Bücher, die mich 2016 speziell beschäftigt haben

Von den rund 80 Büchern, die ich letztes Jahr gelesen habe, möchte ich hier eine Auswahl nennen, die mich besonders beschäftigt, berührt oder beeinflusst haben. Nicht alles in allen Büchern kann ich unterschreiben, also bitte ich etwaige von mir beeinflusste Leser darum, alles mit Verstand und Unterscheidung zu lesen oder im Zweifel vorher nachzufragen. Links führen zu meinen Blog-Posts zu den jeweiligen Büchern.
Romane
-J. R. R. Tolkien, Herr der Ringe
-Dorothy L. Sayers, Mord braucht Reklame
Biographien
Geschichte
-Richard Tarnas, Das Wissen des Abendlandes
-Alexis De Tocqueville, Democracy in America
Theologie
-David F. Wells, Losing Our Virtue
-Vern S. Poythress, Redeeming Science
-Mark Noll, The Scandal of the Evangelical Mind
Sonstiges
-Stephen Hawking, Eine kurze Geschichte der Zeit
-Kitty Ferguson, Gott und die Gesetze des Universums
-Friedrich Nietzsche, Die fröhliche Wissenschaft

7 Gründe für das Lesen von Biographien

Etwa 10 – 15% aller Bücher, die ich pro Jahr lese, sind Biographien. Zur Zeit bin ich an Manfred Kühns Kant-Biographie. Biographien stehen bei mir häufig am Anfang einer Zeit, in welcher ich mich mit dem Werk oder der Zeit der jeweiligen Person befassen will.
In der Einleitung zur Kant-Biographie stellt Kühn eine interessante Frage, die mich einmal mehr zur Reflexion über meine Gründe zum Studium von Biographien angeregt hat. Hier das Zitat von Kühn:
Ich weiß nicht wirklich, was Biographien für so viele Leser eine derartige Faszination verleiht. Ist es einfach die Neugier zu wissen, wie die ‘Berühmten’ gelebt haben? Ist es Voyeurismus, ein unschöner Drang, einen Einblick in die schmutzigen kleinen Geheimnisse der ‘Großen’ zu bekommen? Ist es Eskapismus, ein Versuch eines stellvertretenden Lebens, eine Art Romanze für Menschen mit eher intellektuellen Neigungen? Oder ist es eine Art Versuch, in unserem eigenen Leben Sinn zu finden? Zahlreiche Selbsthilfebücher sind Zeugnis dafür, dass das Bedürfnis nach einem ‘erfolgreichen’ Leben weit verbreitet ist. Von erfolgreichen Menschen könnte man meinen, sie hätten dieses flüchtige Ziel erreicht – und erfolgreiche Philosophen, also Menschen, die darüber nachgedacht haben, was zum Erfolg führt, könnten mehr zu bieten haben als die meisten.“(S. 38)
Ich habe mir Gedanken gemacht, warum ich Biographien lese. Unter anderem aus den folgenden sieben Gründen:
1. Biographien erweitern meinen Horizont.
Wenn ich eine Biographie lese, so muss ich über meinen Tellerrand hinausschauen. Ich darf die Welt mit fremden Augen sehen und erkennen, wie andere Menschen zu anderen Zeiten gelebt, geliebt, gelacht und gearbeitet haben. Meist bin ich dann so richtig dankbar, heute leben zu dürfen. Sehr viel Armut ist inzwischen erfolgreich bekämpft worden. Es gibt dafür andere Sachen anzupacken.
2. Biographien bewahren mich vor dem „chronologischen Snobismus“.
Beim Lesen einer Biographie darf ich aber auch erkennen, dass weder ich noch meine Zeit der Nabel der Welt sind. C. S. Lewis sprach davon, dass es leider nicht möglich sei, in die Zukunft zu reisen, um zu sehen, wie unsere Zeit und unser Handeln dereinst gesehen würden. Deshalb brauchen wir den Blick früherer Zeiten, der uns eine etwas objektivere Sichtweise auf unsere Zeit schenkt. Jedes Zeitalter hat eine ganze Menge blinder Flecken, und deshalb gibt uns die Kenntnis des eigenen plus mehrere anderer Zeitalter so etwas wie ein mehrdimensionales Bild der Realität.
3. Biographien zeigen mir den Denkweg auf.
Jeder Mensch verändert sich im Laufe seines Lebens. Das ist ganz normal und gesund so. Wenn ich eine Biographie lese, möchte ich etwas über das Erleben der Person erfahren, welches zu diesen Veränderungen geführt hat. Das hilft mir, sowohl dessen Werk zu verstehen, als auch zugleich meine eigene persönliche Biographie zu reflektieren.
4. Biographien erweitern meinen Geschichtshorizont.
Ich habe anderswo geschrieben, warum die Auseinandersetzung mit Geschichte (und da nicht nur mit den letzten 80 Jahren) so immens wichtig ist. Durch eine Biographie lerne ich diese Zeiten noch besser und persönlicher kennen, weil ich Personen kennenlerne, welche in dieser Zeit gelebt und gewirkt haben. Das hilft mir, die Geschichte noch besser zu kennen.
5. Biographien helfen mir, richtig und falsch zu unterscheiden.
Bei diesem Punkt muss ich natürlich ein wenig aufpassen, dass das nicht falsch verstanden wird. Was ich damit meine, ist folgendes: Wenn ich die Biographien mit einer biblischen Weltanschauung im Hinterkopf lese; besser noch: Wenn ich gleichzeitig in der Bibel blättere, während ich die Biographie lese und die Biographie anhand der Heiligen Schrift beurteile, dann erweitert die Biographie mein Unterscheidungsvermögen von gut und böse, richtig und falsch. Anders gesagt: Mein Gewissen wird sensibilisiert und hilft mir dadurch auch im Alltag.
6. Biographien ermutigen mich.
Wenn eine Biographie nicht gerade eine realitätsferne Hagiographie ist (und solche versuche ich nach Möglichkeit zu vermeiden), dann lerne ich einen einfachen Menschen kennen, der mit seinem Leben etwas erreicht hat. Ich lerne seine Schwierigkeiten, Trauer, Freude, alltäglichen Gewohnheiten kennen und sehe, wie einfache Menschen gebraucht werden, um Großes zu erreichen. Jeder von uns ist in einem Netzwerk von Menschen eingegliedert, wo wir Tag für Tag einen Unterschied machen können. Wenn wir das tun, dann haben wir Großes erreicht. Das lehren mich die meisten Biographien.
7. Biographien führen mich in die Anbetung Gottes.
Ob ich der Person zustimme oder nicht, über welche die Biographie geschrieben wurde, aber jede Biographie führt mich dazu, Gott anzubeten. Manche dieser Menschen haben uns viel Verständnis von der Welt gegeben, indem sie geforscht und nachgedacht haben. Andere haben eine Menge für Gottes Reich getan. Und dann gibt es auch noch jene Biographien, die mich dankbar machen, dass ich nicht so viel Macht bekommen habe wie andere, weil diese Macht so schnell einen Menschen betrügt und seine schlimmsten Seiten zeigt.
Und was sind Deine Gründe, um Biographien zu lesen?

