Buchtipp: Überrascht von Furcht

Natha, Überrascht von Furcht – Der Schlüssel um wirklich mit Gott zu leben, Crosspaint Medien, Druck via Amazon, 2021, Amazon-Link

Crosspaint – meine Entdeckung des Jahres. Irgendwie ärgert es mich ein wenig. Ich bin mir gewohnt, neue Bewegungen im Internet früh zu entdecken, ein wenig zu networken, Menschen miteinander zu verbinden, junge Blogger und Internetevangelisten zu unterstützen und bekannter zu machen, doch jetzt ist da was ganz Großes im Kommen – und ich bin vier Jahre zu spät dran. Ok, jetzt bin ich wieder am Boden angekommen, und das tat gut!

Natha ist sein ein paar Jahren mit einem ganzen Team dabei, die Bibel für junge Menschen verständlich zu erklären. Die Plattform Crosspaint.tv dient dazu, gute Inhalte in vielen sozialen Medien bekannt zu machen. YouTube, Instagram, Facebook, etc. Nun hat er ein Buch geschrieben. Überrascht von Furcht. Und ich war darauf gespannt. So sehr gespannt, dass ich gleich noch einmal etwas zugeben muss: Ich finde es eigentlich super, dass es das Buch nur in der Offline-Version gibt. Aber für mich selbst hätte ich mir dennoch eine eBook-Version gewünscht. Eine zum Kaufen und sofort downloaden. Sofort. Instant. Ohne nervige Wartezeit. Und gleich loslesen auf dem Tablet. Auf diesem digitalen Gerät, das unser ganzes Denken verändert und vor dem ich auch immer mal wieder warne.

Lasst euch eins gesagt sein: Das Buch ist wirklich richtig gut! Es ist so einfach geschrieben, dass es sich leicht lesen lässt und hat dennoch so viel Tiefgang, dass man immer mal wieder innehalten und das Gelesene verdauen muss. Das Buch besteht aus fünf Teilen. Im ersten Teil wird das Problem beschrieben (bzw. eine ganze Reihe von Problemen). Im zweiten Teil wird das Hauptproblem näher angeschaut, während der dritte Teil die Lösung präsentiert. Die zwei restlichen Teile sind zur Motivation gedacht und helfen bei der Umsetzung.

Besonders gefreut habe ich mich, als ich darauf achtete, welche Autoren und Prediger genannt werden. Jonathan Edwards (mehrfach), John Piper, Tony Reinke und manche mehr, die ich auch mit viel Gewinn gelesen habe. Ebenso fand ich es spannend, dass Natha sich im Buch auch mit der Dekonversion von Rhett und Link beschäftigt. Auch wenn wir nicht ganz dieselben Schlüsse aus den Videos von R&L ziehen, finde ich, dass sich das ganz gut ergänzt.

Wie ist das nun mit der Gottesfurcht? Müssen wir Gott fürchten? Ist Gottesfurcht eine Angst vor Gott? Wenn man das Buch von Natha liest, wird deutlich, dass er sich an eine junge Generation wendet. Ich selbst habe mir diese Frage 2002/03 gestellt, als ich kurz nach meiner Bekehrung die Apostelgeschichte las und feststellte, wie wenig unsere Zeit doch der damaligen glich. Ich durfte schon sehr früh eine Reihe von Erfahrungen machen die mich dazu brachten, diese Frage mit Ja zu beantworten: Gottesfurcht enthält auch eine Art Angst. In jener Zeit stieß ich glücklicherweise auf das Buch „Die Furcht des Herrn“ von John Bevere, wo dies auch wieder bestätigt wurde. Bevere bringt es auf den Punkt, wenn er erklärt, dass Gottesfurcht uns nicht von Gott weg fliehen lässt, sondern uns vielmehr zu Ihm hin zieht. Natha geht in seinem Buch in eine sehr ähnliche Richtung.

