Der Baum

In Theologistan lebte ein Baum. Viele Jahre blühte er prächtig und brachte Frucht. Immer wieder spendete er Menschen Schatten, die auf der Flucht waren. Er machte ihnen Mut und sie lernten von seiner Standfestigkeit für ihr eigenes Leben. Sie sahen: Der Baum ist nicht einfach nur irgendwie gewachsen, wie es ihm gerade passte. Er hat sich am Licht ausgerichtet, er wurde durch Stürme stark.

Mit der Zeit kamen immer weniger Menschen. Bald wurde ein Zaun um den Baum gemacht, weil nur die ausgebildeten Gärtner von Theologistan den Baum von Nahem sehen und pflegen durften. Gärtnern durfte nur lernen, wer alle Pflanzen gut kannte, und so wurde unser Baum immer einsamer. Alle sprachen von ihm, jeder berief sich gern auf ihn, doch immer aus dem sicheren Abstand von jenseits des Zaunes.

Plötzlich fehlte auf einer Seite der Zaun. Nun gab es zwei Parteien in Theologistan, die Hinterzäuner und die Vorderzäuner. Die Hinterzäuner hielten weiterhin Abstand und blieben hinter dem Zaun. Die Vorderzäuner näherten sich von der anderen Seite, wo sich kein Zaun mehr befand. Die Vorderzäuner fanden es wichtig, dass jeder Mensch freien Zugang zum Baum haben soll.

Eines Tages kam ein Vorderzäuner auf die Idee, den Baum nicht nur anzuschauen, er wollte auch wissen, woraus der Baum besteht. Er brachte ein Messer mit und hatte eine Schrift verfasst „Abhandlung von freier Untersuchung des Baumes“. Er forderte, dass der Baum ganz genau seziert und untersucht werden muss. Mit der Zeit gibt es immer mehr Universitäten, die davon leben konnten. Die Hinterzäuner fühlten sich bestätigt und fanden, sie hätten recht damit, dass sie niemanden zu nahe an den Baum heranlassen würden.

Ein Professor der Baumologie wollte die Jahresringe des Baumes untersuchen. Er schnitt ein Stück vom Stamm des Baumes auf und je mehr er sich in die Jahresringe vertiefte, je mehr er die frühe Zeit des Baumes betrachtete, desto mehr sah er Unterschiede zu seiner Zeit und sprach von einem unüberbrückbaren garstigen Graben zwischen der Frühzeit des Baumes und seiner Zeit.

Ein anderer Baumologe wollte über das Leben des Baumsamens schreiben. Er brachte eine ganze Forschungsrichtung hervor, die sich damit beschäftigten, was man über den Baumsamen herausfinden kann, wenn man alle Veränderungen, die sich in den Jahresringen niederschlugen, entfernt. Nach hundert Jahren Baumsamenforschung kam man zum Schluss, dass jeder Forscher am Ende immer genau das herausfinden wird, was er zu Beginn schon voraussetzte.

Wieder ein anderer Baumforscher wollte die Methoden der Forschung wissenschaftlicher gestalten. Er fand, dass man alles am Baum in Frage stellen müsse, und dann dürfe nur das übrigbleiben, was wissenschaftlichen Erklärungen entspricht: Nur das, was sich durch das Prinzip von Ursache und Wirkung erklären lässt, und nur das, was auch in der jetzigen Zeit festgestellt werden kann, darf als wahr betrachtet werden.

Schon lange gab es Bestrebungen, den Baum als Pflanze zu betrachten, die von vielen Generationen von Gärtnern immer wieder manipuliert, verfälscht und mit Fehlern behaftet worden war. Viele Erklärungsmodelle für alle möglichen Verästelungen waren publiziert worden. Und irgendwann fanden auch die Hinterzäuner, dass sie nicht mehr um den Gebrauch dieser zahllosen Methoden herum kämen.

Erst spät bemerkten die Theologistaner, dass der Baum immer weniger Blätter und Frucht trug. Nur wenige kamen auf die Idee, dass dies am ständigen Zerlegen des Baumes liegen könnte. Es gab viele Versuche, dem Baum zu helfen. Einige dachten, es gehe dem Baum so schlecht, weil es noch so viel zu tun gab, um die Ungerechtigkeit in der Welt zu beseitigen. Manche nehmen die Frucht des Baumes und pflanzen sie anderswo wieder in den Boden. Daraus wachsen schnell weitere Pflanzen, die ihrerseits Frucht tragen. Doch auch dort sammeln sich bald wieder Gelehrte, die auch diese Bäume sezieren wollen. Sie sind der Meinung, dass es zu viel Streit um die Baumologie gebe. Man müsse den Gegensatz zwischen den Sezierern und den Nichtsezierern aufheben, indem man immer nur ein wenig aufs Mal seziert. Wie diese Geschichte weiter geht, wird sich noch zeigen. Manches davon liegt nun auch in unser aller Händen. 

O Gott, sei Du mir gnädig (nach Psalm 51)

(Singbar nach der Melodie von ‘O Haupt voll Blut und Wunden’)

1. O Gott, sei Du mir gnädig
nach Deiner großen Güt’.
Mach mich der Sünden ledig,
dass meine Schuld verglüht
in Deinem heil’gen Feuer
in der Barmherzigkeit
und meine Seel’ erneuer
von allem Weheleid

2. Wasch Du mich rein und reiner
im Blute am Ysop
und hilf, dass immer kleiner
mein Ich wird und darob
ich meiner Sünde sterbe
den neuen Mensch anzieh,
das Himmelreich ererbe
und alles Böse flieh.

3. Ich kenne meine Sünden
und alles, was ich tu
so lasse mich doch finden
in Deiner Nähe Ruh.
Ich schrei zu Dir in Sorgen
bis dass Du mich erlöst
und mich bei Dir geborgen
in Deinen Armen tröst.

4. O Herr, mach mich doch weise
Erkenntnis schenke mir
bis dass ich zu Dir reise
an Deiner Himmel Tür.
Noch reiner als die Wolle
und weißer als der Schnee
bis dann umher ich tolle
vor Freude in der Höh.

5. Für Dich nur will ich leben
mich weihen meinem Herrn.
Denn Du nur kannst vergeben
die Schuld und tust es gern.
Ein neues Herz mir schenken
und einen neuen Geist,
willst meinen Willen lenken,
bis dass er Dich nur preist.

6. Nun möchte ich die Lieben
und Freuden, die Du gibst
auf dass sie nie zerstieben,
mit denen Du mich triebst
auch Menschen weitergeben,
zu denen ich gesandt,
indem mein ganzes Leben
zu ihnen sei gewandt.

7. So löse unsre Zungen
und fülle unsern Mund,
bis dass Dein Lob erklungen,
tu’ so die Botschaft kund
von Deiner großen Ehre
und allem Deinem Ruhm
bis dass es jeder höre
von Deinem Eigentum.

