Geschichten von Glaubenskrisen

Der dritte und letzte Hauptteil des Buches beinhaltet vier persönliche Geschichten, die sich um Glaubenskrisen drehen.
Brad Cecil – „Ich sagte dir, wir waren nicht verrückt!“
Den Anfangspunkt seiner Glaubenskrise sieht Brad Cecil in den Worten seines Professors im theologischen Seminar: „Man könnte es so interpretieren, aber es wäre falsch.“ (S. 166) Ihm wurde klar, dass man, um diesem Professor zustimmen zu können, von den gleichen Voraussetzungen ausgehen muss. Dies begann Cecil, der sich bis damals als „evangelical of the fundamentalist persuasion“ mit „[…] evidentiary apologetics, fundamentalism, literalism, dispensationalism, conservative theology, and evangelical eschatology“ (S. 167) bezeichnete, herauszufordern. Auf der Reise, die damit begann, wurde er zu einem Vertreter des Postmodernismus.
Auf seiner Suche kam er von Ludwig Wittgenstein über Jacques Derrida zu Richard Rorty. Da es in seiner Gemeinde damals (1995) zu wenig junge Erwachsene gab, begann er mit einer neuen Art von Gottesdiensten, die hauptsächlich auf „sharing life with people“ (S. 172) baute. Dies baute auf einem neuen Konzept von Wahrheit auf: „The new understanding of truth means that you cannot obtain truth if you aren’t participating in community. A new concept of truth has emerged: community equals truth.“ (S. 175)
Hierzu gäbe es eine Menge zu sagen. Ich spare mir das Meiste für einen späteren Post, nur ein kurzer Gedanke dazu: Die Emerging Church hat die Wichtigkeit der Gemeinschaft nicht für sich gepachtet. Schon lange davor, mitten im Zeitalter der Moderne, gab es diese Gemeinschaft. Man erinnere sich zum Beispiel nur an L’Abri und Francis und Edith Schaeffer.
Jay Bakker – Schockierende, unerwartete Gnade
Bakker war der Sohn der ehemaligen Televangelisten Jim und Tammy Bakker, die auf dem Sender CBN ihre Show „PTL“ (Praise The Lord) hatten. Als Jay 11 Jahre alt waren, kam so einiges über seine Eltern ans Tageslicht – der Vater kam ins Gefängnis und die Mutter ließ sich einige Jahre später scheiden.
Jay Bakker erlebte Gott in seiner Kindheit vor allem als Auge. Gott sieht alles, und wir müssen immer bereit sein, wenn Jesus wiederkommt. Durch den Skandal mit seinen Eltern verlor Bakker seine gesamte Identität – plötzlich wollte niemand mehr etwas mit ihm zu tun haben. Er übernahm eine Stelle in der Jugendarbeit, und doch hatte er die ganze Zeit Angst davor, einen Fehler zu machen.
Die Worte, die sein Leben veränderten, waren: „Even if you’re out here smoking cigarettes, God still loves you!“ (S. 186) Er begann, die Bibel für sich selbst zu lesen und sie sich selbst zuzusagen. Und hier liegt ein großes „Geheimnis“. Wir alle brauchen unser ganzes Leben lang, uns selbst immer wieder die Bibel zuzusprechen. Wir haben die Aufgabe, uns selbst das Evangelium zu predigen. Der Glaube kommt aus der Predigt, die Predigt aus Gottes Wort.
Deshalb nennt Bakker sein Kapitel auch „Schockierende, unerwartete Gnade“ und ich denke, dass es insgesamt ein gutes, wertvolles Kapitel ist. Ich bin der Meinung, dass er mit manchen Sätzen auf der anderen Seite vom Pferd fällt, aber es ist einiges echt gut, sodass wir davon ruhig lernen dürfen. Alles prüfen und das Gute behalten ist in unserer Zeit ganz besonders wichtig. Zu oft wird alles ungeprüft angenommen oder alles ungeprüft verworfen.
George R. Baum – Aus dem Wasser auftauchend
Baum wuchs in einer lutheranischen Gemeinde auf – und war immer wieder erstaunt, wie oft man ihm dort sagte: „Erinnere dich an deine Taufe!“, denn diese fand in einem Alter statt, an das man sich ja keinesfalls erinnern konnte. Christsein hatte für ihn vor allem mit Regeln zu tun: „It seemed to me that what folks really wanted to see in my relationship with God was good behaviour. Doing the right thing didn’t seem to be related to any earthly rewards (other than the obvious ability to sit down comfortably), but I was struck deep with the notion that God wanted me to behave.“ (S. 194)
Baum kommt immer wieder auf den „Sack O’ Faith“ zu sprechen. Mit diesem „Sack des Glaubens“ meint er die Gesamtheit dessen, was er zu glauben gelehrt hat. Der Rucksack, in dem sein Glaube aufbewahrt wird, könnte man sagen. Er wollte allerdings nicht wissen, was in diesem Rucksack drin ist – denn es machte ihm Angst.
