Buchtipp: Killer City

Hohlbein, Wolfgang, Killer City, Bastei Lübbe AG, Köln, 2018, 494S. Verlagslink, Amazon-Link

Vielen Dank an den Verlag für das Rezensionsexemplar.

Wolfgang Hohlbein war mein Einstieg in die Welt der Fantasy-Romane. Ich erinnere mich noch ganz genau an die ersten Bände, die ich von ihm und Heike gelesen hatte. Märchenmond. Schattenjagd. Spiegelzeit. Unterland. Katzenwinter. Dreizehn. Und viele viele mehr. In der Schulbücherei gab es mehrere Regalbretter vom Ehepaar Hohlbein, manche auch nur von einem der beiden. Und dann waren da diese durchlesenen Nächte mit der Taschenlampe. Wolfgang Hohlbein führte mich später zu John Grisham, Stephen King, Dean Koontz und einigen mehr.

Und dann war da noch die erste Buchlesung, die ich in einem Basler Bücherladen am Aeschenplatz miterlebte. Eine leise Stimme, zwei unsicher umherirrende Augen. Ein paar Absätze aus seinem neusten Buch. Aufgeblüht ist der Autor dafür am Ende der Lesung, im Kontakt mit den einzelnen Menschen. Auch das ist wohl schon deutlich über 15 Jahre her. Ich kann es nicht mehr so genau zeitlich einordnen, aber es hat mich fasziniert, einen Bestseller-Autoren mal so zu erleben.

Dann gab es eine längere Pause, da mich irgendwann andere Autoren und neue Themen noch mehr interessierten. Bis ich vor Kurzem in einer eMail mal wieder über einen bekannten Namen stolperte: Wolfgang Hohlbein. Killer City sein neuster Roman. Thriller. Messer-Morde. Ein interessanter Protagonist. Mal sehen, wie Wolfgang Hohlbein heutzutage schreibt. Was wohl gleich geblieben ist? Was sich verändert hat?

Die Geschichte besteht aus zahlreichen Kapiteln, welche sich abwechselnd in der Gegenwart (Chicago 1893 bei der Weltausstellung) und in der Vergangenheit des Protagonisten Thornhill, in welcher dieser noch Boy genannt wurde. In der Schlacht von Gettysburg war Thornhill ein Zwölfjähriger, der miterleben musste, wie all seine Mannschaft aufgerieben wurde. Kurz bevor er meinte, auch sterben zu müssen, übergab ihm ein im Sterben liegender Indianer ein Geschenk: Die Gabe, sein eigenes Leben durch Mord an schuldigen Menschen zu verlängern. Damit ist die Szene gesetzt, das Thema des Buches gegeben, und der Rest, die weiteren 400 Seiten, ein rasantes Hin-und-Her, das Elemente von Action-, Western-, aber auch Ninja-Filmen enthält. Überhaupt hatte ich die meiste Zeit den Eindruck, eine weitgehend zu ausführliche Nacherzählung eines drittklassigen Actionfilmes zu lesen. Es werden keine Gedanken zu Ende gebracht, sondern ständig neue aufgeworfen, sodass der Eindruck entsteht, ungefähr jedes Thema irgendwann mal berührt zu haben, ohne sich auch nur mit einem davon beschäftigt zu haben.

Die das Buch bestimmende Frage ist die nach der Zulässigkeit selbst ausgeübter Rache. Thornhill hat als Junge zusehen müssen, wie seine Geliebte vergewaltigt und schwer verletzt wurde und statt sie dann zu beschützen, beschloss er, dass ihr Leben dadurch nicht mehr lebenswert sei und beendete es kurzerhand. Der Rest seines Lebens ist von der Rache geprägt, alle 12 Personen töten zu müssen, welche bei der damaligen Tat an seiner Geliebten beteiligt gewesen waren – und darüber hinaus vieler mehr, die der Dämon, den er vom Indianer bekommen hatte, als Schuldige bezeichnete. Damit kommt ein zweites großes Thema ins Blickfeld, dem Hohlbein Raum gibt – und doch mehr Fragen als Antworten zurücklässt. Ich finde es gut, dass es Romane gibt, welche die Frage nach Dämonen stellen. Am Ende bleibt dann aber Thornhills Frage offen, ob es diese überhaupt gibt. Eine Irreführung durch den Autor, der am Schluss dann doch nicht den Mut hat, eine echte Antwort zu geben. Schade!

Interessant fand ich jedoch die historischen Anspielungen auf die Ereignisse des 19. Jahrhunderts. Da mich Geschichte interessiert, habe ich mir eine Reihe von Notizen gemacht, denen ich noch nachgehen will. Mein bereits schon vorhandenes Interesse an der Geschichte wurde dadurch zusätzlich gestärkt. Das ist auf jeden Fall ein wichtiger Punkt für das Buch von Hohlbein.

Insgesamt überwiegt aber die Enttäuschung über das Buch, denn ich war mir gerade von Hohlbein in den verschiedensten Genres, in denen er sich seit Jahrzehnten bewegt, durch seine in meiner Teenagerzeit gelesenen Bücher Hochwertigeres gewohnt. Nach den ersten 100 Seiten war der restliche Verlauf der Geschichte ziemlich durchsichtig. Der Geschichte fehlt ein Gesamtkonzept, eine Richtung, in die sie sich entwickeln kann. Es ist eher eine Geschichte von einem ständig zweifelnden Mörder, der nicht weiß, wer er ist, und was er will. So scheint es auch ein Roman eines zweifellos begabten Autors zu sein, der nicht weiß, was seine Geschichte bezwecken oder auslösen soll. So kann sie letztlich auch nichts bewirken. Manchmal schien mir, dem Autor fehlte der Mut, sich auf eine Aussage festzulegen, weshalb am Ende ungefähr so ziemlich alle möglichen und unmöglichen Aussagen drinstehen.

Fazit:

Ein rasanter Roman, der sehr viele Themen anschneidet, aber letztlich keine Aussagen macht. Die Themen sind an sich interessant, aber der Leser wird damit sich selbst überlassen. Ein positiver Punkt sind die zahlreichen Anspielungen auf die US-Geschichte des 19. Jahrhunderts. Ich gebe dem Buch drei von fünf Sternen.

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