mit Gott wieder ermöglichen.
2. Gemeinschaft mit Gott durch die Menschwerdung Gottes
Johannes fährt nun fort und erzählt von diesem Umstand. Das Leben ist erschienen. Gott ist Mensch geworden, der ewige Gott wurde zu einem sterblichen Menschen, der alles durchmachen musste, was wir auch durchmachen – mit einem Unterschied: Er hat nie gesündigt. Weil Gott in Jesus Mensch wurde und weil Er sündenfrei lebte und am Schluss des irdischen Lebens Sein Lebens als Bezahlung unserer Schuld bei Gott gegeben hat, deshalb wird diese Gemeinschaft mit Gott erst möglich gemacht.
Heutzutage ist die Menschwerdung Gottes für viele Menschen etwas Unvorstellbares. Aber nicht erst heute, das war es schon immer. Und das ist mit ein Grund, weshalb Johannes diesen Brief geschrieben hat. Zu seiner Zeit gab es drei Irrlehren, die heute immer noch kursieren, also komplett altmodische Sichtweisen. Die erste war, dass der Herr Jesus eigentlich nur eine Art Engel mit menschlich aussehendem Körper war. Die Zeugen Jehovas sagen das ähnlich. Sie sagen, dass der Erzengel Michael später als Jesus auf die Erde kam. Eine zweite Richtung sagte, dass wir zwischen dem Menschen Jesus und dem Christus oder Messias unterscheiden müssen und erst bei der Taufe im Jordan, als der Heilige Geist wie eine Taube auf Ihn kam, der Mensch Jesus zum Christus und Sohn Gottes wurde. Die dritte sagte, dass Jesus einfach ein guter Mensch war, der aufgrund seines guten Lebens zu einem von vielen Kindern Gottes gemacht wurde und so einfach unser Vorbild sein soll. Alle drei Richtungen sind mir in der heutigen Zeit immer wieder begegnet.
Und gegen alle diese drei Richtungen bezieht Johannes hier klar Stellung. Jesus war vor der menschlichen Geburt nicht einer der Erzengel, sondern Gott. Und er wurde durch die Zeugung in der Jungfrau Maria, die übrigens nicht Jungfrau blieb, sondern auf ganz normale, menschliche Weise noch mehr Kinder bekam, als Messias geboren. Es war notwendig, dass der Erlöser ohne menschliche Zeugung, sondern durch ein göttliches Eingreifen gezeugt wurde, damit Er nicht die Sündennatur bekommt, mit der jeder von uns zur Welt kommt.
Am Kreuz von Golgatha hat der Herr Jesus unsere Sünden bezahlt und hat damit den Weg frei gemacht, damit wir mit Gott in dieser Gemeinschaft leben können, die Er auch hat. Der Tod und die Aufer-stehung Jesu haben ein Stück weit den Kreis der Gemeinschaft in der Dreieinigkeit Gottes geöffnet, sodass wir als Gläubige an dieser Gemeinschaft teilhaben dürfen. Aufgepasst, wir werden dadurch nicht zu Göttern, die Gott gleich wären. Aber uns wird ein Platz in diesem Zusammensein, in dieser Einheit drin geschenkt.
3. Freude ist Ausdruck der Gemeinschaft
Weil wir wissen, dass wir als Gemeinschaft aller Gläubigen in dieser Gemeinschaft mit dem dreieinigen Gott sind, spricht Johannes davon, dass er den Brief schreibt, damit seine Leser wissen, dass sie auch mit Johannes und den übrigen Aposteln und als Gläubige untereinander Gemeinschaft haben. Die Gemeinschaft als Gläubige entspringt nicht etwas Menschengemachtem wie etwa der Ökumene, dem Arbeits-kreis Christlicher Kirchen oder der evangelischen Allianz. Das hat alles nichts zu tun mit dem, was Gott unter Einheit und Gemeinschaft versteht. Es geht auch nicht darum, dass alle in jedem Detail dieselbe Erkenntnis haben müssen, um zu dieser Gemeinschaft zu gehören.
Ein Produkt von dieser Gemeinschaft beschreibt Johannes im vierten Vers: Und dies schreiben wir euch, damit eure Freude vollkommen sei.Die Freude soll vollkommen sein. Die Freude entsteht aus dieser Gemeinschaft heraus. Sie ist ein Merkmal oder Kennzeichen dafür, dass man in dieser Gemeinschaft drin ist. Paulus war in Rom im Gefängnis, und trotzdem hatte er diese Freude. Der Herr Jesus betete im Garten Gethsemane und schwitzte Blut – und trotzdem hatte Er diese Freude. Er starb am Kreuz unter qualvollen Schmerzen – und trotzdem hatte Er Freude.
Freude heißt nicht, dass plötzlich alles Spaß machen muss, was man tut. Das ist so eine Lüge der modernen Spaßgesellschaft. Echte Freude, die von Gott kommt, gibt uns die Kraft, unsere Angst zu überwinden und in allem, was wir tun, nach Gottes Willen zu fragen und handeln. Sie ist nichts, was man in sich selbst machen kann, wie auch der Glaube nichts ist, was man machen kann, beides wird in uns bewirkt – durch die Gemeinschaft mit Gott und mit Geschwistern im Glauben. Wenn die Bibel von der Freude spricht, meint sie unsere Reaktion, die sich aus dieser Gemeinschaft heraus ergibt.
Freude ist auch eine Art der Zufriedenheit, die daraus entsteht, dass wir wissen: Gott kümmert sich um uns, ich muss mir keine Sorgen machen, ich darf meine Sorgen auf Ihn werfen, denn Er sorgt für mich. Freude entsteht zum Beispiel dann, wenn wir über das nachdenken, was Gott uns geschenkt hat und Ihm dafür danke sagen. Sie gibt uns Kraft, die Dinge, die wir anpacken müssen, mit verstärktem Elan zu tun.