Bücherliste: Den Glauben verteidigen

Heute möchte ich eine große Sammlung beginnen, wo ich Bücher aufliste, die ich ganz besonders empfehlen möchte, wo es darum geht, wie man den christlichen Glauben ganz praktisch verteidigen kann. Ich verlinke alle Bücher, zu denen ich schon eine Rezension geschrieben habe. Mit der Zeit wächst hoffentlich die Liste und auch die Anzahl der Links zu meinen Rezensionen. Die Liste darf gern in den Kommentaren noch ergänzt werden. Ich schaue mir Deine Empfehlungen an und erweitere die Liste gegebenenfalls.
Craig, William Lane, On Guard (2010), Amazon-Link, Rezension.
Craig, William Lane, Reasonable Faith (2009), Amazon-Link, Rezension.
Frame, John, Apologetics to the Glory of God (1994), Amazon-Link, Rezension.
Groothuis, Douglas, Christian Apologetics (2011), Amazon-Link, Rezension.
Groothuis, Douglas, Truth Decay (2000), Amazon-Link, Rezension.
Koukl, Gregory, Tactics (2009), Amazon-Link, Rezension.
Lewis, Clive Staples, Pardon, ich bin Christ (2014), Amazon-Link, Rezension.
Moreland, J. P., Craig, W. L., Philosophical Foundations for a Christian Worldview (2003), Amazon-Link, Rezension.
Pearcey, Nancy, Finding Truth (2015), Amazon-Link, Rezension.
Pearcey, Nancy, Total Truth, (2008), Amazon-Link, Rezension.
Schaeffer, Francis A., A Christian View of Philosophy and Culture (1982), Amazon-Link, Rezension.
Strobel, Lee, Der Fall Jesus (2014), Gerth Medien, Amazon-Link, Rezension.
Swinburne, Richard, Die Existenz Gottes (1987), Amazon-Link, Rezension.
Swinburne, Richard, Gibt es einen Gott? (2005), Amazon-Link, Rezension.
Swinburne, Richard, Glaube und Vernunft (2009), Amazon-Link, Rezension.
Was denkt Ihr, liebe Leser, was fehlt noch in der Liste? Gerne mit kurzer Begründung als Kommentar!

Philosophiegeschichte in Romanform

Heute möchte ich ein Buch vorstellen, das mich in ganz besonderer Weise geprägt hat. Ich bin damit vor 20 Jahren erstmals in Berührung gekommen. Damals war ich 9 Jahre alt und gerade bei meinen Großeltern zu Besuch. Damit mich damals ein Buch faszinieren konnte, musste es mindestens 300 Seiten haben – je dicker desto besser. Und so habe ich mich bei meinem Opa in sein kleines Lese- und Schreibstüble zurückgezogen und durchsuchte das Bücherregal nach interessanten Büchern. Dabei stieß ich auf eins, das mir dick genug erschien. Es trug den Titel: Sofies Welt. Roman über die Geschichte der Philosophie. In meinen jungen Jahren habe ich noch nicht alles verstanden, was ich darin gefunden habe. Aber mein Interesse war geweckt. Inzwischen habe ich das Buch dreimal gelesen und hoffentlich etwas mehr davon kapiert. Was mich jedoch von den ersten Seiten des ersten frühen Lesedurchgangs geprägt hat, sind drei Dinge:
1. Geschichte ist wichtig. Man kann unsere Zeit und unser Leben nur verstehen, wenn man die Geschichte des menschlichen Lebens verfolgt.
2. Tiefes und scharfes Nachdenken darf nicht vernachlässigt werden. Ich bin von meiner Persönlichkeit her ein eher emotionaler Mensch, und ich denke, dass mir diese Liebe zum tiefen Nachdenken hilft, die Balance zu halten.
3. Es ist wichtig, dass man in allem erst einmal die verschiedenen Sichtweisen anschaut, bevor man sich einer Meinung anschließt.
Ok, soweit erst mal meine persönliche Reise zu und mit dem Buch Sofies Welt. Der Autor des Buches, Jostein Gaarder, hat Philosophie, Theologie und Literaturwissenschaft studiert und ist freier Schriftsteller und Autor zahlreicher Bücher in Norwegen. Er löste vor ein paar Jahren eine Kontroverse aus, weil er sich gegen Israel als Staat gewandt hatte. Da kann ich mit ihm nicht mitgehen. Auch das Buch Sofies Welt enthält manche Punkte, in denen ich mit Gaarder nach einigem Überlegen nicht einig bin. Aber auch hier gilt: Prüfet alles und das Gute behaltet. Und davon enthält der Roman eine ganze Menge.
Sofies Welt hat eine doppelte Rahmenerzählung, die ihrerseits auch wieder philosophisch ist. Das macht das Buch etwas kompliziert zu lesen. Bei meinem ersten Durchgang vor 20 Jahren bin ich manchmal an diesem doppelten Rahmen beinahe verzweifelt. Im äußeren Rahmen geht es um Hilde und ihren Vater Albert Knag. Doch diese werden erst später im Roman eingeführt. Zu Beginn findet sich der Leser gleich in der inneren Rahmenhandlung, wo Sofie Amundsen, nach welcher das Buch benannt ist, Briefe von einem Alberto Knox bekommt. Dieser gibt ihr einen Philosophiekurs, in dessen Verlauf deutlich wird, dass sie „nur“ Figuren in der Fantasie eines Majors (Hildes Vater) sind. Sie bemerken das auch und versuchen, sich zu verselbständigen. Gegen Ende des Buches verschwimmen die Grenzen der zwei Rahmenhandlungen – bis es Sofie und Alberto gelingt, zu fliehen.
Der eigentlich wichtige Inhalt sind jedoch die einzelnen Teile des Philosophiekurses, den Alberto Sofie gibt. Die Rahmenhandlungen haben vor allem zwei Aufgaben: Die Spannung aufrechterhalten – das Buch hat über 600 Seiten – und in sie sind auch immer wieder Beispiele eingeflochten, die dem Leser helfen, die eigentlichen Lektionen des Buches zu verinnerlichen. Sofie ist eine sehr neugierige Schülerin, sie stellt immer wieder Fragen und will Beispiele wissen, welche die gesamte Philosophiegeschichte sehr gut verständlich machen.
Gaarder beginnt mit der antiken Mythologie und arbeitet deren Weltbild heraus. Dann geht es weiter über die Vorsokratiker und die großen Philosophen der griechischen Antike. Jeder Philosoph wird vorgestellt, seine wichtigsten Gedanken zusammengefasst und mit vielen lebensnahen und leicht verständlichen Beispielen geschmückt. Die Reise führt weiter über das Mittelalter, unter anderen etwa Descartes und seine Zeit, die Aufklärung, wobei ich sagen muss, dass ich Kant und Hegel ganz besonders gut dargestellt finde. Das sind zwei Denker, die es ihren Lesern nicht gerade einfach machen. Mit Ch. Darwin und S. Freud hört die Darstellung der einzelnen Philosophen auf. Der Philosophiekurs endet mit einem kurzen Überblick über das 20. Jahrhundert aus der Vogelperspektive, bevor ganz am Ende die beiden Rahmenhandlungen zusammenfallen und den Leser etwas überrascht und unzufrieden zurücklassen.
Gaarder lädt ein zum Nachdenken, zum Hören auf frühere Stimmen, zum Lernen aus der Vergangenheit. Auch wenn man seiner Beurteilung der Philosophen nicht unbedingt in allen Fällen zustimmen muss, hat er ein sehr wertvolles Werk geschaffen, das ich gerne weiterempfehle.
Auch unsere Zeit ist nicht das Nonplusultra. Jede Zeit hat ihre Stärken, Schwächen und blinden Flecken. Wie C. S. Lewis einmal sinngemäß sagte: Wir können leider nicht auf die zukünftigen Stimmen hören, wie sie unsere Zeit eines Tages beurteilen werden. Deshalb brauchen wir die früheren Stimmen, die uns viel zu sagen haben.

