Buchtipp: Forderung

Forderung von John Grisham

Grisham, John, Forderung, Wilhelm Heyne Verlag München, 2018, 431S., Verlagslink, Amazon-Link

Vier junge Menschen haben sich optimistisch ins Jura-Studium gestürzt, um die Welt ein wenig besser hinterlassen zu können – und sehen sich nun als Opfer einer riesigen Verschwörung, als kleinste Zahnrädchen im Getriebe einer unerbittlichen Hochschulmafia. Die jungen Menschen mussten allesamt mehrere hunderttausend Dollar Schulden aufnehmen, um ihr Studium finanzieren zu können, und merken plötzlich, dass der Arbeitsmarkt viel zu klein ist, um die Unmengen an Jura-Absolventen so aufnehmen zu können, dass es ihnen möglich würde, diese Schulden abzuzahlen. Durch Recherchen finden sie heraus, dass eine ganze Reihe von diesen privaten Universitäten lediglich existiert, um eine gewisse Person reich zu machen und sich zugleich eine riesige Schar williger, da hoch verschuldeter, Juristen heranzuziehen. Als einer der Freunde aus Verzweiflung Selbstmord begeht, entwickeln sich die Dinge schneller, die drei verbliebenen Freunde beginnen, illegal als Anwälte zu arbeiten und versuchen gleichzeitig, belastendes Beweismaterial zu suchen, um die Verschwörung auffliegen zu lassen. Ein Wettlauf mit der Zeit beginnt: Werden sie zuerst geschnappt, oder gelingt es ihnen rechtzeitig, das nötige Beweismaterial zu beschaffen?

Vieles erinnert an frühere Romane von John Grisham. Das Setting, der Wettlauf mit der Zeit, die Situation vor den Gerichten, und so weiter. Was allerdings auffällt, ist, dass der Roman nicht ganz so atemlos rasant aufgebaut ist, sondern Grisham sich bewusst Zeit nimmt, um die Handlung aufzubauen. In manchen seiner früheren Werken wird vieles unerwähnt gelassen und somit der Phantasie des Lesers übergeben. In „Forderung“ hingegen baut Grisham bewusst und mit großer Genauigkeit den Spannungsbogen auf. Was manche Leser deshalb langweilig fanden, hat mich hingegen überzeugt. Einziger Nachteil dabei ist, dass dadurch vieles vorhersehbar wird. Dies könnte man auch dadurch umgehen, indem der Leser zunächst auf mehrere falscher Fährten gesetzt wird und merkt, dass er sich nicht auf das Offensichtliche verlassen kann. Die „Forderung“ ist ziemlich simpel und linear aufgebaut, was dem Ganzen etwas an Spannung raubt. Ein wenig ist der Leser auch an die Kinderdetektive erinnert, die etwa bei Enid Blyton oder Thomas Brezina auftauchen. Vier Halbstarke entdecken, dass sie mitten in einen Kriminalfall hinein geraten sind, und versuchen, diesen Fall aufzuklären.

Hauptthemen des Buches sind die Habgier und die verschlungenen Wege des heutigen Finanzdschungels, welche ein Ausleben der Erstgenannten überhaupt erst so leicht ermöglichen. Hier zeigt sich Grishams Stärke besonders schön: Er zeichnet eine Story, die er mit vielen weiteren nachdenkenswerten Details ausbaut, und versucht mit Hilfe dieser Story echte Mängel unserer Zeit aufzudecken und bloßzustellen. Die Story entwickelt sich sehr schön; anders als andere Rezensenten, die das als langweilig empfanden, hat es mir besonders gut gefallen, dass man die Zeit hat, um die Charaktere kennenzulernen und dann hat man es auch mit realistisch dargestellten Personen zu tun. In früheren Büchern des Autors, etwa in Die Firma oder Der Pate hat man es mit einer derart rasanten und unsteten Geschichte zu tun, dass man vor lauter Spannung kaum hinterher kommt. Bei „Forderung“ hingegen wird dem Leser die Zeit gelassen, die Protagonisten ausführlich kennenzulernen und sich auch – zumindest teilweise – mit ihnen zu identifizieren. Das macht das Buch sehr sympathisch. Bei allen vier Studenten bekommt der Leser im Laufe der ersten etwa 100 Seiten eine ganze Menge an Einblicken in ihr Leben, ihre Vorstellungen und Motivationen. Gordy ist da schon tot. Er hatte seine Medikamente abgesetzt, ist durchgedreht und von der Brücke gesprungen. Schon die Reaktionen der drei Freunde Zola, Mark und Todd geben viel Aufschluss über ihr Leben, und Grisham hat sie sehr realistisch gezeichnet.

Der Schluss ist – das scheint bei John Grisham häufig zu sein – sehr ambivalent. Sie haben sich auf der Flucht ins Ausland abgesetzt und beginnen dort ein neues Leben. Doch irgendwo lauert immer noch ihre Vergangenheit. Sie haben sie selbst mitgebracht, weil sie diese immer in sich rumtragen. Für ein gutes Buch fand ich den Schluss insgesamt unbefriedigend, da es sehr abrupt endet. Es muss ja kein Happy-End sein, aber ein etwas gemütlicheres Ausklingen der Story hätte ich mir dann doch gewünscht. Ein Ende, welches mir als Leser die Zeit lässt, auch ans Ende zu kommen. Deshalb fand ich das schade.

Fazit:

Ein solides Buch, wie man es sich von John Grisham gewohnt ist, eine gut aufgebaute Story, die dem Leser die Zeit lässt, um an- und mitzukommen, aber leider ein allzu abrupter, unbefriedigender Schluss, der mich enttäuscht hat. Ich gebe dem Buch vier von möglichen fünf Sternen.