Doch es kam, wie es kommen musste: Als sein Bruder an AIDS erkrankte, geriet er in eine Krise, in der er sich bewusst wurde, was in seinem „Sack O’Faith“ war: „As I looked in my bag of religious phrases and philosophies I came up empty.“ (S. 196) Baum wurde sich bewusst, dass er sich in einem Zustand befand, den die Bibel mit „geistlich tot“ beschreibt. Durch das Lesen von Lazarus, der von den Toten auferweckt wurde, fasste er Hoffnung und kam zum Glauben: „It was the story of Lazarus to which I clung, for many reasons. First and foremost, Lazarus didn’t bring himself out of the grave. Nobody blamed him for being dead, though they did sort of blame Jesus, I suppose. But all Lazarus did was die and then come out when Jesus called.“ (S. 200)
So bekam das Totsein und Auftauchen aus dem Wasser in der Taufe für ihn eine ganz neue und echt lebendige Bedeutung, wie Paulus dies in Römer 6, 3 – 6 beschreibt. Erinnere dich an deine Taufe!
Parush R. Parushev – Glaube, der zählt, in der Kultur von Gespenstern
In Bulgarien kurz nach dem 2. Weltkrieg geboren, wuchs Parushev in einer Familie von fanatischen Kommunisten auf. Er selbst gab sich diesem Glauben an den Kommunismus auch hin – bis zu dem einen Moment, in welchem er katholischen Gläubigen aus Polen begegnete. Was ihn beeindruckte, war, dass sie ein ganz anderes Leben lebten: „This is how, upon meeting those Polish believers, it occurred to me that something was wrong with the beliefs of my family. Although two generations before me were ready to die for their beliefs, Communism wasn’t enough to regenerate the lives of others. In fact, the moral life of the socialist community I was living in was degenerating every year.“(S. 208)
Er und seine Frau fanden den Weg zu den Gemeinschaften der Baptisten und Pfingstler. Dieses Erlebnis beschreibt er folgendermaßen: „Something new entered our life. It began with a real conversion experience out of which came a sense that a new reality, not human-made, was emerging. We encountered the presence of a Ghost who was real, the Holy Spirit of God himself. In the world around us – about to fall apart – that presence was bringing new meaning into our lives, with wholeness, joy, and fulfilling hope.“ (S. 212)
Sie gingen dann zusammen in die USA, um dort Theologie zu studieren. Nach dem Studium kamen sie nach Europa zurück und versuchen, der Kirche hier zu helfen, mit den Schwierigkeiten einer nachchristlichen Gesellschaft klarzukommen: „Now in many parts of Europe the church has to learn to be a minority, witnessing to a culture that is increasingly secularist and aggressively antireligious.“ (S. 217)

Truth Decay – Die Auflösung der Wahrheit

Über die vergangenen etwa acht Monate hinweg habe ich in unregelmäßigen Abständen und mit zahlreichen Anläufen das Buch „Truth Decay – Defending Christianity against the Challenges of Postmodernism“ von Douglas Groothuis gelesen. Es ist ein wahnsinnig herausforderndes Buch, und manchmal habe ich schon über einen kurzen Abschnitt für Tage oder Wochen zu kauen gehabt. Es ist auf englisch geschrieben, und ich muss vorausschicken, dass es auch sprachlich nicht ganz einfach zu lesen ist. Wer sich aber die Mühe macht und entweder besser englisch kann als ich oder auch ein Wörterbuch zur Seite hat, wird mit den zahlreichen guten Gedanken in dem Buch wahrlich reich belohnt. Groothuis ist von Francis A. Schaeffer beeinflusst, was natürlich aus meiner Sicht für ihn spricht. Man merkt es im Buch nicht nur an den Zitaten von Schaeffer, sondern auch an den glasklaren Gedankengängen, sowie auch an der Deutlichkeit der Sprache und der Liebe zur Kunst. Douglas Groothuis, Truth Decay, InterVarsity Press, 2000, Amazon
In der Einführung(S. 9 – 15) gibt Groothuis einen kurze Einblick in das Thema, sowie einen guten Überblick über den Aufbau des Buches. Er betont mit Angabe von Römer 1, 18 – 20, dass jeder Mensch Gott erkennt, aber zugleich eine natürliche Abneigung gegen diese Erkenntnis hat.
Das erste Kapitel, „Wahrheit in Gefahr“ (S. 17 – 31), handelt von der Wahrheit an sich. Es geht darum, dass in der Geschichte der Menschheit immer davon ausgegangen wurde, dass es Wahrheit an sich gibt. Als die ersten Staaten der USA 1776 ihre Unabhängigkeit ausriefen, konnten sie sich darauf berufen, dass gewisse Wahrheiten selbstverständlich sind, nämlich dass alle Menschen gleich geschaffen wurden, dass sie von ihrem Schöpfer mit bestimmten unveräußerlichen Rechten ausgestattet wurden, wie zum Beispiel Recht auf Leben, auf Freiheit und Streben nach Glück. Mit Richard Rorty und dem Postmodernismus jedoch kommt ein neuer Ton auf: Man müsse die Vorstellung hinter sich lassen, dass es Wahrheit gebe, die für alle Menschen gleichermaßen gültig sei. Diese Vorstellung sei auch in den Evangelikalismus eingedrungen, wo man vor diesen neuen Sichtweisen der Postmoderne kapituliert habe.