Lesen als Herausforderung

Als langjähriger Bücherfreund habe ich schon immer sehr gerne gelesen. Bücher waren für mich seit jeher neue Welten, in die ich mit meiner Phantasie abtauchen konnte. Und das gilt nicht nur für Romane und Biographien, sondern in ähnlicher Weise für Sachbücher und Abhandlungen aller Art.
Vor ein paar Tagen bin ich über eine wunderbare Beschreibung gestolpert. Hanniel Strebel bezeichnete ein Buch, das er gelesen hatte, als „steile Bergtour“. Ja, auch ich kenne diese Bücher, die eine steile Bergtour sind. Im Rückblick würde ich sagen, dass das vierbändige Hauptwerk Immanuel Kants über die Möglichkeiten und Grenzen der Vernunft, das ich im Zuge meines Theologiestudiums (freiwillig) gelesen habe, die vermutlich steilste Bergtour meines bisherigen Leselebens war.
Für mich ist Lesen eine Sache, die mich in vielen Bereichen meines Lebens wachsen lässt. Was mache ich, um vom Lesen möglichst viel profitieren zu können?
1.) Ich lese regelmäßig und viel
Im Durchschnitt lese ich pro Jahr um die 50 Bücher. Um ein „Buch“ zu sein, muss es nicht unbedingt sehr dick sein. Rein gefühlsmäßig fängt für mich ein Buch bei etwa 30 Seiten an, wobei eine Zeitschrift dennoch kein Buch ist, auch wenn sie häufig mehr als 30 Seiten hat. Alles in allem lese ich so ungefähr 1500 Seiten an Bücher im Monat. Einen Teil davon macht selbstverständlich meine tägliche Ration Bibel in der nicht sehr stillen „Stillen Zeit“ aus. Dies mache ich seit einem halben Jahr nach der Methode von James Martin Gray, die ich hiervorgestellt habe.
2.) Ich lese in die Breite und Tiefe
Manchmal lese ich nur ein einzelnes Buch von einem Autor, manchmal auch eine ganze Reihe von Büchern, die zusammengehören. Manche Bücher sind aus der neusten Zeit und manche sind älter. Manche lese ich zum ersten Mal, andere frische ich wieder auf. Bei jedem Buch lerne ich die Welt des Autors kennen, versuche, mit seinen Augen zu sehen und in seine Schuhe zu schlüpfen. Ich will nicht nur Bücher lesen, bei denen ich zu allem „Ja“ und „Amen“ sagen kann, sondern möchte auch herausgefordert werden, neue Blicke auf die Welt zu bekommen. Meine Faustregel ist dabei ungefähr die, welche ich von C. S. Lewis übernommen habe und die ich hierzitiere: Pro Buch der neusten Zeit (bei mir heißt das: Das Buch wurde in der ersten Auflage innerhalb der letzten 30 Jahre verfasst) lese ich eines, welches davor geschrieben wurde. Das muss nicht immer 1:1 abwechseln in der Zeit, es kann auch eine neue Buchserie sein, die durch eine ältere Buchserie abgelöst wird.
3. Ich lese Bücher analog und digital
Wenn ich ein unbegrenztes Bücherbudget und unbegrenzt Platz im Bücherregal hätte, würde ich am allerliebsten jedes Buch „in echt“ kaufen. Echte Bücher sind für mich nur die analogen Bücher, die man in den Händen halten, richtige Seiten umblättern und das Papier riechen kann. Leider ist bei mir beides nicht zutreffend, somit lese ich halt – etwas grummelnd – auch digitale Bücher. Vor allem ältere Bücher gibt es immer mehr kostenlos in einem digitalen Format. Als PDF oder auch im Kindle-Format, für den mein Laptop auch einen Reader installiert hat. Hier ist meine Faustregel: Mindestens die Hälfte der Bücher will ich analog lesen. Von vielen Büchern gibt es in Online-Antiquariaten günstige Ausgaben, bei denen man fast nur das Porto bezahlen muss. Der Artikel hier (englisch) gibt mir übrigens recht, wenn ich vor zu vielen digitalen Büchern warne.
4. Ich lese ganz bewusst schwierige Bücher
Was ein schwieriges Buch ausmacht, ist natürlich individuell verschieden. Ich persönlich empfinde es als wichtig, meine intellektuellen Fähigkeiten durch das Lesen schwieriger Bücher immer wieder zu trainieren. Wir haben als Christen die Aufgabe, Gott nicht nur mit unseren Gefühlen und nicht nur mit unserem Tun, sondern auch mit dem Verstand zu lieben. Und natürlich andererseits nicht nur mit dem Verstand, sondern auch mit unseren Gefühlen. Dieser ganze Befehl gilt nicht nur für Einzelne, die halt „besonders intellektuell“ oder „besonders gefühlsmäßig“ veranlagt sind, sondern der gesamte Befehl gilt jedem einzelnen Christen. Und eine Art, wie man Gott mit dem Verstand lieben kann, besteht nun eben darin, sein intellektuelles Vermögen zu erweitern.
Ich vergleiche das gern mit meinem momentanen Lieblingssport: Dem Ausdauerlaufen. Wenn jemand auf einen Wettlauf hin trainiert, so ist es so, dass jeder Mensch eine individuelle äußerste Belastungsgrenze hat. Also eine Grenze, die durch seinen Körper vorgegeben ist. Aber bis zu dieser absoluten Grenze kann jeder ziemlich viel trainieren und sich mit dem entsprechenden Training sehr stark verbessern. Natürlich gesetzt den Fall, dass man bereit ist, die nötige Zeit und Kraft in dieses Training zu investieren. Wenn jemand auf einen Wettlauf trainieren will, so schreibt Hubert Beck in „Das große Buch vom Marathon“ folgendes: „Joggen kann fast jederzeit und überall ausgeübt werden. Mit relativ niedrigen Kosten kann das Hobby Marathon und Fitness von jedermann realisiert werden, der gesund ist und dafür durchschnittlich 1,5 Stunden pro Tag investiert.“ (S. 12)
Für das Hobby Marathon muss man also im Schnitt 1,5 Stunden pro Tag investieren. Das ist ungefähr so viel Zeit, wie ich mir persönlich an einem durchschnittlichen Tag fürs Lesen nehme. Ungefähr eineinhalb bis maximal zwei Stunden. Viel mehr Zeit bleibt mir dafür auch nicht. Vereinzelt auch noch an den Wochenenden etwas mehr, aber das ist eher die Ausnahme. Ich würde aber sagen, dass auch eine Dreiviertelstunde Lesen pro Tag sehr viel bringen würde, um die intellektuelle Fähigkeit weiterzuentwickeln.
5. Ich bereite mich auf das Lesen vor
Normalerweise bereite ich mich auf ein neues Buch vor, indem ich drei Dinge tue:
1. Ich lese auf Wikipedia den Eintrag zum Autor des Buches nach, wenn er genügend bekannt ist. Interessant sind für mich Informationen über die Zeit, in welcher der Autor lebte, den familiären Hintergrund und ein kurzer Lebenslauf, wo ich erfahre, in welchem Lebensabschnitt das jeweilige Buch geschrieben wurde.
2. Ich erstelle in OpenOffice eine neue Datei zum Buch. Dort kommen zuerst zwei bis vier der wichtigsten Stichwörter zum Autor rein.
3. Ich schaue mir das Inhaltsverzeichnis an und übertrage es ins OpenOffice-Dokument. Das Inhaltsverzeichnis sagt viel über das Buch aus: Wie wird es aufgebaut? Wie verläuft der Gedanke und die Folge der Argumente des Autors? Ich frage mich dabei: Würde ich auch so vorgehen? Was finde ich an der Herangehensweise interessant? Was will ich beim Lesen genauer wissen? Wo hat der Aufbau seine Schwächen?
Und dann beginnt der Leseprozess. Kapitelweise übertrage ich die wichtigsten Zitate in meine OpenOffice-Datei und gebe jeweils die Seitenzahl mit dazu an. Wenn ich am Ende das Gefühl habe, dass ich zum Buch eine Rezension veröffentlichen möchte, steht dann mein Gerüst bereits, es braucht nur noch etwas „Fleisch auf den Knochen“.
Dieses Jahr nehme ich mir als meine persönliche Herausforderung vor, Martin Heideggers Buch „Sein und Zeit“ zu lesen. Bisher hatte ich mir davon erst einzelne kurze Abschnitte zu Gemüte geführt. Und mit Hilfe der Trainingspläne im oben erwähnten Buch zum Marathon möchte ich versuchen, eine gute Zeit über 10km zu erreichen und vielleicht auch schon eine Halbmarathonstrecke am Stück abzujoggen (zweiteres wohl eher ohne Wettkampf).
Und was ist Deine persönliche „Challenge“ für 2015? Was war bisher Deine „steilste Bergtour“?

