Buchtipp: Demokratie, Freiheit und christliche Werte

Stückelberger, Hansjürg, Demokratie, Freiheit und christliche Werte – Liebe heilt die Gesellschaft, Esras.net GmbH, Niederbüren, 2020, Verlagslink, Amazon-Link

Eins vorweg: Der Titel des Buches hat mich fasziniert. Große Worte, die mir viel bedeuten. Ich war gespannt, wie überzeugend der Autor in den gerade mal gut 200 Seiten sein Verständnis davon darlegen kann. Ganz besonders trieb mich auch die Frage um, für welches Zielpublikum das Buch wohl geschrieben wurde.

Hansjürg Stückelberger ist ein Schweizer Pfarrer im Ruhestand, wurde letztes Jahr 90 Jahre alt und gründete mehrere Missions- und Hilfswerke, sowie die Stiftung Zukunft CH. Seit vielen Jahren sind ihm die Menschenrechte und die biblischen Werte sehr wichtig.

Das Buch selbst ist in zehn Kapitel gegliedert. Im ersten Kapitel werden negative Beispiele genannt – Staaten, welche sich demokratisch nennen, aber von Korruption geprägt sind. Bereits hier fällt auf, dass für das Lesen eine gewisse Bildung nötig ist. Begriffe wie „Rechtsstaat“ (S. 11) werden nicht definiert oder beschrieben, sondern als selbstverständlich bekannt vorausgesetzt. Auch im zweiten Kapitel, welches sich mit der Bedeutung der Religion für eine erfolgreiche Kultur befasst, werden viele Beispiele genannt – positive und negative. Viele Unterkapitel sind mit Geschichten aus dem persönlichen Leben des Autors gewürzt, da er viel gereist ist und Kontakt mit Menschen rund um den Erdball hat. Das zweite Kapitel schließt mit fünf Schlussfolgerungen (S. 40 – 42), in diesem Fall fünf Hypothesen, die der Autor aus dem zuvor Geschilderten schließt. Mehr dazu weiter unten.

Im dritten Kapitel kommt die Weltgeschichte bis zur französischen Revolution in den Blick. Es beginnt mit dem frühen Christentum und zeichnet den Weg auf der Suche nach echter Freiheit und Menschenwürde nach. Dieses Kapitel kann ich wirklich jedem zu lesen empfehlen. Das vierte Kapitel ist eine theologische Überlegung zur Heilsgeschichte, der Autor kehrt an den Anfang der Bibel zurück und erklärt den Beginn der Heilsgeschichte, also Gottes Geschichte mit der Welt, den Sündenfall der ersten Menschen und die Person Satans. Sodann wird im fünften Kapitel die Frage nach der Ordnung in der Welt, dem Verhältnis von Recht und Freiheit nach dem biblischen Weltbild erörtert. Im sechsten Kapitel kehrt der Leser wieder an das Ende des dritten zurück: Aufbauend auf den zwei eingeschobenen Kapiteln wird gezeigt, wie das Denken der französischen Revolution (Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit) zusammen mit dem biblischen Weltbild zur Demokratie in den USA führte. Die abschließenden vier Kapitel versuchen aufzuzeigen, wie das Ganze in unserer heutigen Zeit, im Alltag umgesetzt werden sollte, welche Auswirkungen das biblische Weltbild auf die Gesellschaft haben will und welches die biblischen Werte sind, welche unser Leben, Denken und Handeln bestimmen wollen.

Ich persönlich finde das Buch gut geschrieben, es entspricht meinem theologisch konservativen Weltbild, es zeigt vieles recht gut auf, wobei ich ihm zustimmen kann. Dennoch: Wirklich viel Neues habe ich nicht gelernt. Ich finde es wertvoll, wie der Autor versucht, die Geschichte der westlichen Demokratie mit der Heilsgeschichte zu verbinden. Für einen schnellen, sehr kurzen Überblick ist das Buch gut geeignet. Wer jedoch dabei weiter denken möchte, ist auf sich selbst gestellt.