Das zweite Kapitel, „Von der Moderne zur Postmoderne“ (S. 32 – 59), beschäftigt sich noch näher mit der geschichtlichen Entwicklung. Die Geschichte wird zuerst von der Vormoderne zur Moderne, danach von der Moderne zur Postmoderne aufgezeigt. Dieser Schritt ist gar nicht so leicht zu beschreiben. Ist jetzt die Postmoderne eine Abkehr von der Moderne oder ist sie einfach der nächste logische Schritt, also gewissermaßen das grenzenlose Ausleben dessen, was als Same bereits in der Moderne angelegt war? Vermutlich beides zugleich. Für Vertreter der Postmoderne ist alles, was gesagt wird, lediglich eine leere Worthülse, die keine objektive Bedeutung hat, sondern von jedem Menschen selbst mit Inhalt gefüllt werden muss. Ein Text kann nicht mehr verstanden werden, weil man nie weiß, womit der Autor seine Worte in seiner eigenen Vorstellung verknüpft hatte. Da diese Sichtweise sich in der Gesellschaft etabliert, verliert die Geschichte ihre Bedeutung. Es gibt keine Geschichte mehr, sondern nur ganz viele Geschichten, so viele, wie es Kulturen oder gar Menschen gibt. Der Verlust der Geschichte geht einher mit dem Verlust der Identität, alles wird gleich gültig und damit auch gleichgültig.
Im dritten Kapitel, „Die biblische Sicht der Wahrheit“ (S. 60 – 82), kommt die Bibel zum Zug. Hier wird eine biblische Sichtweise von der Wahrheit entwickelt, die ich als sehr wohltuend im Chaos dessen empfand, was in den vorangegangenen Kapitel beschrieben wurde. Verschiedene hebräische und griechische Wörter für „Wahrheit“ werden untersucht, ebenso die Stellen, an denen sie auftreten, und Groothuis kommt zu acht wichtigen Schlussfolgerungen: Erstens, Wahrheit ist von Gott offenbart, sie wird nicht konstruiert oder erfunden von Individuen oder Gesellschaften. Zweitens, objektive Wahrheit existiert und ist erkennbar. Gott ist die Quelle der objektiven Wahrheit über sich selbst und seine Schöpfung. Drittens, christliche Wahrheit ist absolut in ihrem Wesen. Sie ist es ohne Ausnahme. Viertens, Wahrheit ist universell, das heißt, sie ist überall anwendbar, sie beschäftigt sich mit allem und schließt nichts aus. Fünftens, die Wahrheit von Gott schließt sich nicht an Trendsan. Sechstens, Wahrheit ist ausschließend, spezifisch und gegensätzlich. Für jedes theologische „Ja“ gibt es eine Million „Neins“. Siebtens, Wahrheit ist systematisch und einheitlich. Wahrheit ist eins, so wie Gott eins ist. Achtens, Wahrheit ist ein Ziel, und kein Zweck zu einem Ziel. Sie soll um ihrer selbst willen gewollt und gesucht werden. Ein wahrlich wohltuendes Kapitel!
Im vierten Kapitel, „Die Wahrheit über die Wahrheit“ (S. 83 – 110), beschreibt Groothuis die heutige Schwierigkeit, überhaupt von Wahrheit zu sprechen. Der Postmodernismus kennt auch Konzepte von der Wahrheit, die allerdings nichts mit der biblischen Sicht zu tun haben. Der Autor stellt fest, dass er bei einer Veranstaltung zum Thema „Spiritualität“ herausfand, dass er mit einer Muslima mehr gemein hatte als mit den meisten übrigen Besuchern. Obwohl sie sich darin unterschieden, WAS denn nun die Wahrheit sei, waren sie sich doch einig, DASS es tatsächlich objektive Wahrheit gibt. Wichtig ist in diesem Kapitel der Abschnitt über die postmoderne Sicht von Sprache und Wahrheit. Der Postmoderne betrachtet die Sprache als Konstrukt einer Gesellschaft und zugleich als Konstrukt des Individuums. Auf diese Weise gibt es keinen gemeinsamen Boden mehr, auf dem man sich objektiv verständigen kann. Zugleich betrachtet der Postmoderne auch das Wort „Wahrheit“ mit kritischem Blick, weil er denkt, dass dieses Wort zu lange missbraucht worden sei, um Menschen zu unterdrücken.
Das fünfte Kapitel, „Die postmoderne Herausforderung an die Theologie“ (S. 111 – 138), handelt von den Schwierigkeiten, die das postmoderne Denken in Bezug auf die biblische Wahrheit macht. Sehr gut finde ich die Feststellung von Groothuis, dass auch die Poesie theologische Aussagen macht. Sie ist nicht nur dazu da, um unsere Gefühle zu bewegen, sondern (und gerade) auch, um theologisch korrekte, wahre Feststellungen zu machen. Christus gehört jeder Quadratmeter des Universums, deshalb sind die Aussagen der Bibel auch nicht nur für die Menschen innerhalb der christlichen Gemeinschaft, sondern sie gelten allen Menschen universell. Die Bibel ist Offenbarung der Wahrheit, weshalb sie das Medium ist, durch welches jede Gesellschaft, jede Theorie und jede Aussage geprüft werden muss. Auf der einen Seite muss da die Abwehr gegen die Moderne sein, die versucht hat, die göttliche Offenbarung dem Verstand zu unterwerfen, zugleich aber auch die Abwehr gegen die Postmoderne, welche das Vorhandensein der universellen Wahrheit leugnet.