8. Es ist nicht unser Können
und auch nicht unser Tun.
Wir können nicht so brennen,
verdient bei Dir zu ruhn.
Doch sind es Deine Gnaden
und Deine Herrlichkeit
so sind wir ohne Schaden
bei Dir in Ewigkeit.

Jonas Erne, 04.02.2018

Gedicht: Vom Fasten fasten

Wie in allen Jahren
kommt die Fastenzeit
zum Hungern und zum Sparen
als mach’ uns das bereit,
gen Himmel hin zu fahren
und in die Ewigkeit.

Da braucht es lange Quasten
und vierzig Tage nur.
Ich faste nun vom Fasten
und bleibe in der Spur
mit dem Herrn Jesus rasten
das ganze Jahr auf Tour:

Die guten Werke finden,
die Er mir hält bereit,
und Menschen zu verbinden,
die brechen unterm Leid,
statt fastend zu verschwinden,
als ließ’ dies keine Zeit.

Jonas Erne, 15.02.2018

Gedicht zur Jahreslosung 2018

Gott spricht: Ich bin
und bleibe Dein:
Des Lebens Sinn
und der Gemein’

Ich will, dass Du
erkennst Mein’n Will’
getrost im Nu,
und werdest still

Dem Dürstenden
die Lebensquell.
Dem Fürchtenden
ein Lichtschein hell.

Geben will Ich
was du brauchst
damit ewiglich
im Licht du tauchst.

Von der Quelle
vor dem Thron
aus der Helle
von Gottes Sohn.

Des lebendigen
Wortes Kraft
schenkt beständigen
Lebenssaft:

Wassers umsonst,
es kost’ dich nichts:
und rettet vorm Zorn
des Gottesgerichts

Jonas Erne, 31.12.2017

frei nach Offenbarung 21,6

Kurzgeschichte: “Kellerkind”