Rückblick und Ausblick

Das Jahr 2014 neigt sich dem Ende zu. Ich möchte allen Lesern herzlich danken fürs Mitlesen, Mitdenken und auch für die zahlreichen Rückmeldungen auf allen Kanälen. Den heutigen Post möchte ich dazu nutzen, auf das (bald) vergangene Jahr zurückzublicken und auch ein wenig zu versuchen, ins kommende Jahr hineinzuschauen.
Die meistgelesenen Posts von 2014
Zuerst mal eine Auswahl der am häufigsten aufgerufenen Posts, die ich 2014 geschrieben habe. Dabei habe ich die Anzahl der Aufrufe und die Dauer seit der Veröffentlichung berücksichtigt. Als besonders beliebt hat sie die Blogserie über Lobpreiskultur und Lobpreisleitung herausgestellt. Und dabei hat insbesondere der letzte Teil, das Interview aus der Praxis, in kurzer Zeit alle Rekorde gebrochen. Hier noch einmal die Serie:
Hierbei ist Teil 6 der beliebteste Blogpost von 2014. Hier in geordneter Reihenfolge noch der Rest der Top Ten:
2. Bibliothek der Weltliteratur
Unter dem Titel „Bibliothek der Weltliteratur“ habe ich im August diesen Jahres eine neue Serie angefangen. In dieser stelle ich wichtige Bücher der erzählerischen Literatur (Kurzgeschichten, Romane, Autobiographien, Tatsachenberichte, und so weiter) vor, welche einen gewissen Einfluss auf unsere Kultur und Vergangenheit hatten. Ich versuche dabei jeweils ein paar allgemeine Infos zum Werk selbst zu geben, und dann in wenigen Stichworten eine Stellungnahme aus biblischer Sicht zu machen. Dies plane ich fortzusetzen, und zwar weiterhin ungefähr jeden Monat ein Werk. Für 2015 plane ich mal grob die Zeit vom 13. – 17. Jahrhundert abzudecken. Vorschläge mit einer guten Begründung, warum dieses Werk unsere Kultur stark beeinflusst hat, nehme ich gern entgegen.
Fest eingeplant ist dabei bisher: Geoffrey Chaucers Canterbury Tales, Thomas Morus’ Utopia, Blaise Pascals Pensées, Edmund Spensers A Faerie Queene, Dante Alighieris Göttliche Komödie und John Bunyans Pilgerreise. Weitere habe ich im Kopf aber bin mir noch nicht ganz sicher, lasse mir also gern Vorschläge machen.
3. Gedichte
Die Gedichte auf meinem Blog erfreuen sich weiterhin großer Beliebtheit. Dieses Jahr sind jedoch nicht allzu viele neue hinzugekommen. Vielleicht ändert sich das ja wieder. Bei mir klappt das nicht auf „Knopfdruck“, sondern ergibt sich halt wann und wie es sich ergibt. Da ich schon mehrmals Anfragen dazu erhalten habe, ob es mal einen Gedichtband gibt: Ich habe nicht vor, damit Geld zu verdienen. Überlegt habe ich mir jedoch schon öfter, einen PDF-Band mit einer Auswahl zu machen, zum kostenlosen Download. Allerdings bin ich noch nicht dazu gekommen, passende Illustrationen dazu zu erstellen oder überhaupt die bisherigen zu sichten und zu überarbeiten. Ich hoffe aber, irgendwann dazu zu kommen oder jemanden zu finden, der eine ähnliche Vision dazu hat und mir dabei hilft.
4. Bücher
Ein nicht unwesentlicher Teil meines Lebens besteht aus Büchern. Seit früher Kindheit (lesen und schreiben im Vorschulalter gelernt) sind mir Bücher mehr als ein Hobby. Und je mehr Seiten ein Buch hat, desto interessanter finde ich es. Wobei ich jetzt zugeben muss, dass ich so vielbändige Werke wie etwa die Kirchliche Dogmatik von Karl Barth nicht am Stück lese, sondern immer mal wieder kapitelweise. Wer mir eine Freude machen möchte, kann dies immer mit Büchern tun. Auf Amazon habe ich einen öffentlichen Wunschzettel angelegt, der ständig überarbeitet wird. Wer mir also eine Freude machen möchte, darf mir gerne etwas vom Wunschzettel schenken. Gerne auch gebraucht (wenn ich ein Buch gelesen habe, dann ist es unverkäuflich, weil sein Wert durch meine Unterstreichungen und zahlreichen Randnotizen vervielfacht wurde).
Ich lese sehr gern Bücher von erfahrenen Predigern, die über die Praxis des Vorbereitens und Haltens von Predigten schreiben. Ich versuche, jedes Jahr zwei davon zu lesen: Bisher jedes Jahr einmal das Gleiche: D. Martyn Lloyd-Jones – Die Predigt und der Prediger lese ich seit 2007, dem Jahr meiner ersten Predigtversuche, jedes Jahr aufs Neue mit viel Gewinn. Es gibt kein zweites Buch neben der Bibel, das ich so oft gelesen habe. Und dazu möglichst jedes Jahr noch ein weiteres Neues dazu. So etwa 2013: John MacArthur – Rediscovering Expository Preaching, 2014: John R. W. Stott – Between Two Worlds: The Art of Preaching in the Twentieth Century und plane für 2015: David Helm – Expositional Preaching: How we speak God’s Word Today.
5. Bücher Top Ten 2014
Da dies immer viele Leser interessiert, was andere Leser gerne lesen, hier noch eine Auswahl. Ich habe da echt Mühe, mich zu entscheiden, deshalb zu jedem Buch eine kurze Begründung.
1. Robert Letham – The Holy Trinity Dieses Buch habe ich im November vorgestellt. Es war das Buch, welches mich dieses Jahr am stärksten mitgerissen hat. Wirklich ein Genuss zu lesen mit sehr viel Tiefgang und Ausrichtung an der Praxis.
2. Douglas Groothuis – Truth Decay Auch dieses Buch habe ich hier schon vorgestellt. Mit Lesen habe ich bereits 2013 begonnen. Es ist sehr gut geschrieben, aber es braucht seine Zeit, um das Gelesene zu verdauen und darüber nachzudenken.
3. Mortimer Adler – How To Read A Book Noch eins, das ich hier verewigt habe. Adlers Buch hat vor allem bewirkt, dass ich begonnen habe, noch sorgfältiger zu lesen. Manches davon habe ich ja davor schon so praktiziert – aber nicht systematisch.
4. John Piper – Think! Dieses Buch gibt es kostenlos zum Download als PDF oder auch für mobile Endgeräte. Es geht darum, wie man Gott mit ganzem Verstand lieben kann. Sehr gut und absolut empfehlenswert.
5. John Piper – Bloodlines Noch einmal John Piper. Noch einmal kostenloser Download. Es geht um die Themenbereiche Rassismus, Kultur, Vielfalt und was das Evangelium damit zu tun hat. Das Buch hat mir eine zusätzliche neue Perspektive der Gemeinde Jesu Christi eröffnet.
6. Clive Staples Lewis – Narnia Dieses Jahr habe ich im Sommer erstmals den kompletten Narnia-Sammelband auf englisch gelesen. Das ist noch einmal ein ganz anderes Erlebnis als die einzelnen Bände in der deutschen Übersetzung.
7. William Lane Craig – Reasonable Faith Hiervon habe ich die Kindle-Ausgabe gelesen. Kann ich auch sehr empfehlen. Craig ist einer der besten christlichen Apologeten, der häufig auch Debatten mit Atheisten führt – und gewinnt.
8. Colin Duriez – Francis Schaeffer – An Authentic Life Duriez hat eine Biographie über Francis A. Schaeffer geschrieben. Jede Seite des Buches hat in mir Sehnsucht nach einem neuen Schaeffer geweckt: Einem Mann, der Gottes Wort und die Fragen der jungen Menschen ernst nimmt.
9. David Murrow – Why Men Hate Going To Church Auch als Kindle-Buch gelesen. Man kann sich jetzt über manche Aussagen streiten, aber ich glaube in vielem hat er recht. Es geht um die (auch bei uns) stark zunehmende Feminisierung der Gemeinden und was man dagegen machen kann.
10. David Remnick – Barack Obama Endlich habe ich mir die Zeit genommen, dieses seit Langem in meinem Regal stehende Buch zu lesen. Es ist sehr gut geschrieben, es macht Freude, das Buch zu lesen, wenngleich es zeitweise eher einer Hagiographie als einer objektiven Biographie gleicht. Und obwohl ich politisch (nach wie vor) sehr vieles kritisch sehe, habe ich daraus einiges lernen können. Die 950 Seiten sind dank des wirklich guten Schreibstils (Remnick hat 1994 den Pulitzer-Preis gewonnen) erstaunlich schnell gelesen.
6. Ausblick
Im Moment und auch fürs kommende Jahr beschäftigen mich zwei größere Themenfelder: Einerseits Kultur und Evangelium (was hat das Evangelium unserer Kultur zu sagen; wie können wir das Evangelium nutzen, um unsere Kultur zu beurteilen; wie können wir Gottes Wort verständlich machen, ohne es zu verwässern?) und die Lehre vom Heiligen Geist. Ich werde versuchen, zu zeigen, warum der Heilige Geist ganz Gott ist und warum Er eine eigene Person der göttlichen Dreieinigkeit ist, aber auch, warum das so wichtig ist für unser Leben als Gläubige und welche praktischen Konsequenzen sich daraus für unser Leben ergeben. Daneben wird es natürlich wie bisher auch weitere Themen geben: Aus der Gesellschaft, dem täglichen Leben, dem Lesen und der Kunst.