Im sechsten Kapitel, „Postmoderne und Apologetik“ (S. 139 – 160), kommt Groothuis auf sein wichtiges Anliegen der Apologetik zu sprechen. Es geht um die Frage: Wie können Christen in der postmodernen Welt die biblische Weltanschauung verteidigen? Zunächst müssen wir sehen, dass Jesus Christus von seinen Nachfolgern verlangt, bestimmte Wahrheiten zu glauben, ihnen zuzustimmen und sich selbst Christus als Gott hingeben und anvertrauen. Dafür braucht man bestimmte Dinge zu wissen. Manche davon können aus der Natur und dem eigenen Gewissen (s. Römer 1 und 2) abgeleitet werden. Andere kommen aus der göttlichen Offenbarung in der Bibel. Auf jeden Fall können diese gesehen, gehört, festgestellt, verstanden und akzeptiert werden. Wir brauchen nicht davor zurückzuschrecken, dass die Bibel voll von übernatürlichen Wundern ist, weil unser Anfangspunkt nicht der Mensch in seiner begrenzten Erfahrung ist, sondern der übernatürliche, allmächtige und allwissende Gott.
Dies wird im siebten Kapitel, „Apologetik für Postmoderne“ (S. 161 – 186), breiter ausgeführt. Zu Beginn weist Groothuis auf die Gefahr hin, „relevant“ sein zu wollen. Er betont, dass wir eher darauf achten sollten, uns mit der Kultur und dem Denken den Menschen (kritisch) auseinanderzusetzen, als zu versuchen, möglichst relevant zu erscheinen. Wenn die Welt voll von Künstlichkeit, kultureller Trivialität und billigen, nichtssagenden Worten ist, müssen wir, um Salz und Licht in dieser Welt zu sein, Worte sagen und schreiben, die Gewicht und Bedeutung haben, „Worte, die auf die unerschütterlichen, aber anwendbaren, Wahrheiten von Gottes Reich hinweisen.“ (S. 164) Wir müssen auch sagen, was alles die biblische Wahrheit NICHT lehrt, und wo sie im Gegensatz zu anderen Sichtweisen steht. Wichtig ist auch, dass wir sehen, dass die Gesetze der Logik für alle Menschen gleichermaßen gültig sind. Jede Weltanschauung muss mit den Gesetzen der Logik geprüft werden. Es kann nicht dasselbe gleichzeitig gültig und ungültig sein. Auf die Theorie des Postmodernismus angewandt, bedeutet dies zum Beispiel, dass die Aussage „jede Wahrheit ist nur ein Konstrukt“ auch auf diese Aussage angewandt werden muss, womit die gesamte Theorie in sich zusammenfällt. Warum schreiben Postmodernisten Bücher und lassen diese auch drucken und verlegen, wenn sie meinen, dass Bücher vom Leser nicht verstanden werden können? Der Postmodernismus versagt darin, ihre Aussagen auf sich selbst anwenden zu können und zeigt damit, dass er unfähig ist, irgend etwas in dieser Welt zu erklären.
Das achte Kapitel, „Ethik ohne Realität, postmoderner Stil“ (S. 187 – 210) befasst sich mit der Frage, was der Postmodernismus zur Ethik zu sagen hat. Wenn es keine objektive Wahrheit gibt, kann es dann überhaupt irgend etwas geben, was moralisch richtig oder falsch ist? Der Postmoderne muss – wenn er von moralisch richtigen und falschen Entscheidungen sprechen will – stets auf das abendländisch-christliche Fundament der Wahrheit zurückgreifen. Richard Rorty ist hier zum Beispiel sehr inkonsequent und meint, dass man innerhalb seiner moralischen Tradition bleiben und diese verteidigen solle. Er denkt, dass jede Gesellschaft ihre eigene Moral definieren solle, aber keine ihre eigenen Standards von anderen erwarten könne. Ganz anders Michel Foucault: Er war als konsequenterer Postmoderner für den absoluten Anarchismus. Für Foucault war jede Wahrheit und jede Moral die Quelle der Unterdrückung Anderer. So gesehen ist die Forderung nach Abschaffung aller Gesetze, Regierungen und so weiter, nur der nächste logische Schritt für den Postmodernen. Woher aber Foucault wissen kann, dass es tatsächlich ein guter Schritt sein soll, bleibt im Dunkel. Auch der Postmoderne braucht Maßstäbe, um „gut“ und „falsch“ zu unterscheiden – und widerspricht damit seiner Weltanschauung.