Kellerkind. Von einem, der sich einsperrte, die Welt zu retten. Eine Kurzgeschichte
Vorwort
Liebe Leser, ich bin Kellerkind. Auf meinem Personalausweis steht natürlich ein anderer Name. Da steht „Markus Frei“. Aber so hat mich noch kaum jemand genannt. Seit ich mich erinnern kann, nannten mich alle Kellerkind. Das hat mehrere Gründe. Zum einen ist es so, dass mich der Keller schon immer sehr interessiert hat. Da ist es dunkel, modrig, geheimnisvoll. So ähnlich sah es in mir drin auch lange aus. Doch dazu werde ich später noch mehr erzählen. Der andere Grund ist der, dass mein Leben sehr gut zu diesem Wort passt. Zwar durfte ich mir eine gute Bildung zuteil werden lassen; zumindest hoffe ich, dass der Leser darin nicht enttäuscht wird. Aber ich habe zehn Jahre im Keller verbracht und versucht, die Welt zu retten. Zehn Jahre am Bildschirm, mit einer Couch neben meinem Schreibtisch, bis ich gemerkt habe, dass nicht nur die Welt gerettet werden muss, sondern ich selbst auch. Zehn Jahre auf acht Quadratmetern plus einer kleinen Nasszelle mit Dusche und Klo unter der Erdoberfläche haben mich gezeichnet und zermürbt. Zehn Jahre auf der Suche nach dem heiligen Gral des Weltfriedens, doch am Ende habe ich Frieden mit mir selbst gefunden. Davon möchte ich in den folgenden Zeilen erzählen. Denn ich habe Hoffnung, dass der Leser, welcher diesen Frieden noch nicht kennt, sich mit mir auf die Suche machen wird.
Schon als Kind träumte ich davon, ein Held zu sein. Einer, der die Welt rettet. Einer, der alle Flammen des Hasses und der Kriege auszulöschen vermag. Als kleiner Junge verkroch ich mich oft im Keller meiner Eltern in meine „Höhle“ aus alten Kissen und Wolldecken und spielte mit meinen Plüschtieren „Frieden schaffen“. Irgendwie dachte ich immer, dass man die Menschen (oder eben auch Plüschtiere), wenn sie das Beste für sich nicht wollen, sie eben dazu zwingen müsse. Und wie sehr fühlte ich mich als Held, wenn ich allen meinen Tieren erklärt hatte, wie gut sie es unter meiner Herrschaft als König hätten und sie mir überschwänglich dafür dankten, sie zu ebenjenem Frieden gezwungen zu haben. So kam ich zu der fixen Idee, dass es nötig sein könne, Zwang auszuüben, um die Menschen dazu zu bringen, das für sie Beste zu wollen.
Und dann lernte ich lesen und begann, alle möglichen Heldengeschichten zu verschlingen. Ich lebte in diesen Träumen und war immer der Held im Erdbeerfeld. Irgendwann merkte ich, dass es im realen Leben nicht so leicht ist: Man beginne nur einmal mit der Frage, wo man ein Pferd bekommt, was ein Held doch so häufig braucht. Ich bin ein Kellerkind der Großstadt, und in meinem Umfeld gab es niemanden, der reiten konnte, geschweige denn ein Pferd besaß. Die Betonwüsten meiner Kindheit kannten eher zweirädrige PS-starke Gefährte, für die man erst mal 18 werden musste, um sie reiten zu dürfen. Oder die Frage, woher man weiß, wer gerade gerettet werden muss. Manchmal kam ich meiner Mutter zur Hilfe, indem ich meinen Vater beleidigte, weil ich ihn als meinen Rivalen betrachtete und dachte, sie müsste vor ihm beschützt werden. Doch das machte ich nicht oft. Meist dachte ich nur: Warte nur, wenn ich mal groß bin, werde ich ein Held. Dann mach ich dich so richtig fertig, wie der Held in den Geschichten es mit seinen Gegnern tut. Mein Vater, das muss ich hinzufügen, hat weder mir noch meiner Mutter etwas Schlimmes angetan. Aber für mich war er immer ein Rivale, der mir versuchte, die Aufmerksamkeit der Mutter zu stehlen.
Vom analogen zum digitalen Kellerkind
Und dann bin ich durch den Computer in die digitale Welt gerutscht und das hat irgendwie aus Kellerkind 1.0 plötzlich ein Kellerkind 2.0 gemacht. In meiner Freizeit nutzte ich dieses Medium immer stärker – tagelang. Nächtelang. Wochenendenlang. Schulferienlang. In der Schule war ich eigentlich immer ein unauffälliger, eher einzelgängerischer, begabter aber fauler und somit durchschnittlich benoteter Schüler. Die meisten Fächer fand ich durchaus interessant, aber fesseln konnte mich nur die digitale Welt. Was für ein endloser Horizont tat sich da auf! Wie viele Stunden konnte man surfen und zocken und fand doch kein Ende. Das war meine Zukunft. Da kannte ich mich aus. Das war der Bereich meines Heldenlebens, in dem mir keiner so leicht das Wasser reichen konnte. Dachte ich auf jeden Fall.
Tief in meinem Inneren war ich auf der Suche nach meiner ganz persönlichen Heldenstory. Ich wollte die Welt retten, ich wusste nur nicht, vor wem und wie. Eigentlich bin ich ein sehr tiefer Mensch. Mit „tief“ meine ich, dass ich nicht so schnell zufrieden bin mit einer einfachen Antwort oder einer oberflächlichen Befriedigung. Mit den meisten Menschen kam ich schon deshalb nicht gut klar, weil sie zu schnell zufrieden sind. Weil sie den schnellen Kick suchen und sich dann fragen, warum diese Leere am Ende zurückbleibt. Ich wollte anders werden, und fand doch zunächst lange keine Antwort. Eines Tages wachte ich auf und merkte, dass ich genauso oberflächlich geworden bin wie mein Umfeld. Das machte mir Angst, und ich griff zur nächstbesten Lösung, zu der wohl die meisten oberflächlichen Menschen greifen. Ich suchte Betäubung dieser inneren, unangenehmen Leere.
Manche suchen diese Leere mit Alkohol oder harten Drogen zu füllen. Das war nichts für mich. Ein Held muss schließlich jederzeit abrufbar sein, nicht erst, wenn sich der Kater verflogen hat. Nach kurzer Zeit fand ich eine Alternative. Ich begann, das Internet zu füllen. Manchmal hatten Menschen Fragen, und ich hatte Antworten. Ich konnte helfen und wurde anderen zum persönlichen Helden. Manche ließen sich von mir ihre Hausaufgaben für die Schule erledigen und gaben mir für ein paar Minuten das Gefühl, der große Retter zu sein.
Doch auf Dauer war auch das nicht befriedigend. Ich merkte, wie ich ausgenutzt wurde, wie der letzte Depp. Die Arbeit durfte ich machen, bekam ein paar Worte des Dankes, und damit hatte es sich dann. Das konnte es auch nicht sein. Schließlich wollte ich ja ein Held für die ganze Welt sein. Ich wollte etwas tun, was die Weltgeschichte zum Guten ändern sollte. So etwas wie Graf von Stauffenberg, nur halt dass ich es erfolgreich zu Ende bringen würde. Doch was konnte ich tun, um den Weltfrieden auf die Erde herabzuholen? Ein Wort hat mir gefallen. TOLERANZ. Und das hatte einen größeren Bruder namens AKZEPTANZ. Wenn ich diese zwei Worte jedem aufzwingen konnte, dann käme das dem Weltfrieden gleich.
Kellerkind 3.0
Inzwischen hatte ich mein Abi in der Tasche, ein durchschnittliches Abi von einem faulen Schüler, der in seiner Freizeit Besseres zu tun hatte als zu lernen. Nun begann ich, mich ganz in den Kellerraum meiner Eltern einzuschließen. Es gab für mich da unten schon lange ein Klo und eine Dusche, Essen bekam ich auch regelmäßig, was wollte ich noch mehr? Eine Couch und mein Schreibtisch mit dem schnellen PC, mehr braucht ein Held heutzutage nicht mehr. Die Story läuft digital in der grenzenlosen Welt des World Wide Web. Hier taten sich mir neue Levels der virtuellen Realität auf, denn alles war jederzeit zugänglich.
Immer mehr wurde ich zu einem Sklaven der digitalen Welt. Leider merkt man das nicht; erst viel später gingen mir die Augen auf. Ich sah den Computer als Werkzeug, das mit den Zutritt zum Land hinter dem Bildschirm eröffnen sollte und wurde zum Werkzeug der Technik, die mir immer mehr begann, mein Denken, Fühlen und Wollen zu übernehmen. Das einzige, was sie mir noch überließ, war das Tun. Die Bedienung der Tastatur im Namen der Technik blieb mir überlassen. Jedes Werkzeug wird zu einem Teil unseres Selbst und übernimmt einen Teil unserer Identität. Je mehr wir unsere Identität einem Werkzeug ausliefern, desto weniger bleibt am Ende von uns selbst noch übrig. Wir werden zur Maschine.