Gedanken zum Lesen

Gedanken zum Lesen
Wir leben in einer Zeit, in der wir mit einer zunehmenden Flut von Büchern, eBooks, PDFs, Zeitschriften, Zeitungen, aber auch vielen anderen Medien überflutet werden, die durch ihr Auftreten allesamt den Wunsch äußern, von uns gelesen, gehört, oder sonst wie wahrgenommen zu werden. Ich bin eine Leseratte, ein Bücherwurm. Schon als kleiner Junge hat es mich fast „magisch“ zu den Bücherregalen hingezogen. In den letzten Tagen habe ich mir vermehrt Zeit genommen, um meine Lesegewohnheiten unter die Lupe zu nehmen, und möchte dazu ein paar Gedanken weitergeben.
1. Lesen mit einem Ziel
Wenn wir lesen, dann geht es zunächst einmal um uns selbst. Auch wenn es inzwischen schon den Nebenjob des Rezensenten gibt, werden wohl doch nur wenige so viel Zeit haben, um einfach nach Lust und Laune querfeldein zu lesen. Davon abgesehen ist das auch nicht besonders sinnvoll, denn dadurch gewöhnen wir uns ein Muster an, nach welchem wir bald dazu tendieren werden, Bücher nur anzufangen und zum nächsten zu springen, bevor wir überhaupt das erste beendet haben. Wir lesen also nicht für den Autor, auch nicht für den Verlag, sondern für uns selbst. Und jeder von uns steht an seinem individuellen Platz im Leben, hat seine individuellen Stärken und Schwächen, sein bisheriges Wachstum, seine aktuellen Fragen und blinden Flecke im Leben. Um Bücher so zu nutzen, dass sie uns tatsächlich das größtmögliche weitere Wachstum geben, tun wir gut daran, die Bücher nach diesen Themen auszusuchen. Dazu hilft es, vielleicht auch mit Hilfe von Menschen, die uns gut kennen, diese Themen zu finden und aufzuschreiben. Und dann nach entsprechender Literatur zu suchen.
TL;DR: Es ist gut, wenn wir die Bücher, die wir lesen, nach den Themen auswählen, die für uns gerade wichtig sind.
2. Lesen mit klarem Verstand
Jeder Autor kann immer nur eine Art Stückwerk bieten. Niemand hat in allem die Wahrheit voll erfasst. Jeder ist noch unterwegs dazu. Deshalb wird auch niemand in einem Buch alles korrekt schreiben können. Jedes Buch nebst der Bibel bedarf der Prüfung an Gottes ewig gültigem, ein für alle Mal überlieferten Wort. Deshalb ist es wichtig, dass wir auch da alles prüfen und das Gute behalten. Gerade bei Büchern mit Lebensberichten und sogenannten Zeugnissen ist große Vorsicht geboten. Immer wieder kommen zum Beispiel Berichte von Menschen, die behaupten, sie seien schon in der Hölle gewesen und danach – aus welchem Grund auch immer – wieder zurückgekehrt seien. Es gibt auf jeden Fall Visionen der Hölle, es gibt Nahtoderlebnisse, aber die Bibel schließt von Grund auf aus, dass jemand in unserer Zeit tatsächlich die Hölle besuchen und von dort wieder zurückkommen kann. Wir brauchen bei jedem Buch die Möglichkeit, es am Maßstab der Bibel zu messen und unter Umständen falsche Dinge klar zurückzuweisen.
TL;DR: Beim Lesen brauchen wir klaren Verstand und immer den Maßstab der Heiligen Schrift, um alles Gelesene auf den Prüfstand zu stellen.
3. Lesen von neuen und alten Texten
Ich habe hier auf einen sehr guten Text von C. S. Lewis hingewiesen, der herausstellte, wie wichtig es sei, dass wir nicht nur neue Bücher lesen, sondern auch alte. Mit neuen Büchern meine ich jetzt nicht nur diejenigen ab 2010, sondern ich würde den Beginn unserer momentanen Zeit ab etwa 1980 rechnen. Wir tun also gut daran, Bücher zu lesen, die vor dieser Zeit geschrieben wurden, und zwar auch welche, deren Autoren einige Zeit davor lebten. Die Schriften und Bücher der Reformation und anschließend der englischen und amerikanischen Puritaner, diejenigen der frühen Methodisten, des deutschen Pietismus und der Heiligungsbewegung, aber auch der frühen Jahre unserer Pfingstbewegung sind nicht nur lehrreich, sondern sehr stärkend. Ich bin für mich persönlich stark von den Puritanern beeinflusst. Die Bücher ihrer Zeit haben eine Tiefe, eine Klarheit und ein Verständnis, das heute vielfach fehlt.
TL;DR: Wir brauchen nicht nur (post)moderne Bücher, sondern tun gut daran, auch ältere zu lesen.
4. Lesen zur Selbsterbauung
Bücher sollen uns helfen, im Glauben zu wachsen, im täglichen Leben Probleme zu lösen und auf unsere zahlreichen Fragen Antworten zu geben. Daneben gibt es aber auch Bücher, die uns helfen wollen, dass wir uns entspannen können. Dazu dienen zum Beispiel Romane oder andere klassische Literatur. Dazu ist es gut, wenn wir uns zweierlei Dinge bewusst sind: Auf der einen Seite können wir nicht sagen, dass es Romane gibt, die dem Gläubigen verboten sind. Auf der anderen Seite sollten wir aber auch unserer Grenzen bewusst sein. Jeder „Input“, dem wir ausgesetzt sind, wird uns in irgend einer Weise verändern. Gerade für die erbauliche Literatur ist es wertvoll, auf ältere Bücher zurückzugreifen. Diese haben bereits den Test der Zeit überstanden. Sie sind von Generationen von Menschen gelesen worden und haben trotz allem überlebt. So wurde zum Beispiel John Bunyans Roman „Die Pilgerreise“ zum am zweithäufigsten verkauften Buch – direkt nach der Bibel.
TL;DR: Lesen zur Entspannung und Erbauung ist gut – dabei ist wichtig, dass wir uns bewusst sind, welchen Einflüssen wir uns aussetzen wollen.
5. Lesen mit dem Notizblock
Um den größtmöglichen Gewinn aus dem Lesen herausholen zu können, braucht es etwas Arbeit. Die wichtigste Regel für gewinnbringendes Lesen ist Auseinandersetzung mit dem Gelesenen. Solange wir mit dem Inhalt nur einverstanden sind und ihn abnicken, bleiben wir auf unserem Level stehen. Meine Empfehlung wäre, beim Lesen immer einen Notizblock dabei zu haben und wichtige Sätze und Gedanken daraus zu notieren. Was es zumindest braucht, ist aktive Reflektion des Gelesenen, also aktiv darüber nachdenken, weiterdenken, vergleichen, an der Bibel prüfen, nach Analogien (Vergleichen) suchen, und – ganz wichtig – nach Möglichkeiten zur praktischen Umsetzung Ausschau halten. Erst durch diese aktive Auseinandersetzung macht unser Gehirn etwas wirklich Bleibendes: Es lernt. Deshalb ist es auch gut, ab und an mal wieder ein Buch zu lesen, in welchem das Gegenteil behauptet wird. So lernt man noch klarer zu prüfen und sich mit der Materie auseinanderzusetzen.
TL;DR: Die aktive Auseinandersetzung mit dem Gelesenen ist wichtig, deshalb ist es hilfreich, sich zum Gelesenen Notizen zu machen und immer wieder darüber nachzudenken.
6. Das Lesen der Bibel ist unersetzlich
Manche Bücher können tatsächlich eine Hilfe zum Verstehen der Bibel sein, aber sie können niemals das Lesen der Bibel ersetzen. Dies gilt übrigens auch Losungs- und Andachtsbücher. Dort werden häufig nur einzelne Verse aufgelistet und im Falle von Andachtsbüchern auch erklärt. Dabei fehlt jedoch etwas: Man verpasst dabei, die Bibel in ihrer Gesamtheit kennenzulernen. In diesen Büchern wird immer nur ein sehr kleines Spektrum der Bibel abgedeckt, eine ganze Menge geht verloren. Ich habe mir zum Ziel gesetzt, in jedem Jahr einmal die Bibel ganz durchzulesen. Dies ist bei drei Kapiteln pro Tag möglich. Wem dies zuviel ist, kann es mit einem Kapitel pro Tag auch in drei Jahren machen. Es ist einfach wichtig, dass wir auf diese Weise lernen, was die Bibel alles zu sagen hat.
TL;DR: Die Bibel zu lesen und zu kennen ist das Wichtigste. Wir sollten Andachtsbücher nur als Mittel dazu nutzen, die Bibel jedoch in ihrer Gesamtheit immer wieder von vorne bis hinten durchlesen.
7. Lesen, wenn zu wenig Zeit ist
Was, wenn nun zu wenig Zeit ist? Was wir mit unserer Zeit machen, ist immer eine Frage der Priorität. Wenn es uns wichtig ist, unseren Verstand so zu schulen, dass auch er zur Ehre Gottes genutzt werden kann, werden wir nicht darum herum kommen, immer wieder zu lesen. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass es gut machbar ist, pro Tag eine bestimmte Zeit – etwa eine halbe Stunde – für solches aktives Lesen einzuteilen – und dann auch dafür zu nutzen. Auf diese Weise kann man zwar nicht innerhalb weniger Tage dicke Schmöker durchlesen, aber auf längere Zeit verteilt kommt man so auch ans Ziel. Manchmal lohnt es sich auch, die Prioritäten unserer Aktivitäten zu überdenken und neu auszurichten. Dabei kann man sich etwa die Frage stellen, welchen Stellenwert die sozialen Medien, der Fernseher oder das neue Computerspiel haben sollen.
TL;DR: Um zum Lesen Zeit zu finden, kann es nötig sein, Prioritäten neu zu ordnen. Bücher können auch mit wenig Zeitaufwand pro Tag über längere Zeit hinweg gelesen werden.
Was denkst Du zu diesen Gedanken, lieber Leser? Welche der Tipps gefallen Dir gut, welche vermisst Du? Gibt es Themen, zu welchen Bücher gesucht werden? Auf Wunsch kann ich gerne mal mein stetig wachsendes Bücherregal durchsuchen. Ich freue mich über jeden konstruktiven Kommentar!