Und jetzt sagt uns Johannes, dass diese Freude ein Merkmal unseres Glaubens sein soll. Sie soll vollkommen werden. Das Wort für „vollkommen“ wird besser mit „vollständig aufgefüllt“ übersetzt. Wir sind in einer Welt, die im Argen liegt, leben in einem Land, das vor die Hunde geht, wo es für eine natürliche Freude schon gar keine Gründe mehr gibt. In der Gemeinschaft mit Gott wird diese Freude immer und immer wieder aufgefüllt. Deshalb ist es auch so wichtig, dass wir diese Gemeinschaft mit Gott pflegen. Die Freude, die von Gott kommt, soll einerseits unveränderlich da sein, und andererseits sollen wir sie immer wieder auffüllen lassen.
Dieser vierte Vers in unserem Text ist eine wahnsinnige Herausforderung an jede und jeden von uns. Wir leben in einer Zeit, in welcher die Hektik des Alltags und die Unruhe der Welt ständig an unseren Nerven zehrt. Dennoch haben wir die Aufgabe, diese Freude in uns auffüllen zu lassen. Sie kommt durch den Heiligen Geist, der in uns wohnt. Dazu schreibt Paulus im Brief an die Epheser: Und berauscht euch nicht mit Wein, was Ausschweifung ist, sondern werdet voll Geistes; redet zueinander mit Psalmen und Lobgesängen und geistlichen Liedern; singt und spielt dem Herrn in eurem Herzen; sagt allezeit Gott, dem Vater, Dank für alles, in dem Namen unseres Herrn Jesus Christus; ordnet euch einander unter in der Furcht Gottes!(Eph. 5, 18 – 21)
Unsere Freude soll nicht durch ein Übermaß an alkoholischen Getränken kommen, sondern dadurch, dass wir uns immer wieder in der Gemeinschaft unserer örtlichen Gemeinde aber auch zu Hause in der einsamen Kammer Gott loben und danken. 
Johannes fordert uns aber noch mehr dazu heraus, unser Leben zu prüfen, wie es denn um diese Freude steht. Haben wir diese Freude, die ein erstes wichtiges Merkmal der Gotteskindschaft ist? Deshalb möchte ich dir, uns allen, heute diese Frage auch stellen: Hast du diese erfüllende, bleibende Freude, die auch in schweren Zeiten beim Durchhalten und Weitermachen hilft? Diese Freude, die größer ist als alles, was die Welt uns geben kann? Diese Genügsamkeit im Herrn Jesus? Diese Zufriedenheit trotz der schrecklichen Verderbtheit und Gefallenheit der Welt?
Schluss
Wir haben gesehen, dass es von Anfang an – längst bevor Gott die Himmel und die Erde geschaffen hat – eine wunderbare, perfekte Einheit und Gemeinschaft zwischen Gott Vater und Gott Sohn gab. Diese Gemeinschaft ist am Kreuz von Golgatha geöffnet worden, so dass jeder, der an den Herrn Jesus glaubt, zu einem Teil von dieser Gemeinschaft werden darf. Diese Gemeinschaft ist das Vorbild für die Gemeinschaft zwischen den Geschwistern im Glauben in der Gemeinde. Aus dieser segensreichen Gemeinschaft mit Gott und den Geschwistern heraus kommt die Freude. Sie ist ein erstes wichtiges Merkmal unserer Gotteskindschaft. Wenn uns diese Freude fehlt, so dürfen wir in der Gemeinde auch Hilfe suchen und einander gegenseitig helfen. Die Gemeinschaft unter uns soll zu einer Quelle dieser Freude werden.

Geschaffen zur Ehre Gottes

Geschaffen zur Ehre Gottes
Und nun, so spricht der Herr, der dich geschaffen hat, Jakob, und der dich gebildet hat, Israel: Fürchte dich nicht, denn ich habe dich erlöst! Ich habe dich bei deinem Namen gerufen; du bist mein. Wenn du durchs Wasser gehst, so will ich bei dir sein, und wenn durch Ströme, so sollen sie dich nicht ersäufen. Wenn du durchs Feuer gehst, sollst du nicht versengt werden, und die Flamme soll dich nicht verbrennen. Denn ich bin der Herr, dein Gott, der Heilige Israels, dein Erretter! Ich habe Ägypten hingegeben als Lösegeld für dich, Kusch und Saba an deiner Stelle. Darum, weil du kostbar bist in meinen Augen [und] wertgeachtet, und ich dich lieb habe, so gebe ich Menschen für dich hin und Völker für dein Leben. Fürchte dich nicht, denn ich bin bei dir. Ich will deinen Samen vom Osten herführen und dich vom Westen her sammeln. Ich will zum Norden sagen: Gib heraus! und zum Süden: Halte nicht zurück! Bringe meine Söhne aus der Ferne herbei und meine Töchter vom Ende der Welt, einen jeden, der mit meinem Namen genannt ist und den ich zu meiner Ehre geschaffen habe, den ich gebildet und gemacht habe. (Jesaja 43, 1 – 7)
Einleitung
Wenn wir als Christen davon ausgehen, dass Gott alles geschaffen hat, was in dieser Welt ist, dann gibt es für unser Leben zwei Fragen, die uns unbedingt betreffen. Dies sind dann die zwei wichtigsten Fragen, die sich jemals irgend ein Mensch stellen kann.
1. Wozu oder wofür hat Gott dieses alles geschaffen und wohin wird alles gelenkt?
2. Was können wir tun, um im Einklang mit diesem Ziel zu leben?
Wenn wir einfach drauflos leben und uns diese Fragen nicht stellen, so kann es recht schnell passieren, dass wir entgegen diesem Ziel leben und deshalb mit unserem Leben in ernsthaften Konflikt geraten mit der Weltherrschaft Gottes. 
