Wie suche ich mir das richtige nächste Buch aus?

Wer mich kennt, weiß, dass ich viel, schnell und effektiv lese. Als Kind hatte ich die Idee, alles lesen zu wollen, was mir in die Finger kam, doch spätestens Mitte Gymnasium wurde mir klar, wie wertvoll meine Lesezeit ist und wie sehr ich mich noch werde beschränken müssen. Da entstand – und blieb bis heute – die Idee vom richtigen oder besten nächsten Buch. Lange Jahre der Erfahrung, Trial and Error, viele Enttäuschungen und weggelegte Bücher haben mich ein paar Grundregeln der Bücherauswahl gelehrt. Anhand von fünf Fragen möchte ich das einmal verdeutlichen:

1. Wer bin ich?

Die wichtigste Frage dabei ist: Wer bin ich? Ich sollte ja das nächste Buch lesen, und nicht irgendwer, nicht eine idealisierte oder sonstwie manipulierte Version meiner selbst. Das Lesen vieler Bücher zeigt uns immer mehr, wer und wie wir selber sind. Wir lernen uns so immer besser kennen. Ich möchte mich nicht zwingen, ein Buch gut finden zu müssen, nur weil die Person XY es gut gefunden hat. Da ist jeder einfach anders gestrickt, und nur wenn wir lernen, ehrlich zu uns selbst zu sein, können wir das Lesen auch so sehr genießen.

2. Wer ist mir ähnlich, wer überhaupt nicht?

Zu den meisten Themen ist die Auswahl an Büchern nahezu grenzenlos. Wir Menschen sind oft sehr unterschiedlich, und das ist gut so. Wir finden Menschen, die uns ähnlich sind und andere überhaupt nicht. Ich persönlich bin jemand, der dicke, umfassende Bücher bevorzugt. Ich lese lieber 1200 Seiten in einem Buch, welches versucht, das Thema, die Person oder die Geschichte möglichst umfassend zu beschreiben. Stattdessen sechs dünne Booklets à 200 Seiten zu unterschiedlichen Facetten desselben sind mir enorm unsympathisch. Wenn ich die Wahl habe, nehme ich lieber den dicken Schinken. Und ich habe gelernt, in vielen Bereichen die Leser und Rezensenten in hilfreiche Schubladen zu packen, damit ich weiß, welcher Schreibstil mir mehr und welcher weniger zusagt.

3. Was ist mein Ziel mit dem nächsten Buch?

Ein Ziel, das ich immer habe, ist, von allen Menschen zu lernen. Daneben braucht jedoch jedes Buch auch noch weitere Ziele. Was will ich mit dem Wissen aus dem Buch machen? Ich lese schon lange keine Bücher „nur zur Unterhaltung“. Dafür fehlt mir die Zeit. Somit gibt es Ziele wie etwa mein Wissen zu erweitern, indem ich eine ganze Weile zu einem ähnlichen Thema verschiedene Bücher lese. Oder ich möchte wissen, wie sich ein Autor im Laufe seines Lebens verändert hat. Dieses Ziel festzulegen hilft mir sehr dabei, die Auswahl der Bücher weiter einzuschränken. Nach den drei ersten Fragen sind selten mehr als drei Bücher vorhanden, zwischen welchen ich mich entscheiden muss.

4. Was hat dieses Buch bewirkt?

Bevor ich mich für ein Buch entscheide, befasse ich mich zumeist noch mit der Frage, was dieses Buch bewirkt hat. Welche Diskussionen hat es aufgeworfen? Welche Fragen sind bei anderen Lesern nach der Lektüre noch offen geblieben? Konnte es anderen Lesern die Fragen beantworten, die ich beantwortet haben möchte? Hat das Buch bestimmte Vorurteile zu festigen gesucht? Hat es Menschen zu einem bestimmten Verhalten gebracht? Je neuer ein Buch ist, desto weniger tief kann man in die Wirkungsgeschichte eintauchen.

5. Wer ist der Autor? Wann hat er es geschrieben?

Menschen durchlaufen vielfach Veränderungen im Laufe ihres Lebens. Wie hat sich der Autor verändert? In welcher Phase seines Lebens hat er dieses bestimmte Buch geschrieben? Hat er sich später noch einmal dazu geäußert? Wie stehe ich zu dem, was er dazu gesagt hat? Mag ich den Schreibstil des Autors? Ist er mir zu trocken oder zu emotional oder zu manipulativ oder ähnliches?