Doch woher kommt unsere Abneigung gegen die Angst vor der Angst vor Gott? Ich glaube, das nur mit dem Dopamin und dem Zeitgeist erklären zu wollen, greift zu kurz. Gottesbilder haben viel mit unseren Vaterbildern zu tun. Die Abneigung gegen den Begriff der Gottesfurcht entstammt einer Zeit, in welcher viele junge Menschen das Leben und ihre Eltern nicht mehr begriffen: Nachdem die Eltern den 2. Weltkrieg überlebt hatten und häufig in großer Armut erst einmal wieder aufbauen mussten, was durch den Krieg zerstört war, erzogen sie ihre Kinder auch in der Zeit des wachsenden Wohlstands mit einer Strenge, wie sie im Krieg und der ersten Armut notwendig war. Die damals junge Generation wurde von vom Krieg gezeichneten, oft traumatisierten Eltern mit einer Unberechenbarkeit konfrontiert, die ihnen Angst machte. So war auch die frühe Studentenrevolution ein Aufbegehren gegen eine unnötige, unberechenbare Strenge, eine Angst vor der Angst, und wurde durch die antiautoritäre Erziehung wiederum an die nächste Generation weitervererbt. Für die heute junge Generation ist die Angst vor der Angst weniger verständlich und entsprechend ist es auch angemessen und notwendig, die biblische Lehre von der Gottesfurcht wieder neu zu betonen.

Ganz besonders in seinem Element ist Natha da, wo er über das Kreuz Jesu schreibt. Man merkt sogleich: Da ist ein Evangelist am Werk! Da schreibt einer, der das Kreuz von Golgatha zu seiner täglichen Leibspeise macht! Darüber habe ich mich sehr gefreut.

Als Vorbereitung auf das Buch würde ich empfehlen, die YouTube-Serien über die Richter und den Römerbrief anzuschauen. Es gibt einzelne Aussagen, deren Tiefe man erst begreift, wenn man sich mit der jeweiligen Auslegung von Crosspaint vertraut gemacht hat.

Mein Fazit: „Überrascht von Furcht“ ist das Buch des Jahres und eines der wichtigsten, die je geschrieben wurden! Unbedingte Leseempfehlung!

Zitat: Der Heilige Geist schenkt Gottesfurcht

Das folgende Zitat findet sich in meinem PDF, das sich mit den Namen und Symbolen des Heiligen Geistes befasst: https://jonaserne.net/wp-content/uploads/2017/12/HeiligerGeist_Namen.pdf

Die Furcht des Herrn ist der Anfang der Erkenntnis; nur Toren verachten Weisheit und Zucht! (Sprüche 1, 7) Die Gottesfurcht ist der Anfang der Erkenntnis, und weil der Heilige Geist es ist, der überhaupt erst Erkenntnis schafft, ist auch die Gottesfurcht ein Werk von Ihm. Der רוּחַ דַּעַת וְיִרְאַת יְהוָֽה (Ruach da’at weJir’at Jahweh – Geist der Erkenntnis und der Furcht Jahwes) ist somit der Heilige Geist, der dem von Ihm erfüllten Menschen Erkenntnis schenkt und ihn dazu führt, Ehrfurcht vor Gott zu haben angesichts der Größe, Herrlichkeit, Heiligkeit, Macht, Stärke, Ehre, Liebe und Gerechtigkeit Gottes. Dieser Geist ist auf dem Messias, wie Jesaja 11, 2 zeigt. Der dortige Kontext zeigt auf, dass für Gott die Furcht Jahwes ein Wohlgeruch ist. Abraham Meister schreibt dazu meisterhaft: „Die Gottesfurcht ist demnach ein ständiges zu Gott aufsteigendes Opfer der Anbetung. Der Geist der Furcht Jahwes richtet sich in seinem Rechtsurteil nicht nach dem äußeren Schein oder Gerede, sondern seine Gottesfurcht ist durch die Erkenntnis mit göttlichem Tiefgang und Scharfsinn vereinigt.“1 Von dieser Gottesfurcht ist auch in Hiob die Rede: Und er sprach zum Menschen: »Siehe, die Furcht des Herrn, das ist Weisheit, und vom Bösen weichen, das ist Einsicht!« (Hiob 28, 28) sowie in den Psalmen: Die Furcht des Herrn ist der Anfang der Weisheit; sie macht alle einsichtig, die sie befolgen. Sein Ruhm bleibt ewiglich bestehen. (Psalm 111, 10)

Meister, Abraham, Namen des Ewigen, Mitternachtsruf Verlag Pfäffikon, 1973, S. 249