 
1. Fürchte dich nicht
a. Die Situation Israels
Wir wollen in unserem Text die Antworten auf diese Fragen suchen und auch finden. Bevor wir uns auf diese Suche machen, tun wir gut daran, uns zu fragen, in welcher Zeit und welcher Situation Gott dies durch den Propheten Jesaja hat verkünden lassen.
Auffällig ist der Beginn der Rede Gottes, nämlich dieses „Fürchte dich nicht!“. Dieser Befehl findet sich 365 Mal in der Bibel – manche Prediger haben schon gesagt, es sei deshalb für jeden Tag im Jahr ein solches „Fürchte dich nicht!“.
Der Prophet Jesaja war in den Jahren von 740 – 680 vor unserer Zeit-rechnung Gottes Prophet im israelischen Südreich Juda. Im Jahre 738 hat der assyrische König Tiglat-Pileser einen Feldzug begonnen. Nachdem die ersten Städte eingenommen worden waren, haben sich verschiedene Staaten zu einer Koalition zusammengeschlossen, um sich dagegen zu wehren. Das Land Juda unter dem König Ahas nicht. So wurde Juda von dieser Koalition als Feind betrachtet. Im 7. Kapitel des Jesaja-Buches lesen wir, dass Gott das Volk Juda durch Jesaja warnte, eine falsche Koalition mit Ungläubigen einzugehen. Gott wollte die Menschen selbst verteidigen, damit Sein Name weit herum bekannt gemacht wird.
Die Predigten von Jesaja sind also in einer verzweifelten Situation entstanden. Von allen Seiten wurde das Volk bedrängt: Vom großen Staat Assyrien, von der Koalition, die rings um es her lebte, und so weiter.
b. Es gibt keine hoffnungslose Situation
Die wichtigste Aussage in unserem Text ist die Aufforderung, sich nicht zu fürchten. Dann wird später aufgezeigt, was Menschen so alles nutzen können, um einem zu schaden. Sogar die natürlichen Gewalten des Wassers und des Feuers können sie missbrauchen, um einen zu ertränken oder zu verbrennen. Damit sind nur die letzten und äußersten Methoden genannt. Hoffnungslosigkeit beginnt oft auf eine viel subtilere Art. Vielleicht betest du seit Jahren für dein Kind, dass es gläubig werden möge, und alles, was du siehst, deutet auf das Gegenteil hin. Vielleicht betest du für deine Arbeit, dass der Chef das sieht, was du tust, und mehr Verständnis zeigt, aber alles, was du sehen kannst, ist zunehmendes Unverständnis von seiner Seite her. Oder vielleicht hast du mit einem Mitmenschen ein angespanntes Verhältnis und wünschst dir darin mehr Klarheit, doch die gesamte Situation läuft auf das Gegenteil hinaus. So ähnlich – nur in deutlich größerem Ausmaß – erging es Juda und seinen Königen damals, in der Zeit, als Jesaja lebte.
c. Gott möchte in deinem Leben sichtbar sein
Gott wollte, dass Juda keine ungöttlichen Allianzen mit Völkern ein-geht, die nicht an den Gott Abrahams glauben. Gott wollte dem Volk selbst beistehen, damit Sein Name unter den fremden Völkern be-kannt und genannt würde. So bringt Gott manchmal auch in unser Leben hinein schwierige Situationen, die uns fast ausweglos scheinen und möchte, dass wir mit Seiner Kraft und mit Seiner Geduld und mit Seiner Hilfe an das Ziel kommen. Gott sagt heute zu dir: Fürchte dich nicht! Ich habe dich bei deinem Namen gerufen, du bist mein! Welch ein wundervolles Versprechen ist das doch.
2. Weil du kostbar bist in Gottes Augen
a. Gott hat dich gewollt
Und dann fährt dieser Gott, der das ganze Universum geschaffen hat, fort: Darum, weil du kostbar bist in meinen Augen [und] wert-geachtet, und ich dich lieb habe, so gebe ich Menschen für dich hin und Völker für dein Leben. Wenn Gott uns also in so einer Situation hilft, die für uns hoffnungslos aussieht, dann tut Er das nicht weil wir es irgendwie verdient hätten oder weil wir genügend gute Taten voll-bracht haben. Der einzige Grund, weshalb Gott Sich überhaupt dafür interessiert, uns zu helfen, ist Seine Liebe. Weil Gott dich genau so geschaffen und gewollt hat wie du bist. Mit deinen Stärken, aber auch mit deinen Grenzen. Weil Er für dich einen Plan hat und dich für Sich gebrauchen möchte. Auf diese Weise spricht Gott dich an: Ich habe dich bei deinem Namen gerufen, du bist mein. Wenn du jemanden beim Namen rufst, dann bedeutet das, dass du die Person kennst und dass sie dir etwas bedeutet. So sagt Gott: Ich habe dich bei deinem Namen gerufen, du bist mein. Ich kenne dich. Ich weiß, wie es dir geht und in welcher Situation du gerade feststeckst. Die Menschen können dir manches antun, aber egal was passiert, Ich bin bei dir, denn du bist mein Eigentum, dich habe ich gewollt und genau so wie ich dich wollte, habe ich dich geschaffen.
b. Gott hat dich wertvoll geschaffen
So sagt uns der Psalmist im Psalm 139 auch: Denn du hast meine Nieren bereitet und hast mich gebildet im Mutterleibe. Ich danke dir dafür, dass ich wunderbar gemacht bin; wunderbar sind deine Werke; das erkennt meine Seele. Es war dir mein Gebein nicht verborgen, / als ich im Verborgenen gemacht wurde, als ich gebildet wurde unten in der Erde. Deine Augen sahen mich, als ich noch nicht bereitet war, und alle Tage waren in dein Buch geschrieben, die noch werden sollten und von denen keiner da war. (Psalm 139, 13 – 16)
Ich danke dir Gott, sagt er, dass ich wunderbar gemacht bin. Wow. Hast du dir heute schon Zeit genommen, um Gott danke zu sagen, dass Er dich so wunderbar geschaffen hat? Es passiert so schnell, dass uns all das Gute, was Gott uns auf den Weg mitgegeben hat, so selbstverständlich wird, dass uns nur noch das auffällt, worüber wir uns beklagen können. Wir wären gern perfekt, weil wir es nicht mögen, auf einander angewiesen zu sein.