Das sind viele Fragen auf einmal. Zum Schluss noch zwei Gedanken dazu: Die meisten Fragen lassen sich mit etwas Übung in Sekundenbruchteilen unbewusst beantworten. Man entwickelt mit der Erfahrung eine Art Intuition, die viele dieser Fragen abhaken, ohne dass man sich die Fragen bewusst stellt. Und zweitens, was wohl aufgefallen sein wird: Ich misstraue der Amazon-Leser-Schwarmintelligenz zutiefst. Ich achte nicht einfach auf den Verkaufsrang oder die Bewertungen, sondern scrolle durch die Rezensionen, picke ein paar für mich persönlich wichtige davon heraus, und gewichte sie neu. Damit habe ich sehr gute Erfahrungen gemacht.

Um es kurz zu machen: Marcus-B. Hübner meinte kürzlich auf Twitter dazu: „Es geht nicht darum, viele Bücher zu lesen, sondern die richtigen. Aber je mehr du liest, desto sicherer findest du die.“ (Marcus-B. Hübner) Einfacher und treffender kann ich das auch nicht formulieren. Amen dazu!

Professor findet drei verschiedene Autoren in eigener Dissertation

Prof. Dr. Theo Logos hat eine erstaunliche Entdeckung gemacht. Als er zufällig seine eigene Dissertation las, wurde ihm – dank der Methoden der historischen Kritik – plötzlich klar, dass diese von mindestens drei verschiedenen Autoren verfasst und komponiert worden sein musste. Dass es sich dabei um großangelegte Plagiate handeln könne, wies er weit von sich. Vielmehr wolle er sich demnächst einer psychotherapeutischen Sitzung unterziehen lassen, um herauszufinden, ob der Grund dafür Schizophrenie sein könne. Auch hätten ihn schon manche Studenten darauf aufmerksam gemacht, dass er in seinen Vorlesungen viele verschiedene Zugänge zu den biblischen Texten nutzen würden, die einander gegenseitig widersprächen. Doch eigentlich fühle er sich kerngesund, wie er im Interview meinte. Wie dem auch immer sei – wir wünschen Prof. Dr. Logos gute Gesundheit und noch viele weitere Jahre frohen Schaffens.

Augustinus’ Bekenntnisse: Mindestens acht Autoren entdeckt

Bei der Vorbereitung und Übersetzung einer neuen kritischen Ausgabe der Bekenntnisse von Augstinus von Hippo kam Dr. Hans Curtsa zu einem spannenden Ergebnis. Er hatte entdeckt, dass dieses Werk keinesfalls nur von einem Autor stammen konnte. Vielmehr musste eine ganze Augustinusschule am Werk gewesen sein, in welcher die Schrift im Laufe von zweier Jahrhunderten ergänzt und fortgeschrieben wurde.
Was ihn zunächst stutzig machte, war der Umstand, dass Augustinus in diesem Werk von seinen Bekehrungen zu sprechen schien. Ebenso wie Wunder sind auch Bekehrungen etwas, was nicht sein kann, weil es nicht sein darf. Eine solche Bekehrung würde allen psychologischen Naturgesetzen widersprechen, weshalb sich Curtsa auf die Suche nach weiteren Hinweisen machte.
Aufgrund verschiedener Philosophien und Glaubensrichtungen ließen sich zunächst vier unterschiedliche Hauptautoren feststellen: Augustinus der Philosoph, Augustinus der Manichäer, Augustinus der Platoniker und Augustinus der Bischof. Zurzeit ist Curtsa dabei, diese vier Hauptquellen zu trennen. Sodann ist aber die Redaktionsgeschichte des Werks noch längst nicht abgeschlossen, denn im Laufe der nächsten 180 Jahre gab es mindestens vier weitere Augstinusschüler, welche sich des Werks ihrer Lehrer angenommen hatten. Diese überarbeiteten den Text und versuchten, ihn in eine glatte Form zu bringen. Dies gelang ihnen jedenfalls nicht schlecht, hatte es doch immerhin beinahe 1500 Jahre gedauert, bis ihnen jemand auf die Schliche kam. Und dies auch nur dank der neuesten neuropsychologischen Erkenntnisse unserer Zeit.