Zum 450. Todestag von Johannes Calvin

Zum 450. Todestag von Johannes Calvin
Vor 450 Jahren (am 27. Mai 1564) ist der Genfer Reformator Johannes Calvin gestorben. Auch dann, wenn man nicht in allen Dingen seine Meinung vertritt, ist sein Werk von sehr großer Bedeutung – auch und gerade für die weitere Entwicklung westlichen Geschichte und Kultur der letzten 500 Jahre. Ich staune immer wieder erneut über seine große Gottes- und Menschenkenntnis, die sich auch besonders in seiner „Institutio“ niederschlägt. Hier die ersten Abschnitte daraus:
1. Ohne Selbsterkenntnis keine Gotteserkenntnis
All unsere Weisheit, sofern sie wirklich den Namen Weisheit verdient und wahr und zuverlässig ist, umfasst im Grunde eigentlich zweierlei: Die Erkenntnis Gottes und unsere Selbsterkenntnis. Diese beiden aber hängen vielfältig zusammen, und darum ist es nun doch nicht einfach, zu sagen, welche denn an erster Stelle steht und die andere aus sich heraus bewirkt.
Es kann nämlich erstens kein Mensch sich selbst betrachten, ohne sogleich seine Sinne darauf zu richten, Gott anzuschauen, in dem er doch „lebt und webt“ (Apg. 17, 28). Denn all die Gaben, die unseren Besitz ausmachen, haben wir ja offenkundig gar nicht von uns selber. Ja, selbst unser Dasein als Menschen besteht doch nur darin, dass wir unser Wesen in dem einigen Gott haben! Und zweitens kommen ja diese Gaben wie Regentropfen vom Himmel zu uns hernieder, und sie leiten uns wie Bächlein zur Quelle hin.
Noch viel deutlicher aber wird gerade in unserer Armut der unermessliche Reichtum aller Güter erkennbar, der in Gott wohnt. Besonders zwingt uns der jämmerliche Zerfall, in den uns der Abfall des ersten Menschen hineingestürzt hat, unsere Augen emporzurichten: hungrig und verschmachtend sollen wir von Gott erflehen, was uns fehlt, aber auch in Furcht und Erschrecken lernen, demütig zu sein. Denn der Mensch birgt ja in jeder Hinsicht eine Welt von Elend in sich, und seitdem wir der göttlichen Zier verlustig gegangen sind, macht eine beschämende Blöße unendlich viel Schande offenbar. Ist es aber so, dann muss ja notwendig jeder Mensch vom Bewusstsein seines heillosen Zustandes wenigstens zu irgendeinem Wissen von Gott getrieben werden. Wir empfinden unsere Unwissenheit, Eitelkeit, Armut, Schwachheit, unsere Bosheit und Verderbnis – und so kommen wir zu der Erkenntnis, dass nur in dem Herrn das wahre Licht der Weisheit, wirkliche Kraft und Tugend, unermesslicher Reichtum an allem Gut und reine Gerechtigkeit zu finden ist. So bringt uns gerade unser Elend dahin, Gottes Güter zu betrachten, und wir kommen erst dann dazu, uns ernstlich nach ihm auszustrecken, wenn wir angefangen haben, uns selbst zu missfallen. Denn von Natur hat jeder Mensch viel mehr Freude daran, sich auf sich selbst zu verlassen, und das gelingt ihm auch durchaus – solange er sich selbst noch nicht kennt, also mit seinen Fähigkeiten zufrieden ist und nichts von seinem Elende weiß oder wissen will. Wer sich also selbst erkennt, der wird dadurch nicht nur angeregt, Gott zu suchen, sondern gewissermaßen mit der Hand geleitet, ihn zu finden.
2. Ohne Gotteserkenntnis keine Selbsterkenntnis
Aber andererseits kann der Mensch auf keinen Fall dazu kommen, sich selbst wahrhaft zu erkennen, wenn er nicht zuvor Gottes Angesicht geschaut hat und dann von dieser Schau aus dazu übergeht, sich selbst anzusehen. Denn uns ist ja ein mächtiger Hochmut geradezu angeboren, und darum kommen wir uns stets durchaus untadelig, weise und heilig vor, wenn uns nicht handgreifliche Beweise unsere Ungerechtigkeit, Beflecktheit, Torheit und Unreinheit vor Augen halten und uns so überführen. Dazu kommt es aber gar nicht, wenn wir bloß auf uns selber sehen und nicht zugleich auf den Herrn; denn er ist doch die einzige Richtschnur, nach der ein solch Urteil über uns selbst erfolgen kann. Wir sind ja von Natur alle zur Heuchelei geneigt, und so befriedigt uns schon irgendein leerer Schein von Gerechtigkeit ebensosehr, wie es die Gerechtigkeit selber könnte. Und weil unter uns und um