Im neunten Kapitel, „Rasse, Geschlecht und Postmoderne“ (S. 211 – 238), führt Groothuis das Konzept der Minderheiten in der Theorie des Postmodernismus aus. Der Postmoderne betrachtet – wie bereits gesagt – das Konzept der Wahrheit als Mittel, um Minderheiten zu unterdrücken. Dass dies zum Teil so geschehen ist, kann niemand leugnen. Es ist die traurige Wahrheit, dass im Namen der Wahrheit ganze Völker ausgebeutet und eliminiert wurden. Dennoch darf man nicht übersehen, dass die Aufhebung der Sklaverei in den USA auf das Wirken von Christen initiiert wurde. Und so ist es auch wichtig, dass wir das biblische Konzept der Gottesebenbildlichkeit aller Menschen nutzen, und klarstellen, dass allen Menschen dieser Wert zugesprochen werden muss, weil er von Gott gewollt und geschaffen ist. Auch wenn ich den Ausführungen von Groothuis zu seiner gleichmacherischen („egalitarian“) Sichtweise in Bezug auf Mann und Frau nicht zustimmen kann, ist dieses Kapitel dennoch eine große Ermutigung zur Überwindung von Rassismus und Unterdrückung in jeder Form.
Das zehnte Kapitel, „Wahre Schönheit – die Herausforderung an die Postmoderne“(S. 239 – 262), ist für mich persönlich der Höhepunkt des Buches. Besonders da ich seit Langem denke, dass in unserem Evangelikalismus der Kunst ein viel zu geringer, oft auch belächelter oder gar abgelehnter Platz zugewiesen wird, bin ich den Ausführungen von Groothuis mit großer Freude gefolgt. Dies ist mit ein Kapitel, in dem deutlich wird, wie stark der Autor von Francis Schaeffer beeinflusst ist, nicht nur, indem er Schaeffers Buch „Art and the Bible“ mehrfach zitiert, sondern besonders auch, indem er Schaeffers Gedanken aufgreift und sie selbständig weiterdenkt. Er gibt uns eine biblische Sicht auf die Kunst, die uns hilft, alle Kunst zu beurteilen. Da jedes Medium eine Botschaft an sich enthält, muss auch diese Botschaft geprüft werden. Und dass Kunst ein Medium ist, welches Inhalte übermitteln möchte, wird wohl kaum jemand bestreiten können. Groothuis gibt uns sieben wertvolle Gedanken zur Kunst:
1. Gott schuf die Welt nach Seinem Willen und Design und erachtete sie als „gut“ – bereits bevor der Mensch geschaffen war. Ästhetik ist in dem Sinne nichts individuelles, sondern von Gott erfunden und zu Seiner und unserer Freude.
2. Gott schuf den Menschen nach Seinem Bild – als Haushalter und „Miterschaffer“ unter Gottes Befehl.
3. Es gibt gute Gründe dafür, dass Gott auch am ästhetisch (objektiv) Schönen Freude hat.
4. Die Tragödie kam in die Welt, als die Menschen von der Schlange verführt wurden. Dennoch bleibt der Mensch nach wie vor im Ebenbild Gottes geschaffen und kann so auch Dinge erfinden und erschaffen. Doch auch die guten, von Gott gegebenen, Gaben können missbraucht und gegen den Schöpfer und die Schöpfung eingesetzt werden durch die Sünde.
5. In der Ästhetik scheint die Transzendenz Gottes dennoch manchmal durch.
6. In der Schönheit, mit der die Stiftshütte damals und später der Tempel gebaut werden musste, zeigt sich Gottes Anliegen für die ästhetische Schönheit. Objektiv künstlerischer Wert wurzelt in Gottes Inspiration für dieses Werk. Sogar die Bauleute wurden noch besonders gesalbt für die Schönheit ihrer Arbeit.
7. Ein biblisches Verständnis der Kultur gründet sich darauf, dass die künstlerischen Gegenstände in der zukünftigen Welt gereinigt und transformiert sein werden. Dies sieht Groothuis zum Beispiel in Jesaja 60,5 begründet, wo mitten im Kapitel über die himmlische Stadt davon die Rede ist, dass der „Reichtum der Nationen“ dort sein wird.
Das elfte und letzte Kapitel, „Der Fixpunkt in einer postmodernen Welt“ (S. 263 – 280), handelt davon, dass in einer Welt, in der sich alles bewegt, der einzige Fixpunkt die Wahrheit der Bibel sein kann. Groothuis zitiert Blaise Pascals „Pensées“, wo dieser davon schreibt, dass wenn jeder sich in Richtung des Verderbens bewegt, sich niemand zu bewegen scheint, doch sobald jemand aufhören würde, so erscheine er allen anderen plötzlich als der Fixpunkt. Hier sieht Groothuis die Aufgabe des Christen. Er muss sich auf die Suche nach der Wahrheit machen und dann in Liebe die Konfrontation suchen. Es sei wichtig, dass wir die Lehre von der Berufung wieder entdecken würden. Die Leute würden von ihren „geistlichen Lebensstilen“ und „religiösen Vorlieben“ sprechen, statt von ihren von Gott festgelegten Pflichten, Verantwortlichkeiten und Privilegien. Der Mensch steht im Zentrum statt Gott. Die Lehre von der Berufung besagt, dass es keine Aufteilung zwischen dem Heiligen und dem Weltlichen gibt. Für den Christen ist sein ganzes Leben heilig. Christen sollen ihre Gaben entdecken und diese zu Gottes Ehre verstärken oder verbessern. Dadurch sollen wir eine große Freude entwickeln und es als Abenteuer sehen, nach Gottes Willen zu leben.