Die Frage, welche mich in dieser Zeit umtrieb, war diese: Wie kann die Menschheit dazu gezwungen werden, sich mehr Toleranz und Akzeptanz anzueignen? Was konnte ich tun, um den Weltfrieden voranzutreiben, der zweifellos kommen musste, wenn nur diese zwei Worte genug betont und gelebt wurden? Wenn ich das Internet betrachtete, sah ich immer mehr Hass, Streit und Intoleranz. Doch eine Möglichkeit sah ich. Kommentare konnte ich verfassen. Und den Melde-Button bedienen. Schließlich war ich nicht der einzige, der ein Problem mit der ganzen Intoleranz hatte. Immer mehr Seiten begannen, einen solchen Button zu implementieren, mit dem man Beiträge melden konnte, wenn sie mich störten. Und davon gab es viele. Sehr viele. Jeden Tag mehr, und für jeden Beitrag, den ich meldete, fand ich drei weitere, die ich noch nicht gemeldet hatte.
Der Hass des Internets begann, auf mich abzufärben. Meine Kommentare wurden immer sarkastischer, immer schriller, immer hasserfüllter. Noch merkte ich nichts davon. Das geht nicht von einem Tag auf den nächsten, dass man so hasserfüllt wird. Zumindest war es bei mir nicht so. Es geht langsam, und irgendwann schaukelt man sich gegenseitig hoch. Hass führt zu Gegenhass und Lautstärke zu Gegenlautstärke. Irgendwann geht es nicht mehr um Argumente, nur noch die Polemik zählt.
Irgendwann kam noch ein schrecklicher Albtraum hinzu. Ich träumte, dass ich an meinem PC saß; und während meine Finger flink über die Tasten huschten, sah ich direkt vor meinen Augen, wie sich eine kleine, schwarze Spinne an ihrem Faden abseilte und mir ins Gesicht kroch. Ich wollte schreien und sie erschlagen, doch weder mein Mund noch meine Finger gehorchten mir. Mit weit aufgerissenen Augen und vor Schreck zu Berge stehenden Haaren musste ich zusehen, wie diese Spinne sich nicht nur auf mein Gesicht niederließ und begann, in meine Nase hochzukrabbeln. Nie zuvor hatte ich mir so sehr gewünscht, niesen zu können, doch genau in diesem Moment klappte es nicht. Die Spinne kroch mir so weit im Kopf hinauf, dass ich mir vorstellte, wie sie es sich zwischen den Windungen meines Gehirns bequem machte. Anatomie war nicht so meine Stärke. In dieser Nacht war ich froh, dass ich aufwachte und konnte fürs Erste nicht mehr schlafen. Erst Jahre später bekam ich eine Idee von der Bedeutung dieses Traums.
Im Nachhinein ist mir aufgefallen, wie sehr ich in dieser Zeit den Widerstand anderer Personen nötig hatte, die mir widersprachen. Mein ganzes Dasein hing von diesem ab. Der Widerstand gab mir das Gefühl, wichtig zu sein und auf der richtigen Seite zu stehen. Ich war nie allein, es gab immer genügend andere Personen, die mich unterstützten und immer wieder Mut zusprachen, meine Meinung zu sagen oder besser gesagt zu schreiben und online zu veröffentlichen. Aber es war immer der Widerspruch, der meine Identität ausmachte. Nur wenn ich wogegen sein konnte, gab mir das ein Profil und die Gewissheit, ein eigenständiger Mensch, ein Individuum, zu sein. Nichts hasste ich mehr als den Gedanken, eine Kopie von zigtausend anderer zu sein, die derselben Meinung waren wie ich.
Sag mal, bist du das noch?
Ich war nie wirklich mit Alkohol betrunken. Das wollte ich auch nie. Aber einen anderen Rausch kenne ich nur zu gut: Den Rausch der Polemik, die süße Trunkenheit eines harten und hasserfüllten Kommentars, worauf die ungewisse, spannungsgeladene Verkaterung des Wartens folgt: Wann kommt eine Antwort? Was wird als nächstes geschrieben? Viele meiner Kommentare waren schon gelöscht, bevor sie diejenigen lesen konnten, an den sie gerichtet waren.
Als meine Mutter eines Tages die Dreistigkeit besaß, mich wegen des Hochzeitstages der Eltern zum Essen abzuholen, da funkelte ich sie wütend an, und sagte grob zu ihr: „Lass mich doch einfach in Ruhe, ich hab zu tun!“ Was wollte sie denn von mir? Ich hatte den Keller seit fast zehn Jahren nicht mehr verlassen, hatte nichts zum Anziehen, außerdem wartete ich gerade mal wieder auf die Antwort auf einen besonders boshaften Kommentar, in welchem ich der anderen Person unterstellt hatte, zu den Neonazis zu gehören. Mir war damals völlig klar, dass ich mich damit in einem Bereich befand, der nicht ungefährlich war. Dieser Kommentar konnte als Rufmord ausgelegt werden, und was das unter Umständen bedeuten konnte, wussten wir alle. Trotzdem versuchten wir es immer wieder und bemerkten bald, dass dieses Vergehen kaum geahndet wurde, wenn man nur auf der richtigen Seite stand.
Doch für Mutter schien das alles nicht so wichtig zu sein. Besser gesagt: Sie wusste nicht, was ich in meinem Keller tat; und das war auch gut so. Sie war nur sehr enttäuscht auf meine Reaktion; hatte sie mich doch schon zwei Wochen früher zu diesem Essen eingeladen. Da war nur das Problem, dass ich es dann gar nicht richtig wahrgenommen hatte; mein Gemurmel verstand sie wohl als Zustimmung. In ihrer Enttäuschung fragte sie mich – und diese Worte prägten sich tief in mein Gedächtnis ein – „Sag mal, Markus, bist du das eigentlich noch oder ist das diese Maschine, die aus dir redet?“
Im ersten Moment lachte ich auf. Was wollte sie denn eigentlich? Natürlich bin ich das. Ich bin immer noch derselbe. Kellerkind. Nur halt ein paar Jährchen älter. 28, um genau zu sein, aber das war ja nicht so wichtig. Kellerkind würde immer Kellerkind bleiben. Es war ein raues, boshaftes Lachen, das aus meinem Mund kam. Es erschreckte mich. Und dann war da auch die Erinnerung an die kleine schwarze Spinne. Erst in der Nacht davor hatte er wieder von ihr geträumt. Sie machte immer mit ihm, was sie wollte. Er war ihr völlig ausgeliefert. In der Nacht vor diesem Ereignis träumte er davon, dass sie ihm auf die Zunge krabbelte und ihn zwang, den Mund zu öffnen, damit sie da hinauskrabbeln und sich am Faden abseilen konnte. Ob das wohl etwas mit diesem Tag und dem Ereignis mit Muttern zu tun haben konnte?
Doch nein, das konnte nicht sein. Das war purer Aberglaube. Träume sind Schäume, und wenn man sich von einem solchen schweißgebadet nachts auf der Couch wiederfand, so war der Traum zu Ende und fertig. Träume konnten keine Bedeutung haben. Zumindest meine nicht. Sie durften keine Bedeutung haben. Denn ich wollte mir nicht ausdenken, was dieser Traum mit meinem Leben zu tun haben könnte. Allein die Vorstellung davon, dass es irgendeine Verbindung geben könnte, trieb eiseskalte Schauer meinen Rücken hinunter.
Als meine Mutter mit dieser Frage traurig die Türe hinter mir schloss, stieß ich abermals ein Lachen aus. Diesmal klang es schon viel annehmbarer. Oder wollte ich es bloß so hören? Mutter kannte mich doch. Sie wusste, dass ich genug zu tun habe. Sie wusste auch, dass mir nie langweilig war. Das World Wide Web ist wie New York: 24 Stunden am Tag geöffnet, immer etwas zu tun, immer in Bewegung. Rast- und ruhelos. Genau so wie ich auch.
Nun stürzte ich mich wieder in meine virtuelle Welt. Ich tat alles, um vergessen zu können. Doch irgend etwas war anders. Der Wein der Polemik hatte keine betäubende Wirkung mehr auf mich. Ich konnte schreiben, schimpfen soviel ich wollte, das gewohnte Gefühl der Trunkenheit blieb aus. Es war, als würde in meinem Hinterkopf ein Browsertab laufen, das ich nicht schließen konnte. Und das mich immer wieder fragte: Bist du das noch? Bist du das noch? Zum ersten Mal in meinem Leben hätte ich gerne zur Flasche gegriffen, doch selbst wenn ich eine gehabt hätte, wäre ich wohl davor zurückgeschreckt. Denn das hätte bedeutet, zugeben zu müssen, dass ich tatsächlich nicht mehr derselbe war.
Auf der Suche