Mark Dever – Persönliche Evangelisation

Mark Dever – Persönliche Evangelisation
„Warum evangelisieren wir nicht?“ Mit dieser Frage und einer ganzen Reihe von Antworten steigt Mark Dever in das Buch ein. Besonders gut und wichtig fand ich folgende Antwort: „Dass wir beim Evangelisieren versagen, liegt zum Teil daran, dass wir ein mangelhaftes Verständnis davon haben. Gott verwendet nicht so sehr die evangelistische Gabe (obwohl es eine biblische Gabe des Evangelisten gibt), sondern die Treue Tausender und Millionen von Christen, die niemals behaupten würden, evangelisieren sei ihre Gabe. Deine Schlussfolgerung, dass du nicht für eine bestimmte Aufgabe begabt seist, befreit dich nicht von der Verantwortung zu gehorchen. Daraus ziehst du vielleicht den Schluss, dass evangelisieren nicht deine Gabe ist, aber es ist immer noch deine Pflicht.“ (S. 21)
Zusammengefasst besteht seine positive Antwort, was wir tun können, aus 12 Schritten: „Wir wollen über 12 mögliche Schritte nachdenken: Bete, plane, akzeptiere es, verstehe, sei treu, riskiere etwas, bereite dich vor, schaue voraus, liebe, fürchte, höre auf und gedenke.“ (S. 20)
Im zweiten Kapitel geht Mark auf das Evangelium ein. Die Schwierigkeit ist, dass heutzutage viel zu viele Menschen ein falsches Verständnis davon haben, was das Evangelium nun ist (und was es nicht ist). Zunächst entlarvt er vier falsche aber leider weit verbreitete Vorstellungen vom Evangelium: Die Gute Nachricht lautet nicht einfach „Ich bin ok“ (S. 28ff), Die Gute Nachricht lautet nicht einfach „Gott ist Liebe“ (S. 31ff), Die Gute Nachricht lautet nicht einfach „Jesus möchte unser Freund sein“ (S. 33ff) und Die Gute Nachricht lautet nicht: „Wir sollen rechtschaffen leben“ (S. 35ff). An dieser Stelle hätte ich gerne noch einen fünften Teil gehabt namens: Die Gute Nachricht lautet nicht: „Wir sollen die Gesellschaft transformieren [oder: verändern]“.
Am Ende dieser vier Teile, die erklären, was das Evangelium nicht ist, kommt er auf den Punkt und macht dem Leser klar: „Wer in unserer Gemeinde in Washington Mitglied werden möchte, den bitte ich, mir das Evangelium in nur einer Minute zu sagen. Wie würdest du das Evangelium in aller Kürze formulieren? Ich habe folgende Kurzfassung überlegt:
Die gute Nachricht des Evangeliums ist: Der wahre und heilige Gott, der alles geschaffen hat, schuf auch uns Menschen, und zwar nach seinem Bild, um ihn zu erkennen. Doch der Mensch fiel in Sünde und Verdammnis. Aber in seiner großen Liebe wurde Gott in Jesus Mensch, lebte ein vollkommenes Leben und erfüllte das Gesetz. Er starb als Sühnopfer am Kreuz und nahm die Strafe all derer auf sich, die zu ihm umkehren und ihm vertrauen. Er ist von den Toten auferstanden, was beweist, dass Gott das Opfer Christi angenommen hat und dass sein Zorn gegen uns gestillt ist. Er ruft uns nun dazu auf, über unsere Sünden Buße zu tun und allein auf ihn zu vertrauen, um Vergebung zu erlangen. Wenn wir unsere Sünden bereuen und auf Christus vertrauen, sind wir wiedergeboren zu einem neuen Leben, einem ewigen Leben mit Gott.“(S. 38f)
Im dritten Kapitel geht es darum, wem der Auftrag, zu evangelisieren, gegeben ist. Mark Dever macht jetzt klar, dass dieser Auftrag jedem wiedergeborenen Christen gilt. Jeder, der dem Herrn Jesus gehört und Sein Nachfolger ist, hat diesen Auftrag bekommen. Das vierte und fünfte Kapitel dient dazu, eine ausgewogene Praxis des Evangelisierens zu finden. Dies soll mit Ehrlichkeit und auch mit einer gewissen Dringlichkeit geschehen, aber auch mit Freude. Menschen sollen in die Gemeinde eingeladen werden, aber auch dazu, selbst nachzudenken. Ebenso wertvoll sind auch die Hinweise, was kein Evangelisieren ist: Es ist kein Aufdrängen, es ist auch kein persönliches Zeugnis geben, auch kein soziales oder gesellschaftliches Engagement, aber auch keine Apologetik. Diese Dinge können ein Teil des Evangelisierens sein, aber nicht das Ganze.
Wertvoll ist auch das sechste Kapitel, in welchem Mark auf die möglichen Reaktionen eingeht, die auf das Evangelium folgen. Manche lehnen ab, andere sind unentschlossen, aber hin und wieder gibt es auch zustimmende Reaktionen und Menschen, die tatsächlich für den Herrn Jesus gewonnen werden. Im siebten Kapitel geht es um die Motivation, weshalb wir evangelisieren sollen. Was sind unsere Motive dabei? Warum tun wir das überhaupt?
Den Schluss bildet der Epilog, in welchem sich Dever mit neumodischen Techniken auseinander setzt, die die Evangelisation als einen Verkaufsabschluss betrachtet und mit psychologischen Tricks versucht, den „potentiellen Kunden“ dazu zu bringen, etwas zu tun. Leider habe ich solche Techniken schon öfter sehen müssen als mir lieb war. Das Resultat eines evangelistischen Gesprächs hängt nicht von unseren Techniken und Methoden ab, sondern es ist allein von Gottes Wirken abhängig.