Im Appendix, „Fernsehen – Vertreter der Wahrheitsauflösung“ (S. 281 – 295), folgt eine Medienkritik im Stil von Marshall McLuhan, welcher dort auch mehrmals zitiert wird. Warum hilft das Fernsehen, die Wahrheit aufzulösen? Zunächst deshalb, weil im Fernsehen das Bild mehr Kraft hat als das Wort. Das Bild beherrscht das Fernsehen. Es bringt viele Eindrücke an den Sehenden heran, zu viele, um sie alle verarbeiten zu können, und zu schnell, um dies zu tun. Fernsehen manipuliert den Sehenden immer. Es gibt ihm das Gefühl, ein Geschehen miterlebt zu haben, obwohl er nur eine manipulierte – gekürzte und somit veränderte – Version davon gesehen hat. Fernsehen führt zu einer Auflösung der menschlichen Identität. Der Mensch ist nicht mehr selbst derjenige, welcher die Situation beurteilen kann, sondern ein anderer hat sie zuvor schon beurteilt und schickt dem Zuschauer die bereits beurteilte und so veränderte Version ins Haus. Nicht zuletzt bringt das Fernsehen dem Menschen auch eine gefälschte Welt ins Haus, in der alles fragmentiert (aufgesplittert) ist. Zudem fordert es vom Zuschauer, immer „up to date“ zu sein, und nimmt ihm dadurch Zeit, um sich tatsächlich mit der Wahrheit auseinanderzusetzen. Groothuis empfiehlt jedem, eine Zeitlang Fernseh-Fasten zu machen (mindestens eine Woche lang) und sich dabei zu überlegen, was sich in der Zeit für ihn ändert. Da ich sowieso kein Fernsehen habe, überlege ich mir, dies mit dem Internet zu machen.
Das Buch ist sehr lesenswert. Es braucht – wie eingangs geschrieben – eine gewisse Zeit zum Verdauen, aber das ist es mehr als Wert. Da das Buch 2000 geschrieben wurde, nimmt das Internet nur sehr geringen Platz ein. Ich würde mir wünschen, dass dies in einer erweiterten Ausgabe auch noch aufgenommen würde. Insbesondere der Wandel von Web 1.0 zu Web 2.0 hat auch in unserer Gesellschaft große und spürbare Veränderungen hinterlassen. Außerdem vermisse ich ein Literaturverzeichnis. Die Bücher sind in den Fußnoten beim ersten Auftreten vollständig angegeben, aber das Fehlen des gesamten Verzeichnis macht das Suchen etwas umständlich. Oder bin ich da schon zu faul und postmodern?
Wer sich mit dem Thema der Postmoderne oder dem Bezeugen der biblischen Wahrheit in unserer Zeit beschäftigt, dem möchte ich das Buch ans Herz legen.

Der Siegeszug Friedrich Schleiermachers

Der Theologe und Philosoph Friedrich Daniel Ernst Schleiermacher schrieb 1799 über das „Wesen der Religion“:

Ihr Wesen ist weder Denken noch Handeln, sondern Anschauung und Gefühl. Anschauen will sie das Universum, in seinen eigenen Darstellungen und Handlungen will sie es andächtig belauschen, von seinen unmittelbaren Einflüssen will sie sich in kindlicher Passivität ergreifen und erfüllen lassen.“ (Friedrich Daniel Ernst Schleiermacher, Über die Religion. Reden an die Gebildeten unter ihren Verächtern. Vandenhoeck & Ruprecht Göttingen, 2. Aufl. der Ausgabe zum Hundertjahr-Gedächtnis, herausgegeben von Rudolf Otto, S. 32)
Diese Gefühlsvergötzung greift in unserer Zeit um sich wie kaum zuvor. Das Denken und Erfassen mit dem Verstand wird immer mehr vernachlässigt, vielmehr steht das Gemeinschaftserlebnis und die dabei entstehenden Gefühle von Massensuggestion im Mittelpunkt. Nach Schleiermacher hat der Glaube also nichts mehr mit Nachdenken und auch nichts mit ethischem Handeln zu tun. Das gehört für ihn auch zum Leben, aber er teilt das ganze Leben in zwei getrennte Bereiche ein: Auf der einen Seite das Denken, Wollen und Handeln, das der Wissenschaft entspringt und auf der anderen Seite die Gefühlswelt und das passive Sich-Ergreifen-Lassen vom Unbekannten in – wie er das nennt – „kindlichem“ Glauben.
Wir müssen zwei Dinge dazu festhalten: Die Bibel spricht an keiner Stelle gegen Gefühle, denn die Gefühle gehören zu unserem Leben dazu, genauso wie das Denken auch. Aber die Bibel ruft zu einer Nüchternheit auf, was bedeutet, dass Gefühle – genau so wie das Denken – an einem absoluten Maßstab, nämlich der Bibel, geprüft werden müssen. Die postmoderne Haltung sagt aus: es ist gut, solange es mir ein gutes Gefühl gibt. Diese Haltung verkennt, dass Satan, der Gegenspieler Gottes, wie ein Engel des Lichts ist. Er kann ebenfalls wunderschöne Gefühle machen. Und als Drittes leben wir in einem menschlichen Körper, in dem man mit bestimmten Dingen ebenfalls Hormone ausschütten lassen kann, die uns dann ein gutes Gefühl geben. Ein gutes Beispiel ist die Tafel Schokolade, die uns einen Moment lang ein wunderbares Gefühl gibt, doch schon bald ihre Schwäche zeigt, indem man an den ungewolltesten Orten zuzunehmen beginnt.