c. Gott hat dich freigekauft
Gott hat dich also gewollt und nach Seinem Plan geschaffen. Weil wir aber alle immer wieder daran versagen, nach diesem Plan Gottes für unser Leben zu leben, fangen wir an, an unserem Wert zu zweifeln. Man hat einmal ausgerechnet, wenn man den Körper eines durch-schnittlichen Menschen in seine Bestandteile zerlegt, hat alles zu-sammen einen Wert von 3,75€. Wenn man alle Organe komplett im Organhandel verschachert, so kann man damit knapp 45 Millionen Euro verdienen. Der Unterschied ist schon gewaltig. Aber wenn man dann noch einen Schritt weiter geht und das Ganze aus Gottes Sicht anschaut, kann man nur staunen. Gott beginnt mit den Worten: Du bist kostbar in Meinen Augen. Das sagt der Gott, welcher alle diese Kostbarkeiten geschaffen hat, die wir auf der Erde kennen. Alles Gold und Silber, alle teuren Edelsteine, Diamanten, und so weiter, hat Gott geschaffen. Und Er sagt jetzt zu dir: Weil du kostbar bist in Meinen Augen.Dieser Gott, der alles geschaffen hat, der hat Sich Selbst geopfert, damit du den Wert bekommst, den Er für dich will. Unbezahlbar. Selbst mit allem Geld auf dieser Welt, selbst mit der Weltherrschaft, selbst mit dem Wert von allen Sternen des ganzen Universums kann man nicht den Wert ausdrücken, den du von Gott bekommen hast, weil Er dich liebt und erlöst hat.
3. Zu Gottes Ehre geschaffen
a. Vom Turmbau Babels zur Verheißung an Abraham
Und dann gibt uns Gott den Grund an, weshalb Er uns geschaffen hat: jeden, der mit meinem Namen genannt ist und den ich zu meiner Ehre geschaffen habe, den ich gebildet und gemacht habe.Ich will dazu anhand des ersten Buches Mose etwas zeigen. Im Kapitel 11 von diesem Buch lesen wir vom Turmbau zu Babel. Dort sehen wir, dass die Menschen einen Turm bauen wollten, der so groß ist, dass er bis zu Gott in den Himmel hinauf reichen soll. Warum taten sie das? Wir lesen das in Vers 4: Wohlauf, lasst uns eine Stadt und einen Turm bauen, dessen Spitze bis an den Himmel reiche, damit wir uns einen Namen machen(1. Mose 11,4) Damit wir uns einen Namen machen. Das war der Grund, weshalb dieser Turm gebaut werden sollte. Und es war auch der Grund, weshalb Gott ein Nein dazu hatte.
Menschen tun vieles, um bekannt zu werden, um sich selbst groß und gut fühlen zu können, um sich einreden zu können, dass sie etwas geleistet haben. Nachdem Gott in Babel die Sprachen durcheinander gebracht hatte, wendet sich das Bild und wir kommen zum Kapitel 12, wo uns etwas ebenso Interessantes begegnet: Wir finden uns plötzlich in Ur in Chaldäa und kommen zu Abram, dem Gott befiehlt, aus seiner Verwandtschaft hinauszugehen, damit nämlich etwas geschehen kann: Und ich will dich zum großen Volk machen und will dich segnen und dir einen großen Namen machen, und du sollst ein Segen sein.(1. Mose 12,2) Im Kapitel 11 haben wir Menschen, die sich selbst einen großen Namen machen wollen, die stolz sind, die sich auf ihre eigene Leistung verlassen wollen. Und in Kapitel 12 sind wir bei einem Mann, der demütig Gottes Willen tut, damit Gott ihm einen großen Namen geben kann.
b. Gott möchte, dass Er bekannt wird – durch dich
Gott hatte bei Israel immer mal wieder schwierige Situationen zugelassen, damit Er das Volk aus den Schwierigkeiten retten konnte und dadurch unter den anderen Völkern als der rettende Gott Israels bekannt wurde. So geschieht es auch in unserem Leben. Wenn uns die Geduld fehlt, möchte Gott sie geben. Wenn uns die Kraft fehlt, so dürfen wir sie aus den Zeiten der Gemeinschaft mit Gott beziehen. Gott möchte bekannt gemacht werden – durch dich. Durch dein Leben, dein Verhalten, und so weiter. Zu Gottes Ehre leben, das heißt, dass wir mit unserem Leben Gottes Größe, Liebe und Kraft bekannt machen.
c. Geschaffen für gute Taten
So sagte der Herr Jesus in der Bergpredigt: Ihr seid das Licht der Welt. Es kann eine Stadt, die auf einem Berg liegt, nicht verborgen bleiben. Man zündet auch nicht ein Licht an und setzt es unter den Scheffel, sondern auf den Leuchter; so leuchtet es allen, die im Haus sind. So soll euer Licht leuchten vor den Leuten, dass sie eure guten Werke sehen und euren Vater im Himmel preisen. (Matthäus 5, 14 – 16) und Paulus führt dazu weiter aus: Denn aus Gnade seid ihr errettet durch den Glauben, und das nicht aus euch — Gottes Gabe ist es; nicht aus Werken, damit niemand sich rühme. Denn wir sind seine Schöpfung, erschaffen in Christus Jesus zu guten Werken, die Gott zuvor bereitet hat, damit wir in ihnen wandeln sollen.(Epheser 2, 8 – 10)
Paulus hat die Worte Jesu ausgelegt, indem er sagte, dass unser gutes Verhalten nichts zu unserer Erlösung beitragen kann, aber dass Gott schon im Voraus die guten Werke vorbereitet hat, durch die Er in unserem Leben sichtbar werden möchte. Das gibt uns eine geniale Freiheit: Gott hat diese Sachen vorbereitet, Er wird sie uns zeigen und dann dürfen wir sie tun und der Erfolg wird langfristig die Ehre Gottes sein – also genau das, wozu Gott uns geschaffen hat.