Leider muss ich dem Buch auch verschiedene Schwächen attestieren. Zunächst einmal kann ich die Frage nach dem Zielpublikum bloß schwer beantworten. Es wird eine Menge Grundwissen vorausgesetzt, da – wie oben bemerkt – oft Erklärungen und Definitionen fehlen. Zugleich ist es nicht an eine akademisch geschulte Leserschaft gerichtet. Die Endnoten sind dafür zu leichtfertig angefertigt. Ein Beispiel: Wer bereits vom Gründervater und US-Präsidenten Thomas Jefferson gelesen hat, wird genauer wissen wollen, in welchem Zusammenhang er so positiv von der Bibel gesprochen hat. Die Endnote 142 mit Hinweis auf ein factum-Magazin ist hier nicht ausreichend als Beleg. Schade finde auch, dass die ganze Auseinandersetzung um die Gründung des US-Demokratie nicht näher ausgeführt wird. Es gäbe enorm viel zu lernen, wenn man sich mit den Dokumenten der Gründerväter und ihren Diskussionen noch weiter beschäftigen würde. Stückelberger handelt diese ganze Diskussion so ab, als hätte es darin schon immer einen großen Konsens gegeben.

Ähnliches gilt für die fünf Schlussfolgerungen des zweiten Kapitels. Wer – wie ich – von einem theologisch konservativen, bibeltreuen Weltbild ausgeht, kann diese durchaus als Fazit betrachten. Sie sind eine von zahlreichen Möglichkeiten, wie man die vielen Beispiele des Kapitels deuten kann – jedoch keineswegs zwingend. Und hier sehe ich eine der größten Schwächen des Buchs. Es ist für den Inhalt, den es beackern möchte, schlichtweg zu kurz. Wer Menschen, die von ganz anderen Voraussetzungen ausgehen, überzeugen möchte, würde den Rest des Platzes im Buch benötigen, um dies schlüssig darzulegen.

Was vermag dieses Buch also zu leisten? Es ist eine Art Manifest, das die theologischen, politischen und sozialen Überzeugungen des Autors wiedergibt. Es eignet sich für konservative Christen, die sich in ihren Überzeugungen stärken möchten, für Christen, welche die christlichen Werte noch besser kennenlernen möchten, und für alle, die gern über die Geschichte nachdenken. Ein weiterführendes Werk zu den Themen fehlt in deutscher Sprache meines Wissens leider weiterhin. In englischer Sprache wäre „Politics according to the Bible“ von Wayne A. Grudem zu nennen.

Ich gebe dem Buch vier von fünf Sternen.

Weltgeschichte – biblisch betrachtet

Nach dem biblischen Verständnis ist die Weltgeschichte die Geschichte von Gottes Handeln in der Welt. Für den Christen ist Jesus Christus – Sein Leiden und Sterben am Kreuz von Golgatha und Seine Auferstehung – das Zentrum der Geschichte. Deshalb ist die Geschichte nicht ein ständiger Fortschritt, je mehr die Vernunft vom Glauben getrennt wird. Vielmehr ist diese Trennung ein Rückschritt, denn sie führt vom Mittelpunkt der Geschichte weg. Wenn Jesus Christus die Mitte der Geschichte ist, dann kann nur dann von einem Fortschritt gesprochen werden, wenn immer mehr Menschen vom Herrn Jesus hören und beginnen, ihr Leben der Herrschaft Jesu unterzuordnen. Weltgeschichte ist deshalb die Geschichte, die auf ihr Zentrum hinläuft und von ihm herkommend darauf zeigt.
Ich möchte deshalb einige Linien der frühen Weltgeschichte verfolgen und zeigen, wie sie alle zusammen auf den einen Mittelpunkt, Jesus Christus, hingelaufen sind. Jede dieser Linien hat die Bühne unserer Welt dafür vorbereitet, dass das größte Spektakel der Weltgeschichte stattfinden konnte.