Die nächsten Wochen waren von zwei gegensätzlichen inneren Stimmungen bestimmt: Flucht vor mir selbst und Suche nach meiner Identität. Ich musste wissen, wer ich war, und doch schreckte ich davor zurück. Es machte mir Angst, an den Moment zu denken, da ich in den Spiegel meines Inneren schauen und mir begegnen musste. Die Flucht trieb mich dazu, immer neue Höhen des Hasses zu finden; aber wenn ich zwischendurch bewusst durchlas, was ich da geschrieben hatte, war ich mehr als einmal kurz davor, mich in eine geschlossene Anstalt einliefern zu lassen. Das konnte doch nicht ich sein, der diesen kranken Shit schrieb? Und doch war dieser kranke Shit jedes Mal mit meinem Nicknamen versehen: Kellerkind stand darüber. Das war ich. Kein Zweifel; kein anderer traute sich, in meinem Namen zu schreiben. In dieser virtuellen Welt gab es auch ungeschriebene Gesetze; und da ich jemand war und einen gewissen Kreis an Bewunderern besaß, durfte ich mich darauf verlassen. Mir begann, vor mir zu grauen. Schon mehrere Nächte hatte ich gar nicht mehr schlafen können. Die kleine schwarze Spinne durfte nicht mehr erscheinen. Das wäre zu viel für mich gewesen.
Eines Morgens wachte ich im Krankenhaus auf. Ich wusste gar nichts mehr, nur noch, dass ich um jeden Preis wach bleiben muss wegen der Spinne. Moment mal – bin ich da tatsächlich aufgewacht? Dann muss ich ja geschlafen haben. Wo war mein Computer? Ich musste doch ganz schnell wissen, was mein momentaner Erzfeind wieder geantwortet hat. Doch weit und breit kein Computer. Das helle Sonnenlicht stach mir in die Augen. Der Kopf brummte, ob das wohl die Spin… nein das konnte nicht sein. Die Spinne existierte nur im Traum. Ich schloss die Augen und fiel in einen leichten, aber wohltuenden, traumlosen Schlaf.
Später, als ich wieder wach war, erklärte mir der junge Arzt, weshalb ich hier war. Durch den Schlafmangel und den inneren Stress hatte ich einen Zusammenbruch erlitten. Meine Eltern haben den Krankenwagen gerufen, nachdem ich zunächst in meinem kleinen Kellerraum alles kurz und klein geschlagen habe und sie mich dann bewusstlos auf dem Boden aufgefunden hatten. Langsam gewöhnte ich mich an das Tageslicht. Damit begann ich auch, meine Umwelt wahrzunehmen. Auf dem anderen Bett lag ein Mittdreißiger, der mit vielen Verbänden versehen war. Irgendwann am nächsten Tag kamen wir miteinander ins Gespräch. Auf meine Frage hin erzählte er seine Geschichte.
Ich bin in meiner Freizeit häufig im Internet unterwegs“, erzählte er, „und da gab es vor ein paar Wochen so eine Online-Diskussion, in welcher mir ein bekannter Kommentator vorwarf, ein Neonazi zu sein. Darüber dachte ich einige Tage nach und kam zum Schluss, dass er recht hatte. Mein Problem war aber, dass ich nur sah, wie sehr ich mich in den letzten Jahren verändert habe, aber ich wusste keinen Ausweg, wie ich wieder ich selbst werden konnte. Ich wollte die Welt vor mir verschonen, kaufte eine letzte Flasche Jack Daniels und wollte mein Auto in den nächsten Baum manövrieren. Durch den Alkohol war meine Sicht beschränkt, sodass ich den Baum nur mit der Ecke der Beifahrerseite erwischte. Trotzdem war der Aufprall stark genug, um mir einen doppelten Beinbruch und einige weitere Blessuren zu bescheren. Seither bin ich hier ans Bett gebunden. Dem Beinbruch ist es übrigens zu verdanken, dass ich mich hier nicht auch schon aus dem Fenster gestürzt habe.“
Mir wurde kalt und heiß bei dieser Erzählung. Konnte es sein, dass… Ich musste es wissen. So fragte ich ihn nach seinem Namen und wie er online heiße. „Johann Goldmann ist mein Name, Jogo81 mein Nickname. Online war es der anonyme aber bekannte User mit dem Nicknamen Kellerkind, mit dem ich so oft aneinander geraten bin.“ Da hatte ich nun den Käse. Ich stand auf, trat an sein Bett und streckte ihm die Hand hin: „Markus Frei, Kellerkind. Ähnliches Problem. Nervenzusammenbruch durch Stress und Schlafmangel.“ So entstand meine erste richtige Freundschaft – und ausgerechnet mit meinem langjährigen Erzfeind.
Hans, wie ich ihn seither nenne, hat in seinem Krankenhausaufenthalt etwas Spannendes entdeckt. Auf seinem Nachttisch lag ein Buch, das in jedem Zimmer des Krankenhauses zu finden ist. Er sagte mir: Markus, ich wollte die Welt mit Liebe füllen, und habe nur Hass gesät.“ Wie bekannt mir das vorkam. „Genauso ist es mir auch ergangen.“ – Weißt du denn jetzt, was Liebe ist?“ Ich schüttelte den Kopf. Er erzählte mir: „So ganz verstanden hab ich das noch nicht, aber schau mal, hier drin gibt es ganz viele Autoren, die von der Liebe schreiben. Am schönsten finde ich das hier: ‘Niemand liebt mehr als einer, der sein Leben für seine Freunde opfert.’ Das steht bei einem Johannes. Der ist doch mein Namensvetter. Im 15. Kapitel steht das, und zwar Vers 13. Verstehst du es?“ Mir traten Tränen in die Augen.
Schau mal, Hans, ich glaube wir zwei waren gar nie so weit voneinander entfernt. Auch wenn wir uns als Erzfeinde betrachteten, waren wir nur Menschen, die rechts und links vom selben Pferd gefallen sind. Der eigentliche Gegensatz zu uns beiden ist in diesem Spruch enthalten. Wir beide dachten, dass es Liebe sei, andere zu zwingen, unser Leben und Denken zu übernehmen. Doch wahre Liebe ist es, wenn man auch dann dafür sorgt, dass es anderen gut geht, wenn sie eine andere Meinung haben, ohne jeglichen Zwang. Aber ich muss da auch noch weiter nachdenken.“ So begannen wir, zu zweit in diesem weit verbreiteten und doch so selten gelesenen Buch zu lesen und miteinander darüber zu reden.
Fragen über Fragen
Es gibt vieles in diesem Buch, was uns beschäftigte. Da gab es etwa eine Szene, die uns doch recht brutal erschien. Der Held des Buches machte sich eine starke Peitsche aus mehreren Lederriemen und prügelte Menschen aus dem Tempel raus. War das wohl doch nur wieder dieselbe Liebe, die andere zwang, auch gegen ihren Willen das Gute anzunehmen? Wir riefen den Krankenhauspfarrer und er erklärte uns dies. Diese Leute, die da rausgeworfen wurden, hatten in Wirklichkeit andere Menschen davon abgehalten, in den Tempel zu kommen. Sie trieben Wucher, sodass nur die Reichen sich leisten konnten, dorthin zu gehen und ihren Gottesdienst zu machen. Das war das Problem. Das Gespräch mit dem Pfarrer war sehr interessant, und so hatten wir den Wunsch, noch viel mehr zu erfahren.
Doch mit Kirchen hatten wir ein Problem. Waren das nicht so große Versammlungen von Erzheuchlern? Kaum waren wir beide wieder aus dem Krankenhaus, wollten wir einen Versuch wagen und gingen in verschiedene Kirchen unserer Stadt. Da gab es sehr viele verschiedene; wer hätte gedacht, dass es im Zeitalter von Online-Gottesdiensten noch so viele Kirchen gab? Diese Vielfalt fanden wir schön, aber irgendwie kam es immer wieder dazu, dass wir enttäuscht wurden. Zwang, Heuchelei, nicht eingehaltene Versprechen, und so weiter. Wir mussten lernen, dass auch die Kirchenmenschen immer noch „nur Menschen“ waren.
Irgendwann meinte Hans: „Markus, wir haben jetzt in einem Jahr schon über 15 davon angeschaut. Ich glaube, wir sollten uns langsam damit abfinden, dass wir alle Menschen sind und uns mal festlegen, wo wir dazugehören wollen.“ Er hatte recht. Und wir beide waren inzwischen schon so gute Freunde geworden, dass wir uns entschlossen, diesen Schritt gemeinsam zu tun. Was immer kommen möge, wir wollen Freunde bleiben. Auch wenn wir wussten, dass wir einander und auch andere Menschen immer wieder enttäuschen werden.
Unser Wissensdurst zu diesem Buch, das uns so viel von der Liebe erzählt, brachte uns auf die Idee: Wir wollen zusammen eine Bibelschule besuchen, damit wir noch mehr dazu erfahren könnten. Inzwischen hatte ich eine Arbeit; ich durfte bei einem großen Discounter Regale einräumen. Da ich immer noch bei den Eltern wohnte, konnte ich mir davon etwas ansparen. So gingen wir nach einem weiteren Jahr in unserer inzwischen regelmäßig besuchten Kirche auf die Bibelschule. Hier beschlossen wir, dass wir unsere Geschichte aufschreiben wollten, damit noch mehr Menschen von unseren Erlebnissen lernen und profitieren dürfen.
Wir sind noch ganz am Anfang einer neuen Geschichte; und wir sind sicher, dass Gott noch mehr Geschichte schreiben wird. Vielleicht auch Weltgeschichte, so wie ich mir das schon als Kind erträumt hatte. Wer weiß? Doch eins ist sicher: Er hat den besten Plan für unser Leben, und wenn wir lernen, im Kleinen treu zu sein und unseren Mitmenschen zu dienen, dann wird auch etwas Größeres kommen. Damit ist unsere kurze Erzählung zu
ENDE.