Die Frage, die sich uns zum Schluss stellt, ist folgende: Wenn das, was wir tun, zu Gottes Ehre getan werden soll, wie können wir denn unterscheiden, ob unsere Taten zu Gottes Ehre oder zu unserer Ehre geschehen? Ich möchte euch die Frage mit auf den Weg geben und später dieses Jahr noch einmal darauf zurück kommen.
Schluss
Wir sehen also, dass Gott uns zu Seiner Ehre geschaffen hat, uns ganz genau so wollte, uns durch und durch liebt und beisteht und schon im Voraus einiges vorbereitet hat, was wir anderen Menschen Gutes tun können. Er wünscht sich, durch unser Leben unter den Menschen bekannt zu werden, dadurch, dass wir das tun, was Er in unserem Leben für uns vorbereitet hat.
Hier geht es zum Predigt-Archiv, wo dies auch als MP3 angehört werden kann.

Vom Hören der Predigt und vom Lesen

Im Jahre 1960 hat D. Martyn Lloyd-Jones eine bemerkenswerte Lektion über das Erlangen von echter und falscher Erkenntnis gehalten. Im Zeitalter von Internet und freier Verfügung von so viel Wissen ist die Gefahr, die er anspricht, noch viel größer geworden. Ein lesenswerter Auszug aus diesem Vortrag:
„Aber wir müssen dem dritten Grund mehr Aufmerksamkeit widmen, welcher etwas kontroverser sein könnte. Ich bin der Meinung, dass es eine ganz spezielle Gefahr gibt an diesem Punkt und in dieser Beziehung der Diskussion, wo es um das Ausspielen von Lesen gegen Predigen geht. Vielleicht ist das eine der größten aller Gefahren in der Zeit, in der wir leben. Ich stelle fest, dass das Lesen viel gefährlicher ist als das Hören der Predigt, und ich weise darauf hin, dass eine wirklich echte Gefahr entsteht, wenn jemand seine Zeit nur mit Lesen verbringt und nicht unter die Kraft der Predigt kommt. Was will ich damit sagen? Ich will damit ungefähr folgendes sagen: Wenn jemand ein Buch liest, so hat er in einem gewissen Sinne die gesamte Kontrolle. Es hängt zwar teilweise vom Buch ab, ich weiß, aber sobald er beginnt, sich unwohl zu fühlen, kann er es zumachen und einen Spaziergang machen, oder – er kann viele Dinge tun. Aber all das kannst du nicht tun, während du eine Predigt hörst. Natürlich, es könnte sein, dass du so unhöflich bist, um aufzustehen und hinauszugehen, und manche Leute tun das ja auch, aber aufs Ganze gesehen ist das nicht üblich.

Das Predigen schützt uns deshalb in gewisser Weise vor diesen besonderen Gefahren, die aus dem Lesen allein resultieren, natürlich vorausgesetzt, es handelt sich um echtes Predigen. Denn wenn jemand echtes Predigen hört, so kommt er unter die Macht der Wahrheit, und zwar in einer Weise, in die er beim Lesen allein nicht kommt. Ob du jetzt die Definition des Predigens von Phillips Brooks magst oder nicht, der sagte, es sei „Wahrheit vermittelt durch Persönlichkeit“, aber sie beinhaltet eine Menge Wahrheit, und die Bibel gibt uns viele Beispiele dafür. Gott gebraucht die menschliche Persönlichkeit. Nicht nur das, sondern der Prediger erklärt nicht nur die Bibel, sondern er macht auch Anwendungen und sorgt dadurch dafür, dass die Anwendung auch ihr Ziel findet. Wenn jemand ein Buch liest, so kann es sein, dass er nie zu einer Anwendung kommt. Er kann sich dazu entscheiden, das Buch zu schließen und aufzuhören, wann immer er möchte; es gibt kein Beharren auf die Anwendung. Ich fürchte, dass in unserer Zeit, wo die Menschen dazu tendieren, immer weniger und weniger Predigten zu hören, und Predigten immer kürzer und kürzer werden, und unser Vertrauen in das Lesen immer größer wird, dass wir deshalb dieser Gefahr noch viel mehr ausgesetzt sind als unsere Vorfahren. Natürlich verurteile ich keinesfalls das Lesen an und für sich oder sage, dass es keine Veröffentlichungen mehr geben solle! Aber keinesfalls! Ich versuche lediglich die gefährliche Tendenz zu zeigen und halte an der Wichtigkeit und am Vorrang, sowie an der Überlegenheit des Predigens fest. Wir müssen unter die Kraft der Wahrheit gebracht werden. Wir mögen das nicht, aber das ist die Aufgabe eines Predigers, und wenn er dies verfehlt, so ist er ein armseliger Prediger. Wir versuchen immer, diesen Schlussfolgerungen und Anwendungen zu entkommen, aber der Prediger bringt diese ans Ziel. Er hält uns fest, sorgt dafür, dass wir ihnen ins Gesicht sehen müssen, und dadurch beschützt er uns vor bestimmten Gefahren. Eine Zeit, in welcher dem Lesen mehr Wichtigkeit beigemessen wird als dem Hören der Predigt ist immer eine gefährliche Lage. (D. M. Lloyd-Jones, The Puritans: Their Origins and Successors, S. 29 – 30, Übersetzung von mir)

Der Brief der Freude

Der Brief der Freude

Paulus und Timotheus, Knechte Jesu Christi, an alle Heiligen in Christus Jesus, die in Philippi sind, samt den Aufsehern und Diakonen: Gnade sei mit euch und Friede von Gott, unserem Vater, und dem Herrn Jesus Christus! Ich danke meinem Gott, so oft ich an euch gedenke, indem ich allezeit, in jedem meiner Gebete für euch alle mit Freuden Fürbitte tue, wegen eurer Gemeinschaft am Evangelium vom ersten Tag an bis jetzt, weil ich davon überzeugt bin, daß der, welcher in euch ein gutes Werk angefangen hat, es auch vollenden wird bis auf den Tag Jesu Christi. (Philipper 1, 1 – 6)
Der Philipperbrief ist der Brief der Freude. In keinem anderen Brief wird die Freude so oft erwähnt, kein anderer Brief zeugt mit dem Stil, in welchem er geschrieben ist, so sehr von der Freude. Und kein anderer Brief fordert uns so oft auf, dass wir uns freuen sollen. Das ist das wichtigste Thema des Briefes an die Philipper. Paulus schreibt noch viel mehr darin, aber alles, was er schreibt, soll uns zur Freude führen. Paulus schreibt diesen Brief aus Rom, wo er in Gefangenschaft ist. Zu der Zeit, als er den Brief schrieb, durfte er in einer Mietwohnung leben, die vergitterte Fenster und bewachte Türen hatte, aber er lebte dort drin doch für sich und durfte Besuch empfangen. So war gerade Timotheus auf Besuch bei ihm, den er dann nach Philippi schicken wollte. Das schreibt er dann im Brief auch.