uns rein nichts zu erblicken ist, das nicht von schrecklicher Unreinigkeit befleckt wäre, so begeistert uns, solange wir über die Grenzen menschlicher Unreinheit nicht hinausblicken, schon das, was bloß ein bisschen weniger besudelt ist, weil wir es bereits für rein halten. Es geht wie bei einem Auge, das ausschließlich an den Anblick schwarzer Farbe gewöhnt ist – und das dann schon für schneeweiß hält, was vielleicht grau oder geschwärztes Weiß ist. Überhaupt können wir an dem leiblichen Sinnesorgan ein Beispiel nehmen, wie sehr wir in der Beurteilung unserer inneren Tüchtigkeit Trugbildern erliegen. Denn wenn wir am lichten Tage die Erde anschauen oder das, was uns umgibt, so wähnen wir wohl, ein starkes und durchdringendes Sehvermögen zu besitzen. Sobald wir aber die Sonne mit offenem Auge stracks anblicken wollen, so wird jene Sehkraft, die den Dingen dieser Erde gegenüber völlig ausreichte, ganz überwältigt und geblendet, so dass wir bekennen müssen, dass diese Sehkraft, so scharf sie im Irdischen war, gegen die Sonne geradezu Schwachsichtigkeit ist! Genau so ist es bei der Betrachtung unseres geistlichen Besitzes. Lenken wir den Blick nicht über die Erde hinaus, so sind wir mit der eigenen Gerechtigkeit, Weisheit und Tugend reichlich zufrieden und schmeicheln uns mächtig – es fehlte, dass wir uns für Halbgötter hielten! Aber wenn wir einmal anfangen, unsere Gedanken auf Gott emporzurichten, wenn wir bedenken, was er für ein Gott sei, wenn wir die strenge Vollkommenheit seiner Gerechtigkeit, Weisheit und Tugend erwägen, der wir doch gleichförmig sein sollten – so wird uns das, was uns zuvor unter dem trügerischen Gewand der Gerechtigkeit anglänzte, zur fürchterlichsten Ungerechtigkeit; was uns als Weisheit wundersam Eindruck machte, wird grausig als schlimmste Narrheit offenbar, was die Maske der Tugend an sich trug, wird als jämmerlichste Untüchtigkeit erfunden! So wenig kann vor Gottes Reinheit bestehen, was unter uns noch das Vollkommenste zu sein schien.
3. Der Mensch vor Gottes Majestät
Daher kommt es, dass nach vielfach wiederholten Berichten der Schrift die Heiligen von Furcht und Entsetzen durchgerüttelt und zu Boden geworfen wurden, sooft ihnen Gottes Gegenwart widerfuhr. Menschen, die zuvor, ohne seine Gegenwart, sicher und stark dastanden – jetzt, da er seine Majestät offenbart, sehen wir sie derart Schrecken und Entsetzen gejagt, dass sie geradezu in Todesangst niederfallen, ja vor Schrecken vergehen und fast zunichte werden! Daran merken wir, dass den Menschen erst dann die Erkenntnis seiner Niedrigkeit recht ergreift, wenn er sich an Gottes Majestät gemessen hat. Beispiele solcher Erschütterungen haben wir im Richterbuche wie auch bei den Propheten. Es ging soweit, dass im Volke Gottes die Redewendung in Gebrauch kam: „Wir müssen sterben, denn wir haben den Herrn gesehen“ (Ri. 13, 22; Jes. 6, 5; Ez. 1, 28; u. a.). Und wenn das Buch Hiob (z.B. Kap. 38 ff.) den Menschen durch das Bewusstsein seiner Torheit, Ohnmacht und Beflecktheit zu Boden werfen will, so dienen ihm stets die Beschreibungen von Gottes Weisheit, Kraft und Reinheit zum Beweise. Das ist berechtigt: Wir sehen, wie auch Abraham, nachdem er einmal von nahem des Herrn Herrlichkeit erschaut hat, um so besser erkennt, dass er „Erde und Asche“ ist (Gen. 18, 27). Elia vermag sein Nahen nicht mit unverdecktem Antlitz zu ertragen (1. Kön. 19, 13). Solcher Schrecken liegt in seinem Anblick! Was soll auch der Mensch tun, der doch Staub ist und ein Wurm, wenn selbst die Cherubim in heiliger Scheu ihr Angesicht verhüllen müssen! (Jes. 6, 2). Eben dies spricht Jesaja aus: „Der Mond wird sich schämen und die Sonne mit Schande bestehen, wenn der Herr der Heerscharen König sein wird“ (Jes. 24, 23). Das heißt: wenn er seine Herrlichkeit in voller Nähe offenbaren wird, dann versinkt auch das sonst Leuchtendste in Finsternis.“
(Johannes Calvin, Institutio, Unterricht in der christlichen Religion, übersetzt von Otto Weber, Buchhandlung des Erziehungsvereins Neukirchen, Kreis Moers, 1936)