Ungesammelte Werke.

Manche machen am Jahresende oder -anfang einen Rückblick auf das bereits Vollbrachte. Ich bin kein Jahreswechselfreund, deshalb mache ich das oft nicht. Manchmal auch gar nicht – für eine längere Weile. Nun ja, zumindest Langeweile kenne ich keine. Aber von Zeit zu Zeit ist ein Rückblick und Ausblick gut. Dafür gibt es den siebten Tag. Dann kann man auf das in der Woche vollbrachte Werk zurückblicken und sich daran erfreuen. Bei mir kommt das oft zu kurz. Deshalb will ich jetzt einen Moment innehalten und einen Blick auf meine zahlreichen Blogs, Artikel, Auseinandersetzungen, Rezensionen und sonstigen digitalen, frei verfügbaren Inhalte werfen. Anlass dazu gab mir das Erstellen meines neusten „Blogs“ zum Thema „Pfad-finden“ (Link s.u.). Dabei habe ich mir Gedanken gemacht, wie ich diese verschiedenen Quellen mal in aller Kürze zusammenfassen kann.
Blogs waren (und sind es in vielen Fällen immer noch) online gehaltene Tagebücher, die fortlaufend ergänzt werden. Meinen ersten Blog hatte ich 2004 aufgesetzt, primär um mir mit dem damaligen Joomla!-Vorläufer „Mambo“ die Hintergründe des Internets anzueignen – bereits als kleiner Junge wollte ich schon immer bei allem hinter die Kulissen blicken können. Von 2004 – 2009 gab es zahlreiche Versuche in der Welt von HTML, CSS, PHP und verschiedensten Content Management Systemen. Von alledem ist nichts mehr übrig geblieben, denn das Internet ist ein ewig-flüchtiges Medium, von dem meist nur das „ewig“ wird, was man lieber verschwinden lassen würde.
2010 habe ich dann Blogspot (Blogger.com) entdeckt und nutze diese Möglichkeit seit Januar 2011 regelmäßig. Für mich sind Blogs weniger ein regelmäßig geführtes und persönlich gehaltenes Tagebuch, sondern mehr ein öffentlich zugänglicher digitaler Ordner mit Aufschrift und bestimmten Inhalten. Das Bloggen hilft mir, Gedanken so weit denken zu müssen, dass ich fähig werde, sie für Leser verständlich zu formulieren. Zugleich gibt es auch immer wieder Feedback, und auch das hilft mir, zu lernen, noch besser zu denken und zu schreiben. Außerdem weiß ich, dass viele Leser vom Geschriebenen profitieren, und das wiederum spornt mich zum weiteren Schreiben an. Im Folgenden verlinke ich einige Orte, an welchen meine Texte zu finden sind, und kommentiere sie kurz.
Dieser Blog hier (http://jonaserne.blogspot.com/) ist mein Hauptblog. Hier kommen viele noch unfertige Gedanken, aber auch Buchvorstellungen, Gedichte und vieles mehr rein, was mich beschäftigt.
Dann habe ich im Dezember 2014 einen Zweitblog (https://glaubenverstehen.blogspot.de/) begonnen, in welchem ich versuche, den Lesern zu helfen, den christlichen Glauben zu verstehen und verständlich zu machen. Dieser Blog hat eine Facebook-Seite. Für diese Seite sind auch gezielte Fragen erwünscht, die die Leser beschäftigen.
Nachdem ich auf meinem Hauptblog ein paar Mal für Verwirrung gesorgt habe, weil ich satirische Inhalte gepostet habe, entschloss ich mich, solche Inhalte auf eine mehr oder weniger klar so bezeichnete Seite auszulagern (https://babylongruesst.blogspot.de/)
Im Januar diesen Jahres ist wieder ein neuer Blog hinzugekommen (https://medienroman.blogspot.de/), in welchem ich einen Roman über eine Familie schreibe, welche beginnt, die Medien und deren Wirkung auf uns Menschen zu entdecken. Hier habe ich gemerkt, dass ich mich noch tiefer mit der Materie befassen muss, aber: Aufgeschoben ist nicht aufgehoben. Ich bleibe dran!
Und nun ist zum Beginn des April (nein, kein April-Scherz) auch noch ein Projekt entstanden, in welchem ich mein Wissen über verschiedene Techniken der Pfadfinderei weitergeben möchte (http://pfad-finden.blogspot.com/) Auch hierzu gibt es eine Seite auf Facebook.
Daneben gibt es auch externe Seiten, auf welchen Inhalte aus meiner Feder (sorry, eher Tastatur) veröffentlicht wurden.
Auf Daily-Message sind schon einige Andachten erschienen (Link)
Etwas ausführlichere Texte gibt es auch auf Academia.edu (Link)
Hier geht es zu meinen Bücher-Regalen auf Goodreads (Link)
Und zu meinen Amazon-Rezensionen (Link) Diese dürfen natürlich auch bewertet und kommentiert werden.
In den asozialen Medien bin ich auf Facebook, Twitter und Google+anzutreffen.
Ein paar meiner Gedichte sind hier in der Gedichte-Oase zu finden (Link) und wer davon noch nicht genug hat, darf hier auch noch schauen (bloginterner Link)