Paulus, der Mann der Freiheit, der große Evangelist, Apostel, Pastor und Gründer von vielen neuen Gemeinden, der Mann mit den Plänen, wie er die ganze Welt auf den Kopf stellen und für Christus gewinnen kann, dieser Mann sitzt im Gefängnis und schreibt übersprudelnd von der Freude. Komisch, nicht wahr? Er hätte jeden Grund, sich verbittert zurückzuziehen und zu denken, dass Gott ihn verlassen habe. Aber das tut Paulus nicht. Stattdessen weiß er, dass Freude nicht von den äußeren Umständen abhängt, sondern von seiner Reaktion auf diese Umstände. Wir finden in den Versen 3 – 6 in diesem ersten Kapitel insgesamt fünf Gründe, weshalb Paulus so voll Freude auch von diesem dunklen Ort in Rom schreiben konnte. Er möchte seine Gemeinde in Philippi informieren, wie es ihm geht. Sie haben gesehen, dass er im Gefängnis ist, waren darüber betrübt und haben ihm Geld geschickt und auch ein paar Fragen gestellt. So packt er die Gelegenheit am Schopf und schreibt ihnen diesen Brief.
1. Dankbarkeit
Der erste Grund für die Freude des Paulus ist seine Grundhaltung der Dankbarkeit. Es ist auffällig, dass er fast alle Briefe mit einem Gebet anfängt, in welchem er Gott für die Gemeinde dankt. Die einzige und sehr auffällige Ausnahme ist der Galaterbrief. Dort kommt er sofort zur Sache, denn es gibt einige sehr böse Geschehnisse in diesen Gemeinden, er hat von Leuten erfahren, die kurz davor waren, dem Glauben den Rücken zu kehren und versucht haben, andere dort mit hineinzureißen. Aber sonst haben wir in allen Briefen am Anfang den Teil mit der sogenannten Danksagung, also ein Gebet zu Gott, in dem Paulus für die Gemeinde dankt und insbesondere auch erwähnt, was er an den Gemeinden gut findet.
Dankbarkeit ist eine Grundhaltung des Menschen. Wir haben sehr oft eine Grundhaltung der Unzufriedenheit. Wenn man unzufrieden ist, so sieht man nur das, was man gerne anders hätte. Aber Paulus hat sich da etwas anderes angewöhnt: Er sucht immer zuerst nach dem, was er positiv anerkennen kann. Es ist faszinierend, wie er im ersten Brief an die Korinther, in der er ja, wie wir wissen, drei Kapitel lang über den rechten Gebrauch der Geistesgaben geschrieben hat, wo es daran doch so viel zu korrigieren gibt, trotzdem an erster Stelle dafür dankt, „dass ihr keinen Mangel habt an irgend einer Gnadengabe“ (1. Kor. 1, 7).
Natürlich – es gab viel, was die Gemeinden noch zu verändern hatten. Übrigens auch in Philippi. Da kommen viele Ermahnungen und Ermutigungen zur Veränderung nach. Aber zuerst stellt Paulus das heraus, was es zu würdigen gibt, und dankt dafür Gott. Auch für uns ist es wichtig, dass wir eine Kultur der Dankbarkeit leben und fördern. Viel zu oft leben wir nach dem Motto „ned gschumpf isch gnug globt“. Wir sprechen irgendwann nur noch das an, was uns stört, und verändern damit auch unseren Blickwinkel, weil wir dann auch nur noch das sehen, was nicht gut ist. Alles andere ist dann für uns wie selbstverständlich. Aber eigentlich ist es das nicht, denn viele Menschen haben gar nichts von alledem, was für uns selbstverständlich ist.
Die innere Haltung der Dankbarkeit zeigt sich äußerlich in dem, wie wir beten, aber auch dadurch, wie wir miteinander umgehen. Wer die Haltung der Dankbarkeit hat, der schaut sich nach dem um, wofür er „Danke!“ sagen kann. Bei Paulus sehen wir, wie er zugleich Gott dankt, aber dies so tut, dass klar wird, dass er zugleich auch den Leuten in Philippi dankt. Es ist also auf der einen Seite eine Dankbarkeit gegenüber Gott, aber zugleich ist er sich auch nicht zu gut dafür, das, was er kann, auch bei den Menschen positiv zu erwähnen. Er zeigt hier, dass es für ihn nicht selbstverständlich ist, dass sie an ihn gedacht haben und für ihn sorgen möchten. Er sagt also gewissermaßen auch den Philippern danke für ihre Anteilnahme und Hilfe. Freude kommt aus der inneren Haltung der Dankbarkeit.