Dieses kurze Buch (123 Seiten) ist leicht verständlich, aber wohltuende Kost für jeden, der den Auftrag wahrnehmen möchte, das Evangelium von Jesus Christus weiter zu geben. Ich empfehle es sehr. Wer es bestellen möchte, kann dies hier tun. Übrigens findet im Oktober diesen Jahres in der Arche Gemeinde Hamburg die Eckstein Konferenz zum Thema „Persönliche Evangelisation“ statt, die ich Interessierten auch empfehlen möchte.C. J. Mahaney und Jeff Purswell sind als Gastsprecher eingeladen.

C. S. Lewis – Vom Lesen der alten Bücher

Vor einigen Jahrzehnten hat C. S. Lewis, besonders durch seine Chroniken von Narnia bekannt geworden, einen wertvollen Aufsatz über das Lesen der alten Bücher geschrieben. Er ist im Band “God in the Dock” zu finden. Hier ein Auszug von diesem Aufsatz:

“Es gibt eine merkwürdige, weit verbreitete Idee, dass zu allen Themen die alten Bücher nur von den Fachleuten gelesen werden sollen, und der Laie sich mit den modernen Büchern begnügen soll. So habe ich als Tutor für englische Literatur empfunden, dass wenn der durchschnittliche Student etwas über den Platonismus herausfinden wollte, es das Letzte ist, was er tun würde, dass er eine Übersetzung von Plato aus dem Regal der Bibliothek nehmen würde und das Symposium lesen. Viel eher würde er ein paar langweilige moderne Bücher lesen, die zehn mal so lang sind, mit vielen „-Ismen“ drin und wer davon beeinflusst wurde, und sich gerade mal zwölf Seiten mit dem befassen, was Plato tatsächlich sagte. Der Fehler ist eigentlich eher ein liebenswerter, denn er entspringt der Demut. Der Student ist nun halbwegs verängstigt, einen von den Philosophen von Angesicht zu Angesicht zu treffen. Er fühlt sich unzulänglich und denkt, er würde ihn nicht verstehen. Doch wenn er nur wüsste, dass der große Mann gerade wegen seiner Größe viel besser verständlich ist als der moderne Kommentator. Der einfachste Student wird fähig sein, wenn nicht alles, so doch einen sehr großen Teil von dem zu verstehen, was Plato sagte; aber schwerlich wird irgendwer fähig sein, manche der modernen Bücher über den Platonismus zu verstehen. Als Lehrer war es deshalb immer einer meiner größten Bestrebung, die jungen Leute zu überzeugen, dass das Wissen aus erster Hand zu erwerben nicht nur mehr Wert hat als Wissen aus zweiter Hand, sondern dass es normalerweise auch viel einfacher und angenehmer zu erwerben ist.

Dieser irrtümliche Vorzug für die modernen Bücher und die Scheu vor den alten ist nirgendwo zügelloser als in der Theologie. Wo immer man einen kleinen Studienkreis von christlichen Laien findet, kann man sich fast gewiss sein, dass sie nicht die Apostel Lukas oder Paulus oder den Kirchenvater Augustinus oder Thomas von Aquin oder Hooker oder Butler lesen, sondern M. Berdyaev oder M. Maritain oder M. Niebuhr oder Miss Sayers oder gar mich.

Nun, dies erscheint mir auf den Kopf gestellt. Natürlich, da ich selbst ein Autor bin, wünsche ich nun nicht, dass der durchschnittliche Leserkeine modernen Bücher mehr liest. Aber wenn er sich entscheiden müsste, entweder nur die neuen oder nur die alten Bücher zu lesen, so würde ich ihm den Rat geben, die alten zu lesen. Und ich würde ihm diesen Ratschlag genau deshalb geben, weil er ein Laie ist und deshalb viel weniger gut geschützt vor den Gefahren einer exklusiv modernen Diät als der Experte. Ein neues Buch ist immer noch auf dem Prüfstand und der Amateur ist nicht in der Position, um das zu beurteilen. Es muss getestet werden im Licht der Gesamtheit des christlichen Denkens durch all die Jahrhunderte hindurch, und all seine verborgenen Auswirkungen (die ja oft vom Autor selbst gar nicht gewollt sind) müssen zuerst ans Licht kommen. Oft kann es gar nicht ganz verstanden werden, ohne dass man eine ganze Reihe anderer moderner Bücher kennt. Wenn du um elf Uhr zu einem Gespräch hinzustößt, welches um acht Uhr begonnen hat, wirst du oft gar nicht die ganze Tragweite dessen sehen, was gesagt wurde. Bemerkungen, die dir sehr normal erscheinen, werden Gelächter oder Verwirrung hervorbringen, ohne dass du verstehst, warum – der Grund liegt natürlich darin, dass die vorangehenden Stationen der Diskussion diesen einen besonderen Punkt gegeben hat. In derselben Weise ist es möglich, dass Aussagen in einem modernen Buch, die total normal aussehen, an ein anderes Buch gerichtet sind; auf diese Weise kann es geschehen, dass du dazu geführt wirst, etwas zu akzeptieren, was du sonst empört abgelehnt hättest, wenn du seine tatsächliche Bedeutung kennen würdest. Die einzige Sicherheit, die wir haben können, besteht darin, dass wir einen Standard des klaren, zentralen christlichen Glaubens haben („bloßes Christentum“, wie Baxter es nannte), welcher die Kontroversen der eigenen Zeit in ihre richtige Perspektive bringt. Es ist eine gute Regel, nachdem man ein neues Buch gelesen hat, sich nie zu erlauben, schon wieder ein neues Buch zu lesen, bis man zwischendurch ein altes Buch gelesen hat. Wenn dir das zu viel ist, solltest du mindestens pro drei neue Bücher ein altes lesen.