Lieber Andy – der vierte Brief an einen jungen Mann


Dienstag, 14. August 2007

Lieber Andy,
ich freue mich sehr, dass Du meinen letzten Brief so gut angenommen hast. Du wirst nun immer reifer und wächst zu einem Erwachsenen heran. Ich habe gesehen, dass Du gern noch mehr gelesen hättest. Heute möchte ich Dir diesen Gefallen tun und den Inhalt des letzten Briefes ein wenig weiter ausführen.
Ich habe Dir im letzten Brief von der Weisheit geschrieben. Sie ist wie Silber oder vergrabene Schätze. Man bekommt sie nicht hinterher geworfen. Silber wird in den Silberminen gefunden und gereinigt. Die Weisheit möchte gesucht und gefunden werden. Wenn ich Dir so schreibe, so wirst Du wohl nicht immer alles sofort verstehen. Am Besten Du liest es halt immer mal wieder durch und versuchst, es noch besser zu verstehen. So ist das mit der Weisheit. Der größte und auch der wichtigste Teil der Weisheit besteht darin, alle Dinge im richtigen Licht und der richtigen Perspektive zu sehen. Die Ehrfurcht vor Gott ist der Schlüssel dazu. Ehrfurcht ist gerade nicht Angst. Bei der Angst versucht man, davonzulaufen. Bei der Ehrfurcht vor Gott läuft man im Gegenteil auf Gott zu und vertraut ihm ganz und gar.
Das hilft uns auch zur richtigen Perspektive: Unser Leben ist einerseits „nur“ ein einzelnes, kleines Leben unter Milliarden von Menschen auf dieser Erde und die Erde nur ein kleiner Planet unter Milliarden von Himmelskörpern in unserer Galaxie unter Milliarden von anderen Galaxien. Und doch ist der Gott, der alles gemacht hat, genau an unserem kleinen, einfachen Leben unendlich interessiert und möchte, dass wir über alles mit ihm reden. Wer ihm vertraut und tut, was Gott möchte, wird in seinem Leben Gelingen und den Schutz Gottes haben. Nicht immer so, wie wir uns das vorstellen oder wünschen, aber immer so, dass es auf lange Sicht gesehen das Richtige sein wird.
Es werden immer wieder Menschen kommen, die Dich von diesem Weg abbringen möchten. Sie werden Dir allerlei Lügen auftischen. Sie werden versuchen, Dich für ihre falschen Unternehmungen zu gewinnen und wollen Dich überreden, ihnen bei ihren schlimmen Taten zu helfen und würden sich allzu sehr freuen, wenn sie Dich dazu überreden könnten. Es ist niemand davor geschützt, dass sie kommen. Doch wer die Weisheit in seinem Leben hat, wird erkennen können, wie man mit dieser Situation umgehen soll. Das ist der große Vorteil der Weisheit. Deshalb ist sie so praktisch. Sie hilft uns jeden Tag bei allem, was wir tun.
Lieber Andy, Du merkst langsam auch, dass sich Dein Blick für Menschen des anderen Geschlechts, nämlich für Mädchen und Frauen, verändert. Du brauchst das gar nicht blöd zu finden, weißt Du, Andy, jedem geht es so. Und das ist auch ein Grund, warum ich Dir heute schreibe. Es wird Frauen geben, die versuchen werden, Dir den Kopf zu verdrehen und Macht über Dich auszuüben. Sie werden merken, dass Du plötzlich dafür empfänglich geworden bist. Habe keine Angst vor ihnen, aber lass Dich von ihnen auch nicht um den Finger wickeln. Viele von ihnen haben als Kinder eine schwierige Zeit gehabt, wo sie viel zu wenig Aufmerksamkeit und Zeit von ihren Eltern bekommen haben – nun versuchen sie, diese von Euch Jungs zu kriegen.
Wir Menschen sind für Treue geschaffen, dass wir als Männer eine Frau suchen und ihr treu bleiben – durch dick und dünn, was immer kommen mag. Je mehr wir uns aber in jungen Jahren von vielen Frauen um den Finger wickeln lassen, desto schwieriger wird das später. Je mehr sich in unserem Kopf Bilder aus der frühen Zeit ansammeln, die uns beeindrucken, desto unrealistischer werden unsere Erwartungen und Wünsche und desto schneller werden wir enttäuscht. Deshalb sei auch vorsichtig, welche Bilder Du in den Medien und auf der Straße in Deinen Kopf reinlässt. So kannst Du Dir alles Schöne für später aufheben und dafür umso mehr genießen.

Liebe Grüße
Dein K. S.


Lieber Andy – der dritte Brief an einen jungen Mann



Dienstag, 10. Juli 2007
Lieber Andy,
ich weiß nicht, ob Du das magst, was ich Dir heute schreiben werde. Es ist eigentlich nichts so Besonderes in der Zwischenzeit passiert, deshalb möchte ich Dir einfach mal ein paar Gedanken von einem alten Mann mitgeben, der schon viel in der Welt gesehen und erlebt hat. Bestimmt denkst Du jetzt: Also diese alten Leute, die sind doch schon voll out und haben kein Plan, was wirklich abgeht. Aber weißt Du, egal welche Zeit man sich anschaut – und davon habe ich eine ganze Menge gesehen – da finden sich immer wieder dieselben Probleme und auch dieselben Lösungen.
Es gibt da so ein altmodisches Wort, das heißt Weisheit, und das bedeutet eigentlich so viel wie praktische Lebenserfahrung. Das ist nichts Theoretisches, nichts aus dem Elfenbeinturm, es ist einfach die gesammelte Erfahrung eines langen Lebens. Und diese Weisheit möchte ich als ein alter Mann mit Dir teilen. Dein Leben ist zu kurz, um alle Fehler selbst zu machen. Deshalb ist es eigentlich die Aufgabe von uns erfahrenen Menschen, diese Weisheit weiterzugeben, damit Eure Generation davon lernen darf.
Eins ist klar: Jeder darf und muss auch bestimmte Fehler selbst machen. Jeder wird sogar eine ganze Reihe von Fehlern machen. Aber die Aufgabe der gesammelten Weisheit ist es, Euch zu helfen, dass Ihr nur die nötigen Fehler selbst machen müsst. Eigentlich wäre es unsere Aufgabe, überall in den Städten auf den großen Plätzen auf die Bänke zu stehen und laut hinauszurufen, was Ihr alle von uns lernen könnt. Aber ich bezweifle, dass das wirklich so gut ist und die Menschen das so annehmen würden.
Viel an dieser Weisheit ist öffentlich zugänglich, jeder kann sie bekommen, der es nur möchte. Nur ist es leider so, dass sehr viele Menschen die Weisheit ablehnen und sich nur darüber lustig machen. Das war schon immer so. Deshalb wird die Weisheit immer wieder bekämpft und zum Schweigen gebracht. Man lässt sie verstauben, überlässt sie den Professoren, die leider auch nicht besonders viel damit anfangen können. Am meisten bringt die Weisheit denen, die im täglichen Leben drin stehen, die zur Schule gehen oder arbeiten, die Familie haben oder auch nicht. Das spielt keine so große Rolle. Aber vielen Professoren geht es nur darum, dass sie die Weisheit auseinandernehmen können und kluge Bücher darüber schreiben und damit versuchen, sich einen bekannten Namen zu machen.
Weißt Du, Andy, manchmal könnte man schon richtig spöttisch werden. Da sieht man, was sich in der Welt für Probleme ergeben, wie viel Streit, Süchte, Diebstahl, Angst, Machtgehabe, und so weiter es da gibt. Und man sieht all die Weisheit, die jeder haben könnte, der sie nur haben wollte, die aber verspottet wird. Da könnte man manchmal echt drüber lachen, was sich manche Leute für unnötige Probleme machen, die schon lange gelöst wurden, aber immer und immer wieder noch einmal wiederholt werden müssen. Ich glaube, dass irgendwann die Weisheit auch am Ende sein wird, weil niemand darauf hört, und dann wird es echt schlimm werden. Da möchte ich dann nicht auf der Erde leben müssen.
Ich glaube dann werden die Menschen zu Gott schreien und es wird irgendwann zu spät sein. Noch ist die Zeit der Gnade, noch ist Gott jederzeit ansprechbar. Noch ist es so, dass jeder, der zu Gott ruft und seine Sünde zugibt und einen echten Neuanfang mit Gott will, das haben kann. Aber Gottes Geduld wird auch eines Tages zu Ende sein. Die vielen Menschen, die für ihren Glauben an Gott verfolgt und getötet wurden, sind noch nicht gerächt. Aber eines Tages werden sie das. Und dann wird es für viele zu spät sein. Sie wollten nicht auf die Weisheit hören, als dazu noch Zeit war – und dann wird es zu spät sein.
Lieber Andy, mach ganze Sache mit Gott und bete für die Menschen, die das auch noch nicht gemacht haben.
Liebe Grüße
Dein K. S. 