2. Erinnerung
Paulus dankt Gott für die Philipper, und zwar „sooft ich an euch gedenke“. Er erinnert sich immer wieder an das, was er mit ihnen zusammen erlebt hat, wie er zu ihnen gekommen war und von Jesus erzählt hat. Und wie es manche gab, die das Evangelium annahmen und sogleich bereit waren, auch mitzuhelfen, dass noch mehr Leute davon erfahren sollten. Er erinnert sich, wie er in Philippi einer Frau den Wahrsagegeist ausgetrieben hat und wie daraufhin das Volk gegen Paulus aufgewiegelt wurde, so dass man Paulus sogar dort ins Gefängnis tat. Und doch hatten diese Menschen ihn nicht verlassen. Es war eine junge, brennende, feurige Gemeinde, die bereit war, alles zu geben, damit Menschen bekehrt wurden.
Und dann erinnert er sich auch, wie die Philipper sich immer wieder erkundigt hatten, wie es ihm gerade geht – und als sie erfahren haben, dass er in Rom in dieser Gefangenschaft ist, haben sie sich gesagt: Wir müssen ihm helfen! Lasst uns eine Sonderkollekte machen, die unser Epaphroditus dann zu ihm nach Rom bringen kann! Und wie sehr sich Paulus darüber freut, dass sie so an ihn denken, das kommt in jedem Kapitel dieses Briefs wieder erneut so deutlich rüber. Paulus erinnert sich, und das ist sein zweiter Grund für die Freude. Freude ist seine Reaktion auf die Umstände. Er ruft sich alles Gute in Erinnerung, wofür er danken kann. Deshalb kann er sich auch in seiner Gefangenschaft freuen.
Wenn du an Menschen denkst, die du um dich herum hast, was von ihnen kommt dir dann zuerst in den Sinn? Das, was sie dir schon alles Gutes getan haben oder die Dinge, mit denen sie dich verletzt haben? Paulus konnte in seiner Gefangenschaft gerade deshalb seine Freude behalten, weil er in allem das Gute gesucht hat. Wir lesen in diesem Brief weiter vorne noch viel mehr davon. Als Gefangener hätte er sich sagen können: Jetzt bin ich gefangen, da hat bestimmt Gott mich verlassen, damit das geschehen konnte. Aber davon lesen wir nichts. Im Gegenteil, er schreibt sogar, dass seine Gefangenschaft zur Förderung des Evangeliums beigetragen hat. Sein Leid, seine Gitter vor dem Fenster, seine Wächter, die auf ihn aufpassten, all das wurde von Gott zum Guten gebraucht, nämlich zur Förderung des Evangeliums, wie er im Vers 12 schreibt.
Dankbarkeit und die Erinnerung an all das Gute, was wir in unserem Leben bekommen, das sind zwei grundlegende Dinge, die zur Freude beitragen. Dazu müssen wir aber die Augen offenhalten und nach den Dingen suchen, die wir bekommen. Wenn es uns schwer fällt, uns in schwierigeren Zeiten an diese Dinge zu erinnern, hilft es auch sehr, wenn wir uns eine Art Danksagungstagebuch anlegen und es auch regelmäßig füllen. Dort kommt alles hinein, was wir mit Gott erleben und wo Menschen uns Gutes tun. Dann haben wir etwas, wo wir jederzeit lesen, uns erinnern und danken können.
3. Gebet / Fürbitte
Und dann sehen wir in einem weiteren Schritt: Paulus betet für diese Gemeinde, der er schreibt. Er tut Fürbitte für sie, und zwar nicht nur einmal, auch nicht nur hin und wieder, sondern jedes Mal, wenn er am Beten ist. Allezeit schreibt er. Das bedeutet nun nicht, dass er nur noch gebetet hat und sonst gar nichts anderes mehr getan, sondern er hat sich einfach angewöhnt, regelmäßig zu beten, und in diesen regelmäßigen Gebeten hat er auch jedes Mal für die Gemeinde in Philippi gebetet.
Wie jemand betet, auch wie oft und wofür, das sagt ganz viel über unsere Persönlichkeit und unsere Prioritäten im Leben aus. Wer vor allem für seine persönlichen Wünsche betet, fürs neue Auto oder einen schnelleren Computer, offenbart damit die Priorität dieser Dinge in seinem Leben. Paulus betet sehr viel für andere Menschen. Auch das offenbart seine Prioritäten. Ihm ist es nicht so wichtig, wann oder wie er aus seinem Gefängnis herauskommt, sondern vor allem, dass es den Leuten gut geht, die er liebt. Fürbitte, Gebet für andere, das ist etwas, was auch uns selbst ganz besonders verändert. Es gibt uns einen neuen Blickwinkel für unser Leben. Es macht uns frei von uns selbst, von der Priorität unserer selbst in unserem Leben. Wer vor allem an sich selbst im Gebet denkt, wird von sich und seinem Wohlergehen derart eingenommen, dass er von den eigenen Umständen abhängig wird.
Bei Paulus tritt dieses Ich-Mich-Mein-Mir so weit zurück, dass ihm das Wissen um das Wohlergehen der Philipper Freude bereitet. Er kann sich freuen, weil es ihnen gut geht. Er kann sich freuen, weil sie an ihn gedacht haben. Er kann sich freuen, weil sie ihre Sorge um ihn gezeigt haben. Fürbitte – Gebet für Andere – macht uns frei und bereitet uns Freude. Das ist wertvoll zu wissen. Für wen beten wir? Wen haben wir auf dem Herzen, für den wir in allen unseren Gebeten danken und um sein Wohlergehen bitten?