Ein Zweites dazu: Die Bibel ruft uns dazu auf, uns verändern zu lassen. Dies geschieht dadurch, dass Gott uns einen fixen Maßstab gibt, der durch alle Jahrhunderte und Jahrtausende Gültigkeit hat. An diesem Maßstab muss unser Denken, Fühlen, Wollen und Handeln geprüft werden. Nicht unser Gefühl ist dabei ausschlaggebend, nicht unsere Erfahrung, sondern Gottes Wort, die Bibel. Gott möchte, dass wir uns an Seinen Maßstab anpassen, keinesfalls aber die Bibel an unseren persönlichen Maßstab. Paulus schreibt zu dieser Veränderung: Ich ermahne euch nun, ihr Brüder, angesichts der Barmherzigkeit Gottes, dass ihr eure Leiber darbringt als ein lebendiges, heiliges, Gott wohlgefälliges Opfer: das sei euer vernünftiger Gottesdienst! Und passt euch nicht diesem Weltlauf an, sondern lasst euch [in eurem Wesen] verwandeln durch die Erneuerung eures Sinnes, damit ihr prüfen könnt, was der gute und wohlgefällige und vollkommene Wille Gottes ist.(Römer 12, 1 – 2)
Diese Veränderung ist es, die wir brauchen. Ein neues Vertrauen in das irrtumslose Wort Gottes und eine gewisse Art von Zweifel an uns selbst. Wir haben in unserer Zeit nicht zu wenig Selbstvertrauen, sondern eher zu viel Selbstvertrauen und zu wenig Gottesvertrauen.

Familie als gesellschaftliches Konstrukt

Nachdem mit dem ganzen Genderismus-Wahnsinn das menschliche Geschlecht dekonstruiert wurde, muss nun – wie könnte es auch anders sein – die Familie als nächstes Opfer dran glauben. Gut versteckt hinter soziologischen Begriffen (man spricht nicht mehr von “familiär”, sondern von “familial”) lautet der Befehl zur kompletten Destruktion der Familie im EKD-Papier von heute “Familie als verlässliche Gemeinschaft stärken” nun so:

“Wir bringen tradierte Bilder und Vorstellungen von Familie mit, aber Familie ist kein fixes Gebilde, sondern eine alltägliche Gestaltungsaufgabe, die uns in jeder Lebensphase neu herausfordert und neue Erfahrungen mit sich bringt.” (S. 21)

In perfekter Übereinstimmung mit dem postmodernen Dogma, dass Sprache immer Konstruktion sei, wird uns so nach und nach das ganze Leben gestohlen und neu definiert. Nachdem nun seit Längerem die Abtreibung in den frühen Schwangerschaftswochen legalisiert ist, kann es nicht mehr allzu lange dauern, bis auch da dieses “gesellschaftliche Konstrukt der Abtreibung” neu definiert und auf postnatale Schwangerschaftsabbrüche erweitert werden muss. Die Zeit wird es zeigen…
Wie dankbar bin ich da für die klaren Worte von Paulus, mit denen er uns anleitet, gerade NICHT mit dem jeweiligen Zeitgeist zu gehen:
“Ich ermahne euch nun, ihr Brüder, angesichts der Barmherzigkeit Gottes, daß ihr eure Leiber darbringt als ein lebendiges, heiliges, Gott wohlgefälliges Opfer: das sei euer vernünftiger Gottesdienst! Und paßt euch nicht diesem Weltlauf an, sondern laßt euch [in eurem Wesen] verwandeln durch die Erneuerung eures Sinnes, damit ihr prüfen könnt, was der gute und wohlgefällige und vollkommene Wille Gottes ist.” (Römer 12, 1 – 2)

Die Verzweiflung unserer Zeit

Die Kunst hat schon immer sehr schnell gezeigt, woran wir sind. Nicht selten sind Künstler sehr feinfühlige Menschen mit der Fähigkeit, philosophische Trends noch deutlicher wahrzunehmen und vor allem wiederzugeben als manche seiner zeitgenössischen Philosophen. So war auch Friedrich Nietzsche erst in zweiter oder dritter Linie Philosoph seiner Zeit, in erster Linie aber Künstler, und zwar eine Art von Künstler mit besonders feinem Gefühl für Ästhetik und zugleich äußerst scharfem Intellekt, was seine Schriften zu einer geradezu prophetischen Angelegenheit machte. Er vermochte vor bereits weit über 100 Jahren den Nerv unserer heutigen Zeitepoche zu treffen. Zu seiner Zeit noch unverstanden, wurden seine Gedanken, sein alles durchdringender Intellekt, der auch vor bis hin zur Ohnmacht schmerzenden Konsequenz nicht haltmachte, zum Leitbild des 20. Jahrhunderts. In diesem wurden die Grenzen menschlichen Daseins neu ausgelotet. Gegen Ende jenes Jahrhunderts kommt im noch geteilten Berlin eine Musikgruppe auf die Bühne, welche mit ihrem gesamten Auftreten, ihrer Musik, ihrem Gesang, ihren Texten das Ende all dessen darstellten, was bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts Gültigkeit hatte. Die Grenzen waren ausgelotet, was sich nun breitmachte, war die Verzweiflung. Sie war die natürliche Folge dessen, was 100 Jahre zuvor Nietzsche gesehen hatte, als er seinem “tollen Menschen” die Worte in den Mund legte:
“Wohin ist Gott? rief er, ich will es euch sagen! Wir haben ihn getötet, — ihr und ich! Wir Alle sind seine Mörder! Aber wie haben wir dies gemacht? Wie vermochten wir das Meer auszutrinken? Wer gab uns den Schwamm, um den ganzen Horizont wegzuwischen? Was taten wir, als wir diese Erde von ihrer Sonne losketteten? Wohin bewegt sie sich nun? Wohin bewegen wir uns? Fort von allen Sonnen? Stürzen wir nicht fortwährend? Und rückwärts, seitwärts, vorwärts, nach allen Seiten? Gibt es noch ein Oben und ein Unten? Irren wir nicht wie durch ein unendliches Nichts? Haucht uns nicht der leere Raum an? Ist es nicht kälter geworden? Kommt nicht immerfort die Nacht und mehr Nacht? Müssen nicht Laternen am Vormittage angezündet werden?” (Friedrich Nietzsche, Die fröhliche Wissenschaft, 3. Buch, Aphorismus 125)
 Dadurch, dass der Mensch die Verbindung zu seinem Schöpfer nicht nur aufgab, sondern geradezu mit allen Mitteln zu leugnen versuchte, verlor er jegliche Fähigkeit zu einem sinnfindenden und sinnerfüllenden Leben. Gott wurde aus seinen Gedanken herausoperiert und durch einen Nihilismus ersetzt. Der einzige feste Bezugspunkt wurde damit aufgegeben. Der Mensch begann, sich selbst zum Bezugspunkt zu machen, er drehte sich nur noch um sich selbst. Seine eigenen Erfahrungen, seine Bedürfnisse, seine Erlebnisse, seine Gefühle, das war es noch, was zählte. Zurück blieb die Verzweiflung.
Diese Verzweiflung auf der Bühne inszeniert sieht dann so aus:
Dieser Song “Fütter mein Ego” von der Berliner Band “Einstürzende Neubauten” zeigt sehr lebhaft, wie diese Verzweiflung in der totalen Entfremdung von Gott und der totalen Enthemmung des Individuums aussehen kann. In den Lyrics heißt es unter anderem:
Fütter mein Ego!
Fütter mein Ego!
Fütter mein Ego!

Lass uns noch was Wodka holen
Russische Vitamine
Ich glaub, wir müssen nochmal hin
Ich glaub, der Typ schläft schon
Bestimmt! Niemals!
Zieh!
Niemals schlafen! Alles Lügen! Staubiges Vergnügen!
Telefon! Zieh!
Hörst du das nicht?
Eine fixe Idee geht durchs Zimmer
Riemenschneider schnitzt sie in meine Gehirnwindungen
Dübelt sich in meinen Kopf
Später dann
Kannst du Regale dran aufstellen, oder…
Zieh! Telefon! Jetzt aber wirklich
Sag mal hörst du das nicht?
Zieh! Das brennt ja wie verrückt!

Der Text hat jeden Zusammenhang verloren, das heißt, er besteht aus lauter einzelnen, jeglichen Zusammenhang entbehrenden Einzelstücken, die gerade durch die einzelnen Satzfetzen eine neue, eigene Message rüberbringen sollen. Diese Message wird allerdings im Gehirn des Hörers / Lesers zusammengesetzt, sodass es beliebig viele Möglichkeiten gibt, den Text zu verstehen. Dies ist sehr typisch für postmoderne Musik und Filme (man vergleiche dies zum Beispiel auch mit dem bekannten Film “Lola rennt”).
 Diese Verzweiflung, die entstanden ist durch die letztendliche Absage an den einen Gott der Bibel, der das Zentrum und der Bezugspunkt von allem sein möchte, ist heutzutage allgegenwärtig zu finden in unserer Kultur. Alles ist relativ geworden, nichts ist mehr wirklich zuverlässig. Um diese Verzweiflung zu überwinden gibt es nur ein einziges Mittel: Eine Rückbesinnung auf die Bibel, deren Wort wirklich absolut zuverlässig ist. Als Gemeinden haben wir den Ausweg aus dieser Verzweiflung heraus. Den einzigen Ausweg. Dieser ist Jesus Christus, dem wir vertrauen dürfen. Dies ist die Heilige Schrift, die in all ihren Aussagen absolut irrtumslos ist und die unserem Leben Sinn und den letztgültigen Bezugspunkt schenken möchte.
 Die Menschen von heute sind reif dafür, die Ernte steht weiss und wartet darauf. Haben wir denn auch den Mut, den Menschen in ihrer Verzweiflung Beistand zu schenken und für sie da zu sein? Haben wir den Mut, ihnen DEN zu verkünden, Welcher von Sich sagt (Johannes 14, 6): “ICH bin DER (einzige) Weg und DIE (einzige) Wahrheit und DAS (einzige) Leben! Niemand kommt zum Vater denn durch Mich!”?