Gedichte aus zehn Jahren

Da ich schon öfters danach gefragt wurde, habe ich mich dazu entschlossen, eine Anzahl von Gedichten, die ich im Laufe der vergangenen zehn Jahren geschrieben habe, in einer Sammlung zusammenzustellen und hochzuladen. Hier ist sie nun zu finden:
Die Sammlung darf gern gespeichert oder direkt verlinkt werden. Bevor einzelne davon gebraucht werden, wäre ich um eine Mitteilung dankbar. Im Normalfall dürfte die Erlaubnis kein Hindernis darstellen.

Lieber Andy – der zweite Brief an einen jungen Mann

Erster Brief


Dienstag, 12. Juni 2007
Lieber Andy,
ich weiß, Du wartest schon ganz neugierig auf den Brief von heute. Am liebsten hättest Du jeden Tag einen. Aber weißt Du, zwischen den Briefen tut es Dir gut, immer wieder genügend Zeit zu haben, um über das nachzudenken, was ich Dir geschrieben habe und um meine Tipps umzusetzen. Ich habe mich riesig gefreut, als Du letzte Woche Deine Eltern gefragt hast, was für sie derjenige bedeutet, der alles gemacht hat. Da hast Du sie ganz schön nachdenklich gemacht. Frage sie ruhig weiter darüber aus. Ihr werdet zusammen noch viel mehr Antworten finden.
Ich schreibe Dir heute aus einem ganz bestimmten Grund. Ich habe gesehen, wie die Nachbarskinder am letzten Samstag zu Dir kamen und mit Dir eine Bande gründen wollten. Mit anderen Menschen Zeit zu verbringen ist etwas wirklich Gutes. Aber bitte passe gut auf, mit wem Du Dich befreundest. Gute Freunde sind wichtig, und wir alle brauchen sie. Jedoch ist es immer so, dass unsere Freundschaften auch uns selbst verändern. Sie machen etwas mit unserem Charakter, da wir viel Zeit mit Freunden verbringen. Dann wird der Charakter Deiner Freunde etwas mehr wie der von Dir und der von Dir etwas mehr so wie der von Deinen Freunden. Deshalb: Suche Dir Menschen als Freunde aus, die einen Charakter haben, der so ist, wie Du werden möchtest.
Schau mal, Andy, die Kinder der Familie nebenan, was haben sie vor? Sie wollen sich zusammentun, um andere Leute zu ärgern. Es ist gut, auch mal zu lernen, Geheimnisse zu haben. Aber das müssen schon gute Geheimnisse sein. Nichts Verbotenes. Sie wollen sich mit anderen jungen Menschen zusammen stärker fühlen, um bei anderen Nachbarn im Garten Ball zu spielen und Dinge kaputt zu machen. Stell Dir mal vor, wenn sie so erwachsen und groß und stark werden, dann wird niemand mehr vor ihnen sicher sein. Aus kleinen Streichen werden plötzlich Diebstähle und Raubüberfälle. Das kommt nicht gut. Sie wollen, dass Du Dein Taschengeld mit ihnen zusammenlegst, damit ihr euch gemeinsam größere Sachen kaufen könnt. Aber passe auf, sie werden nur versuchen, Dich übers Ohr zu hauen. Das wäre doch schade um Dein schwer erarbeitetes Taschengeld.
Lieber Andy, bedenke diese Dinge, wenn Du ihnen Bescheid gibst, ob Du mitmachst. Ich habe schon viele Leute auf diese Weise in ihr eigenes Verderben rennen sehen. Es tut mir weh, dabei zuschauen zu müssen, und ich würde mir für Dich etwas Besseres wünschen. Wer Unrechtes tut, wird am Ende immer dafür bezahlen müssen. Und wer einmal wegen so etwas gefasst wurde, wird nur sehr schwer wieder den Weg in ein normales Leben finden.
Andy, ich schreibe Dir diesen Brief, weil ich das Beste für Dich möchte. Jeder von uns macht immer wieder Fehler. Wir alle. Aber wir müssen nicht jeden möglichen Fehler selbst machen. Dafür ist unser Leben zu kurz. Außerdem gibt es Fehler, die so groß sind, dass wir oder andere Menschen ein Leben lang darunter leiden müssen. Erinnerst Du Dich, als vor zwei Wochen im Fernsehen berichtet wurde, dass ein junger Autofahrer mit Alkohol einen Unfall gebaut hat, bei dem jemand anders schwer verletzt wurde? Das ist Dir immer wieder durch den Kopf gegangen. Warum dieses Leid? Warum musste das sein? Es war deshalb, weil ein Mensch einen Fehler gemacht hat, der nicht nötig gewesen wäre. Verstehst Du jetzt, warum ich Dir heute schreibe? Ich wünsche mir, dass Du aus den Fehlern anderer lernen kannst und nicht alle selbst machen musst. Bitte denke daran.
Ich werde Dir wieder schreiben, Andy. Ich freue mich, dass Du bis hierhin gelesen hast und bin sicher, dass Du die richtige Entscheidung treffen wirst.
Liebe Grüße
Dein K. S.