Jedes Zeitalter hat seinen eigenen Standpunkt. Es ist besonders gut darin, bestimmte Wahrheiten zu sehen und neigt besonders zu bestimmten Fehlern. Wir alle brauchen die Bücher, welche die charakteristischen Fehler unserer Zeit korrigieren. Und das bedeutet: Die alten Bücher. Alle zeitgenössischen Autoren haben ein Stück weit den zeitgenössischen Standpunkt – sogar jene, wie ich selbst, welche ihm am meisten zu opponieren zu scheinen. Nichts macht mich mehr betroffen, wenn ich die Kontroversen der vergangenen Jahrhunderte lese, als die Tatsache, dass beide Seiten normalerweise Dinge voraussetzten, ohne sie in Frage zu stellen, von denen wir einiges absolut ablehnen müssen. Sie dachten, sie wären einander derart entgegengesetzt, wie es nur geht, aber in Wahrheit waren sie im Geheimen Verbündete – verbündet miteinander gegen frühere und spätere Zeiten – durch eine gute Menge an gemeinsamen Annahmen. Wir können uns sicher sein, dass die charakteristische Blindheit des 20. Jahrhunderts – die Blindheit, von der die Nachkommenschaft fragen wird: „Aber wie konnten sie nur so etwas gedacht haben?“ – genau dort liegt, wo wir sie nie vermutet hätten, und das betrifft etwas, worüber sich ungetrübte Übereinstimmung zwischen Hitler und Präsident Roosevelt oder zwischen H. G. Wells und Karl Barth ist. Niemand von uns kann dieser Blindheit vollkommen entgehen, aber wenn wir nur moderne Bücher lesen, werden wir sie mit Sicherheit vergrößern und unsere Wachsamkeit davor schwächen. Wo sie wahr sind, da werden sie uns Wahrheiten geben, die wir zum Teil schon kennen. Wo sie falsch sind, da werden sie den Fehler verstärken, an dem wir schon gefährlich erkrankt sind. Das einzige Mittel zur Linderung ist es, die saubere Meeresbrise der Jahrhunderte durch unseren Verstand wehen zu lassen, und dies kann nur durch das Lesen alter Bücher geschehen. Natürlich gibt es keine Magie des Vergangenen. Die Menschen waren dann nicht klüger als als sie es jetzt sind; sie machten etwa gleich viele Fehler wie wir. Aber nicht dieselben Fehler. Sie werden uns nicht in unseren Fehlern schmeicheln, die wir bereits begehen, und ihre eigenen Fehler, die jetzt offensichtlich und greifbar sind, werden uns nicht in Gefahr bringen. Zwei Köpfe sind besser als einer, nicht weil einer unfehlbar wäre, sondern weil es unwahrscheinlich ist, dass beide in dieselbe Richtung falsch gehen. Um sicher zu gehen, wären die Bücher der Zukunft eine ebenso gute Möglichkeit zur Korrektur wie die Bücher der Vergangenheit, aber leider können wir nicht an sie gelangen.”

(aus: C. S. Lewis – Vom Lesen der alten Bücher, in: God in the Dock; eigene Übersetzung)

Vom Hören der Predigt und vom Lesen

Im Jahre 1960 hat D. Martyn Lloyd-Jones eine bemerkenswerte Lektion über das Erlangen von echter und falscher Erkenntnis gehalten. Im Zeitalter von Internet und freier Verfügung von so viel Wissen ist die Gefahr, die er anspricht, noch viel größer geworden. Ein lesenswerter Auszug aus diesem Vortrag:
„Aber wir müssen dem dritten Grund mehr Aufmerksamkeit widmen, welcher etwas kontroverser sein könnte. Ich bin der Meinung, dass es eine ganz spezielle Gefahr gibt an diesem Punkt und in dieser Beziehung der Diskussion, wo es um das Ausspielen von Lesen gegen Predigen geht. Vielleicht ist das eine der größten aller Gefahren in der Zeit, in der wir leben. Ich stelle fest, dass das Lesen viel gefährlicher ist als das Hören der Predigt, und ich weise darauf hin, dass eine wirklich echte Gefahr entsteht, wenn jemand seine Zeit nur mit Lesen verbringt und nicht unter die Kraft der Predigt kommt. Was will ich damit sagen? Ich will damit ungefähr folgendes sagen: Wenn jemand ein Buch liest, so hat er in einem gewissen Sinne die gesamte Kontrolle. Es hängt zwar teilweise vom Buch ab, ich weiß, aber sobald er beginnt, sich unwohl zu fühlen, kann er es zumachen und einen Spaziergang machen, oder – er kann viele Dinge tun. Aber all das kannst du nicht tun, während du eine Predigt hörst. Natürlich, es könnte sein, dass du so unhöflich bist, um aufzustehen und hinauszugehen, und manche Leute tun das ja auch, aber aufs Ganze gesehen ist das nicht üblich.

Das Predigen schützt uns deshalb in gewisser Weise vor diesen besonderen Gefahren, die aus dem Lesen allein resultieren, natürlich vorausgesetzt, es handelt sich um echtes Predigen. Denn wenn jemand echtes Predigen hört, so kommt er unter die Macht der Wahrheit, und zwar in einer Weise, in die er beim Lesen allein nicht kommt. Ob du jetzt die Definition des Predigens von Phillips Brooks magst oder nicht, der sagte, es sei „Wahrheit vermittelt durch Persönlichkeit“, aber sie beinhaltet eine Menge Wahrheit, und die Bibel gibt uns viele Beispiele dafür. Gott gebraucht die menschliche Persönlichkeit. Nicht nur das, sondern der Prediger erklärt nicht nur die Bibel, sondern er macht auch Anwendungen und sorgt dadurch dafür, dass die Anwendung auch ihr Ziel findet. Wenn jemand ein Buch liest, so kann es sein, dass er nie zu einer Anwendung kommt. Er kann sich dazu entscheiden, das Buch zu schließen und aufzuhören, wann immer er möchte; es gibt kein Beharren auf die Anwendung. Ich fürchte, dass in unserer Zeit, wo die Menschen dazu tendieren, immer weniger und weniger Predigten zu hören, und Predigten immer kürzer und kürzer werden, und unser Vertrauen in das Lesen immer größer wird, dass wir deshalb dieser Gefahr noch viel mehr ausgesetzt sind als unsere Vorfahren. Natürlich verurteile ich keinesfalls das Lesen an und für sich oder sage, dass es keine Veröffentlichungen mehr geben solle! Aber keinesfalls! Ich versuche lediglich die gefährliche Tendenz zu zeigen und halte an der Wichtigkeit und am Vorrang, sowie an der Überlegenheit des Predigens fest. Wir müssen unter die Kraft der Wahrheit gebracht werden. Wir mögen das nicht, aber das ist die Aufgabe eines Predigers, und wenn er dies verfehlt, so ist er ein armseliger Prediger. Wir versuchen immer, diesen Schlussfolgerungen und Anwendungen zu entkommen, aber der Prediger bringt diese ans Ziel. Er hält uns fest, sorgt dafür, dass wir ihnen ins Gesicht sehen müssen, und dadurch beschützt er uns vor bestimmten Gefahren. Eine Zeit, in welcher dem Lesen mehr Wichtigkeit beigemessen wird als dem Hören der Predigt ist immer eine gefährliche Lage. (D. M. Lloyd-Jones, The Puritans: Their Origins and Successors, S. 29 – 30, Übersetzung von mir)