4. Gemeinschaft
Dann dankt Paulus für die Gemeinschaft am Evangelium. Die Leute in Philippi haben ihn unterstützt in seinem Dienst, und zwar auf ver-schiedene Art und Weise. Zunächst denkt er daran, wie sie, als er frisch zu ihnen kam, das Evangelium angenommen haben. Wie sie ihn ermutigt haben in seinem Dienst, als er gefangen genommen wurde und sie ihn nicht verlassen haben, sondern trotzdem weiter gemacht, mit ihm gelitten, mit ihm evangelisiert haben.
Doch auch jetzt geben sie Paulus noch genügend Grund zur Dank-barkeit, mit ihrer Unterstützung. Wie sie ihm Geld geschickt haben, damit er davon leben konnte und mehr Zeit für seinen Dienst hatte. Nicht nur einmal, sondern mehrmals haben sie ihm schon Teile aus der Kollekte zukommen lassen. Dann lesen wir in Vers 19, dass sie für ihn beteten, für seinen Dienst. Auch das war für Paulus eine große Ermutigung. Wie er zum Beispiel auch im Epheserbrief (6, 20) schreibt, ist es ihm wichtig, dass andere für ihn beten. Er weiß, dass er die Hilfe Gottes nötig hatte, er war nie einfach ein Einzelkämpfer, dem es egal war, was andere tun und denken. Er wusste um seine Kämpfe und Schwächen, und wünschte sich auch Gebet für noch besseren Dienst. In Vers 27 schreibt Paulus, dass sie auch jetzt immer fleißig dabei sind, das Evangelium bekannt zu machen. Auch das hat ihn ermutigt, denn so wusste er, dass er nicht allein war in diesem Dienst.
5. Vertrauen in Gott
Der letzte und wichtigste Grund zur Freude in diesen vier Versen ist die Gewissheit von Gottes Zuverlässigkeit. Er weiß, dass er Gott ganz und gar vertrauen kann. Und das ist ganz wichtig. Paulus sitzt in Rom, seine Wohnung ist überwacht, er kann nichts tun für die Philipper. Trotzdem freut er sich. Warum? Weil er weiß, dass sein Gott treu ist. Gehen wir einen Schritt näher in den Text. Was hier mit „ich bin überzeugt“ übersetzt wird, das ist ein Verb, das „sich sicher sein“ bedeutet. Das Verb ist in einer Zeitform, die eine abgeschlossene Handlung in der Vergangenheit bezeichnet. Wenn wir uns in der Bibel umsehen, so finden wir diese Zeitform in Johannes 19, 30. Da wird von der Kreuzigung Jesu berichtet. Das Letzte, was Jesus am Kreuz ausrief, das war: Es ist vollbracht! Dort bedeutet das Verb „etwas seinem Ziel zuführen“ und in der Zeitform der Handlung, die in der Vergangenheit abgeschlossen ist, bedeutet es: „Es ist vollständig ausgeführt“ oder „es ist vollkommen vollbracht“. Auf unser Verb bezogen zeigt es die Gewissheit, die Paulus hatte, dass Gott alles vollbringen wird, was Er Sich vorgenommen hat.
Bei Paulus finden sich ja immer wieder die Hinweise darauf, dass alles, was geschieht, lediglich die Ausführung von Gottes Plan ist, den Er bereits vor der Erschaffung der Welt gefasst hatte. Anders gesagt: Die ganze Weltgeschichte ist die Ausführung von Gottes Heilsplan. Alles, was geschieht, war von Gott zuvor geplant und wird jetzt in Raum und Zeit ausgeführt. Deshalb kann Paulus sich auch freuen, denn er weiß, dass es nicht so sehr auf ihn ankommt, sondern Gott tut alles zum Besten. Ich fürchte, dass wir uns manchmal zu ernst nehmen und denken, dass alles nur auf uns ankommt. Es stimmt, Gott gebraucht uns, ja, aber Er hat das, wofür Er uns gebraucht, bereits längst vorbereitet (Epheser 2, 10). Mit diesem Wissen können wir uns in allem freuen, denn Gott hat es im Griff, nicht wir.
Schluss:
So sehen wir: fünf Dinge sind es, die unsere Freude sein sollen. Und in unserem Brief kommt mehrmals der Befehl: Freut euch! Freut euch alle Zeit im Herrn! Freut euch! Warum ist Freude so wichtig? Wenn wir aufhören, uns in Gott zu erfreuen, beginnen wir ganz automatisch, uns um uns selbst zu drehen. Und irgendwann fangen wir an, denen, die sich freuen, das Leben schwer zu machen. Denn es darf sich ja niemand das Leben leichter machen als wir selbst, oder? Man fängt an, sich auf das zu konzentrieren, was andere alles tun sollten oder zu unterlassen hätten. Eins muss uns klar sein: Menschen werden uns immer wieder verwunden, verletzen. Wenn wir Freude haben, werden wir vergeben können, und die Sache ist erledigt. Wenn uns die Freude fehlt, wird jede Wunde ein Stück Bitterkeit bringen, denn ein Herz, in der diese Freude fehlt, ist wunderbarer Nährboden dafür.
Fünf Dinge haben wir aufgezählt, die uns helfen, die Freude statt der Bitterkeit zu kultivieren: Erstens Dankbarkeit. Offene Augen für das Gute und Schöne, für das, was Gott und Menschen uns Gutes tun. Zweitens Erinnerung. Ein Gedächtnis, das sich an das erinnern kann, wofür man zu danken hat. Drittens Gebet, Fürbitte für Menschen. Das wird unsere Herzen mit Liebe für jene erfüllen, für die wir beten. Viertens Gemeinschaft. Zusammen unterwegs sein, zusammen Zeit verbringen, zusammen für Gott arbeiten. Keiner ist allein. Und fünftens Vertrauen in Gott. Er wird es recht machen. Er wird auch aus unseren Fehlern das Beste machen. Er ist in Kontrolle, Sein Plan wird erfüllt. Er wird das Werk der Gnade, das Er in euch begonnen hat, vollenden.